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Frankmark Express Ausgabe 6, Oktober 2012 - Vielburgen

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Pilgerwege - Eine Reise in Drachenwald<br />

Der Jakobsweg Teil 2<br />

Der Weg<br />

Der in der Mitte des 12. Jahrhunderts<br />

entstandene Pilgerführer „Liber Sancti<br />

Jacobi“, dessen Urtext der sogenannte<br />

„Codex Calixtinus“ ist, beschreibt für den<br />

Pilger vier Hauptrouten durch Frankreich.<br />

Diese vereinigen sich in verschiedenen<br />

Orten in den Pyrenäen. Ab Puente la<br />

Reina, wo eine Brücke den Übergang über<br />

den Fluss Arga ermöglicht gibt es dann<br />

eine Hauptroute nach Santiago de Compostela.<br />

Die Wege im Mittelalter waren<br />

allerdings oft wenig mehr als Pfade, die<br />

sich bei Regen in tiefen Morast verwandeln<br />

konnten. Wo es möglich war benutzte<br />

man deshalb die alten Römerstraßen. Da<br />

sich die Wege im Laufe des tausendjährigen<br />

Geschichte des Jakobskultes<br />

immer wieder veränderten, kann man die<br />

ursprünglichen Routen vor allem an den<br />

Bauwerken und Einrichtungen erkennen,<br />

die mit dem Pilgerwesen verknüpft sind<br />

– beispielsweise Kirchen , Hospize aber<br />

auch Brücken und Burgen. Vor allem die<br />

Hospize waren auch dringend notwendig.<br />

Denn die Pilger mussten Gebirgspässe<br />

überwinden, karge, wasserlose Gebiete<br />

durchwandern und sonstigen Gefahren<br />

entlang des Weges trotzen. Entschädigt<br />

wurden sie durch berühmte Reliquien und<br />

Bauwerke, die es entlang des Weges zu<br />

besichtigen galt. Im „Liber Sancti Jacobi“<br />

werden zwölf Stationen genannt, die man<br />

auf dem Weg nach Santiago besuchen<br />

sollte. Die Pilgerfahrt brachte Tausende<br />

von Menschen in diesen recht abgelegenen<br />

Landstrich, was für die dortigen<br />

Staaten einen Aufschwung von Handel<br />

und Wirtschaft bedeutete. Kein Wunder<br />

also, dass die ortsansässigen Herren<br />

um das Wohlergehen der Pilger besorgt<br />

waren und sich um die Sicherheit und<br />

den Ausbau der Infrastruktur bemühten.<br />

Besonderen Einfluss auf die Entwicklungen<br />

entlang des Weges nahmen die<br />

Benediktinermönche des Klosters Cluny.<br />

Aber auch die Orden der Templer und<br />

Johanniter, sowie die Ritter des Santiagoordens<br />

unterhielten Besitzungen entlang<br />

des Weges und sorgten vor allem<br />

für den Schutz der Pilger. Diese internationalen<br />

Verbindungen sorgten entlang<br />

des Jakobsweges für einen regen Kulturtransfer,<br />

der sich heute noch in den<br />

bemerkenswerten Bauwerken zeigt und<br />

einen großen Teil der Popularität des<br />

Weges ausmacht.<br />

Das Grab<br />

Der Legende nach soll einem Hirten<br />

namens Pelagius durch einen Engel mitgeteilt<br />

worden sein, er werde das Grab<br />

des Apostels Jakobus dort finden, „wo<br />

Sterne leuchten“. So führte eine Lichterscheinung<br />

den Hirten zu einem römischen<br />

Gräberfeld, wo er in einem Marmorgrab<br />

die heiligen Reliquien fand. Beeindruckt<br />

berichtete er seinen Fund dem Bischof<br />

Theodomir von Ira Flavia, der ihn bestätigte<br />

und König Alfons II von Asturien<br />

meldete. Es entstand die erste Kirche<br />

über dem Grab und der heilige Jakobus<br />

wurde offiziell zum Schutzheiligen von<br />

Asturien und damit später Spanien. Dass<br />

die Gebeine des Jakobus in Spanien<br />

gefunden wurden, obwohl er in Jerusalem<br />

enthauptet wurde, wunderte zu dieser<br />

Zeit niemanden. Nach mittelalterlichem<br />

Glauben wurde die Welt getreu dem<br />

Jesuswort: “Gehet hinaus in alle Welt..“<br />

unter den verschiedenen Aposteln aufgeteilt.<br />

Jakobus wurde demzufolge nach<br />

Westen geschickt. Die Welt der damaligen<br />

Zeit endete im Westen der iberischen<br />

Halbinsel, am Cap von „Finis Terrae“,<br />

nahe Compostela. Also musste Jakobus<br />

in Spanien missioniert haben, bevor er<br />

nach Jerusalem zurückkehrte, um dort<br />

zu sterben. Verständlich, dass er am Ort<br />

seines Wirkens begraben sein wollte.Die<br />

Legende im vierten Teil des „Liber Sancti<br />

Jacobi“ berichtet, dass zwei Jünger den<br />

Leichnam des Apostels in Jaffa auf ein<br />

Schiff ohne Steuerruder brachten, das<br />

von Aelric of Battle<br />

durch Gottes Hand den Weg nach Galicien<br />

fand, wo sie ihn bestatteten. Wahrscheinlich<br />

wurde das Grab des Jakobus um 815<br />

entdeckt. Schnell bildete sich um die erste<br />

Kirche eine Stadt, die bereits um 844 die<br />

ersten Pilger anzog. Ihr Name soll sich<br />

nach der Gründungslegende von „Sanct<br />

Jacobus“ und „Campus Stellae“ – also<br />

Sankt Jakobus vom Sternenfeld ableiten.<br />

Welche Popularität die Pilgerstätte innerhalb<br />

kurzer Zeit erreichte, zeigt sich<br />

daran, dass die erste Kirche schon bald<br />

durch eine Neue ersetzt wurde, die bereits<br />

869 geweiht werden konnte. Dieses Bauwerk<br />

wurde 997 durch den maurischen<br />

Heerführer Al-Manzur zerstört, der die<br />

Glocken von christlichen Sklaven nach<br />

Cordoba ziehen ließ. Erst 70 Jahre später<br />

wurde unter Bischof Gelmirez mit dem<br />

Bau der heutigen Kathedrale begonnen,<br />

die damals eine der größten Kirchen der<br />

Welt war. Der Aufstieg der Pilgermetropole<br />

Santiago de Compostela ist ein<br />

beeindruckendes Beispiel für die Macht<br />

des Glaubens. Obwohl die Echtheit der<br />

Reliquien durchaus bezweifelt werden<br />

kann, tat dies der Bewegung offensichtlich<br />

keinen Abbruch. Selbst wenn die Echtheit<br />

zweifelsfrei widerlegt werden würde, wäre<br />

das nicht wirklich von Bedeutung: Was ist<br />

schon die Realität gegen den Glauben<br />

von Millionen von Menschen.<br />

Pilgern in Drachenwald Teil 2 - in der nächsten <strong>Ausgabe</strong><br />

• 12 <strong>Frankmark</strong> <strong>Express</strong> <strong>Oktober</strong> <strong>2012</strong>

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