10.01.2015 Aufrufe

KREUZSCHMERZ

KREUZSCHMERZ

KREUZSCHMERZ

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>KREUZSCHMERZ</strong><br />

Bildgebung rasch und richtig<br />

KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:11


Kreuzschmerz – Bildgebung rasch und richtig<br />

Mitarbeiter des Arbeitskreises:<br />

Franz Kainberger<br />

Wolfgang Ebner<br />

Klaus Machold<br />

Kurt Redlich<br />

Michael Schirmer<br />

Claudia Schüller-Weidekamm<br />

KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:11


Inhalt<br />

Einleitung 1<br />

Typische Fallbeispiele 2<br />

Radiologischer Workflow bei Kreuzschmerzen 3<br />

Anmeldung – Patient mit Kreuzschmerz 4<br />

Kommunikation Patient – Radiologe 4<br />

Kontakt mit den RadiologietechnologInnen (RT) 4<br />

Patientengespräch 4<br />

Qualitativ hochwertige Aufnahmetechniken 4<br />

Bildinterpretation 5<br />

Radiologische Zeichen bei seronegativen Spondylarthropathien 6<br />

Diagnose 6<br />

Interdisziplinäres Schnittstellenmanagement mit Diagnosesicherung 8<br />

Fazit 8<br />

Literatur 9<br />

Weiterführende Literatur 9<br />

Referenzen 9<br />

KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:11


KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:11


Einleitung<br />

Lenden- und Kreuzschmerzen sind pathomechanischer oder degenerativer Natur.<br />

Neben der unspezifischen akuten oder chronischen Genese gibt es spezifische<br />

Ursachen wie Entzündungen, Osteoporose, Tumore und neurologische Erkrankungen.<br />

Zu den spezifischen Ursachen zählen mit einer<br />

Prävalenz von etwa 2,5% die sero-negativen<br />

Spondylarthropathien, zu denen vorallem die<br />

axiale SpA (= AS + nonradiografische axiale SpA)<br />

gehört. Die Latenzzeit bis zur endgültigen Diagnose<br />

beträgt im Durchschnitt bis zu 7 Jahre.<br />

Während dieser langen Diagnoselatenz werden<br />

viele Projektionsradiografien mit falsch negativen<br />

Diagnosen durchgeführt. Die Diskrepanz zwischen<br />

akutem Rückenschmerz und der schlechten<br />

projektionsradiografischen Erkennbarkeit<br />

chronisch-entzündlicher Gelenksveränderungen<br />

wird als eine der Hauptursachen für die Diagnose-<br />

(3)<br />

verzögerung angesehen .<br />

Neue Klassifikationskriterien (der ASAS) gehen<br />

von der Überlegung aus, dass die Primärdiagnostik<br />

bei unter 45-jährigen Patienten mit Rückenschmerzen<br />

von länger als drei Monaten verbessert<br />

werden kann durch die Kombination<br />

(Abb. 1, 5) von<br />

Bild 1: 18 jähriger Patient mit positivem<br />

HLA-B27 und entzündlichem Kreuzschmerz.<br />

Der Gelenksspalt des linken<br />

SIG weist erosive Veränderungen auf<br />

entsprechend einem Grad 2 nach den<br />

New York Kriterien. Das rechts SIG ist<br />

regelrecht.<br />

klinischen Kriterien und Bildgebung in Form<br />

von Projektionsradiografie und gegebenenfalls<br />

anschließender MRT oder<br />

(6)<br />

klinischen Kriterien und positivem HLA-B27 .<br />

Die radiologische Diagnostik, wenn mit<br />

klinischen Parametern kombiniert, nimmt<br />

eine Schlüsselstellung im interdisziplinären<br />

Management des Kreuzschmerzes ein.<br />

Bild 2: Die MRT stellt in der parakoronaren<br />

STIR Sequenz das deutliche<br />

Knochenmarksödem des linken massiv<br />

entzündlich veränderten SIG dar.<br />

Gemeinsam mit den ersten Anlaufstellen für diese<br />

Patienten, meist Allgemeinmediziner, Orthopäden<br />

oder Fachärzte für Physikalische Medizin, soll auf<br />

diese Weise eine Verbesserung der Primärversorgung<br />

und in weiterer Folge eine Langzeitbetreuung<br />

möglich sein.<br />

Bild 3: Die KM-Gabe verdeutlicht die<br />

Synovialitis im SIG und demarkiert die<br />

subchondralen iliakalseitigen Erosionen.<br />

1<br />

KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:13


Typische Fallbeispiele<br />

Ein Patient, 43 Jahre und von Beruf Hausarbeiter, wird seit Jahren wegen berufsbedingter<br />

Kreuzschmerzen symptomatisch behandelt. Bei gezielter Anamneseerhebung stellt sich<br />

heraus, dass er schmerzbedingt nicht schlafen kann und bei Aufnahme der Arbeit eine<br />

Besserung auftritt. Bei der MRT der LWS zeigt sich eine Spondylitis anterior.<br />

Ein Patient, 21 Jahre, klagt über häufig wiederkehrende Rückenschmerzen seit knapp<br />

einem Jahr, die sich nach Gabe von NSAR deutlich bessern. Als Teenager hatte er eine<br />

Uveitis. Röntgen und Laborwerte sind unauffällig, bei einer MRT-Untersuchung ergeben<br />

sich deutliche Hinweise auf eine Sakroiliitis.<br />

In beiden Fällen sprechen die ASAS-Kriterien (Assessment of SpondyloArthritis<br />

International Society) für das Vorliegen einer axialen SpA. Die Sensitivität dieser Kriterien<br />

beträgt 90%, ihre Spezifität 84%.<br />

Untersuchungsverfahren<br />

Grad der<br />

Empfehlung<br />

Evidenzbewertung<br />

Kommentar<br />

RÖ<br />

MRT<br />

Indiziert (P/nB)<br />

Indiziert (P/nB)<br />

C<br />

B<br />

CT Indiziert (W) C<br />

NM Indiziert (W) C<br />

Bereits das Vorliegen einer red flag ergibt die<br />

Indikation zur frühzeitigen bildgebenden<br />

Diagnostik (P).<br />

Der spezifische Kreuzschmerz (ca. 15% der<br />

Kreuzschmerzen) beinhaltet Kreuzschmerzen,<br />

die durch Neoplasmen, Entzündungen, Infektionen,<br />

Verletzungen, metabolische Knochenerkrankungen,<br />

psychische Erkrankungen,<br />

bestimmte degenerative Veränderungen,<br />

Nervenwurzelirritationen oder Cauda equina<br />

Syndrom verursacht werden. Bei der Suche<br />

nach spezifischen Schmerzursachen spielt die<br />

bildgebende Diagnostik eine wichtige Rolle.<br />

Je früher spezifische Schmerzursachen<br />

identifiziert werden, desto früher kann eine<br />

gezielte Therapie einsetzen, was den<br />

Therapieerfolg verbessern kann.<br />

Bei Verdacht auf entzündlichen oder neoplastischen<br />

Prozess und negativen oder nicht<br />

schlüssigen anderen Untersuchungen<br />

W = weiterführende Untersuchung, nb = nach Beobachtung, P = Primäruntersuchung<br />

(2)<br />

Abb. 1: Radiologische Empfehlungen zum Vorgehen bei spezifischen Kreuzschmerzen .<br />

2<br />

KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:14


Radiologischer Workflow bei Kreuzschmerzen<br />

Der Begriff Kreuzschmerz (Low Back Pain) bezieht sich auf Schmerzen im Bereich zwischen<br />

den 12. Rippen und den unteren Glutealfalten mit oder ohne Ausstrahlung ins Bein. Durch<br />

eine gezielte, zweistufige Anamneseerhebung bei projektionsradiografischen Aufnahmen und<br />

in weiterer Folge bei MRT und eventuell auch CT sollen „Red Flags“, die klinischen Hinweise<br />

für spezifische Ursachen von Kreuzschmerzen (Abb. 3), entdeckt und mit den Resultaten der<br />

(8)<br />

Bildgebung korreliert werden .<br />

Anmeldung<br />

Wartezone<br />

Untersuchung<br />

Befund<br />

Diagnose<br />

alle Patienten mit Kreuzschmerzen<br />

schriftliche Patienteninformation<br />

Ausfüllen eines Kurzfragebogens<br />

Gespräch Radiologietechnologe/in<br />

standardisierte Aufnahmetechnik<br />

strukturierte Befundung im Kontext mit der<br />

Kurzanamnese<br />

Graduierte Bewertung der Schmerzursache<br />

Empfehlung mit Wahrscheinlichkeitscharakter<br />

und ggf. Vorstellung bei Rheumatolgen bzw.<br />

anderen Fachärzten<br />

Abb. 2: Radiologischer Workflow bei Kreuzschmerz<br />

Red Flags<br />

Risikofaktoren für spezifische<br />

Kreuzschmerzen<br />

1. Alter 55a<br />

2. kürzliches schweres Trauma<br />

3.<br />

konstanter, progressiver,<br />

nicht mechanischer Schmerz<br />

auch in Ruhe und nachts<br />

4. Thoraxschmerz<br />

5. Osteoporose<br />

6.<br />

langdauernde systemische<br />

Steroideinnahme<br />

7. Immunsuppression, Drogenabusus,<br />

HIV<br />

8. Fieber, schlechter AZ,<br />

systemisches Unwohlsein<br />

9. Anamnese einer Tumorerkrankung<br />

10. ungewollter Gewichtsverlust<br />

11. persistierender Verlust der<br />

lumbalen Flexionsbeweglichkeit<br />

12. neurologische, urologische,<br />

gynäkologische und abdominale<br />

Grunderkrankung<br />

13. Morgensteifigkeit > 1 Stunde<br />

14.<br />

Blasen- und Mastdarm-Funktionsstörungen<br />

Abb. 3: „Red Flags“ für spezifische<br />

Kreuzschmerzen<br />

3<br />

KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:14


Anmeldung – Patient mit Kreuzschmerz<br />

Der Patient wird erstmals zugewiesen zu Aufnahmen der LWS. Bei unspezifischen Formen<br />

ist die bildgebende Diagnostik bei erstmaligem Auftreten und ohne bekannte Vorerkrankungen<br />

nach ein bis drei Monaten, also im Allgemeinen noch nicht in der frühen Akut-<br />

(7)<br />

phase, indiziert. Unspezifische Formen des Kreuzschmerzes machen etwa 85 % aus .<br />

Spezifische Ursachen des Kreuzschmerzes liegen in 15 % vor. Zu ihren Hinweiszeichen –<br />

Alarmsymptome oder Red Flags – gehört der entzündliche Rückenschmerz (Inflammatory<br />

(9)<br />

Back Pain) als charakteristisches Leitsymptom der axialen SpA . Seine Sensitivität beträgt<br />

77 %, wenn 4 der folgenden 5 Kriterien erfüllt sind:<br />

lBeginn der Beschwerden vor dem 40. Lebensjahr<br />

lschleichender Beginn<br />

lBesserung bei Bewegung<br />

lkeine Besserung in Ruhe<br />

lNachtschmerz vor allem in der 2. Nachthälfte<br />

(mit Besserung beim Aufstehen).<br />

Kommunikation Patient-Radiologie<br />

Informationsbroschüre wird ausgehändigt an alle<br />

Patienten mit Zuweisung zur Untersuchung der LWS.<br />

Informationsbroschüre mit integriertem Fragebogen:<br />

Dieser wird verwendet um Red Flags für spezifische<br />

Ursachen des Kreuzschmerzes zu erfassen. Zur Qualitätssicherung<br />

und wissenschaftlichen Auswertung werden die<br />

Daten nach Zustimmung der Patienten anonymisiert<br />

berechnet.<br />

Aufgabenbereich der RadiologietechnologInnen<br />

(RT)<br />

Patientengespräch<br />

Wird ein Red-Flag-Symptom vom Patienten angegeben,<br />

ist der nächste Schritt eine Verifikation bzw. Spezifizierung<br />

der Beschwerden durch die Radiologietechnologen in<br />

einem kurzen Gespräch während der Anfertigung der<br />

radiologischen Aufnahmen.<br />

Abb. 4: Patient mit Spondylitis ankylosans,<br />

Ausschnittvergrößerungen aus<br />

einer LWS-Aufnahme: charakteristische<br />

Tonnenwirbel am thorakolumbalen<br />

Übergang, aus denen sich in weiterer<br />

Folge eine Bambusstab-Wirbelsäule<br />

entwickeln kann. Die Veränderungen der<br />

SI-Gelenke weist einen Grad 3 links auf.<br />

Qualitativ hochwertige Aufnahmetechniken<br />

Projektionsradiografie der LWS in 2 Ebenen (ap/seitl.)<br />

Untersuchungsumfang: vom thorakolumbalen<br />

Übergang bis zu den komplett darzustellenden<br />

Sakroiliakalgelenken (Abb. 4)<br />

ausreichendes Signal-Rausch-Verhältnis im<br />

gesamten untersuchten Bereich<br />

Auf korrekt eingestellten LWS-Aufnahmen sind der<br />

komplette thorakolumbale Übergang und die SI-<br />

Gelenke in guter Qualität abgebildet.<br />

Idealerweise sollten auf der ap-Aufnahme<br />

der LWS die Sakroiliakalgelenke bds<br />

abgebildet werden, um eine zusätzliche<br />

Aufnahme zu vermeiden. Der thorakolumbale<br />

Übergang muss unbedingt mit<br />

beurteilt werden. Trotz massiver<br />

Darmgasüberlagerung des linken SIG<br />

kann der Gelenksspalt analysiert werden.<br />

4<br />

KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:15


Zusatzaufnahmen:<br />

Funktionsaufnahmen der LWS: Dokumentation von Hypermobilität bzw. Instabilität<br />

HWS, BWS, Beckenübersicht: bei Schmerzausstrahlung über die LWS hinaus<br />

aus Strahlenschutzgründen im Allgemeinen nicht indiziert: Zielaufnahmen des<br />

lumbosakralen Übergangs, Schrägaufnahmen der LWS, Zielaufnahmen der<br />

Sakroiliakalgelenke („Einschauaufnahmen“, Projektion in Steinschnittlage o. ä.)<br />

MRT der LWS und der SI-Gelenke<br />

LWS: Mindestanforderung (10)<br />

sagittale T1, T2 TSE, STIR<br />

axiale T2 TSE<br />

Sinnvoll ist bei entsprechender technischer Ausstattung die Abbildung der BWS, LWS und des<br />

Sakrums (Ganzwirbelsäulen-MR), da die häufigste Lokalisation der Phathologie an der BWS<br />

vorkommen.<br />

Fakultativ<br />

koronare Sequenzen (für Übergangsanomalien, intraspinale Läsionen, perivertebrale Prozesse)<br />

Eine sagittale STIR-Sequenz der LWS mit Abbildung der Processus transversus, ist obligat<br />

zur Darstellung von Knochenmarködemen.<br />

Zusätzlich bei entzündlichen Kreuzschmerz: SI-Gelenke<br />

T1 TSE und STIR: Schnittebenen parakoronar (parallel zur Längsachse des<br />

Sakrumkörpers) geneigt und paraaxial (senkrecht darauf). STIR oder PDFS<br />

(Protonengewichtete, fettunterdrückende Sequenz), T2<br />

Die Gabe von Kontrastmittel mit anschließenden T1 mit Fettunterdrückung ist nicht obligat,<br />

(11, 12)<br />

wird jedoch in der Mehrzahl der Literaturangaben empfohlen .<br />

Bildinterpretation<br />

(13)<br />

Durch eine strukturierte Befundung werden signifikant bessere Resultate erreicht . Die<br />

Beurteilung der LWS erfolgt nach einem empirisch entwickelten Befundungsschema „von<br />

außen nach innen“ (Tab. 1).<br />

Befundelement<br />

Schlüsselelemente zur Beurteilung von Kreuzschmerzen<br />

Alignment<br />

Weichteile<br />

Discus und Gelenke<br />

Knochen<br />

Spinalkanal<br />

Hyperlordose und Skoliose, segmentale Deviationen, Frakturen der<br />

LWS, der kaudalen BWS und des Sakrums inkl. der SI-Gelenke<br />

Rückenmuskulatur (Atrophie, Entzündung), paravertebral (Aorta<br />

und Umgebung)<br />

Fehlstellung, Begrenzung, Lokalisation<br />

Knochenmarködem, Destruktionen, Sklerosierung<br />

Weite und Inhalt des Spinalkanals und der Neuroforamina<br />

Tab. 1: Checkliste zur Befundung der LWS (gilt vom Prinzip für alle Modalitäten)<br />

Bei der Befundung der LWS sind obligat die kaudale BWS, die SI-Gelenke und die vertebralen<br />

bzw. paravertebralen Weichteile miteinzubeziehen. Ebenso obligat ist bei Abdomen-<br />

bzw. thorakoabdominellen CTs die Befundung des gesamten mitabgebildeten<br />

Achsenskeletts mit Hilfe von sagitalen Konchenfensterreformationen.<br />

5<br />

KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:15


Radiologische Zeichen bei seronegativen Spondylarthropathien<br />

Bei dieser Krankheitsgruppe tritt, im Gegensatz zur progredient-destruierenden Rheumatoiden<br />

Arthritis, ein Nebeneinander von destruierenden und proliferierenden Gelenk- und<br />

Knochenveränderungen auf. Anatomisch liegt der Schwerpunkt vor allem im fibrösen<br />

Kapsel-Band-Apparat, dem subchondralen Knochen und den periartikulären Weichteilen.<br />

Daraus erklärt sich das von Dihlmann beschrieben „bunte Bild“ der Sakroiliitis mit einem<br />

Nebeneinander von Erosion, Sklerosierung und verschiedenartigen Gelenkspaltveränderungen<br />

wie auch die Entstehung der Bambusstabwirbelsäule aus Verkalkungen der Bänder<br />

(14)<br />

und anderer fibröser Strukturen der Wirbelsäule .<br />

Für die axiale SpA (= AS + nonradiografische axiale SpA) gibt es zwei häufige Manifestationsorte:<br />

die Sakroiliakalgelenke und der anteriore thorakolumbale Übergang, der meistens den<br />

Ausgangspunkt der Bambusstabwirbelsäule in Form einer Spondylitis anterior darstellt.<br />

Diagnose<br />

Allen nationalen und internationalen Empfehlungen folgend sind Übersichtsaufnahmen<br />

der LWS die primäre bildgebende Maßnahme beim unspezifischen wie auch beim<br />

spezifischen Kreuzschmerz.<br />

Bei der AS (Abb. 5) sind projektionsradiografische Veränderungen im Allgemeinen fünf Jahre<br />

(15)<br />

nach Krankheitsbeginn erkennbar, bei bis zu einem Viertel erst nach 10 Jahren . Die<br />

nonradiografische SpA, die in etwa 50% der Erstdiagnosen ausmacht, wird heute als<br />

Diagnose- und Therapieziel angesehen, um eine schmerzlindernde und die Beweglichkeit<br />

(3, 12)<br />

möglichst erhaltende Behandlung zeitgerecht zu ermöglichen :<br />

Mit Übersichtsaufnahmen der LWS und des Beckens kann im Kontext mit klinischen<br />

Befunden eine axiale SpA diagnostiziert werden. Für die Sakroiliitis gelten die seit 1984<br />

(16)<br />

etablierten modifizierten New-York-Kriterien . Sie sind von allen beschriebenen Kriterien<br />

die mit der höchsten Spezifität, wobei ihre Bedeutung vor allem in der Graduierung der<br />

(17)<br />

Veränderungen liegt (Tab. 2) .<br />

Mit der MRT wird vor allem die akute Krankheitsaktivität beurteilt und wenn als „positiv oder<br />

(18)<br />

hochwahrscheinlich für eine axiale SpA“, in die Klassifizierung einbezogen . Einziges<br />

Kriterium dafür sind Knochenmarködem (STIR) oder Osteitis (T1 mit Fettunterdrückung nach<br />

KM) an typischen Stellen (subchondral, periartikulär). Nicht ausreichend, wenngleich wahrscheinlich,<br />

sind entzündliche Kapsel-Band-Veränderungen oder chronische Veränderungen<br />

(Sklerosierung, Fettmarkkonversion, Erosion, Ankylose).<br />

Im Gegensatz zu früher wird die projektionsradiografische Diagnose einer Sakroiliitis bzw.<br />

eines Wirbelsäulenbefalls nicht mehr als solitärer diagnostischer Parameter angesehen,<br />

sondern als im Kontext mit klinischen Zeichen zu bewertendes Kriterium und als Marker für<br />

den Schweregrad bzw. die Chronizität der Erkrankung.<br />

Somit hat die MRT einen wesentlichen Stellenwert in der Frühdiagnostik. Bei der<br />

Interpretation der MRT Untersuchung muss jedoch das weite Spektrum an Differen-<br />

(19)<br />

zialdiagnosen der Pseudosakroiliitis berücksichtigt werden.<br />

Im Rahmen der Ganzwirbelsäulen – MRT Untersuchung sollte die vordere Thoraxwand,<br />

insbesondere die Synchondrose des Sternums mitbeurteilt werden.<br />

6<br />

KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:15


Patienten mit chronischen Rückenschmerzen und Alter<br />

bei Krankheitsbeginn < als 45 Jahre<br />

und<br />

Sakroiliitis in der Bildaufnahme*<br />

plus > 1 weiteres SpA-Zeichen<br />

Sakroiliitis auf Bildaufnahme:<br />

Aktive (akute) Entzündung im MRT<br />

als starker Hinweis auf Sakroiliitis<br />

in Verbindung mit SpA<br />

Eindeutiger röntgenografischer<br />

Befund einer Sakroiliitis nach den<br />

modifizierten New York Kriterien<br />

HLA-B27<br />

plus > 2 weitere SpA-Zeichen<br />

SpA Zeichen<br />

entzündlicher Rückenschmerz<br />

Arthritis<br />

Enthesitis (Ferse)<br />

anteriore Uveitis<br />

Daktylitis<br />

Psoriasis<br />

Kolitis bei CED<br />

Gutes Ansprechen auf NSAR<br />

Familiengeschichte für SpA<br />

HLA-B27+<br />

erhöhtes CRP<br />

Abb. 5: Primärdiagnostik der axialen SpA gemäß den ASAS-Kriterien<br />

Die höchste Wahrscheinlichkeit für<br />

eine axiale SpA (ausgedrückt in der<br />

aus Sensitivität und Spezifität berechneten<br />

positiven Likelihood-Ratio,<br />

LR+) wurde für eine gesicherte projektions-radiografische<br />

Diagnostik<br />

der Sakroiliitis (Grad 3 der New-York-<br />

Kriterien) gefunden (LR 20), gefolgt<br />

von einer positiven MRT (LR 9) oder<br />

einem positivem HLA-B27-Befund<br />

(15)<br />

(LR 9) . Mäßig hohe LRs sind bei<br />

Vorliegen einer anterioren Uveitis<br />

(7.4), bei einer positiver Familienanamnese<br />

(6.4) und bei gutem Ansprechen<br />

auf nichtsteroidale Antirheumatika<br />

(5.0) zu finden, während<br />

die LRs bei allen anderen Befunden<br />

(entzündlicher Rückenschmerz, periphere<br />

Gelenks- bzw. Sehnenentzündungen,<br />

CRP- bzw. BSG Erhöhung)<br />

deutlich niedriger liegen (2.5 – 4.5).<br />

(1)<br />

Radiografische New-York-Kriterien der Sakroiliitis :<br />

Grad 0<br />

Grad 1<br />

Grad 2<br />

Grad 3<br />

Grad 4<br />

Normal<br />

verdächtige Veränderungen<br />

geringe Veränderungen: lokalisierte<br />

Erosionen oder Sklerosierungen bei<br />

normal weitem Gelenkspalt<br />

sichere Veränderungen: mäßige oder<br />

fortgeschrittene Sakroiliitis mit mindestens<br />

einem der folgenden Zeichen; Erosion,<br />

Sklerosierung, veränderte Gelenkspaltweite<br />

(verschmälert, erweitert oder teilankylosiert)<br />

schwere Veränderungen: komplette Ankylose<br />

Tab. 2: Definitiv ist die Diagnose einer AS dann, wenn<br />

mindestens bilateral ein Grad 2 oder unilateral ein Grad<br />

2 oder 4 vorliegt und dieser radiologische Befund mit<br />

bestimmten klinischen Kriterien kombiniert ist. Wahrscheinlich<br />

ist die Diagnose, wenn nur radiologische nicht<br />

jedoch klinische Kriterien erfüllt werden.<br />

7<br />

KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:15


Interdisziplinäres Schnittstellenmanagement mit<br />

Diagnosesicherung<br />

Die interdisziplinäre Kooperation auf der Ebene der Primärversorgung ist der wichtigste<br />

Faktor für das Management spezifischer Ursachen des Kreuzschmerzes, da sie sich<br />

gerade in Anfangsstadien oft schwer von unspezifischen Formen abgrenzen lassen. Im<br />

Falle seronegativer Spondylarthritiden erfolgt die Diagnosefindung primär durch Ärzte<br />

für Allgemeinmedizin, Orthopäden, Fachärzte für Physikalische Medizin und<br />

Radiologen.<br />

Entscheidend für eine frühe und korrekte Diagnose der spezifischen Formen des<br />

Kreuzschmerzes ist das interdisziplinäre Schnittstellenmanagement in der<br />

medizinischen Primärversorgung.<br />

Bei rheumatischen Erkrankungen werden Rheumatologen zur Festlegung der definitiven<br />

Diagnose beigezogen. Im radiologischen Diagnosetext werden unter Bezugnahme auf<br />

die ASAS-Kriterien die Veränderungen des Achsenskeletts graduiert als<br />

0: unauffällig,<br />

1: „wahrscheinlich präradiografisches Stadium“ einer seronegativen<br />

Spondylarthropathie,<br />

2: „radiografisch wahrscheinlich“,<br />

3: „hoch wahrscheinlich bzw. radiografisch positiv“ oder<br />

4: „gesichert im Kontext mit der Zuweisung“, wenn mit dem Zuweisungsformular die<br />

rheumatologische Diagnose übermittelt wird.<br />

Ab einem Diagnosegrad 1 wird eine rheumatologische Abklärung empfohlen.<br />

Wichtig zu beachten ist, dass ein Patient mit einer diagnostizierten nonradiografischen<br />

axialen SpA eine vergleichbare Krankheitsaktivität aufweist wie ein AS Patient.<br />

(19)<br />

Fazit für die Praxis :<br />

Das Bewusstsein für die Sakroiliitis im Rahmen einer axialen SpA muss gestärkt<br />

werden<br />

insbesondere wenn es sich um einen Patienten unter 45 Jahren mit einem<br />

chronischen, mehr als 3 Monate andauernden tiefsitzenden Rückenschmerz<br />

handelt.<br />

In der Diagnostik der axialen SpA ist das Hauptproblem die lange Diagnoselatenzzeit<br />

von durchschnittlich 7 Jahren, da die initiale Projektionsradiografie<br />

häufig unauffällig ist.<br />

Die MRT hat in der bildgebenden Diagnostik eine Schlüsselrolle, da sie als<br />

einziges diagnostisches Verfahren zuverlässig die typischen morphologischen<br />

Zeichen der Frühveränderung der Sakroiliitis darstellt und somit frühzeitig<br />

gemeinsam mit der rheumatologischen Zuweisungsdiagnose die endgültige<br />

Diagnose stellt.<br />

8<br />

KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:15


Literatur<br />

Weiterführende Literatur<br />

Leitfaden axiale Spondyloarthritis der Austrian Spondyloarthritis Task Force (ASPAT). Über die<br />

Homepage der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie.<br />

http://www.rheumatologie.at/aerzteinformation/publikationen/konsensus/index.php<br />

Dunky A, Graninger W, Herold M, Smolen J, Wanivenhaus A (Hrsg.) Praktische<br />

Rheumatologie, Springer-Verlag. 2011<br />

Falkenbach A (Hrsg.): M. Bechterew, Springer-Verlag. 2004<br />

Referenzen<br />

1. Bennett P, Burch T. Population studies of the rheumatic diseases. Amsterdam: Excerpta<br />

Medica Foundation, 1968.<br />

2. Nasel N, Dorffner R, Breitenseher M, Ebner F, Friedrich K, Rieger M. Wirbelsäule und<br />

Rückenmark. In: Frühwald F, Tscholakoff D, Kainberger F, eds. Orientierungshilfe<br />

Radiologie Anleitung zum optimalen Einsatz der klinischen Radiologie. Wien: Verlag der<br />

Österreichischen Ärztekammer, 2011; p. 56–9.<br />

3. Sieper J, Rudwaleit M, Khan MA, Braun J. Concepts and epidemiology of<br />

spondyloarthritis. Best Pract Res Clin Rheumatol. 2006; 20(3):401–17.<br />

4. Feldtkeller E. Age at disease onset and delayed diagnosis of spondyloarthropathies.<br />

Z Rheumatol. 1999; 58(1):21–30.<br />

5. Underwood MR, Dawes P. Inflammatory back pain in primary care. Br J Rheumatol. 1995;<br />

34(11):1074–7.<br />

6. Rudwaleit M, van der Heijde D, Landewe R, et al. The development of Assessment of<br />

SpondyloArthritis international Society classification criteria for axial spondyloarthritis<br />

(part II): validation and final selection. Annals of the rheumatic diseases. 2009;<br />

68(6):777–83.<br />

7. Friedrich M, Likar R, Bach M, et al. Evidenz- und konsensusbasierte österreichische<br />

Leitlinien für das Management akuter und chronischer unspezifischer Kreuzschmerzen.<br />

Wien Klin Wochenschr. 2007; 119 (5-6):189–97.<br />

8. Practitioners RCoG. Clinical Guidelines for the Management of Acute Low Back Pain.<br />

London: Royal College of General Practitioners, 1996.<br />

9. Hermann J, Giessauf H, Schaffler G, Ofner P, Graninger W. Early spondyloarthritis:<br />

usefulness of clinical screening. Rheumatology. 2009; 48(7):812–6.<br />

10. Röntgengesellschaft AmDdD. Empfohlene Protokolle für MRT-Untersuchungen der<br />

Gelenke und Wirbelsäule. http://appsdrgde/AG-Muskuloskeletal/Homehtml. 2007.<br />

11. Kainberger F, Klauser A, Peloschek P, Rettenbacher T, Schüller-Weidekamm C.<br />

Bildgebung in der Rheumatologie. In: Dunky A, Graninger W, Herold M, Smolen J,<br />

Wanivenhaus A, eds. Praktische Rheumatologie. Wien: Springer-Verlag, 2011.<br />

12. Sieper J, van der Heijde D, Landewe R, et al. New criteria for inflammatory back pain in<br />

patients with chronic back pain: a real patient exercise by experts from the Assessment<br />

of SpondyloArthritis international Society (ASAS). Annals of the rheumatic diseases. 2009;<br />

68(6):784–8.<br />

13. Schwartz LH, Panicek DM, Berk AR, Li Y, Hricak H. Improving Communication of<br />

Diagnostic Radiology Findings through Structured Reporting. Radiology. 2011;<br />

260(1):174–81.<br />

14. Dihlmann W, Bandick J. Die Gelenksilhouette – das Informationspotential der<br />

Röntgenstrahlen. Heidelberg Berlin: Springer, 1995.<br />

9<br />

KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:16


Literatur<br />

15. Rudwaleit M, Khan MA, Sieper J. The challenge of diagnosis and classification in<br />

early ankylosing spondylitis: do we need new criteria Arthritis and Rheumatism.<br />

2005;52(4):1000–8.<br />

16. Braun J, Sieper J. [Spondyloarthritides]. Zeitschrift fur Rheumatologie. 2010;<br />

69(5):425–32; quiz 33–4.<br />

17. Heuft-Dorenbosch L, Landewe R, Weijers R, et al. Performance of various criteria<br />

sets in patients with inflammatory back pain of short duration; the Maastricht early<br />

spondylo-arthritis clinic. Annals of the rheumatic diseases. 2007; 66(1):92–8.<br />

18. Rudwaleit M, Jurik AG, Hermann KG, et al. Defining active sacroiliitis on magnetic<br />

resonance imaging (MRI) for classification of axial spondyloarthritis: a consensual<br />

approach by the ASAS/OMERACT MRI group. Annals of rheumatic diseases. 2009;<br />

68(10):1520–7.<br />

19. Schueller-Weidekamm C; Radiologe 2012; 52:132–140.<br />

10<br />

KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:16


KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:16


ATHUS120231-24-10-2012<br />

AbbVie GmbH<br />

ein Unternehmen der Abbott Gruppe<br />

Perfektastraße 84A<br />

1230 Wien Eine Initiative unterstützt von<br />

KreuzschmerzBroschuereDRUCK-06-12<br />

Mittwoch, 24. Oktober 2012 20:38:17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!