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Wiener LehrerInnen I • März 2006<br />
IM GESPRÄCH MIT VIZEPRÄSIDENT W. STROBL<br />
Comeback im<br />
Walter Strobl kehrt nach<br />
14 Jahren als Vizepräsident<br />
in den Stadtschulrat<br />
zurück. Im folgenden<br />
3. Interview mit Stefan<br />
Böck für die Wiener<br />
LehrerInnen spricht er<br />
über seine Pläne, Befindlichkeiten<br />
und natürlich<br />
über Politik.<br />
Vor 16 Jahren bist du schon einmal als Vizepräsident<br />
in den SSR eingezogen, damals noch am<br />
Ring. Was ist heute – neben den neuen Räumlichkeiten<br />
– anders<br />
Unerfreulich war die Dauer für die Übernahme dieser<br />
Funktion, weil meine Vorgängerin von der FPÖ<br />
nicht den üblichen Weg des Rücktritts gewählt hat,<br />
sondern sich „entheben“ ließ. Das ist sicher neu.<br />
Obwohl ich nun schon viele Jahre nicht mehr im SSR<br />
tätig war, treffe ich immer noch viele gute Bekannte<br />
von früher, was die Arbeit in Summe sehr angenehm<br />
gestaltet. Drittens sehe ich heute meine Funktion<br />
selbst viel ruhiger, realistischer. Die Aufgabenbeschreibung<br />
des Vize in der Bundesverfassung beschränkt<br />
sich weitgehend auf den Hinweis, dass dieser Kontrollrechte<br />
hat. Das ist mir allerdings sicher zu wenig.<br />
Letztlich kommt es darauf an, was man daraus macht.<br />
Was werden denn nun die selbstgewählten konkreten<br />
Schwerpunkte deiner Arbeit sein<br />
Jedenfalls werde ich weiter bildungspolitische Arbeit<br />
leisten, so wie ich sie in der Wiener ÖVP zusammen<br />
mit vielen anderen bisher auch erbracht habe. Ich<br />
bin überzeugt, dass wir da wirklich gute, herzeigbare<br />
Ergebnisse erzielt und eine neue Diskussionskultur<br />
entwickelt haben, in die immer alle Ansprechpartner<br />
und politischen Gruppen einbezogen waren. Auf<br />
dieser Grundlage werde ich mich um drei Schwerpunkte<br />
annehmen: Erstens möchte ich die Aufgaben<br />
der Schule neu definieren, weil derzeit zu viel in die<br />
Schulen ausgelagert wird. Lehrerinnen und Lehrer<br />
müssen entlastet werden.<br />
Zweitens brauchen wir eine Kultur der partnerschaftlichen<br />
Erziehung. Pflichten und Rechte müssen<br />
miteinander getragen werden. Lehrerinnen und<br />
Lehrer sind Kulturträger der Gesellschaft, deren Vermittlungstätigkeit<br />
zunehmend durch notwenige Erziehungsinterventionen<br />
beeinträchtigt wird.<br />
Darüber hinaus muss uns klar sein, dass Bildung nur<br />
über Leistung, also über Anstrengung erreicht werden<br />
kann. Alte 68er-Phantasien, die etwas anderes behaupten,<br />
haben sich als Irrtum herausgestellt. Letztlich geht<br />
es in Wien natürlich auch um den Arbeitsplatz Schule,<br />
also um Klassenschülerhöchstzahlen, ganztägige<br />
Schulformen und natürlich um einen Schulentwicklungsplan,<br />
wie aktuelle Ereignisse in Volksschulen<br />
sichtbar machen, wo Decken über Nacht einstürzen.<br />
Das scheint ein ziemlich umfangreiches Betätigungsfeld<br />
zu sein. Gibt es da Bereiche, wo du aufgrund<br />
deiner langjährigen politischen Erfahrung in<br />
der Wiener Landespolitik schon jetzt absehen<br />
kannst, dass du bei der Umsetzung mit Unterstützung<br />
der SPÖ rechnen kannst, sodass sich tatsächlich etwas<br />
bewegen wird. Bei der KMS war das der Fall .<br />
Natürlich gehört zur Politik grundsätzlich auch, dass<br />
man zeigt, was man anders – vielleicht besser – machen<br />
würde. Das ist ein demokratischer Vorgang.<br />
Darüber hinaus ist eine Diskussionskultur anzustreben,<br />
weg vom ideologischen „Phrasendreschen“ zum<br />
Argumentieren. Was kann zum Beispiel die Gesamtschule<br />
besser als die jetzige differenzierte Schule<br />
Gibt es Argumente, wird man sich denen nicht verschließen<br />
können. Wir waren in Wien immer schon<br />
innovativ. Wir werden auch weiterhin Gemeinsamkeiten<br />
suchen. Die Sir Karl Popper Schule am Wiedner<br />
Gürtl als Schule der Begabungsförderung oder<br />
die KMS sind ein Beispiel dafür, dass wir erfolgreich<br />
Überzeugungsarbeit leisten können.<br />
Die von uns geforderte vorgezogene Schuleinschreibung<br />
wurde von der SPÖ nur halbherzig und unbefriedigend<br />
umgesetzt. Hier wäre eine deutlich frühere<br />
Erfassung der zukünftigen Schülerinnen und<br />
Schüler mit Beratung durch die Schule sicher sinnvoller.<br />
Zum Wohle der zukünftigen Wiener Schüler -<br />
innen und Schüler werden wir in dieser Frage weiter<br />
Überzeugungsarbeit leisten.<br />
Wo können wir in naher Zukunft mit Übereinstimmungen,<br />
also mit Ergebnissen, rechnen<br />
Positive Beispiele habe ich schon genannt. In naher<br />
Zukunft kann ich mir eine Vereinfachung der Schulversuche<br />
durch die Möglichkeit einer Regionalisierung<br />
in der Schulentwicklung vorstellen. Der Ausbau der<br />
Schulen zu sozialen Stützpunkten durch Kooperationen<br />
mit außerschulischen Einrichtungen ist dringend<br />
gefordert. Ein weiteres Projekt mit realistischen Umsetzungschancen<br />
ist die Reformierung der Schulaufsicht.<br />
Es wird an der SPÖ liegen, ob sie zeigt, dass sie wie<br />
früher an eine politische Kultur der Zusammenarbeit<br />
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