t ... Tee mit Waldbodenaroma Rymenzburger Nachrichten 02-2004 ...
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Schlusspunkt 19_<br />
Interview - Pascal Couchepin<br />
Das „scout“ ist die Zeitschrift der Pfadibewegung Schweiz und erscheint vier mal jährlich.<br />
In jeder Ausgabe wird <strong>mit</strong> einer bekannten Person, die früher mal in der Pfadi war,<br />
ein Interview geführt. Was Herr Couchepin zu sagen hatte, erfährt man im Interview.<br />
Herr Couchepin, wenn Sie die Pfadikrawatte<br />
sehen, möchten Sie diese<br />
dann nicht manchmal <strong>mit</strong> Ihrer Bundesratskrawatte<br />
tauschen und wieder<br />
draussen <strong>mit</strong> Menschen im Wald sein<br />
Nein... Ich habe gute Erinnerungen an<br />
die Pfadi. Aber wenn man mir damals<br />
gesagt hätte, dass ich Bundesrat werden<br />
würde, hätte ich vielleicht eher das Lager<br />
verlassen, um Bundesrat zu werden und<br />
nicht umgekehrt.<br />
Es hat Ihnen aber schon gefallen in<br />
der Pfadi<br />
Ja, es war eine schöne Zeit. Ich war jung<br />
und die Pfadi war eine gute Möglichkeit,<br />
zu reisen und neue Ufer zu entdecken.<br />
Waren Sie <strong>mit</strong> der Pfadi auch im Ausland<br />
Als ich 18 war, hatten wir ein Lager in<br />
Italien. Die Verantwortlichen haben sich<br />
damals <strong>mit</strong> dem italienischen Zöllner abgesprochen<br />
und diese beschuldigten uns,<br />
geschmuggelt zu haben. Zuerst sind wir<br />
erschrocken, aber danach haben wir zusammen<br />
darüber gelacht. Das sind Erinnerungen,<br />
die bleiben.<br />
Wie war Ihr Pfadiname<br />
Ich gehörte der Gruppe «Adler» an, habe<br />
aber selber keinen Namen. Wir hatten<br />
keine Pfadinamen, ich weiss nicht warum.<br />
(Denkt ein wenig nach) Es war eine<br />
interessante Zeit, wir haben viel gelernt<br />
und viel gelacht. Und es war natürlich<br />
abenteuerlich, damals in den 50er Jahren...<br />
es ist schon lange her! Von Zeit zu<br />
Zeit war es aber auch etwas langweilig.<br />
Ich wollte schon damals immer etwas<br />
bewegen und diskutieren...<br />
Wann haben Sie das erste Mal daran<br />
gedacht, Bundesrat zu werden<br />
Das ist schwierig zu sagen. Wenn man in<br />
der Politik tätig ist, hat man diese Idee<br />
vielleicht eine Sekunde lang, vergisst das<br />
dann aber sofort wieder, weil der Weg bis<br />
dahin so weit ist. Aber ich habe mich<br />
schon früh für Politik interessiert und wurde<br />
<strong>mit</strong> 26 in die Gemeindeexekutive von<br />
Martigny gewählt.<br />
Die Jugend zeigt immer weniger Interesse<br />
an der Politik. Wie erklären Sie<br />
sich das<br />
Es ist nicht neu, dass die Jugend sich<br />
nicht so sehr für Politik interessiert.<br />
Schon zu meinen Universitätszeiten<br />
waren wir nur eine kleine Minderheit,<br />
die politisch tätig war. Ich glaube aber<br />
auch, dass das Interesse heute noch<br />
kleiner ist. Ein Grund ist sicher, dass<br />
das Leben heutzutage noch viel mehr<br />
andere Möglichkeiten bietet.<br />
Unternehmen Sie etwas, da<strong>mit</strong> sich<br />
die Jugendlichen wieder vermehrt<br />
für die Politik interessieren<br />
Politik ist nicht nur ein Vergnügen, sondern<br />
auch ein Kampf. Ein Kampf für<br />
Ideen und - ganz klar - auch ein Kampf<br />
um Macht. Wenn die Jungen <strong>mit</strong> einem<br />
Vorschlag kommen oder ein Forum<br />
organisieren, dann unterstütze ich das.<br />
Aber ich bin dagegen, dass man ihnen<br />
die Politik als Geschenk präsentiert. Ich<br />
finde es gut, wenn sie sich für Politik<br />
interessieren, sie sollen aber auch selber<br />
dafür kämpfen.<br />
Sie sagten vorher, sie haben viel<br />
gelernt in der pfadi. Was genau haben<br />
Sie gelernt<br />
Ich habe gelernt, <strong>mit</strong> anderen Leuten<br />
zusammen zu leben und auch praktische<br />
Probleme zu lösen. In meiner Zeit<br />
verbrachten wir <strong>mit</strong> der Pfadi ausserdem<br />
immer wieder mal eine ganze<br />
Nacht im Gebirge, ich hoffe das gibt es<br />
heute auch noch. Die Nacht und die<br />
Natur kennen zu lernen, das war sehr<br />
interessant.<br />
Lernten Sie in der Pfadi auch Verantwortung<br />
zu übernehmen oder lernten<br />
Sie das vor allem in der Politik<br />
Ich war zwar auch Leiter in der Pfadi.<br />
Verantwortung zu übernehmen habe<br />
ich aber ehrlich gesagt vor allem in der<br />
Armee gelernt. Wenn man als Leutnant<br />
von einem Zug in einer Gebirgsinfanterie<br />
etwas vergisst, dann muss man den<br />
ganzen Tag die Konsequenzen davon<br />
tragen. Die Armee war eine ernstere<br />
Angelegenheit als die Pfadi.<br />
Haben sie in der Pfadi auch Dinge gelernt,<br />
die Ihnen jetzt im Bundesrat<br />
nützlich sind<br />
(lacht) Wenn ich mich in den Sitzungen<br />
langweile, übe ich von Zeit zu Zeit den<br />
Fischerknoten. Ich bin stolz, dass ich<br />
nicht vergessen habe, wie man den<br />
macht!<br />
Was tun Sie als Bundesrat für die Jugend<br />
Wir gestalten die Zukunft. Ich denke oft<br />
mehr an meinen Sohn und meine Töchter<br />
als an mich, wenn ich von der Zukunft<br />
spreche. Wir sind in vielen Bereichen<br />
tätig, die die Jugend betreffen. Unser<br />
Departement ist zum Beispiel verantwortlich<br />
für die Berufsbildung...<br />
Was halten sie davon, dass immer<br />
mehr Leute studieren gehen Erfährt<br />
die Lehre dadurch eine Abwertung<br />
Die Zahl der Lehrlinge ist in den letzen<br />
Jahren gewachsen, und <strong>mit</strong> der Berufsmatur<br />
wird die Lehre wahrscheinlich wieder<br />
an Terrain gewinnen. Es ist gut, dass<br />
es die Möglichkeiten gibt, <strong>mit</strong> einer Berufsmatur<br />
an eine Fachhochschule zu<br />
gehen. Ich persönlich hoffe ausserdem,<br />
dass man <strong>mit</strong>telfristig diese Wertbeurteilung<br />
vermeiden kann. Mit der Erfahrung,<br />
die ich im Leben gesammelt habe, habe<br />
ich mehr und mehr Respekt für Leute, die<br />
eine Lehre gemacht haben und die fähig<br />
sind, praktische Berufe auszuüben. Und<br />
Sie werden sehen, diese Leute sind mehr<br />
und mehr gefragt.<br />
Zurück zur Pfadi: Was wünschen Sie<br />
sich von der pfadi der Zukunft<br />
Sie soll sich der neuen Zeit anpassen<br />
und nie den Glauben verlieren, dass es -<br />
und das hat nichts <strong>mit</strong> Naivität zu tun -<br />
immer Möglichkeiten gibt, etwas zu<br />
verbessern in dieser Welt. Die Pfadis<br />
wissen, dass das Leben lebenswert ist.<br />
Und das sollen sie auch in Zukunft nicht<br />
vergessen!<br />
Herr Couchepin, vielen Dank für dieses<br />
Gespräch!<br />
Quellenangabe: scout 1/03 S.16/17<br />
<strong>Rymenzburger</strong> <strong>Nachrichten</strong> <strong>02</strong>-<strong>2004</strong><br />
Pfadi is(s)t ... Stress, der sich lohnt