12.11.2012 Aufrufe

Manets kann man wohl zuviel, aber nie genug haben - Villa Grisebach

Manets kann man wohl zuviel, aber nie genug haben - Villa Grisebach

Manets kann man wohl zuviel, aber nie genug haben - Villa Grisebach

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Und solche Schätze hatte Max Lieber<strong>man</strong>n tatsächlich. Als der Journalist<br />

Delpy, von dem das einleitende Zitat stammt, den Künstler im Jahre 1904<br />

besuchte, sah er von den französischen Impressionisten 15 Bilder von<br />

Édouard Manet, drei von Edgar Degas, zwei von Claude Monet und ein<br />

Blumenstilleben von Auguste Renoir – und es wurden bis zum Ersten<br />

Weltkrieg noch mehr!<br />

Bescheiden hatte Lieber<strong>man</strong>n angefangen: Während seiner Pariser<br />

Jahre von 1873 bis 1878, als er den Landschaftsmalern von Barbizon nachstrebte,<br />

genügten ihm Reproduktionen nach Bildern ihres Anführers Jean-<br />

François Millet, der den arbeitenden Menschen würdigte. Sie mußten<br />

Lieber<strong>man</strong>n genügen, denn leisten konnte er sich auch als Sohn eines<br />

<strong>wohl</strong><strong>haben</strong>den Berliner Kattunfabrikanten die Originale des berühmten<br />

Künstlers nicht. Oder Lieber<strong>man</strong>n kopierte für sich selbst Gemälde, die<br />

der bewunderte Frans Hals im 17. Jahrhundert mit schnellem, breitem<br />

Pinselstrich gemalt hatte – daß neben ihm in Paris Künstler lebten, die<br />

schon längst die Malerei von Hals, Velázquez und anderen in die<br />

Gegenwart übersetzt hatten, davon hatte Lieber<strong>man</strong>n nichts gehört. Die<br />

„Impressionisten“, wie sie seit ihrer ersten Ausstellung 1874 abwertend genannt<br />

wurden wegen ihrer skizzenhaften und ungewohnt buntfarbigen<br />

Bilder aus dem Alltag der Großstadt, traten erst zehn Jahre später in<br />

Lieber<strong>man</strong>ns Gesichtskreis.<br />

1884 heiratete er Martha Marckwald, die ebenfalls aus dem „jüdischen<br />

Patriziat“ Berlins stammte. Max und Martha Lieber<strong>man</strong>n bezogen<br />

eine Wohnung im Tiergarten, In den Zelten 11. Nun fing der seßhaft gewordene<br />

Künstler an, seine Wohnung standesgemäß einzurichten, mit<br />

Renaissancemöbeln, ostasiatischem Kunstgewerbe und dem einen oder<br />

anderen Bild seiner Lehrer und Kollegen. Schräg gegenüber, in der Nr. 23,<br />

wohnte der Jura-Professor Carl Bernstein mit seiner Frau Felicie. Die<br />

hatten gerade etwas aus Paris mitgebracht, was <strong>man</strong> im ganzen Deutschen<br />

Reich noch nicht gesehen hatte: Bilder der französischen Impressionisten,<br />

von Édouard Manet eine frühe Hafenszene und drei späte Stilleben, von<br />

Claude Monet eine „Ansicht der Seine“ und ein „Mohnfeld“ und von<br />

Alfred Sisley und Camille Pissarro jeweils Flußlandschaften. Das Urteil<br />

der mit solchen Neuerungen überforderten Berliner war vernichtend –<br />

Adolph Menzel, der damals tonangebende Maler, bedauerte die Bernsteins,<br />

Geld für diesen „Dreck“ ausgegeben zu <strong>haben</strong>.<br />

Auch für Max Lieber<strong>man</strong>n kam die Begegnung zu früh. Erst 1892<br />

erwarb er ein Bild der französischen Moderne für sich, als Carl Bernstein<br />

bei ihm einen Porträtauftrag mit einem Blumenstilleben <strong>Manets</strong> beglich.<br />

Den entscheidenden Umschwung in Lieber<strong>man</strong>ns Leben brachte das Jahr<br />

1894: Der geliebte und zugleich gefürchtete Vater Louis Lieber<strong>man</strong>n starb,<br />

zwei Jahre nach der Mutter Philippine, und vermachte ihm und seinen<br />

Geschwistern ein großes Vermögen. Max Lieber<strong>man</strong>n war nun reich,<br />

eine damals wie heute „unter Künstlern ... nicht so häufig vorkommende<br />

<strong>Grisebach</strong> · Das Journal · Herbst 2012<br />

Seiten 18/19:<br />

Max Lieber<strong>man</strong>n sitzt inmitten seiner<br />

Sammlung im Musikzimmer in der Wohnung<br />

am Pariser Platz. An den Wänden hängen<br />

Édouard <strong>Manets</strong> „Kristallvase mit Rosen,<br />

Tulpen und weißem Flieder“ (1880), <strong>wohl</strong><br />

das erste seiner mindestens 16 Bilder des<br />

französischen Malers, daneben Paul<br />

Cézannes 1873–75 gemalter „Sommer-<br />

Sonnentag“, gegenüber Edgar Degas’ kühn<br />

angeschnittenes Pastell „Tänzerinnen mit<br />

Fächer“ (um 1898) und Claude Monets<br />

„Windmühlen bei Zaandam“ (1871/72).<br />

21

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!