Kleidung kontra Umwelt - von Nicole Liesenhoff-Schubert
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Seminar:<br />
Dozent:<br />
Referentin:<br />
Gesundheit und <strong>Kleidung</strong><br />
Frau Prof. Dr. Mentges<br />
<strong>Nicole</strong> Marcella <strong>Liesenhoff</strong><br />
Datum: 15. Juli 1996<br />
<strong>Kleidung</strong> <strong>kontra</strong> <strong>Umwelt</strong><br />
Die ökologischen Probleme und neue Fragestellungen für<br />
Gesundheit und <strong>Kleidung</strong>
Inhaltsverzeichnis<br />
0 Definitionen .....................................................................................................................1<br />
1 Die <strong>von</strong> Menschen verursachten Stoffströme sind zu einem <strong>Umwelt</strong>risiko geworden.<br />
Problem des nicht nachvollziehen könnens der “Textilien-Kette“......................................2<br />
2 Konkurrenz <strong>von</strong> Billigimportländern aus der Dritten Welt bzw. aus dem Osten.................4<br />
3 Schwierigkeiten und Grenzen im Bezug auf alternative Projekte.......................................4<br />
4 Mode und Design als Glied in der “Textilen Kette“- Mode, eine kurzlebige Definition der<br />
eigenen Identität...............................................................................................................8<br />
5 Entsorgung <strong>von</strong> Textilien ...............................................................................................11<br />
6 Literaturverzeichnis........................................................................................................17
- 1 -<br />
<strong>Kleidung</strong> contra <strong>Umwelt</strong><br />
Die ökologischen Probleme und neue Fragestellungen für Gesundheit und<br />
<strong>Kleidung</strong><br />
0 Definitionen<br />
<strong>Kleidung</strong>:<br />
Gesamtheit der Kleider<br />
ein Kleid: etwas Verhüllendes, Bedeckendes<br />
Ökologie:<br />
Lehre <strong>von</strong> den Beziehungen der Lebewesen zu ihrer Umgebung<br />
Gesundheit:<br />
Zustand der Krankheitslosigkeit : körperliches Befinden: Heilsamkeit,<br />
Zuträglichkeit für den Körper<br />
These:<br />
Der gesunde Mensch / Die gesunde <strong>Umwelt</strong> - eine nicht zu trennende<br />
Symbiose<br />
Problemformulierung<br />
1) Die <strong>von</strong> Menschen verursachten Stoffströme sind zu einem <strong>Umwelt</strong>risiko<br />
geworden<br />
Problem des nicht nachvollziehen könnens der "Textilien-Kette"<br />
2) Konkurrenz <strong>von</strong> Billigimportländern aus der Dritten Welt bzw. aus dem<br />
Osten<br />
3) Schwierigkeiten und Grenzen im Bezug auf alternative Projekte<br />
4) Mode und Design als Glied in der “Textilen-Kette“ - Mode, eine kurzlebige<br />
Definition der eigenen Identität
- 2 -<br />
1 Die <strong>von</strong> Menschen verursachten Stoffströme sind zu einem<br />
<strong>Umwelt</strong>risiko geworden<br />
Problem des nicht nachvollziehen könnens der<br />
“Textilien-Kette“<br />
Fragestellungen<br />
♦ Welche Bedürfnisse und Konsumansprüche sollen mit den produzierten Stoffen, Produkten<br />
und Materialien erfüllt werden<br />
♦ Werden überhaupt noch die "richtigen" Stoffe verwendet<br />
♦ Gibt es nicht ganz andere Möglichkeiten und Konzepte, das Bedürfnis nach Mode zu<br />
erfüllen<br />
♦ Welche Dienstleistungsangebote sind zu entwickeln, um Lebensdauer <strong>von</strong> Bekleidung zu<br />
verlängern und schadstofffrei zu gestalten<br />
Für Alf Steinhuber beginnt ökologisches Bewußtsein bei einem selbst, im Kopf, vor der<br />
Haustür und im eigenen Umfeld.<br />
Wichtig ist daher dem Verbraucher ehrliche Informationen und keine leeren<br />
Verkaufsversprechungen um ernsthafte <strong>Umwelt</strong>bemühungen zu geben. Visualisierung durch<br />
Vielseitigkeit und Einfachheit sollen die Verbraucher für das Thema <strong>Umwelt</strong>problematik<br />
sensibilisieren und es ihnen verständlich machen bzw. ihnen näher bringen.<br />
Ein häufiges Problem ist die Verkomplizierung der Thematik. Dies führt zu Desinteresse und<br />
Negativhaltung.<br />
Durch sogenannte Ökosiegel wie z.B. Visualisierung durch Siegel, Punkte (• • •), Herzen (♥<br />
♥ ♥) usw. können die Produkte gekennzeichnet werden, um den Verbraucher aufmerksam zu<br />
machen.<br />
Anhand einer Werteskala nach Noergaard <strong>von</strong> GREEN COTTON soll der <strong>Umwelt</strong>-Wert<br />
bestimmt werden.
- 3 -<br />
Die Skala umfaßt Werte <strong>von</strong> 0 bis 100:<br />
0 = Schädliches Produkt<br />
100 = Voll umweltfreundlich<br />
⇒<br />
dieser Wert kann jedoch nicht erreicht werden, da bereits schon<br />
Transportwege umweltschädigend sind. Ziel ist es den 100-er Wert<br />
anzustreben.<br />
0 Werteskala<br />
100<br />
Abbildung 1:<br />
Werteskala nach Noergaard<br />
Vorschläge zur Optimierung der Produkte<br />
• Produktanalyse der umweltbeeinflussenden Eigenschaften<br />
• <strong>Umwelt</strong>wertbestimmmung<br />
• Beibehaltung und Anstreben eines besseren Wertes<br />
• Optimierung durch Produktrealisierung im eigenen Land ohne Import aus Dritte<br />
Weltländern.<br />
Aktuelle Zahlen<br />
landeseigene Herstellung<br />
<strong>von</strong> Textilien<br />
15%<br />
85%<br />
Textilimporte<br />
Abbildung 2:<br />
Verhältnis der Textilimporte aus Dritte Weltländern<br />
zu Textilien in landeseigener Herstellung<br />
⇒ 85% aller in Deutschland angebotenen Textilien werden importiert.
- 4 -<br />
Die Schwierigkeiten zur Realisierung dieser Vorschläge liegen darin begründet, daß Stoffe und<br />
Produkte weltweit in internationaler Arbeitsteilung produziert, konsumiert und entsorgt<br />
werden.<br />
Man spricht in diesem Zusammenhang <strong>von</strong> der “TEXTILEN-KETTE“; vom<br />
Produzenten bis zum Konsumenten.<br />
2 Konkurrenz <strong>von</strong> Billigimportländern aus der Dritten Welt<br />
bzw. aus dem Osten<br />
und<br />
3 Schwierigkeiten und Grenzen im Bezug auf alternative<br />
Projekte<br />
⇒ die Produktion wird in immer kleinere Teilabschnitte zerlegt und in Länder mit deutlich<br />
niedrigeren Lohn-, <strong>Umwelt</strong>- und Arbeitsschutzkosten verlagert.<br />
⇒ Fasern, Garne, Stoffe, Halbfabrikate, Textilhilfs- und Veredelungsmittel und der Transport<br />
dieser ist über den ganzen Globus verteilt.<br />
Eine gesamte Beurteilung der <strong>Umwelt</strong>- und Gesundheitsverträglichkeit, sowie der<br />
Sozialverträglichkeit einer Produktion ist praktisch unmöglich, da die "Textile-Kette" nicht<br />
nachvollziehbar ist, weil die Produktionsbedingungen nicht einschätzbar bzw. überschaubar<br />
sind.<br />
Um diesen Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, versucht man sich neue Alternativen zu<br />
schaffen bzw. alte Rohstoffe wieder zu entdecken. Dies hängt mit den sich verändernden<br />
Wertvorstellungen und den daraus resultierenden Märkten zusammen.<br />
Beispielhaft bezogen auf die Projekte "Maihaal" in Zentral-Indien und den “farbigen<br />
Baumwollanbau“ in Arizona/USA und auf die Wiederentdeckung des uralten<br />
Nutzrohstoffes Hanf, nun ein kurzer Abriß zur gegenwärtigen Situation des Baumwoll- bzw.<br />
Hanfanbaus unter folgender Fragestellung:
- 5 -<br />
Was macht den ökologischen Anbau <strong>von</strong> Baumwolle so schwierig<br />
Gegenwärtigen Situation des Baumwollanbaus:<br />
• auf 5% der gesamten Anbaufläche der Welt wird Baumwolle angebaut<br />
• Baumwollpflanzungen sind bodenauslaugende Pflanzen<br />
• Baumwollpflanzen verbrauchen mehr Nährstoffe als andere Nutzpflanzen<br />
• häufig werden hochgiftige Pestizide, lösliche Düngemittel, Herbizide und Entlaubungsmittel<br />
in den großen Monokulturen des Baumwollanbaus eingesetzt<br />
Für die Textilindustrie ist das nicht <strong>von</strong> Interesse. Hier sind nur folgende Aspekte <strong>von</strong><br />
Bedeutung:<br />
• Natürlichkeit und Qualität der Faser<br />
• Qualität des Garns<br />
• Gleichmäßigkeit des Gewebes<br />
• Design der Bekleidungsstücke<br />
• Akzeptanz durch den Konsumenten<br />
• Rentabilität des Geschäftes<br />
Der ökologische Rohstoffanbau, die Verwertung und Produktion an einem Ort führt zur<br />
Gesundheitsförderung der Konsumenten. Dieser kann sich jedoch nicht entwickeln, da der<br />
Marktdruck zu groß ist.<br />
Bei dem Projekt "Maihaal" findet die "Textile-Kette" vor Ort statt:<br />
vom Feld über die Rohstoffverwertung bis hin zum fertigen Produkt, wobei es sich hier nur um<br />
ungefärbte Baumwolle und deren Produkte handelt.<br />
Ein anderes Projekt, die "farbige Baumwollzüchtung" in Arizona/USA, bietet neue<br />
kontrollierte Anbaumöglichkeiten farbig wachsender Baumwolle mit dem Ziel:
- 6 -<br />
• hohe Wiederstandskraft gegen Schädlingsbefall zu erhalten<br />
• Faserlängenoptimierung zur Optimierung des Spinnprozesses<br />
• Verbesserung <strong>von</strong> Feinheiten<br />
• Einsparung <strong>von</strong> Färbeprozessen bei farbiger Baumwolle<br />
Dies hat den Vorteil der Kostenersparnis z.B. durch das Wegfallen <strong>von</strong> Arbeitsprozessen (wie<br />
das Färben), mit dem Ergebnis einer ökologischeren Produktrealisierung.<br />
Ein weiterer Vorteil ist, daß die farbig gewachsene Baumwolle ohne Einsatz <strong>von</strong> hochgiftigen<br />
Entlaubungsmitteln maschinell geerntet werden kann.<br />
Vor- und Nachteile der ökologisch angebauten Baumwolle<br />
Fasereigenschaften, Ökologie und Ökonomie<br />
Bezogen auf den "farbigen Baumwollanbau" in Arizona/USA<br />
Nachteile<br />
− kurze Stapellänge (Faserwuchs)<br />
− geringe Faserstärke<br />
− schlechte Lichtechtheit bei hoher UV-Bestrahlung<br />
− begrenztes Farbspektrum<br />
− Farbumschlag nach der Wäsche (speziell bei Grüntönen)<br />
− niedriges Ertragspotential<br />
− höhere Preise für vergleichbare weiße Öko-Baumwolle<br />
Vorteile<br />
+ höhere Resistenz gegenüber Schädlingen und Krankheiten<br />
⇒ kein Einsatz <strong>von</strong> Pestiziden erforderlich<br />
+ höhere Toleranz gegenüber Trockenheit und Salz<br />
+ Farbintensivierung nach bis zu 50 Wäschen (Farben werden dunkler ohne auszubluten)<br />
+ <strong>von</strong> Natur aus schwer entflammbar im Garn und Gewebe<br />
+ Einsparung <strong>von</strong> Färbechemikalien, Energie, Wasser und Entsorgungskosten
- 7 -<br />
Die erhöhten Kosten, die sich bei diesem Alternativanbau im Preis der Produkte<br />
niederschlagen, könnten gedämpft werden, wenn sich solch ein Programm kontinuierlich und<br />
im starken Maße durchsetzen würde.<br />
Was den Rohstoff Hanf betrifft, so stößt man hier auch heute noch auf großen Wiederstand,<br />
den Anbau dieses Rohstoffes wieder aufnehmen zu können.<br />
Obwohl diese Nutzpflanze ergiebiger ist als Baumwolle, hat sich Baumwolle gegenüber dem<br />
Hanf durchgesetzt.<br />
Dies hat folgende Gründe:<br />
Zum einen ist Baumwolle unter zur Hilfenahme <strong>von</strong> Maschinen leichter zu gewinnen und zu<br />
verarbeiten, wodurch Baumwolle billiger wurde; zum anderen kamen billigere Produkte aus<br />
der Dritten Welt.Der dritte Grund war die Kampagne gegen Hanf, weil aus Hanf<br />
Marihuana gewonnen wurde/wird und man die Jugend als gefährdet ansah/ansieht.<br />
Dies führte 1937 in den USA zum Hanfanbauverbot. 1981 setzte sich dieses Verbot auch in<br />
Deutschland durch.<br />
Vorteile des Hanfs gegenüber Baumwolle<br />
+ 3-fach höherer Ertrag als Baumwolle<br />
+ benötigt wenig Düngung<br />
+ kein Einsatz <strong>von</strong> Pestiziden erforderlich<br />
+ keine hohen Standortansprüche<br />
Geht man nun <strong>von</strong> einer "Textilen-Kette" innerhalb eines solchen Projektes, wie das<br />
"Maihaal-Projekt" oder dem Projekt in Arizona oder dem Wiederanbau <strong>von</strong> Hanf in unserem<br />
Land aus, so wäre dies mit Sicherheit eine Möglichkeit <strong>Kleidung</strong> ökologischer und damit für<br />
den Konsumenten gesünder zu produzieren. Dies wäre allerdings mit größerem Aufwand und<br />
Kosten verbunden.<br />
Inwieweit sich dann diese Produkte durchsetzen würden, ist nicht zu beantworten.<br />
Hier besteht ein enger Zusammenhang <strong>von</strong> Mode und Design. Öko-Mode sollte nicht nur ein<br />
Modetrend sein; sie sollte sich kontinuierlich durchsetzen und den Markt erobern, um den<br />
Menschen die Möglichkeit zu geben, sich gesunheits- und umweltbewußt zu kleiden.
- 8 -<br />
4 Mode und Design als Glied in der “Textilen-Kette“- Mode,<br />
eine kurzlebige Definition der eigenen Identität<br />
Fragen die sich nach Steinhuber ergeben:<br />
Wäre beispielsweise eine Mode denkbar, die so gut designed ist und so hochwertige<br />
Materialien benutzt, daß sie durch Benutzung an Ansehen gewinnt, daß dem Träger gerade<br />
durch langes tragen Prestige zuwächst<br />
Könnte Öko-Mode eine Mode sein, deren Gestaltungsprinzipien es möglich machen, daß sie<br />
auch noch nach Jahren in gleicher oder ähnlicher Form gekauft werden kann und damit die<br />
Mechanismen <strong>von</strong> >in< und > out < kurzschließt<br />
nach Steinhuber:<br />
• sollte der ideelle Wert den modischen “Eintagsfliegen“ entgegenwirken,<br />
• sichtbare Alterungsprozesse neue Wertung finden,<br />
• visuelle Langlebigkeit erzielt werden.<br />
Nach Meinung <strong>von</strong> Steinhuber sollte ein langgetragenes <strong>Kleidung</strong>sstück als "Tagebuch<br />
eines Individuums", als Teil einer persönlichen Geschichte gesehen werden.<br />
Bekleidung sollte nicht der Logik des Scheins und der Verkleidung unterworfen sein, sondern<br />
im Zeichen <strong>von</strong> Identität stehen und nicht unter dem Motto >eigentlich bin ich ja<br />
ganz anders, aber ich komme so selten dazu zu zeigen wie ich<br />
bin< genutzt bzw. getragen werden.<br />
Es stellt sich da natürlich die Frage, ob die Konsumenten das wollen und ob der Mensch nicht<br />
dazu tendiert häufiger etwas Neues haben zu wollen, bedingt durch den Druck der<br />
Konsumgesellschaft, in der wir uns bewegen.<br />
Empfinden wir getragene Sachen bzw. <strong>Kleidung</strong>sstücke nicht mit der Zeit als unansehnlich und<br />
unattraktiv und wollen wir überhaupt unsere <strong>Kleidung</strong> als “Tagebuch unserer Person“ anderen<br />
offen legen<br />
Dies ist ein Punkt den man kontrovers diskutieren könnte, da die Meinungen diesbezüglich<br />
vermutlich stark auseinander gehen.
- 9 -<br />
Für Steinhuber ist “der Mensch identitätslos und orientierungslos geworden, da es keinen<br />
eindeutigen Stil mehr gibt“.<br />
Einwurf<br />
Macht ein eindeutiger Stil nicht identitätslos <br />
Kann man sich nicht viel besser definieren und identifizieren, wenn man seinen eigenen Stil<br />
entwickelt, anstatt sich einem Stil zu unterwerfen<br />
Bei einer ausgeprägten Identitätsentwicklung wird einem Menschen Charakter und Charisma<br />
zugesprochen und <strong>von</strong> außen ein bestimmter Stil bestätigt. Für Steinhuber ist danach Stil<br />
etwas, was eine Definition <strong>von</strong> außen erfährt.<br />
Seiner Meinung nach dürfen Kleider nicht als Verkleidung wirken. <strong>Kleidung</strong> sollte nicht als<br />
Mittel der Einflußnahme auf andere oder als Selbstdarstellung dienen, sondern vielmehr das<br />
subjektive Wohlbefinden und das eigene Denken des Trägers reflektieren<br />
Nach Steinhuber gilt der Ansatz, daß man Material und Form im Wechselspiel erleben kann,<br />
daß man bewußt anschaut und anfaßt und man notwendige Maßnahmen trifft, um für ein<br />
Wohlbefinden des Trägers zu sorgen.<br />
Man sollte sich auf das Wesentliche reduzieren um alte und neue Genußqualitäten<br />
wiederzuerlangen bzw. zu erlangen ;unter den Aspekten:<br />
• Rückkehr zur Essenz<br />
• Verschaffen <strong>von</strong> Klarheit (sich selbst und anderen gegenüber)<br />
• Reduktion zum Echten<br />
In diesem Zusammenhang sollte man Produkte auf ihren wahrhaftig, wesentlichen Kern<br />
reduzieren und ihnen nicht eine “pseudo-ökologische“ Bedeutung zuschreiben.<br />
Einen etwas anderen Ansatz bringt Christiane Wöhler in ihrer Ausführung.<br />
Sie sagt, daß der Naturtrend 1995 am Höhepunkt angekommen ist.<br />
Ungefärbte Natur- und Leinentöne schwenkten um zu leuchtenden Farben, beschichteten<br />
Qualitäten und glänzenden Synthetics.
- 10 -<br />
Sie spricht in diesem Zusammenhang <strong>von</strong> der Mode, einem “zu interpretierenden<br />
Trendthema“.<br />
Ihrer Meinung nach werden zu viele Diskussionen über nicht machbare Dinge geführt , anstatt<br />
realisierbare Dinge, eine konsequente Produktion und eine entsprechende Marketinglinie zu<br />
konzepieren. Verbraucher/-innen wollen möglichst unbelastete und nicht belastete Textilien<br />
kaufen. Die zunehmend ökologische Fragestellung fördert eine Erweiterung des Bewußtseins<br />
und der Handlungsfelder, wodurch das Design in seiner Planung und Realisierung nachhaltig<br />
verändert werden kann.<br />
Design hat nicht nur etwas mit schön gestalteten Produkten zu tun, es hat auch zu tun, mit der<br />
Gestaltung der sozialverantwortlichen Konzepte für den Umgang mit Lebensräumen, mit<br />
natürlichen und menschlichen Ressourcen.<br />
Abschliessend kann man sagen, daß bei einer Gegenüberstellung dieser beiden Ansätze ein<br />
Vergleich sehr schwer fällt, da Alf Steinhubers Augenmerk mehr der Identifikation des<br />
Menschen über <strong>Kleidung</strong> gilt, worin er seine Argumentation für die Öko-Mode findet, während<br />
Christiane Wöhler sich mehr mit der aktuellen Situation auf dem Bekleidungsmarkt und der<br />
Realisierung ökologischer Mode auseinandersetzt.<br />
Fazit ist, daß sich die Öko-Mode vorerst nicht mit dem gewünschten Erfolg durchsetzen<br />
konnte. Sei es aus ökonomischen Gründen, daß die Produkte einfach zu teuer sind oder, daß<br />
sich der Stil dieser Mode noch nicht den Wünschen der Konsumenten anpassen konnte.<br />
Ob sich in dieser Hinsicht noch etwas tut, bleibt abzuwarten. Wünschenswert wäre es mit<br />
Sicherheit.
- 11 -<br />
5 Entsorgung <strong>von</strong> Textilien<br />
Möglichkeiten der Textilentsorgung<br />
Abgabe an Altkleidersammler, Verwandte<br />
und Bekannte sowieVerkauf und Tausch<br />
37%<br />
63%<br />
direkte Entsorgung über den Hausmüll<br />
Abbildung 3:<br />
Textilentsorgung<br />
1. direkte Entsorgung über den Hausmüll<br />
a) Deponie 44%<br />
b) thermische Verwertung 19%<br />
2. Abgabe an Altkleidersammler<br />
3. Abgabe an Verwandte und Bekannte<br />
4. Verkauf und Tausch<br />
zu1.:<br />
Die direkte Entsorgung über den Hausmüll ist zwar oft die bequemste Art, jedoch nicht<br />
die Optimallösung.<br />
Abfallvermeidung, -verringerung, -verwertung hat Vorrang vor der Deponierung oder<br />
Beseitigung.
- 12 -<br />
Begrifferklärungen<br />
Wieder- und Weiterverwendung <strong>von</strong> Textilien<br />
Wiederverwendung<br />
Wiederholte Verwendung eines Produkts für den für die Erstverwendung vorgesehenen<br />
Verwendungszweck.<br />
Weiterverwendung<br />
Ein Produkt wird nicht verändert, allerdings die Verwendung.<br />
Als Weiterverwendung gilt auch, wenn die <strong>Kleidung</strong> in andere Länder gelangt. Dies ist<br />
ökologischer als eine Neuherstellung <strong>von</strong> Textilien. Transportkosten und dadurch entstehende<br />
<strong>Umwelt</strong>belastung stehen der energie- und wasserintensiven Textilveredelung gegenüber.<br />
Wiederverwertung (=Recycling)<br />
Wiedereinsatz <strong>von</strong> Stoffen und Produkten in die primäre Verwendung unter teilweiser oder<br />
völliger Formauflösung, bzw. -veränderung.<br />
Beim Recyclen entsteht durch Qualitätsverlust während der Gebrauchsphase oder beim<br />
recyclen selbst auch ein Wertverlust; das Recyclingprodukt ist qualitativ minderwertiger als das<br />
Ursprungsprodukt<br />
Ein endloses Recycling ist daher nicht möglich!<br />
Weiterverwertung - "Downcycling"<br />
Der Rohstoff fließt nicht mehr in die primäre Verwendung, sondern in eine sekundäre<br />
Verwendung.<br />
(Beispiele für Einsatzgebiete: Schallisolierungen, Waschmaschinen, Polstermöbel).<br />
Rohstoffe für Weiterverwertung<br />
• Reißfasern aus Alttextilien<br />
Produktionsabfälle der Textil- und Bekleidungsindustrie.
- 13 -<br />
Weiterverwertung - "Upcycling"<br />
Theorie (Zukunftsvision): der wiedergewonnene Rohstoff aus einer sekundären verwendung<br />
fließt wieder in eine primäre Verwendung ein.<br />
Probleme beim Recycling <strong>von</strong> Textilien<br />
Entscheidend für die Wiederverwertung <strong>von</strong> Alttextilien als Sekundärrohstoff ist die<br />
Sortenreinheit der Produkte, bzw. die leichte und kostensparende Trennbarkeit der Textilien.<br />
Konsequenz für die Produktion:<br />
Möglichst geringe Vermischung <strong>von</strong> verschiedenen Fasern und anderen Materialien.<br />
Vor dem Recyclingverfahren werden die Alttextilien in 2 Gruppe eingeteilt:<br />
A. sortenreine Textilien<br />
B. gemischte Textilien<br />
zu B.)<br />
• Intimmischungen (z.B. nur Flocke)<br />
• Systemmischungen (z.B. Kette und Schuß sind aus Fasern verschiedener<br />
Gattungen)<br />
• Kombination <strong>von</strong> Flächengebilden (z.B. Oberstoff und Futter)<br />
Recyclingverfahren<br />
chemisches<br />
Recycling<br />
physikalisches<br />
Recycling<br />
Recyclingverfahren<br />
textiles<br />
Recycling<br />
Abbildung 4:<br />
Recyclingverfahren in der Textilindustrie
- 14 -<br />
Chemisches Recycling<br />
Bringt den polymeren Faserstoff in Lösung und zerlegt ihn durch teilweise oder vollständige<br />
Depolymerisation.<br />
Anwendung:<br />
bei Synthesefasern, wobei eine hohe Sortenreinheit wichtig ist.<br />
Physikalisches Recycling<br />
Alttextilien aus Polyester-, Polyamid-, Polypropylen- oder Polyethylenfasern können zu<br />
Faserpolymeren aufgeschmolzen werden, nachdem sie vorher zu einem Granulat zerkleinert<br />
worden sind.<br />
Anwendung:<br />
Das Granulat findet je nach Qualität seinen Einsatz in neuen Fasern oder anderen<br />
Kunststoffartikeln. Es kann allein oder gemischt mit neuem Granulat verarbeitet werden.<br />
Textiles Recycling<br />
Baut die Strukturen der Faser- und Textilabfälle bis höchstens auf die Faserebene ab.<br />
Bei geringer Beschädigung:<br />
- Verwendung in der textilen Verarbeitung<br />
Bei starker Beschädigung:<br />
- Verwendung für Putz- und Fülzwecke, Herstellung <strong>von</strong> Watte.<br />
Nachteil des textilen Recyclings<br />
Durch eine verfahrensbedingte Schädigung der Fasern ist ein weiterer Recyclingdurchgang<br />
nicht mehr möglich. Weiterhin decken die Marktpreise der entstandenen Produkte die<br />
Zerkleinerungskosten für Putzlappen z.B. nicht mehr.<br />
Dadurch entstehen Abwanderungsbewegungen in östliche Länder.<br />
Recycling realistisch gesehen<br />
Ein geschlossener Ressourcenkreislauf ist technisch zwar zu verwirklichen, die Frage nach<br />
wirtschaftlicher Vertretbarkeit und dem ökologischen Sinn bleibt jedoch offen. So ist z.B. das<br />
NYLON-Recycling sehr energieverzehrend und chemikalienintensiv.
- 15 -<br />
Es müßten detaillierte Stoff- und Energiebilanzen erstellt und mit den Stoff- und<br />
Energiebilanzen aus der primären Produktion verglichen werden.<br />
Da die <strong>Kleidung</strong>sstücke der heutigen Zeit für das Recycling eher ungeeignet sind, müßte schon<br />
bei der Planung der Produkte die Recyclingfähigkeit berücksichtigt werden.<br />
Wirkliches Recycling findet nur in geringem Maße statt (z.B. bei den Materialien Gore-Tex<br />
und Sympatex). In der Weiterverwendung landet nur ein geringer Teil der Textilien. Diese<br />
offene Kette muß in einen geschlossenen textilen Ring transformiert werden, indem:<br />
• auf originale Rohstoffe reduziert wird,<br />
• die Produktionsbedingungen die <strong>Umwelt</strong> schonen sollen,<br />
• ökologisch sinnvolles Recycling durch die Produktionsbedingungen<br />
eine längere Tragedauer der Produkte ermöglichen<br />
Konsequenzen:<br />
• sinken der Absatzmenge<br />
• zeitloses Gestalten der Produkte (siehe A. Steinhuber)<br />
Entsorgung durch Altkleidersamler<br />
durch<br />
a) karitative Einrichtungen<br />
b) gewerbliche Händler<br />
zu a)<br />
Die Sammelware aus karitativen Einrichtungen weist häufig eine gute Qualität auf und<br />
ermöglicht eine Verwendungsquote <strong>von</strong> 90%<br />
Diese 90% verteilen sich auf 4 Bereiche:<br />
1. Humanitäre Zwecke<br />
2. Verkauf an Second Hand-Läden<br />
3. Export (Anstieg innerhalb <strong>von</strong> 14 Jahren auf 70%)<br />
4. Verkauf an andere Organisationen.
- 16 -<br />
Die Wiederverwertbarkeit der (vorher) sortierten Altkleider setzt sich so zusammen:<br />
Pappenlumpen<br />
10-13%<br />
Reißtextilien<br />
15-20%<br />
Abfall<br />
7-10%<br />
Altkleider<br />
25 -30%<br />
Putzlappen<br />
30-33%<br />
Abbildung 5:<br />
Wiederverwertbarkeit sotierter Altkleider<br />
zu b)<br />
Gewerbliche Abholungen dienen nur der Erzielung <strong>von</strong> Gewerbeeinkünften und keinem<br />
sozialen Zweck, auch wenn dafür und damit geworben wird.
- 17 -<br />
6 Literaturverzeichnis<br />
Moden und Menschen, Design aktuell 6, Design Center Stuttgart 1995 darin:<br />
Alf Steinhuber: Gesichtspunkte zur Gestaltung einer Öko-Kollektion,<br />
Christiane Wöhler: Natural Cotton Colours<br />
Mathias Bröckers: Hanf - der Bio-Rohstoff der Zukunft<br />
Der Deutschen alte Kleider, Institut für Ökonomie und Ökologie, Süd Wind<br />
Textilarbeit und Unterricht 1/1994