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Insulinpumpentherapie bei Kindern und Jugendlichen ... - Auf der Bult

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KINDER- UND JUGENDARZT<br />

FORTBILDUNGSSCHWERPUNKT: DIABETES MELLITUS TYP 1<br />

MODERATION: PROF. DR. THOMAS DANNE<br />

<strong>Insulinpumpentherapie</strong> <strong>bei</strong> <strong>Kin<strong>der</strong>n</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong> mit Typ 1-Diabetes<br />

Eine Therapieoption für bedarfsorientierte individualisierte<br />

Insulinsubstitution<br />

Claudia Bittner, Wolfgang von Schütz <strong>und</strong> Thomas Danne<br />

Die <strong>Insulinpumpentherapie</strong> (CSII = continuous subcutaneous insulin infusion) findet<br />

seit einigen Jahren auch in <strong>der</strong> Pädiatrie in steigendem Maße Verwendung <strong>und</strong> erfreut<br />

sich als Therapiealternative zur intensivierten Spritzentherapie zunehmend<br />

großer Beliebtheit <strong>bei</strong> den Patienten <strong>und</strong> ihren Familien. Als Hauptargument für den<br />

Einsatz <strong>der</strong> Pumpentherapie werden eine größere Flexibilisierung des Alltags als<br />

auch eine stabilere Stoffwechsellage mit Reduktion unerwünschter Hypoglykämien<br />

genannt. Zu den negativen Auswirkungen, wie einer gesteigerten Ketoazidosehäufigkeit<br />

o<strong>der</strong> überproportioniertem Gewichtszuwachs hingegen finden sich wi<strong>der</strong>sprüchliche<br />

Aussagen. Insgesamt lassen die positiven Erkenntnisse aus Anwendungsbeobachtungen<br />

<strong>und</strong> vielerorts durchgeführten Studien den Schluss zu, dass es<br />

sich um eine sichere, anwen<strong>der</strong>fre<strong>und</strong>liche <strong>und</strong> indikationsbezogen sinnhafte Ergänzung<br />

des Therapiespektrums für Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche mit Typ 1-Diabetes handelt,<br />

wo<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Einsatz <strong>der</strong> CSII jeweils individuell erwogen werden <strong>und</strong> begründet<br />

sein sollte.<br />

FORTBILDUNG<br />

Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Stellenwert<br />

Schon in den 70er Jahren gab es<br />

erste Ansätze zur Entwicklung<br />

batteriebetriebener Pumpen für<br />

die subcutane Insulinapplikation,<br />

da bereits zu diesem frühen Zeitpunkt<br />

das Prinzip einer kontinuierlichen<br />

Insulintherapie <strong>der</strong><br />

Spritzentherapie aus physiologischen<br />

Gesichtspunkten als überlegen<br />

anerkannt wurde, jedoch<br />

standen eingeschränkte technische<br />

Voraussetzungen mit entsprechend<br />

hohen Komplikationsraten<br />

einem weitverbreiteten <strong>und</strong><br />

erfolgreichen Einsatz dieser Therapieform<br />

entgegen. Nach den Er-<br />

Kin<strong>der</strong>krankenhaus auf <strong>der</strong> <strong>Bult</strong>, Diabeteszentrum<br />

für Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche,<br />

Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover<br />

kenntnissen <strong>der</strong> bedeutendsten<br />

Studie über den Zusammenhang<br />

von Stoffwechseleinstellung <strong>und</strong><br />

Folgeerkrankungen, dem amerikanischen<br />

Diabetes Control and<br />

Complications Trial (6), hatten die<br />

Patienten <strong>der</strong> intensiviert insulinbehandelten<br />

Patientengruppe<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich weniger Retinopathien<br />

entwickelt als die Patienten<br />

mit konventioneller (zwei Injektionen)<br />

Therapie. Interessanterweise<br />

galt dies auch für Patienten<br />

mit unterschiedlicher Therapieform<br />

<strong>und</strong> gleichem durchschnittlichen<br />

HbA1c-Wert (Abb. 1). Das<br />

spricht für die große Bedeutung<br />

von Stoffwechselschwankungen<br />

für die Entwicklung von Folgeerkrankungen.<br />

Wenn man berücksichtigt,<br />

dass die überwiegende<br />

Anzahl <strong>der</strong> intensiviert behandelten<br />

Patienten in dieser Studie mit<br />

Insulinpumpen behandelt wurden,<br />

unterstrich dies bereits damals<br />

die zukunftsweisende Relevanz<br />

dieser Therapieform gerade<br />

im Hinblick auf das Ziel eines langen<br />

<strong>und</strong> möglichst komplikationsarmen<br />

Lebens mit einem Typ1-<br />

Diabetes.<br />

Erst nach Optimierung <strong>der</strong> Technologie<br />

mit besseren Sicherheitseinrichtungen<br />

wie Alarm- <strong>und</strong><br />

Tastensperrfunktionen sowie<br />

besserer Bedienerfre<strong>und</strong>lichkeit<br />

<strong>und</strong> vor allem <strong>der</strong> Implementierung<br />

halbstündlich variabler <strong>und</strong><br />

damit individualisierter Basalraten<br />

wurde die <strong>Insulinpumpentherapie</strong><br />

(CSII) in <strong>der</strong> klinischen Diabetologie<br />

im großen Stil praktikabel<br />

einsetzbar <strong>und</strong> erfährt gerade<br />

KINDER- UND JUGENDARZT 35. Jg. (2004) Nr. 0 Nr. 3184c<br />

1


FORTBILDUNG<br />

Abb.1: Risiko <strong>der</strong> Retinopathieentstehung in Abhängigkeit von <strong>der</strong><br />

Therapieform (Ergebnisse <strong>der</strong> DCCT-Studie [6]). Trotz gleichen<br />

HbA1c-Wertes entwickelten die mit intensivierter Therapie behandelten<br />

Patienten seltener eine Retinopathie als die mit konventioneller<br />

Therapie behandelten Patienten.<br />

auch <strong>bei</strong> pädiatrischen Patienten<br />

eine exponentiell steigende Verwendung<br />

(Abb. 2).<br />

Den Daten <strong>der</strong> DPV-Wiss-Intiative<br />

(Diabetes Patienten Verlaufsdokumentation)<br />

zufolge kam es somit<br />

von 1996 bis 2002 <strong>bei</strong> 16000<br />

Patienten mit Typ 1-Diabetes < 20<br />

J. zu einem Anstieg von 39 auf<br />

1060 pädiatrische Pumpenpatienten<br />

(7). Da<strong>bei</strong> wurden anfänglich<br />

bevorzugt Adoleszente <strong>der</strong><br />

neuen therapeutischen Option zugeführt,<br />

während die CSII erst innerhalb<br />

<strong>der</strong> letzten 2 Jahre im Zusammenhang<br />

mit <strong>der</strong> zunehmenden<br />

Sicherheit <strong>und</strong> Erfahrung <strong>der</strong><br />

Therapeuten im Umgang mit dieser<br />

Therapieform auch <strong>bei</strong> jüngeren<br />

<strong>Kin<strong>der</strong>n</strong> in steigendem Maße<br />

eingesetzt wird. Da<strong>bei</strong> zeigte sich<br />

rasch, dass insbeson<strong>der</strong>e Kleinkin<strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> Säuglinge mit <strong>der</strong> ihnen<br />

eigenen hohen Insulinempfindlichkeit,<br />

Hypoglykämieneigung<br />

sowie wechselndem <strong>und</strong> oft<br />

nicht vorhersehbarem Grad <strong>der</strong><br />

körperlichen Aktivität <strong>und</strong> Ausmaß<br />

<strong>der</strong> Nahrungsaufnahme<br />

nachhaltig von <strong>der</strong> Möglichkeit<br />

dieser bedeutend individuelleren<br />

<strong>und</strong> in geringeren Dosierungsschritten<br />

festlegbaren Insulintherapie<br />

profitieren.<br />

Details zur praktischen Durchführung<br />

<strong>der</strong> CSII<br />

Bei <strong>der</strong> <strong>Insulinpumpentherapie</strong><br />

wird in maximal halbstündlichen<br />

Intervallen eine sogenannte Basalrate<br />

an Normal- o<strong>der</strong> schnellwirksamen<br />

Analoginsulin einprogrammiert,<br />

die variabel <strong>und</strong> individuell<br />

auf den Patienten zugeschnitten<br />

dessen Gr<strong>und</strong>bedarf an<br />

Insulin kontinuierlich abdeckt<br />

(Abb. 3). Des weiteren muss <strong>der</strong><br />

Patient mahlzeitengerecht gemäß<br />

<strong>der</strong> für ihn ermittelten KE-Faktoren<br />

Mahlzeiten-boli nach Bedarf<br />

programmieren <strong>und</strong> kurzzeitige<br />

Korrekturen zu hoher Blutzuckerwerte<br />

mit <strong>der</strong> Abgabe von Korrektur-boli<br />

beantworten, die jeweils<br />

vom Patienten in <strong>der</strong> entsprechenden<br />

Situation an <strong>der</strong> Pumpe<br />

eingegeben werden können.<br />

Studienergebnisse<br />

Die bislang publizierten pädiatrischen<br />

Studienergebnisse zur CSII<br />

erweisen sich in ihrer Aussage als<br />

heterogen, so zeigte sich in einer<br />

<strong>der</strong> bislang größten Gruppen pädiatrischer<br />

Pumpenpatienten in<br />

Baltimore über einen Untersuchungszeitraum<br />

von 10 Jahren eine<br />

Senkung des HbA1c-Werts <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Hypoglykämierate <strong>bei</strong> gleichbleiben<strong>der</strong><br />

Ketoazidoseinzidenz<br />

(12). An<strong>der</strong>en Autoren zufolge<br />

kam es neben <strong>der</strong> Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Stoffwechselsituation zu einer<br />

Absenkung des Insulintagesbedarfs<br />

(2,11), wohingegen auch<br />

über eine Zunahme <strong>der</strong> Ketoazidoserate<br />

sowie fehlende langfristige<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Stoffwechselsituation<br />

<strong>und</strong> das Risiko<br />

unerwünschter Gewichtszunahme<br />

berichtet wurde. (7,13). Die<br />

von starken Stoffwechselschwankungen<br />

<strong>und</strong> Entgleisungen beson<strong>der</strong>s<br />

bedrohte Gruppe <strong>der</strong> Kleinkin<strong>der</strong><br />

scheint nach Litton et al. in<br />

beson<strong>der</strong>em Maße zu profitieren<br />

(10).<br />

Die 2003 von Weissberg-Benchell<br />

et al. durchgeführte Metaanalyse<br />

wies <strong>der</strong> CSII unter Einbeziehung<br />

52 vorwiegend internistischer<br />

Studien mit insgesamt 1547 Patienten<br />

eine signifikante Verbesse-<br />

2 Nr. 3184c<br />

KINDER- UND JUGENDARZT 35. Jg. (2004) Nr. 0


Anteil <strong>der</strong> Patienten<br />

in %<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

91<br />

60<br />

Abb. 2: Entwicklung des Einsatzes verschiedener Therapieformen<br />

im Kin<strong>der</strong>krankenhaus auf <strong>der</strong> <strong>Bult</strong> in Hannover in den Jahren<br />

1986-2003:<br />

Mittlerweile werden bereits 20% <strong>der</strong> Patienten mit einem Typ1-Diabetes<br />

mit einer Insulinpumpe behandelt.<br />

rung <strong>der</strong> Stoffwechselsituation<br />

ohne Inkaufnahme o<strong>der</strong> Risiko<br />

höherer Komplikationsraten zu<br />

(15). Im Hinblick auf die von den<br />

Betroffenen <strong>und</strong> ihren Eltern genannte<br />

subjektiv als wesentlich<br />

empf<strong>und</strong>ene Verbesserung <strong>der</strong><br />

Lebensqualität durch Flexibilisierung<br />

<strong>und</strong> Individualisierung des<br />

Alltags unter einer CSII liegen<br />

noch keine publizierten Daten für<br />

9<br />

40<br />

32<br />

68<br />

1986 1990 1994 1999 2003<br />

Konventionelle/Übergangstherapie<br />

Intensivierte Insulintherapie<br />

CSII<br />

18<br />

82<br />

10<br />

70<br />

20<br />

größere pädiatrische Patientengruppen<br />

vor.<br />

Bereits Lauritzen et al. wiesen<br />

darauf hin, dass mit einer Pumpentherapie<br />

eindeutig gleichmäßigere<br />

Insulinspiegel zu erreichen<br />

wären (9). Nach den von <strong>der</strong><br />

DPV-Wiss-Initiative ausgewerteten<br />

b<strong>und</strong>esweiten Daten ist die<br />

Hypoglycämierate pädiatrischer<br />

CSII-Basalratenprofile<br />

in verschiedenen Altersgruppen<br />

Basalrate E/h <strong>bei</strong> 18E / Tag<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

Vorschulkin<strong>der</strong><br />

6 bis 11 Jahre<br />

Adoleszenten<br />

0-1 1-2 2-3 3-4 4-5 5-6 6-7 7-8 8-9 9-10 10-11 11-12 12-13 13-1414-15 15-16 16-17 17-1818-1919-2020-2121-2222-23 23-0<br />

Tageszeit<br />

Abb. 3: Altersabhängige Unterschiede in <strong>der</strong> stündlichen Insulin-<br />

Basalrate. Zur besseren Vergleichbarkeit wurden die mittleren altersbezogenen<br />

Raten auf einen Gesamttagesinsulinbedarf von 18 E<br />

pro 24 St<strong>und</strong>en berechnet.<br />

Pumpenpatienten im Vergleich zu<br />

ICT-spritzentherapierten <strong>Kin<strong>der</strong>n</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong> (intensivierte<br />

konventionelle Insulintherapie)<br />

signifikant reduziert (16,1/100<br />

Pat.-Jahre vs. 22/100-Pat. Jahre),<br />

wohingegen die am HbA1c orientierte<br />

Stoffwechseleinstellung <strong>bei</strong><strong>der</strong><br />

Gruppen vergleichbar ist (7).<br />

Eigene Erfahrungen<br />

Eigene Untersuchungen an 71 Patienten<br />

im Alter von durchschnittlich<br />

13 Jahren, die im Kin<strong>der</strong>krankenhaus<br />

auf <strong>der</strong> <strong>Bult</strong> in Hannover<br />

behandelt werden, zeigten<br />

folgende Ergebnisse: Zwar fand<br />

sich für die Gesamtgruppe keine<br />

Verbesserung des HbA1c-Werts,<br />

jedoch konnte <strong>der</strong> in dieser Altersgruppe<br />

übliche HbA1c-Anstieg<br />

um 0,3% verhin<strong>der</strong>t werden<br />

(1). Insbeson<strong>der</strong>e Patienten mit<br />

vormals ungenügen<strong>der</strong> Stoffwechselsituation<br />

konnten den<br />

HbA1c senken, während die<br />

Gruppe mit bereits vor Umstellung<br />

auf CSII sehr gutem HbA1c<br />

oft eine Erhöhung des Werts erfuhren,<br />

was eventuell mit einer<br />

Reduktion unerkannter Hypoglykämien<br />

erklärt sein dürfte. Des<br />

weiteren zeigte sich eine inverse<br />

Korrelation <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> täglichen<br />

Bolusgaben mit <strong>der</strong> Höhe<br />

des HbA1c (Abb. 4). Auch unter<br />

einer <strong>Insulinpumpentherapie</strong> haben<br />

beson<strong>der</strong>s manche Jugendliche<br />

Schwierigkeiten, den Diabetes<br />

in ihr tägliches Leben einzubauen.<br />

Eine unzureichende Insulinsubstition<br />

kommt also auch<br />

nach Wegfall <strong>der</strong> belastenden Insulinspritzen<br />

als Ursache schlechter<br />

Stoffwechseleinstellung vor.<br />

Die Inzidenz schwerer Hypoglykämien<br />

(einhergehend mit Koma<br />

<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Krampfanfall) war mit<br />

1,6/100 Pat. Jahre geringer als im<br />

Vergleichskollektiv (3,4 /100<br />

Pat.Jahre). Die Ketoazidoserate<br />

war mit 3,3 vs. 0,7/100 Patientenjahre<br />

erhöht, jedoch ergibt sie<br />

sich rein rechnerisch aus 2 Einzelepisoden<br />

in dem kurzen Beobachtungszeitraum<br />

von einem<br />

Jahr.<br />

In unserem Gesamtkollektiv zeigte<br />

sich <strong>der</strong> BMI-SDS unter <strong>der</strong><br />

FORTBILDUNG<br />

KINDER- UND JUGENDARZT 35. Jg. (2004) Nr. 0 Nr. 3184c<br />

3


FORTBILDUNG<br />

HbA1c<br />

12<br />

11<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

2 4 6 8 10 12 14<br />

Anzahl <strong>der</strong> Bolusgaben<br />

Abb. 4: Korrelation <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> täglichen Bolusgaben zum<br />

HbA1c<br />

Mangelnde<br />

Bolusinsulingaben<br />

führen zu höherem<br />

HbA1c nach 12<br />

Monaten<br />

r = 0,57<br />

p = 0.002<br />

Pumpentherapie stabil, jedoch<br />

muss kritisch angemerkt werden,<br />

dass insbeson<strong>der</strong>e jugendliche<br />

Mädchen, die im Kontext <strong>der</strong> Pubertät<br />

ohnehin eine hormonell bedingte<br />

Gewichtslabilität aufweisen,<br />

unter CSII gehäuft eine deutliche<br />

Gewichtszunahme erleiden,<br />

die möglicherweise <strong>bei</strong> dieser<br />

Subgruppe im Rahmen <strong>der</strong> maximalen<br />

Liberalisierung <strong>der</strong> Nahrungsaufnahme<br />

auf eine Essstörung<br />

(Binge Eating Disor<strong>der</strong>)<br />

hinweisend sein könnte. Es konnte<br />

jedoch gezeigt werden, dass eine<br />

gezielte Gewichtskontrolle für<br />

entsprechend motivierte Patienten<br />

unter CSII möglich ist (13).<br />

Indikationen zur CSII <strong>und</strong><br />

persönliche Voraussetzungen<br />

des Patienten<br />

<strong>Auf</strong>gr<strong>und</strong> des zunehmenden Einsatzes<br />

<strong>der</strong> CSII auch <strong>bei</strong> pädiatrischen<br />

Patienten wurde im April<br />

2000 unter dem Dach <strong>der</strong> pädiatrischen<br />

Ar<strong>bei</strong>tsgemeinschaft für<br />

1) Vermeiden/Verbessern eines schwer beeinflussbaren Dawn/ Dusk-<br />

Phänomens (morgendliche/abendliche Hyperglykämie-Neigung)<br />

2) Vermeidung schwerer nächtlicher <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> rezidivieren<strong>der</strong> nicht<br />

verhaltensbedingter Hypoglykämien<br />

3) Verbesserung einer labilen, unzureichenden Stoffwechseleinstellung<br />

<strong>und</strong> persistieren<strong>der</strong> Hyperglykämie<br />

4) Flexibilität <strong>bei</strong> den Mahlzeiten (unvorhergesehenes Ess-<strong>und</strong> Bewegungsverhalten)<br />

<strong>und</strong> <strong>bei</strong> unregelmäßigem Tagesablauf (Schule/<br />

Ausbildung)<br />

5) Wenn nach Ausschöpfung aller zumutbaren Therapiemöglichkeiten<br />

keine befriedigende Stoffwechseleinstellung erreicht werden<br />

kann, u.a. Son<strong>der</strong>fälle wie Insulinallergie, Lipoatrophie<br />

6) Die streng normoglykämische Einstellung während <strong>der</strong> Schwangerschaft<br />

Tab. 1: Indikationen für eine <strong>Insulinpumpentherapie</strong> im Kindes<strong>und</strong><br />

Jugendalter entsprechend dem Statement <strong>der</strong> AG Pumpentherapie<br />

<strong>der</strong> AGPD 2004<br />

pädiatrische Diabetologie (AGPD)<br />

die Ar<strong>bei</strong>tsgruppe „<strong>Insulinpumpentherapie</strong><br />

im Kindes- <strong>und</strong> Jugendalter“<br />

gegründet, in <strong>der</strong> Qualitätsstandards<br />

bezüglich Pumpenschulung<br />

<strong>und</strong> -therapie festgelegt<br />

werden sollen, die sich aus<br />

dem fachlichen Austausch sowie<br />

<strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> von allen beteiligten<br />

Zentren <strong>bei</strong>gesteuerten Therapieergebnisse<br />

ergeben. Die von<br />

diesem Gremium zusammen mit<br />

<strong>der</strong> AGPD 2004 formulierten Indikationsrichtlinien<br />

(5) für eine <strong>Insulinpumpentherapie</strong><br />

zeigt Tabelle<br />

1; nach einer Auswertung <strong>der</strong><br />

AG Pumpentherapie kommt <strong>der</strong><br />

Vermeidung des Dawn-Phänomens<br />

als Begründung für die Umstellung<br />

da<strong>bei</strong> herausragende Bedeutung<br />

zu (5).<br />

Um als geeignet für die Pumpentherapie<br />

zu gelten, sollte <strong>der</strong><br />

Patient in erster Linie selbst (<strong>und</strong><br />

nicht etwa die Eltern o<strong>der</strong> Therapeuten)<br />

diese Therapieform für<br />

sich wünschen, des weiteren ist<br />

ein sicherer Umgang mit den Therapieprinzipien<br />

<strong>der</strong> intensivierten<br />

Insulintherapie (ICT) mit Beherrschung<br />

aller Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Insulinanpassung<br />

sowie die Bereitschaft,<br />

in hoher Frequenz (ca. 6-8<br />

x/d) Blutzuckerselbstkontrollen<br />

durchzuführen <strong>und</strong> die applizierten<br />

Insulindosen, konsumierten<br />

KE-Mengen <strong>und</strong> gemessenen BZ-<br />

Werten angemessen zu protokollieren,<br />

erfor<strong>der</strong>lich. Eine Pumpentherapie<br />

ab Manifestationszeitpunkt<br />

des Diabetes ist aufgr<strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Erfahrung<br />

mit <strong>der</strong> ICT nur in Ausnahmefällen<br />

(z.B. neonataler Diabetes)<br />

möglich, zumal in <strong>der</strong> Remissionsphase<br />

oft die Insulintherapie<br />

auch in Spritzenform so einfach<br />

<strong>und</strong> unkompliziert gehalten werden<br />

kann, dass sie für viele größere<br />

Kin<strong>der</strong> sehr wohl akzeptabel<br />

ist.<br />

Mentale Behin<strong>der</strong>ung, schwerwiegende<br />

psychiatrische <strong>Auf</strong>fälligkeiten<br />

wie Depressivität o<strong>der</strong><br />

selbstgefährdendes Verhalten sowie<br />

Substanzmissbrauch <strong>und</strong> ein<br />

allgemein ungünstiges soziales<br />

Niveau gelten als Kontraindikationen<br />

für den Einsatz <strong>der</strong> CSII.<br />

4 Nr. 3184c<br />

KINDER- UND JUGENDARZT 35. Jg. (2004) Nr. 0


Kosten <strong>der</strong> Pumpentherapie<br />

Überlegungen zur ökonomischen<br />

Vertretbarkeit <strong>der</strong> <strong>Insulinpumpentherapie</strong><br />

gegenüber <strong>der</strong> Gesamtheit<br />

<strong>der</strong> Krankenversicherten<br />

müssen neben den täglichen<br />

Behandlungskosten, die nach<br />

Daikeler et al. insbeson<strong>der</strong>e durch<br />

die teuren Katheter um etwa 2100<br />

Euro/Jahr höher liegen als <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

intensivierten Spritzentherapie<br />

(4) auch die optional geringeren<br />

langfristigen Kosten stationärer<br />

Therapie aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> besseren<br />

Stoffwechsellage mit geringerer<br />

Entgleisungsgefahr berücksichtigen.<br />

So berichten Steindel et al. in<br />

einer Analyse stationärer Behandlungskosten<br />

von 6 Patienten<br />

mit schlechter Stoffwechselkontrolle<br />

aufgr<strong>und</strong> mangelhafter<br />

Compliance o<strong>der</strong> schwer einstellbarem<br />

Diabetes über eine Kostenreduktion<br />

von 16568 $/Jahr <strong>und</strong><br />

eine Reduktion <strong>der</strong> jährlichen<br />

Krankenhausliegedauer von 20,8<br />

auf 5 Tage/Patient (14).<br />

Unabhängig von <strong>der</strong> Kostenfrage<br />

sollte <strong>der</strong> Einsatz <strong>der</strong> CSII allen<br />

geeigneten <strong>Kin<strong>der</strong>n</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong><br />

unabhängig von <strong>der</strong> privaten<br />

wirtschaftlichen Situation ermöglicht<br />

werden, handelt es sich<br />

doch mittlerweile nachgewiesener<br />

– <strong>und</strong> anerkanntermaßen um<br />

eine sinnvolle Ergänzung des<br />

Therapiespektrums.<br />

Praktische Durchführung:<br />

Welche Pumpen sind<br />

für Kin<strong>der</strong> geeignet<br />

Viele Pumpen kennzeichnen sich<br />

heutzutage durch eine bedienerfre<strong>und</strong>liche<br />

Oberfläche sowie umfangreiche<br />

Sicherheitsfunktionen<br />

wie Tastensperre <strong>und</strong> multiple<br />

Alarmfunktionen, die gerade<br />

<strong>bei</strong>m Einsatz <strong>bei</strong> Kleinkin<strong>der</strong>n zur<br />

Verhin<strong>der</strong>ung unerwünschter Bolusabgaben<br />

nötig sind. Die Auswahl<br />

des Pumpentyps richtet sich<br />

nach den Bedürfnissen <strong>und</strong> Vorlieben<br />

des Patienten. Wichtig ist<br />

nach unseren Erfahrungen die<br />

Möglichkeit, den Pumpenspeicher<br />

(z.B. Pumpenmodelle Disetronic<br />

D-Tron Plus [Fa. Disetronic/Roche]<br />

<strong>und</strong> Minimed Paradigm [Fa.<br />

Medtronic Minimed]) auszulesen,<br />

was für die individuelle Beratung<br />

des Patienten <strong>und</strong> die Problemanalyse<br />

außerordentlich hilfreich<br />

sein kann. Der Problematik einer<br />

daraus resultierenden „Gläsernheit“<br />

des Patienten sollte aber mit<br />

dem Patienten <strong>und</strong> seiner Familie<br />

ausreichend thematisiert werden.<br />

<strong>Auf</strong> Wunsch kann die Bedienung<br />

<strong>der</strong> Pumpe auch mittels einer<br />

Fernbedienung erfolgen.<br />

Die erst seit kurzem auf dem<br />

Markt befindliche Minimed Paradigm<br />

512 bietet den Patienten mit<br />

dem „Bolus Expert“ Programm<br />

die neuartige Option, nach Einspeisung<br />

des gemessenen aktuellen<br />

Blutzuckers <strong>und</strong> <strong>der</strong> gewünschten<br />

Menge zu konsumieren<strong>der</strong><br />

KE unter Berücksichtigung<br />

individueller für den Patienten<br />

hinterlegter KE- <strong>und</strong> Korrekturfaktoren<br />

sowie <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> zu<br />

vermutenden Restwirkung des<br />

letzten abgegebenen Bolus einen<br />

Dosisvorschlag für den anstehenden<br />

Bolus errechnen zu lassen.<br />

Modifiziert werden muss dieser<br />

durch den Patienten dann lediglich<br />

hinsichtlich einer Absenkung<br />

<strong>bei</strong> geplanter stärkerer körperlicher<br />

Aktivität. Inwiefern das Programm<br />

die Rate fehlerhaft von<br />

dem Benutzer berechneter Boli<br />

wirklich senken <strong>und</strong> dadurch zu<br />

einer Stoffwechseloptimierung<br />

führen kann, bleibt abzuwarten.<br />

Welche Insuline werden<br />

verwendet<br />

Die Verwendung von Normalinsulinen<br />

(Actrapid PP von Fa. Novo<br />

Nordisk, Insuman infusat von Fa.<br />

Aventis) in den Pumpen ist möglich,<br />

jedoch gewinnt <strong>der</strong> Einsatz<br />

von Analoginsulin (Novorapid <strong>der</strong><br />

Fa. Novo Nordisk <strong>und</strong> Humalog<br />

<strong>der</strong> Fa. Lilly) in exponentiellem<br />

Maße an Bedeutung, weil kein Bolus-Eß-Abstand<br />

einzuhalten ist<br />

<strong>und</strong> durch die Pharmakokinetik<br />

mit raschem Wirkmaximum <strong>und</strong><br />

schneller Inaktivierung häufigere<br />

mahlzeitenassoziierte Bolusgaben<br />

o<strong>der</strong> Korrekturdosen gegeben<br />

werden können, da die Restwirkung<br />

<strong>der</strong> zurückliegenden Boli<br />

in deutlich geringerem Maße<br />

mit einzukalkulieren ist. Außerdem<br />

soll <strong>bei</strong> Verwendung <strong>der</strong><br />

schnell wirkenden Analoginsuline<br />

statt Normalinsulin ein besserer<br />

HbA1c-Outcome zu erzielen sein<br />

(3). Bei einem Insulinbedarf von<br />

< 0,1 E/h kann verdünntes Humalog<br />

(spezielle Verdünnungslösung!)<br />

eingesetzt werden, in <strong>der</strong><br />

Regel ist aber die U100-Konzentrationslösung<br />

ausreichend. Die<br />

Disetronic D-Tron plus kann mit<br />

herkömmlichen Patronen von Humalog<br />

<strong>der</strong> Firma Lilly befüllt werden,<br />

für die Pumpen von Medtronic<br />

Minimed stehen bislang keine<br />

gebrauchsfertigen Ampullen zur<br />

Verfügung, so dass das Insulin<br />

vom Patienten in ein geeignetes<br />

Reservoir umgefüllt werden<br />

muss. Seit neuestem gibt es aber<br />

auch von diesem Anbieter ein<br />

Pumpenmodell mit dem Fassungsvermögen<br />

von 300 IE .<br />

Welches Zubehör ist<br />

erfor<strong>der</strong>lich<br />

Zum Transfer des in <strong>der</strong> Pumpe<br />

befindlichen Insulins in das Subcutangewebe<br />

stehen verschiedenartigste<br />

Katheter mit Schlauchlängen<br />

von 20-110 cm (je nach Injektionsort<br />

<strong>und</strong> bevorzugtem Tragemodus)<br />

<strong>und</strong> Kanülenlängen von<br />

6-12 mm (abhängig vom Alter<br />

<strong>und</strong> Ernährungszustand des Patienten)<br />

zur Verfügung; je nach<br />

Vorliebe kann eine Kunststoffo<strong>der</strong><br />

Stahlkanüle zum Einsatz<br />

kommen, wo<strong>bei</strong> letztere einen gewissen<br />

Schutz gegen das Abknicken<br />

bieten sollen. Die Katheter<br />

sollten alle 48 St<strong>und</strong>en gewechselt<br />

<strong>und</strong> neu platziert werden.<br />

Die Pumpen können durch<br />

Zuhilfenahme eigens gefertigter<br />

Tragevorrichtungen an unterschiedlichsten<br />

Körperregionen<br />

befestigt werden (z.B. am Gürtel,<br />

im Hosen<strong>bei</strong>n, am BH, auf dem<br />

Rücken etc.) (Abb. 5).<br />

Wie erfolgt die<br />

Dosisberechnung <strong>bei</strong><br />

<strong>Insulinpumpentherapie</strong><br />

Das Therapieprinzip <strong>der</strong> Insulinpumpenbehandlung<br />

ist durch<br />

die gedankliche Trennung des Basalinsulins<br />

vom Prandialinsulin<br />

FORTBILDUNG<br />

KINDER- UND JUGENDARZT 35. Jg. (2004) Nr. 0 Nr. 3184c<br />

5


FORTBILDUNG<br />

Abb. 5: Verschiedene Möglichkeiten eine Pumpe zu tragen<br />

(www.minimed.com, www.disetronic.com)<br />

für viele Patienten einfacher <strong>und</strong><br />

besser verständlich als die Injektionstherapie.<br />

Zur Abdeckung des<br />

basalen Insulinbedarfs wird eine<br />

individuell am Bedarf ermittelte<br />

maximal halbstündlich variabel<br />

programmierbare Basalrate festgelegt,<br />

die in Teilfastentests für<br />

den jeweiligen Patienten evaluiert<br />

<strong>und</strong> ggf. modifiziert wird. Der circadiane<br />

Basalinsulinbedarf in Abhängigkeit<br />

vom Alter ist da<strong>bei</strong> gegenwärtig<br />

Gegenstand vieler Untersuchungen<br />

pädiatrisch-diabetologischer<br />

Forschungsgruppen<br />

mit im wesentlichen ähnlichen<br />

Ergebnissen. Da<strong>bei</strong> zeigen sich<br />

wesentliche Unterschiede in <strong>der</strong><br />

Basalratenverteilung zwischen<br />

den verschiedenen pädiatrischen<br />

Altersgruppen sowie <strong>der</strong> Verteilung<br />

gegenüber Erwachsenen<br />

(Abb. 3).<br />

Bei Bedarf kann eine zweite Basalrate<br />

(z.B. für Tage mit zeitlich<br />

<strong>und</strong> in <strong>der</strong> Intensität relativ definierter<br />

körperlicher Belastung,<br />

z.B. Vereinssport) festgelegt werden,<br />

manche Modelle erlauben<br />

zusätzlich eine prozentuale Verän<strong>der</strong>ung<br />

des Gesamtniveaus<br />

(z.B. <strong>bei</strong> fieberhaftem Infekt mit<br />

höherem Insulinbedarf). Die Basalrate<br />

ist dann zutreffend berechnet,<br />

wenn jede KE-Zufuhr die<br />

Abgabe eines Bolus erfor<strong>der</strong>t.<br />

Dieser berechnet sich in seiner<br />

Dosis neben <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> geplanten<br />

KE am KE-Faktor <strong>und</strong><br />

Korrekturfaktor (<strong>bei</strong> aktuell nicht<br />

normoglycämischen Wert), die<br />

Algorithmen werden von dem pädiatrischen<br />

Diabetologen in Abhängigkeit<br />

<strong>der</strong> Tageszeiten, des<br />

Lebensalters <strong>und</strong> <strong>der</strong> Diabetesdauer<br />

vorgegeben.<br />

Applizierte Korrekturboli sollten<br />

einen Mindestabstand von 2 St<strong>und</strong>en<br />

nicht unterschreiten, da es<br />

sonst zu unübersehbaren Interferenzen<br />

mit <strong>der</strong> Restwirkung noch<br />

im Körper befindlichen Insulins<br />

kommen kann. Neben dem normalen<br />

Bolus ist ein „verzögerter<br />

Bolus“ wählbar, z.B. als Alternative<br />

für ein stark fetthaltiges Essen<br />

mit konsekutiv langsamem BZ-<br />

Anstieg o<strong>der</strong> Essen in Buffetform.<br />

Manche Diabetologen programmieren<br />

für kleine Kin<strong>der</strong> Bolusgaben<br />

für zeitlich klar strukturierte<br />

Mahlzeiten (z.B. im Kin<strong>der</strong>garten)<br />

direkt in die Basalrate ein,<br />

berücksichtigt werden muss hier<br />

jedoch die Gefährdung durch eine<br />

Hypoglycämie im Falle situativ<br />

bedingten <strong>Auf</strong>schubs <strong>der</strong> Mahlzeit.<br />

Kann man die Pumpe ablegen<br />

In einigen Situationen ist es empfehlenswert,<br />

die Pumpe vorübergehend<br />

abzulegen, so z.B. <strong>bei</strong><br />

Sportarten mit viel Körperkontakt<br />

(z.B. Kampfsport), <strong>bei</strong> Intimkontakten<br />

<strong>und</strong> obligat <strong>bei</strong>m Schwimmen,<br />

wo<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Katheter in <strong>der</strong><br />

Regel in situ verbleiben kann. Bei<br />

Verwendung von Analoginsulin<br />

ist die Unterbrechung <strong>der</strong> Insulinzufuhr<br />

für max. 2 St<strong>und</strong>en tolerabel,<br />

dann sollte mit <strong>der</strong> Spritze<br />

o<strong>der</strong> dem Pen je nach Länge <strong>der</strong><br />

„Pumpenpause“ Analog-, Normal-<br />

<strong>und</strong> eventuell auch Basalinsulin<br />

gespritzt werden.<br />

Prinzipien <strong>der</strong> CSII-Schulung<br />

Im Kin<strong>der</strong>krankenhaus auf <strong>der</strong><br />

<strong>Bult</strong> wird die Umstellung auf eine<br />

<strong>Insulinpumpentherapie</strong> in einem<br />

8-tägigen stationären Setting mit<br />

drei Teilfastentests zur Überprüfung<br />

<strong>der</strong> Basalrate, täglicher Anpassung<br />

<strong>der</strong> Prandialdosen an die<br />

individuellen Bedürfnisse, intensiver<br />

Schulung des Patienten <strong>und</strong><br />

mindestens eines Angehörigen in<br />

mehreren Sitzungen <strong>und</strong> schließlich<br />

Beurlaubungsphasen zur<br />

Selbsterprobung durchgeführt.<br />

Beson<strong>der</strong>es Augenmerk muss da<strong>bei</strong><br />

auf die Ketoazidoseprävention<br />

gelegt werden (Tabelle 2). Ergänzt<br />

wird diese Maßnahme durch eine<br />

kontinuierliche BZ-Messung mit<br />

einem Glucosesensor 14 Tage<br />

nach Entlassung unter häuslichen<br />

Bedingungen.<br />

Die Betreuung von <strong>Kin<strong>der</strong>n</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Jugendlichen</strong> mit einem Typ1-<br />

Diabetes sollte allgemein in einem<br />

erfahrenen pädiatrisch-diabetologischem<br />

Zentrum mit einer 24-<br />

stündigen Telefonbereitschaft erfolgen.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e aber die<br />

Umstellung <strong>und</strong> ambulante Weiterbetreuung<br />

von pädiatrischen<br />

6 Nr. 3184c<br />

KINDER- UND JUGENDARZT 35. Jg. (2004) Nr. 0


Unterbrechung <strong>der</strong> Insulinzufuhr<br />

● Herausziehen o<strong>der</strong> -rutschen <strong>der</strong> Kanüle<br />

● Leck im Kathetersystem<br />

● Katheterknick<br />

● Defekte Insulinampulle (z.B. Haarriss)<br />

● Undichte Konnektion von Ampulle zu Katheter<br />

● Ausfällung von Insulin im Katheter o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kanüle<br />

Erhöhter Insulinbedarf<br />

● (fieberhafte) Erkrankung, z.B. Infekte<br />

● Medikamente, z.B. Kortikosteroide<br />

Verringerte Insulinwirkung<br />

● Infektion an <strong>der</strong> Kathetereintrittsstelle<br />

● Blutaustritt an <strong>der</strong> Kathetereintrittsstelle<br />

● Zu lange Verweildauer des Katheters<br />

● Verwendung unwirksamen Insulins<br />

● Lage in lipohypertrophem Gewebe<br />

Tab. 2: Risiken für die Entstehung einer Ketoazidose <strong>bei</strong> Pumpentherapie<br />

Pumpenpatienten sollten durch<br />

die Ausrichtung auf speziell pädiatriespezifische<br />

Schulungsinhalte<br />

in <strong>der</strong> Hand eines kin<strong>der</strong>diabetologischen<br />

Teams mit ausgewiesener<br />

Expertise bleiben.<br />

Fazit<br />

Die <strong>Insulinpumpentherapie</strong> im<br />

Kindes- <strong>und</strong> Jugendalter stellt eine<br />

sichere <strong>und</strong> indikationsbezogen<br />

sinnvolle Therapiealternative<br />

für Kin<strong>der</strong> mit einem Typ1-<br />

Diabetes dar.<br />

Diese Therapieform stellt hinsichtlich<br />

<strong>der</strong> notwendigen Beherrschung<br />

allgemeiner Prinzipien<br />

<strong>der</strong> ICT, situationsbezogenen<br />

Anwendung <strong>der</strong>selben im<br />

Alltag <strong>und</strong> Bereitschaft zu hochfrequenter<br />

Stoffwechselselbstkontrolle<br />

eine sehr anspruchsvolle,<br />

aber auch liberalisierende<br />

Möglichkeit einer kontinuierlichen<br />

<strong>und</strong> damit physiologischeren<br />

Insulinsubstitution für entsprechend<br />

motivierte Patienten<br />

dar. Die engmaschige Beratung<br />

<strong>und</strong> Unterstützung sollte daher<br />

einem sowohl in <strong>der</strong> CSII-Therapie<br />

als auch allgemein pädiatrisch-diabetologisch<br />

entsprechend<br />

erfahrenem Team obliegen.<br />

Schlüsselworte: CSII, individualisierte<br />

Insulintherapie, Typ1 Diabetes<br />

im Kindes- <strong>und</strong> Jugendalter<br />

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50 (Suppl.2): A66<br />

Dr. med. Claudia Bittner<br />

Kin<strong>der</strong>krankenhaus auf <strong>der</strong> <strong>Bult</strong><br />

Diabeteszentrum für Kin<strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> Jugendliche<br />

Janusz-Korczak-Allee 12<br />

30173 Hannover<br />

Tel.: 0511/8115-346 o<strong>der</strong> -340<br />

Fax.: 0511/8115-344<br />

bittner@hka.de<br />

Red.: Christen<br />

FORTBILDUNG<br />

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