journal - Die Kärntner Volkshochschulen
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Glosse<br />
ilab<br />
»<strong>Die</strong> Grenzen meiner Fremdsprachen<br />
und die Grenzen meiner Welt<br />
vorbereiteten. Lebende Sprachen wie Italienisch oder gar Slowenisch wurden zu<br />
„Hoch leben die toten Sprachen!“ predigten die Menschen, die mich auf mein Leben<br />
meiner Gymnasialzeit noch gemieden wie die Pest – als wäre es das größte Unglück,<br />
seine Nachbarn zu verstehen. So ist es zu dem ganz großen Mangel meines Lebens<br />
gekommen, dass ich keine der beiden Sprachen beherrsche, die bloß ein paar Kilometer<br />
südlich meines Lebensmittelpunkts gesprochen werden. Dabei bin ich ein<br />
großer Liebhaber des Alpe-Adria-Raums. Und nicht nur des Raums. Das wär doch was,<br />
eine Mätresse in Pordenone, eine Schönheit in Lipica zu haben! Und als waschechter<br />
Kosmopolit die Italienerin auf Italienisch, die Slowenin auf Slowenisch zu bezirzen.<br />
Sobald ich in Pension bin, habe ich mir vorgenommen, erweitere ich die Grenzen meiner<br />
Welt, indem ich die Grenzen meiner Fremdsprachenkenntnisse erweitere. Senza<br />
confini! Brez meja! Aber wenn ich in Pension bin, werde ich vielleicht so hässlich und<br />
alt und erotisch porös sein, dass mich gar keine Mätresse mehr haben wollen wird,<br />
weder in Lipica, noch in Pordenone, und nicht einmal in Arnoldstein. Bloß für die Bestellungen<br />
in der Gostilna, in der Osmizza oder in der Trattoria zahlt sich ein regulärer<br />
Sprachkurs aber nicht aus. Und Frühpension ist ein Kunststück, das mir noch nicht<br />
gelungen ist.<br />
Sogar der Landeshauptmann dieser Region lernt jetzt Slowenisch, allerdings nicht mit<br />
einem abgegriffenen Schulbuch in steriler Seminaratmosphäre im Mief eines<br />
Klassenzimmers, sondern in frischer Luft nach der neuen Umsteckmethode mit riesigen<br />
Schautafeln: eine innovative Unterrichtsmethode, von der sich postmoderne<br />
Pädagogen nachhaltige Wissensspeicherung versprechen. Auf das Wie kommt es an!<br />
Seit ich nun von der Existenz eines Sprachcafès gehört habe, steht mein Entschluss<br />
fest: Da gehe ich hin! Gibanica zum slowenischen Dual, Cappuccinotrinken und Italienischlernen!<br />
Hvala und Grazie kann ich schon. Der Rest wird dann ein Kinderspiel.<br />
»<br />
Egyd Gstättner<br />
Geboren 1962, lebt<br />
als freier Schriftsteller<br />
und Publizist in<br />
seiner Heimatstadt<br />
Klagenfurt. Schreibt<br />
unter anderem für<br />
„<strong>Die</strong> Presse“, „Kleine<br />
Zeitung“ und „Süddeutsche<br />
Zeitung“.<br />
leben & bildung | 17