Ausgabe 6 - AHS-Gewerkschaft
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gymnasium<br />
Die Zeitschrift der<br />
<strong>AHS</strong>-<strong>Gewerkschaft</strong><br />
62. jahrgang<br />
november/dezember<br />
2013 nr. 6<br />
Die subversive Kraft<br />
der störrischen Lehrer<br />
<strong>Gewerkschaft</strong><br />
Öffentlicher Dienst<br />
Foto: IStock
zugespitzt<br />
inhalt<br />
Fähig oder willig<br />
Gleich am Wahlabend beschworen die beiden großen<br />
Mittelparteien, im Fall einer (auf Grund der Kräfteverhältnisse<br />
wahrscheinlichen) neuerlichen Zusammenarbeit,<br />
diese auf eine völlig neue Basis stellen zu<br />
wollen. Um Zweifler zu besänftigen, erklärte sogar der<br />
Bundespräsident, er halte Spitzenpolitiker für lernfähig.<br />
Am nächsten Tag erklärte die Unterrichtsministerin<br />
ihren Rückzug aus dem Amt. War sie so realitätsfern,<br />
dass sie die rund 1800 fast durchwegs negativen Stellungnahmen<br />
zu dem hochgejubelten Entwurf eines<br />
Lehrerdienstrechts wirklich überraschten Hat sie bei<br />
ihrem Abgang mit „Grandezza und Souveränität“ (©<br />
C. Schmied), vielleicht Bildung mit Einbildung verwechselt<br />
Die Lehrerschaft konnte jedenfalls einmal aufatmen.<br />
Man kann nur hoffen, dass, wer immer ihr nachfolgt,<br />
von der Sache wirklich etwas versteht oder sich von<br />
echten Fachleuten beraten lässt, nötige Verbesserungen<br />
gemeinsam mit der Lehrerschaft erarbeitet, vor<br />
allem aber die Leistungen der Lehrerinnen und Lehrer<br />
würdigt.<br />
Schließlich gab es in der Vergangenheit kaum je Minister<br />
oder Ministerinnen, die sich dem vor allem vom<br />
Boulevard und selbst ernannten Experten betriebenen<br />
Lehrer-Bashing nicht entgegenstellten. Im Gegenteil<br />
– Claudia Schmied goss oft sogar Öl ins Feuer und<br />
verhehlte nie ihr gestörtes Verhältnis zur gymnasialen<br />
Langform, obwohl Umfragen belegen, dass eine satte<br />
Mehrheit in der Bevölkerung das Gymnasium schätzt.<br />
Versuche, einen Keil zwischen Standesvertretung und<br />
Lehrerschaft, zwischen ältere und jüngere Lehrerinnen<br />
und Lehrer zu treiben, waren naturgemäß erfolglos. Ein<br />
klassischer Fall von Fehleinschätzung bzw. Realitätsverweigerung.<br />
Letzteres scheint auch auf die derzeitige Beamtenministerin,<br />
die gemäß Kaffeesudlesern als Schmied-<br />
Nachfolgerin gehandelt wird, zuzutreffen. Glaubt sie<br />
tatsächlich, beim Lehrerdienstrecht, das ja u. a. offenkundig<br />
den Weg zur Gesamtschule ebnen soll, mit marginalen<br />
Änderungen und Retuschen auskommen und<br />
die breite Ablehnung ignorieren zu können Ist das nun<br />
ein Mangel an Lernfähigkeit oder vielmehr an Lernwilligkeit<br />
Ist es gar beides<br />
MP<br />
top thema<br />
Die subversive Kraft der<br />
störrischen lehrer<br />
Von Mag. Dr. Eckehard Quin<br />
gut zu wissen<br />
wegweiser durch den<br />
sozialversicherungsdschungel,<br />
Teil 2<br />
Von Mag. Herbert Weiß<br />
Befristete<br />
Dienstverhältnisse<br />
Von Mag. Peter Friebel<br />
im fokus<br />
Der finnische<br />
gesamtschul-schmäh<br />
Von Mag. Verena Hofer<br />
Die pädagogische<br />
Output-Orientierung und<br />
ihre Nebenwirkungen<br />
Von Univ.-Prof Dr. Bernd Hackl<br />
bundesleitung aktiv<br />
Sprechstunden 2013<br />
facts statt fakes<br />
Von Mag. Gerhard Riegler<br />
menschen<br />
Auszeichnungen<br />
und ernennungen<br />
aktuelle seite<br />
Geld oder leistung<br />
Von Mag. Dr. Eckehard Quin<br />
nachgeschlagen<br />
Redaktionsschluss<br />
Redaktionsschluss für die<br />
Nr. 1/2014: 3. Januar 2014<br />
4<br />
8<br />
10<br />
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10<br />
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16<br />
2 gymnasium<br />
Beiträge bitte per E-Mail an<br />
office.ahs@goed.at
Sehr geehrte Frau Kollegin! Sehr geehrter Herr Kollege!<br />
editorial<br />
„Aurea prima sata est aetas …“ Alle, die früher ein Gymnasium besucht haben, kennen<br />
diese Worte aus den „Metamorphosen“ Ovids, der das erste Weltzeitalter als das<br />
goldene beschreibt. Aber ist die „gute alte Zeit“ wirklich so gut gewesen<br />
Ich gehöre definitiv nicht zu den Personen, die meinen, alles würde schlechter. Ich bin<br />
aber ebenso felsenfest davon überzeugt, dass etwas Neues nicht per se besser ist als<br />
das Alte.<br />
Finnland wird von den Gesamtschulapologeten gerne als das Gelobte Land dargestellt.<br />
Die gemeinsame Schule der 10- bis 14-, 15- oder gar 18-Jährigen wäre die einzige<br />
Möglichkeit, unser sozial ach so selektives Schulsystem zu verbessern.<br />
Im „Erwachsenen-PISA“, der OECD-Studie namens PIAAC, deren Ergebnisse Anfang<br />
Oktober erstmals präsentiert worden sind, findet man dazu interessante Daten. PIAAC<br />
setzt in altbewährter OECD-Tradition die von den ProbandInnen erbrachten Leistungen<br />
mit dem höchsten Bildungsabschluss ihrer Eltern in Korrelation. Daraus ergibt sich ein<br />
„slope of the socio-economic gradient“. Je höher der Wert, umso stärker hängt die bei<br />
der Testung erbrachte Leistung vom sozio-ökonomischen Hintergrund der Testperson<br />
ab – oder wertend ausgedrückt, wie es die OECD so gerne tut, umso „ungerechter“ ist<br />
ein Bildungssystem. Zur Überraschung aller, die die PISA-Studien und ihre „Interpretationen“<br />
durch IdeologInnen im Expertengewand ernst genommen haben, zeigt jetzt die<br />
OECD-Studie PIAAC, dass der „Slope“ Finnlands über dem Österreichs liegt, dass also<br />
Finnlands Bildungssystem im Sinne der OECD ungerechter ist.<br />
Dieser „Slope“ beträgt bei der Lesekompetenz der 16- bis 24-jährigen Finnen 21,3,<br />
bei den 45- bis 65-Jährigen allerdings nur 16,4. Die meisten der Letzteren haben die<br />
finnische Schule besucht, als diese noch keine „gemeinsame“, sondern eine<br />
differenzierte gewesen ist. Die Abhängigkeit der Leistungen vom sozioökonomischen<br />
Hintergrund hat sich in Finnland seit der Einführung<br />
der Gesamtschule also massiv erhöht!<br />
Im hohen Norden ist das „goldene Zeitalter“ der Schule Geschichte.<br />
Hoffen wir für Österreich, dass die „hohe Politik“ nicht denselben<br />
Fehler begeht. Bei manchen politisch Verantwortlichen muss ich<br />
nämlich an das „eiserne Zeitalter“ denken, über das Ovid schreibt: „fugere pudor<br />
verumque fidesque; in quorum subiere locum fraudesque dolusque insidiaeque et vis<br />
et amor sceleratus habendi.“ Vor einer Ehrenbeleidigungsklage fühle ich mich sicher,<br />
denn die, an die ich dabei in erster Linie denke, verstehen das ohnehin nicht.<br />
Foto: IStock<br />
Mag. Dr. Eckehard Quin,<br />
Vorsitzender der <strong>AHS</strong>-<strong>Gewerkschaft</strong><br />
Die Redaktion wünscht<br />
eine besinnliche<br />
adventszeit!<br />
impressum<br />
gymnasium. Zeitschrift der <strong>AHS</strong>-<strong>Gewerkschaft</strong> in der <strong>Gewerkschaft</strong> Öffentlicher Dienst. He raus ge ber: <strong>Gewerkschaft</strong> Öffentlicher Dienst, Fritz<br />
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sowie der Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen der zum Abdruck gelangenden Beiträge sowie ihre Verwendung<br />
für andere <strong>Ausgabe</strong>n vor.<br />
3
top thema<br />
Mag. Dr. Eckehard Quin,<br />
Vorsitzender der<br />
<strong>AHS</strong>-<strong>Gewerkschaft</strong><br />
eckehard.quin@goed.at<br />
Die subversive Kraft der<br />
störrischen Lehrer 1<br />
OECD-Testungen verfolgen stets ein klares Ziel: die Konstruktion der<br />
gewünschten Wirklichkeit. Aber manche Störrischen lassen sich selbst<br />
durch die vereinten Kräfte von Politik und Medien nicht von des Kaisers<br />
neuen Kleidern überzeugen.<br />
Foto: IStock<br />
4 gymnasium
„Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht<br />
geht vom Volk aus.“ So lautet Artikel 1 der österreichischen<br />
Bundesverfassung. In Artikel 14 liest man<br />
dann: „Demokratie, Humanität, Solidarität, Friede und<br />
Gerechtigkeit sowie Offenheit und Toleranz gegenüber<br />
den Menschen sind Grundwerte der Schule“. Die<br />
jungen Menschen sollen befähigt werden, „an den<br />
sozialen, religiösen und moralischen Werten orientiert<br />
Verantwortung für sich selbst, Mitmenschen, Umwelt<br />
und nachfolgende Generationen zu übernehmen.“<br />
Und in § 2 Schulorganisationsgesetz, der die Aufgabe<br />
der österreichischen Schule definiert, heißt es:<br />
„Die österreichische Schule hat die Aufgabe, an<br />
der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den<br />
sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach<br />
den Werten des Wahren, Guten und Schönen durch<br />
einen ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg<br />
entsprechenden Unterricht mitzuwirken. Sie hat die<br />
Jugend mit dem für das Leben und den künftigen<br />
Beruf erforderlichen Wissen und Können auszustatten<br />
und zum selbsttätigen Bildungserwerb zu erziehen.“<br />
Die jungen Menschen „sollen zu selbständigem Urteil<br />
und sozialem Verständnis geführt, dem politischen<br />
und weltanschaulichen Denken anderer aufgeschlossen<br />
sowie befähigt werden, am Wirtschafts- und<br />
Kulturleben Österreichs, Europas und der Welt Anteil<br />
zu nehmen und in Freiheits- und Friedensliebe an den<br />
gemeinsamen Aufgaben der Menschheit mitzuwirken.“<br />
Kurzfassung: Das österreichische Volk bestimmt, was<br />
in Österreich geschieht. Die Schule soll Werte, Wissen<br />
und Können vermitteln. Diese Prinzipien erscheinen<br />
mir zumindest im Bildungsbereich mehr als gefährdet.<br />
Österreichs Bildungspolitik<br />
unter dem Einfluss von EU und OECD<br />
Den Nationalen Bildungsbericht 2012 des BIFIE werden<br />
wohl nur sehr wenige Menschen gelesen haben,<br />
obwohl er höchst interessante Passagen enthält.<br />
„Allen voran sei die Organisation für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) genannt,<br />
die mit PISA (Programme for International Student<br />
Assessment) eine globale Diskursebene zu Bildungspolitik<br />
geschaffen hat, die in der österreichischen Öffentlichkeit<br />
mit vorher nie da gewesener Aufmerksamkeit<br />
verfolgt wird. Ebenso führt sie in Zusammenarbeit mit<br />
den Ministerien der jeweiligen Mitgliedsländer Länderprüfungen<br />
zu bestimmten Themen durch, die den<br />
Ressortverantwortlichen ermöglichen, unterschiedliche<br />
Stakeholder in einer internationalen Rahmung<br />
an einen Tisch zu bringen und Impulse zu setzen. […]<br />
Dabei handelt es sich einerseits um die europäischen<br />
Bildungsprogramme, d. h. eine ‚Europäisierung von<br />
unten‘ […], andererseits um europäische Soft-Governance-Prozesse<br />
im Rahmen der offenen Methode der<br />
Koordinierung, die trotz der Einbindung einer breiten<br />
Palette von Akteurinnen und Akteuren in die Meinungsbildungs-<br />
und Entscheidungsprozesse eher topdown<br />
umgesetzt werden.“ 2 (meine Hervorhebung)<br />
Weiter heißt es dann: „Trotz eingeschränkter inhaltlicher<br />
Zuständigkeit sind […] intensive bildungspolitische<br />
Bemühungen der EU erkennbar. Das Spannungsfeld<br />
zwischen ‚Kompetenzkonflikt und Koordinierungsbedarf‘<br />
[…] wurde durch Formen der Soft<br />
Governance, die nicht auf Rechtssetzung, sondern<br />
auf politische Verbindlichkeit setzen, aufgelöst. […]<br />
Die in den 1990er Jahren im Bereich der Beschäftigungspolitik<br />
entwickelte offene Methode der Koordinierung<br />
(OMK) wurde […] als neues, […] rechtlich<br />
unverbindliches, aber politisch wirksames Instrument<br />
eingeführt, um die Zusammenarbeit auf ‚sensible‘<br />
Politikfelder […] auszudehnen, in denen die gängigen<br />
sekundärrechtlichen Instrumente (Richtlinien, Verordnungen)<br />
nicht zum Einsatz kommen dürfen. Das<br />
Verfahren arbeitet mit Zielhierarchien, Kennziffern,<br />
europäischen Vergleichen und Austausch von guter<br />
Praxis.“ 3 (meine Hervorhebung)<br />
Die Verfahrensschritte werden so beschrieben: „Durch<br />
gemeinsam verabschiedete Leitlinien, Fortschrittsberichte<br />
und Vergleiche anhand von Indikatoren und<br />
Benchmarks wird (sanfter) politischer Druck auf die<br />
Mitgliedsstaaten erzeugt, auf nationaler Ebene im<br />
Sinne der gemeinsamen Ziele tätig zu werden. […] Die<br />
Standardisierung durch Ziel- und Kennzahlensysteme<br />
beruht stark auf (v. a. quantitativen) Daten und Expertenwissen<br />
und soll zu einer stärkeren Evidenzbasierung<br />
beitragen, birgt aber gleichzeitig die Gefahr einer<br />
zentralistischen und technokratischen Regulierung in<br />
sich.“ 4 (meine Hervorhebung)<br />
BM Dr. Schmied macht überhaupt kein Hehl daraus,<br />
sich dieser Verfahren zu bedienen. Im Vorwort (ident<br />
in beiden Bänden) des Nationalen Bildungsberichts<br />
betont sie, „dass die österreichische Schulpolitik in<br />
den vergangenen Jahren wesentlich stärker internationale<br />
Erfahrungen, die insbesondere durch unsere<br />
Beteiligung an EU-Bildungsprogrammen und OECD-<br />
Aktivitäten gemacht wurden, in die Steuerung der<br />
österreichischen Schulen hat einfließen lassen.“<br />
Soft Governance und Propaganda<br />
„Die bewusste und zielgerichtete Manipulation der<br />
Verhaltensweisen und Einstellungen der Massen ist ein<br />
1 Personenbezogene Bezeichnungen umfassen gleichermaßen Personen<br />
männlichen und weiblichen Geschlechts.<br />
2 Maria Gutknecht-Gmeiner, Europäische Bildungsinitiativen und nationale<br />
Bildungspolitik: Erfahrungen und Bewertungen des nationalen Umgangs mit<br />
EU-Initiativen, S. 396. In: Barbara Herzog-Punzenberger (Hrsg.), Nationaler Bildungsbericht<br />
Österreich 2012, Band 2. Fokussierte Analysen bildungspolitischer<br />
Schwerpunktthemen (Graz 2012), S. 395-427.<br />
3 Ebenda, S. 400.<br />
4 Ebenda, S. 401.<br />
5
top thema<br />
wesentlicher Bestandteil demokratischer Gesellschaften.<br />
Organisationen, die im Verborgenen arbeiten,<br />
lenken die gesellschaftlichen Abläufe. Sie sind die<br />
eigentlichen Regierungen in unserem Lande.“ 5 Auf<br />
diesen Prinzipien beruht die Propaganda des 20. und<br />
21. Jahrhunderts – und die Soft Governance. Die<br />
OECD nutzt dieses Mittel zur Durchsetzung ihres Ziels,<br />
einer Beantwortung ökonomischer Fragen im Sinne<br />
eines neoliberalen Marktmodells.<br />
Da die OECD keine legitimierte direkte Einflussmöglichkeit<br />
auf nationale Bildungspolitiken hat, bedient<br />
sie sich des öffentlich gemachten Vergleichs wie<br />
etwa der PISA-Studien, um Umsetzungsdruck im Sinne<br />
der eigenen Konzepte aufzubauen. Die OECD meint<br />
selbst dazu: „In einer Welt globaler Interdependenzen<br />
ist diese Vorgehensweise wohl der effizienteste<br />
Weg, Einfluss auf das Verhalten souveräner Staaten<br />
auszuüben.“ 6 „Dazu dient ihr die ‚naming and shaming<br />
technique, which singles out poor performers‘.<br />
[…] Dies gemahnt an die altbekannte Methode des<br />
öffentlichen Prangers: Fehlverhalten gegenüber dem<br />
durch PISA aufgestellten Kodex in Form schlechter<br />
Testergebnisse wird medial bloßgestellt. So sollen alte<br />
Sichtweisen verändert und mental für Veränderungen<br />
bereit gemacht werden: ‚Most likely, social actors will<br />
adjust their perceptions when they believe that their<br />
previous views and models have yielded poor policy<br />
outcomes.‘“ 7<br />
Als weitere Durchsetzungsstrategie kommt „das Aufstellen<br />
von Standards“ zur Anwendung. „Das ‚norm<br />
setting‘ beeinflusst also Verhalten durch Vergleichsdruck,<br />
ein angesichts der offenkundigen Wirkung von<br />
Standardisierungen im Bildungsbereich gut nachvollziehbarer<br />
Vorgang der normierenden Steuerung politischen<br />
und pädagogischen Handelns.“ 8<br />
Standards als Mittel<br />
der Soft Governance<br />
Standards und andere externe Überprüfungen sind<br />
die nach außen am besten sichtbaren Instrumente<br />
der neuen Governance-Struktur. „Dieses neue<br />
Steuerungsmodell ist mit vielen Hoffnungen auf eine<br />
Rationalisierung und Dynamisierung der Entwicklung<br />
der Schulen verbunden, die letztlich zu einer nachhaltigen<br />
Verbesserung ihrer Leistungen führen sollen. Das<br />
Modell und die mit ihm verbundenen Erwartungen<br />
klingen in vielen Einzelaspekten plausibel, doch sind<br />
sie nicht im strengen Sinn empirisch geprüft.“ 9 Anders<br />
ausgedrückt: In Österreich wurden um teures Geld flächendeckend<br />
„Bildungsstandards“ eingeführt, ohne<br />
auch nur den geringsten Beleg für ihre Wirksamkeit zu<br />
besitzen. Dass Finnland, das von der OECD so gerne<br />
als Argument strapaziert wird, auf diese verzichtet,<br />
wird großzügig ausgeblendet.<br />
Auf die Frage, ob Standards und externe Leistungsüberprüfung<br />
zu verbesserten „Schülerkompetenzen“,<br />
zu einer „Leistungssteigerung des Systems“ oder zu<br />
mehr „Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit<br />
im Schulwesen“ führen, antwortet das BIFIE im<br />
Nationalen Bildungsbericht 2012: „Uns sind aus den<br />
deutschsprachigen Schulsystemen keine empirischen<br />
Untersuchungen bekannt, die beanspruchen würden,<br />
fundierte Aussagen zu dieser Frage zu machen.“ 10<br />
„Ob die spezielle Version von Bildungsstandards und<br />
externer Leistungsüberprüfungen, wie sie in Österreich<br />
gewählt wurde, zu verbesserten Schülerkompetenzen<br />
führt […], muss […] gegenwärtig bezweifelt werden.“ 11<br />
In manchen Staaten werden mit den Ergebnissen<br />
externer Prüfungen gravierende Konsequenzen für<br />
Schüler, Lehrer und/oder Schulen verknüpft. Auch dort<br />
gebe es „keine eindeutige Befundlage“. 12 Es ergeben<br />
sich allerdings eine Reihe negativer Effekte:<br />
„(1) Konzentration auf testmethodische und -strategische<br />
Kompetenzen: Mehr Unterrichtszeit wird<br />
verwendet, um Teststrategien (z. B. Umgang mit<br />
Multiple-Choice-Aufgaben) zu vermitteln und typische<br />
Aufgabenformate bzw. Aufgabenbeispiele aus<br />
vergangenen Tests zu üben. […] Dies führt zu einer<br />
Beschränkung der Lerninhalte sowie zu vermehrtem<br />
Auswendiglernen und weniger problemlösendem und<br />
verstehendem Lernen.<br />
(2) Eine Verengung des Curriculums findet sowohl<br />
durch Umschichtung von Unterrichtszeit zwischen<br />
Fächern (z. B. von Musik oder Geschichte zu getesteten<br />
Fächern wie Mathematik oder Englisch) als auch<br />
innerhalb von Fächern (verstärkte Konzentration auf<br />
testrelevante Fähigkeiten und Inhalte, z. B. mehr Lesen<br />
auch im Geschichteunterricht) statt.<br />
(3) Der Ausschluss von Schülerinnen und Schülern aus<br />
Lerngelegenheiten kann in Form der Zuweisung zu<br />
nicht getesteten Schülergruppen (z. B. Schülerinnen<br />
und Schülern mit Beeinträchtigungen) bzw. zu anderen<br />
Schulen, durch Nichtteilnahme von schlechteren<br />
Schülerinnen und Schülern oder Abgang von der<br />
Schule erfolgen […]. Schüler/innen im Grenzbereich,<br />
die die Accountability-relevanten Leistungsziele noch<br />
erreichen können, erhalten stärkere Aufmerksamkeit<br />
bei der Prüfungsvorbereitung als „sichere“ und „hoffnungslose“<br />
Fälle. […]<br />
(4) Schummeln auf Lehrerseite erstreckt sich von ‚kleinen‘<br />
Hilfestellungen während der Testdurchführung,<br />
wie Hinweis auf ausgelassene Items, Betonung beim<br />
Vorlesen der Instruktion etc. bis zur Manipulation der<br />
Testdaten in Form von nachträglichen Ergänzungen<br />
oder Änderungen.“ 13<br />
Widerspenstige Lehrer<br />
Die Fachleute der Praxis, die Lehrer, wissen all das<br />
offenbar auch ohne groß angelegte Studien. Ihre<br />
Haltung „zu dieser neuen Steuerungsform“ sei „keines-<br />
6
wegs vorwiegend positiv […]. Es besteht z. B. große<br />
Skepsis dahingehend, inwiefern aus den derzeitigen<br />
Feedbacks Informationen zur Weiterentwicklung des<br />
Unterrichts abzuleiten sind. […] Die grundlegend<br />
skeptische Haltung der Lehrkräfte hat eine Reihe<br />
nachvollziehbarer Gründe, zu denen nicht zuletzt der<br />
nur schwer führbare Nachweis der per se höheren<br />
Effektivität dieser Steuerungsform zählt. Auch ist die<br />
Definition eines ‚Ergebnisses‘ oder ‚Outputs‘ notwendigerweise<br />
mit normativen Setzungen verbunden,<br />
die kaum von allen Beteiligten gleichermaßen geteilt<br />
werden. Überdies hängt die Skepsis auch mit der<br />
unvermeidlichen Limitiertheit der empirischen Messverfahren<br />
von Bildungsoutput zusammen.“ 14<br />
Die Skepsis der Lehrerschaft ist wenig verwunderlich,<br />
„denn die normativen Ansprüche des Tests berühren<br />
die pädagogische Freiheit der Kollegen und widersprechen<br />
in ihrer funktionalistischen Grundausrichtung<br />
dem Geist und dem Menschenbild der Verfassung“. 15<br />
Bei den Standards und anderen externen Überprüfungen<br />
geht es nämlich um das Überprüfen von<br />
„Kompetenzen“, die die OECD als funktionale Fähigkeiten<br />
definiert, die letztlich wertunabhängig sind.<br />
Volker Ladenthin hat es in einem Interview drastisch<br />
so formuliert: „PISA ist an Kompetenzbündeln interessiert,<br />
nicht an Menschen. Für PISA ist der Mensch eine<br />
Summe aus Datensätzen. […] Schüler sollen nach PISA<br />
nicht lernen, nach dem Sinn des Lernens zu fragen,<br />
sondern sie sollen Aufgaben lösen, gleichgültig welche.<br />
Der von PISA als kompetent Geprüfte soll später<br />
einmal ebenso Babynahrung produzieren können wie<br />
Landminen. Angesichts der Kriterien von PISA (und<br />
einer auf PISA ausgerichteten Schule) sind beide Aufgaben<br />
gleich gültig. Und sie bedürfen der gleichen<br />
Kompetenzen.“ 16<br />
Fazit<br />
Pointiert formuliert könnte man sagen, die OECD<br />
unterläuft die Souveränität der Republik Österreich<br />
– unterstützt von vielen Politikern und anderen wichtigen<br />
„Stakeholdern“. Denn die Ziele der OECD sind<br />
weder im Bundesverfassungsgesetz und Schulorganisationsgesetz<br />
verankert, noch von ihnen intendiert.<br />
Wer daran Zweifel hegt, soll im Dezember, wenn die<br />
noch streng geheimen Ergebnisse von PISA 2012 präsentiert<br />
werden, an meine Vorhersage der wichtigsten<br />
Befunde denken: Das Bildungssystem sei „ineffektiv,<br />
ungerecht und unzeitgemäß. Die Empfehlungen: Das<br />
Schulsystem soll ,einheitlich‘ sein, alle Unterschiede<br />
sollen ‚innerhalb der Schulen berücksichtigt und nicht<br />
durch Auswahl der Kinder für verschiedene Schultypen‘<br />
verstärkt werden (länger gemeinsam lernen)“. 17<br />
Diese Analyse ist fast vierzig Jahre alt und stammt aus<br />
dem „OECD-Länderexamen“, dem Vorläufer des heutigen<br />
PISA, für die BRD vom Mai 1973! „Wieso kann bei<br />
einem Bildungssystem, dem die OECD attestiert, es<br />
sei ‚mangelhaft‘, Deutschland seit 40 Jahren Exportweltmeister<br />
sein, europaweit eine vergleichsweise<br />
geringe Arbeitslosigkeit haben und nunmehr zu den<br />
wenigen währungsstabilen Staaten gehören“ 18 Die<br />
Frage ließe sich analog auch für Österreich stellen.<br />
Die Antwort ist einfach: Die Tests – egal, ob man sie<br />
nun „PISA“ oder „Länderexamen“ nennt – verfolgen<br />
stets ein klares Ziel: die Konstruktion der gewünschten<br />
Wirklichkeit.<br />
Und welches Mittel gibt es dagegen Edward Bernays,<br />
der Vater der modernen Propaganda, gibt<br />
implizit die Antwort: „Die Zahl der Manipulierbaren<br />
ist groß. Aber mitunter reagieren sie störrisch auf<br />
Beeinflussungsversuche und lassen sich selbst durch<br />
die vereinten Kräfte von Gesetzgeber, Medien und<br />
Bildungssystem nicht umstimmen.“ 19 Wir können störrisch<br />
sein und auf den Bildungsidealen der Verfassung<br />
beharren, wie es der über jeden Verdacht des Konservativismus<br />
erhabene französische Soziologe Pierre<br />
Bourdieu formulierte: „Aber diese Kräfte der Bewahrung,<br />
die sich leicht als konservative Kräfte hinstellen<br />
lassen, sind auch in einem anderen Zusammenhang<br />
die Kräfte des Widerstandes gegen die Einführung der<br />
neuen Ordnung, die zu subversiven Kräften werden<br />
können.“ 20 <br />
n<br />
5 „The conscious and intelligent manipulation of organized habits and opinions<br />
of the masses is an important element in democratic society. Those who manipulate<br />
this unseen mechanism of society constitute an invisible government<br />
which ist he true ruling power of our country.“ Edward L. Bernays, Propaganda<br />
(New York 1928), S. 9.<br />
6 OECD (Hrsg.), Die Globalisierung in den Griff bekommen. Die Rolle der OECD<br />
in einer sich wandelnden Welt (2004), S. 23.<br />
7 Jochen Krautz, Bildungsreform und Propaganda, S. 98. In: Deutscher Lehrerverband<br />
(Hrsg.), Wozu Bildungsökonomie (Berlin 2012), S. 86-128.<br />
8 Ebenda, S. 98f.<br />
9 Herbert Altrichter und Anna Kanape-Willingshofer, Bildungsstandards und<br />
externe Überprüfung von Schülerkompetenzen: Mögliche Beiträge externer<br />
Messungen zur Erreichung der Qualitätsziele der Schule, S. 355. In: Herzog-<br />
Punzenberger (Hrsg.), Nationaler Bildungsbericht 2012, Band 2, S. 355-394.<br />
10 Ebenda, S. 374.<br />
11 Ebenda, S. 378.<br />
12 Altrichter/ Kanape-Willingshofer, 2012, S. 378.<br />
13 Ebenda, S. 374.<br />
14 Barbara Schober, Julia Klug, Monika Finsterwald, Petra Wagner und Christiane<br />
Spiel, Ergebnisorientierte Qualitätsentwicklung von Schule: Spezifische<br />
Kompetenzen von Lehrkräften, Schulleiterinnen und Schulleitern, S. 111. In: Herzog-Punzenberger<br />
(Hrsg.), Nationaler Bildungsbericht 2012, Band 2, S. 111-142.<br />
15 Jochen Krautz, Auf dem Niveau eines Heizungsthermostaten. In: Frankfurter<br />
Allgemeine Zeitung, 30. August 2013, Nr. 201, S. 7.<br />
16 Volker Ladenthin, PISA und Bildung In: Neue Ruhr Zeitung, 18. November<br />
2007. Univ.-Prof. Dr. Volker Ladenthin lehrt Historische und Systematische Erziehungswissenschaft<br />
an der Universität Bonn.<br />
17 Volker Ladenthin, Konstruieren sich Leistungsstudien ihre eigene Wirklichkeit<br />
In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. April 2012, S. 6.<br />
18 Ebenda.<br />
19 „So vast are the numbers of minds which can be regimented, and so tenacious<br />
are they when regimented, that a group at times offers an irresistible<br />
pressure before which legislators, editors, and teachers are helpless.“ Bernays,<br />
Propaganda, 25.<br />
20 „Mais ces mêmes forces de ‚conservation‘, qu’il est trop facile de traiter<br />
comme des forces conservatrices, sont aussi, sous un autre rapport, des forces<br />
de résistance à l’instauration de l’ordre nouveau, qui peuvent devenir des<br />
forces subversives.“ Pierre Bourdieu, L’essence du néolibéralisme. In: Le Monde<br />
diplomatique, mars 1998.<br />
top thema<br />
7
gut zu wissen<br />
Mag. Herbert WeiSS,<br />
Vorsitzender-Stellvertreter<br />
und Besoldungsreferent<br />
herbert.weiss@goed.at<br />
1 Personenbezogene Bezeichnungen<br />
umfassen gleichermaßen Personen<br />
männlichen und weiblichen<br />
Geschlechts.<br />
Wegweiser durch den<br />
Sozialversicherungsdschungel<br />
Teil 2: Pensions(versicherungs)beitrag<br />
Im ersten Teil der Serie habe ich die Kranken-<br />
und Arbeitslosenversicherungsbeiträge<br />
sowie den Pensionsbeitrag der nicht<br />
„harmonisierten“ Beamten 1 erläutert. Teil 2<br />
behandelt den Pensions(versicherungs)beitrag<br />
der „harmonisierten“ Beamten.<br />
Pensions(versicherungs)beitrag<br />
Beamte zahlen einen Pensionsbeitrag. Vertragslehrer<br />
zahlen einen Pensionsversicherungsbeitrag.<br />
Pensionsbeitrag der „harmonisierten“<br />
Beamten<br />
Als „harmonisierte“ Beamte bezeichne ich<br />
Personen, die nach dem 31. Dezember<br />
1954 geboren, vor dem 1. Jänner 2005<br />
in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis<br />
zum Bund aufgenommen worden sind und<br />
sich am 31. Dezember 2004 im Dienststand<br />
befunden haben. Bei „harmonisierten“<br />
Beamten hängt die Höhe des Pensionsbeitrages<br />
vom Geburtsjahr ab. Für Personen<br />
des Jahrganges 1959 ist sogar das Geburtsdatum<br />
entscheidend.<br />
Bis Ende 2004 mussten zwei Fälle unterschieden<br />
werden. Wurde der Beamte vor dem<br />
2. Dezember 1959 geboren, betrug der Pensionsbeitrag<br />
12,55 Prozent, wurde er hingegen<br />
nach dem 1. Dezember 1959 geboren,<br />
betrug der Pensionsbeitrag 11,05 Prozent<br />
des Grundbezuges und allfälliger ruhegenussfähiger<br />
Zulagen wie z. B. die Zulage der<br />
Schulleiter, Administratoren und Erzieher.<br />
Den Prozentsatz der Bemessungsgrundlage<br />
für den Pensionsbeitrag („Pensionsbeitrag<br />
laufend“) bei „harmonisierten“ Beamten<br />
entnehmen Sie der Tabelle auf Seite 9.<br />
Die monatliche Höchstbeitragsgrundlage<br />
nach § 45 ASVG beträgt 2013 EUR 4.440.<br />
Die Bemessungsgrundlage besteht aus dem<br />
Gehalt, den als ruhegenussfähig erklärten<br />
Zulagen (z. B. die Zulage der Schulleiter,<br />
Administratoren und Erzieher) sowie aus den<br />
dem Beamten gebührenden anspruchsbegründenden<br />
Nebengebühren (z. B. Abgeltung<br />
für die Führung der Klassenvorstandsgeschäfte<br />
und Kustodiatsabgeltung). Für<br />
den Kinderzuschuss ist kein Pensionsbeitrag<br />
zu entrichten. Zu beachten ist, dass auf<br />
dem Bezugszettel der Pensionsbeitrag des<br />
Grundbezuges, allfälliger Dienstzulagen und<br />
der anspruchsbegründenden Nebengebühren<br />
in einer Summe ausgewiesen wird.<br />
Für die Sonderzahlung („Pensionsbeitrag<br />
Sonderzl.“) gelten dieselben Beitragssätze.<br />
Die Beitragsgrundlage besteht aus der<br />
Sonderzahlung. Beträgt die Sonderzahlung<br />
höchstens die Hälfte der monatlichen<br />
Höchstbeitragsgrundlage (2013 EUR 2.220),<br />
so gilt für die gesamte Sonderzahlung der<br />
für Bezugsteile bis zur monatlichen Höchstbeitragsgrundlage<br />
vorgesehene Beitragssatz.<br />
Ist die Sonderzahlung höher als die<br />
halbe monatliche Höchstbeitragsgrundlage,<br />
so gilt für den Teil der Sonderzahlung<br />
bis zur Hälfte der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage<br />
der für Bezugsteile bis zur<br />
monatlichen Höchstbeitragsgrundlage vorgesehene<br />
Beitragssatz, für den Rest der<br />
Sonderzahlung der für Bezugsteile über der<br />
monatlichen Höchstbeitragsgrundlage vorgesehene<br />
Beitragssatz.<br />
Bei einer Rückrechnung („KV/SV/PB/WFB<br />
Rückrechnung“) ist der Pensionsbeitrag normalerweise<br />
nur für anspruchsbegründende<br />
Nebengebühren zu entrichten. In unserem<br />
Bereich kommen dafür die Abgeltung für<br />
Mehrdienstleistungen (Dauermehrdienstleistungen<br />
und Einzelsupplierungen) und die<br />
Klassenvorstands- und Kustodiatsabgeltung<br />
(werden meist am Monatsbezugszettel ausgewiesen<br />
und nicht als Nachtragsbezug<br />
bezahlt) in Frage. Die Beitragsgrundlage<br />
des Nachtragsbezuges (Rückrechnung)<br />
wird auf der Monatsabrechnung nicht ausgewiesen.<br />
Zur Berechnung sind die anspruchsbegründenden<br />
Nebengebühren der Rückrechnung<br />
zur Beitragsgrundlage der laufenden<br />
8 gymnasium
Bezüge und der laufenden anspruchsbegründenden<br />
Nebengebühren des Monats zu addieren, für den<br />
der Nachtragsbezug gebührt. Dann ist entsprechend<br />
den Angaben zum „Pensionsbeitrag laufend“ der<br />
Pensionsbeitrag zu berechnen. Von diesem Ergebnis<br />
ist der bereits geleistete Pensionsbeitrag der laufenden<br />
Bezüge und der laufenden anspruchsbegründenden<br />
Nebengebühren des Monats zu subtrahieren, für den<br />
der Nachtragsbezug gebührt.<br />
Pensionsversicherungsbeitrag der Vertragslehrer<br />
Die Pensionsversicherungsbeitragsgrundlage bei Vertragsbediensteten<br />
(„Pensionsvers.beitrag lfd.“) enthält<br />
neben dem Grundbezug und allfälligen Dienstzulagen<br />
auch den Kinderzuschuss und die als ruhegenussfähig<br />
erklärten Zulagen (z. B. Abgeltung für die Führung der<br />
Klassenvorstandsgeschäfte und Kustodiatsabgeltung).<br />
Vertragslehrer und Unterrichtspraktikanten zahlen 10,25<br />
Prozent der Beitragsgrundlage als Pensionsversicherungsbeitrag.<br />
Die monatliche Höchstbeitragsgrundlage<br />
beträgt 2013 EUR 4.440.<br />
Für die Sonderzahlung („Pensionsvers.beitrag SZ“) zahlen<br />
Vertragslehrer und Unterrichtspraktikanten 10,25<br />
Prozent der Beitragsgrundlage als Pensionsversicherungsbeitrag.<br />
Die Höchstbeitragsgrundlage für Sonderzahlungen<br />
beträgt 2013 EUR 8.880. Wird im Laufe des<br />
Kalenderjahres diese Höchstbeitragsgrundlage überschritten,<br />
sind von den restlichen Sonderzahlungen<br />
keine Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten.<br />
Die Pensionsversicherungsbeitragsgrundlage bei Vertragsbediensteten<br />
kann – was den Nachtragsbezug<br />
betrifft – folgende Bestandteile enthalten:<br />
• Abgeltung für Mehrdienstleistungen (Dauermehrdienstleistungen<br />
und Einzelsupplierungen)<br />
• Abgeltung für die Vorbereitung im Rahmen der Reifeprüfung<br />
• Abgeltung für die Prüfung im Rahmen der Reifeprüfung<br />
• Vergütung für Betreuungslehrer im Schulpraktikum<br />
• Vergütung für Betreuungslehrer im Unterrichtspraktikum<br />
• Abgeltung für die Besorgung von administrativen<br />
Aufgaben<br />
• steuerpflichtige Reisegebühren<br />
• Abgeltung für Schulveranstaltungen<br />
• Klassenvorstands- und Kustodiatsabgeltung (werden<br />
meist am Monatsbezugszettel ausgewiesen und<br />
nicht als Nachtragsbezug bezahlt)<br />
Bei Vertragslehrern sind also nur der steuerfreie Anteil<br />
der Reisegebühren und die Jubiläumszulage von der<br />
Sozialversicherung befreit.<br />
Vertragslehrer und Unterrichtspraktikanten zahlen 10,25<br />
Prozent der Beitragsgrundlage als Pensionsversicherungsbeitrag<br />
(„KV/SV/PB/WFB Rückrechnung“). Dieser<br />
ist allerdings nur zu zahlen, wenn die Summe der pensionsversicherungspflichtigen<br />
Nachtragsbezugsbestandteile<br />
und der Bezugsbestandteile des Monats, für den<br />
der Nachtragsbezug gebührt, die monatliche Höchstbeitragsgrundlage<br />
(2013 EUR 4.440) nicht übersteigt.<br />
Andernfalls ist nur für den Anteil des Nachtragsbezuges,<br />
der in dieses Limit passt, ein Pensionsversicherungsbeitrag<br />
zu entrichten. Die Pensionsversicherungsbeitragsgrundlage<br />
wird auf dem Nachtragsbezugszettel<br />
nicht ausgewiesen. n<br />
Der Beitragssatz<br />
beträgt<br />
für Beamte<br />
der<br />
Geburtsjahrgänge<br />
anstelle des für sie<br />
im Jahr 2004 für den<br />
Monatsbezug maßgeblichen<br />
Beitragssatzes von<br />
12,55 Prozent<br />
für Bezugsteile<br />
bis<br />
zur monatlichen<br />
Höchstbeitragsgrundlage<br />
nach § 45<br />
ASVG<br />
für Bezugsteile<br />
über<br />
der monatlichen<br />
Höchstbeitragsgrundlage<br />
nach § 45<br />
ASVG<br />
anstelle des für sie<br />
im Jahr 2004 für den<br />
Monatsbezug maßgeblichen<br />
Beitragssatzes von<br />
11,05 Prozent<br />
für Bezugsteile<br />
bis<br />
zur monatlichen<br />
Höchstbeitragsgrundlage<br />
nach § 45<br />
ASVG<br />
für Bezugsteile<br />
über<br />
der monatlichen<br />
Höchstbeitragsgrundlage<br />
nach § 45<br />
ASVG<br />
ab 1986 - - 10,25 % 0,00 %<br />
1985 - - 10,25 % 0,00 %<br />
1984 - - 10,25 % 0,00 %<br />
1983 - - 10,32 % 0,98 %<br />
1982 - - 10,34 % 1,23 %<br />
1981 - - 10,36 % 1,47 %<br />
1980 - - 10,37 % 1,72 %<br />
1979 - - 10,39 % 1,96 %<br />
1978 - - 10,41 % 2,21 %<br />
1977 - - 10,43 % 2,46 %<br />
1976 - - 10,45 % 2,70 %<br />
1975 - - 10,68 % 5,90 %<br />
1974 - - 10,69 % 6,12 %<br />
1973 - - 10,71 % 6,35 %<br />
1972 - - 10,73 % 6,57 %<br />
1971 - - 10,74 % 6,79 %<br />
1970 - - 10,76 % 7,01 %<br />
1969 - - 10,77 % 7,23 %<br />
1968 - - 10,79 % 7,45 %<br />
1967 - - 10,81 % 7,67 %<br />
1966 - - 10,82 % 7,89 %<br />
1965 - - 10,84 % 8,11 %<br />
1964 - - 10,85 % 8,33 %<br />
1963 - - 10,87 % 8,56 %<br />
1962 - - 10,89 % 8,78 %<br />
1961 - - 10,90 % 9,00 %<br />
1960 - - 10,92 % 9,22 %<br />
1959 12,21 % 10,72 % 10,93 % 9,44 %<br />
1958 12,26 % 10,79 % - -<br />
1957 12,31 % 11,22 % - -<br />
1956 12,35 % 11,47 % - -<br />
1955 12,40 % 11,73 % - -<br />
9
gut zu wissen<br />
Mag. Peter Friebel,<br />
Dienstrechtsreferent der<br />
<strong>AHS</strong>-<strong>Gewerkschaft</strong><br />
peter.friebel@goed.at<br />
Befristete Dienstverhältnisse<br />
Während Kettenverträge – also das mehrmalige Aneinanderreihen<br />
von befristeten Verträgen – in weiten Teilen der Privatwirtschaft<br />
verboten sind, sind sie für angehende Lehrerinnen und Lehrer<br />
leider der Normalfall. Sie verhindern eine zuverlässige Planung der<br />
Zukunft und können im Fall einer Schwangerschaft zum Verlust des<br />
Arbeitsplatzes führen.<br />
Ausbildung als Anstellungserfordernis<br />
Das Gesetz sieht für die Verwendung als Lehrerin oder Lehrer an einer <strong>AHS</strong> eine bestimmte<br />
Ausbildung vor, und zwar in den meisten Fällen den Abschluss eines universitären<br />
Lehramtsstudiums in zwei Unterrichtsgegenständen mit dem Magistergrad plus das Unterrichtspraktikum.<br />
Wer dies erfüllt, wird nach der Entlohnungsgruppe l1 bezahlt.<br />
Für einige Unterrichtsgegenstände, z. B. im künstlerischen und sportlichen<br />
Bereich sowie für Religion, kann man auch durch andere Ausbildungen<br />
die gesetzlichen Anstellungserfordernisse erfüllen, bekommt dann<br />
aber – je nach Art der Ausbildung – in einer der Entlohnungsgruppen<br />
l2a2, l2a1, l2b1 oder l3 ein niedrigeres Gehalt.<br />
Vor dem ersten Dienstvertrag:<br />
das Unterrichtspraktikum<br />
Das Unterrichtspraktikum ist kein Dienstverhältnis, sondern ein<br />
Ausbildungsverhältnis. Es ist möglich, dass man neben dem<br />
Unterrichtspraktikum auch „eigene“ Stunden und somit zusätzlich<br />
zum Unterrichtspraktikum einen Dienstvertrag bekommt.<br />
Ein prekäres Dienstverhältnis:<br />
der IIL-Vertrag<br />
Der IIL-Vertrag ist ein befristeter Vertrag. Er ist für Lehrerinnen und<br />
Lehrer vorgesehen, die ausschließlich in „nicht gesicherter“ Verwendung<br />
stehen. In der Praxis beginnen alle Lehrerinnen und Lehrer mit einem<br />
IIL-Vertrag. Der IIL-Vertrag ist fast immer auf ein Jahr befristet und wird in den<br />
meisten Fällen mehrmals um jeweils ein Jahr verlängert.<br />
Wie bei allen Dienstverträgen muss auch bei einem IIL-Vertrag das Beschäftigungsausmaß<br />
im Vertrag festgehalten sein.<br />
Foto: IStock<br />
10 gymnasium
§ 42b Vertragsbedienstetengesetz (VBG) definiert,<br />
was unter „nicht gesicherter“ Verwendung zu verstehen<br />
ist: eine Vertretung, eine Verwendung im<br />
Rahmen eines Schulversuches, wenn durch dessen<br />
Änderung Stunden wegfallen können, eine Verwendung<br />
in schulautonom geschaffenen Gegenständen,<br />
in Freigegenständen und unverbindlichen Übungen<br />
oder in der Nachmittagsbetreuung oder eine „sonstige<br />
Verwendung, die aus wichtigen organisatorischen<br />
Gründen nur für einen von vornherein begrenzten<br />
Zeitraum vorgesehen ist“. Letzteres klingt nach Gummi-Paragraph<br />
und wird vom Dienstgeber daher häufig<br />
als Begründung für eine „nicht gesicherte“ Verwendung<br />
herangezogen. Im Fall einer Vertretung muss im<br />
Dienstvertrag angegeben werden, welche Kollegin<br />
bzw. welcher Kollege vertreten wird. Da sich der<br />
Dienstvertrag aber nicht auf die Verwendung an einer<br />
bestimmten Schule, sondern in der Regel im ganzen<br />
Bundesland bezieht, kann die zu vertretende Person<br />
auch an einer anderen Schule beschäftigt sein.<br />
Bei einem IIL-Vertrag gibt es keine Entlohnungsstufen<br />
und somit keine Vorrückungen. Die Bezahlung ist in der<br />
Entlohnungsgruppe l1 bei einem IIL-Vertrag ungefähr<br />
gleich hoch wie bei einem IL-Vertrag in der vierten<br />
Entlohnungsstufe und beträgt derzeit 2444 Euro für 20<br />
Werteinheiten. Nach dem Auslaufen eines befristeten<br />
Vertrages besteht kein Rechtsanspruch auf eine Verlängerung.<br />
Die Lehrerin bzw. der Lehrer weiß daher<br />
nicht, ob sie bzw. er im nächsten Schuljahr wieder<br />
einen Job haben wird. Das erschwert nicht nur die<br />
Zukunftsplanung, sondern kann auch bewirken, dass<br />
man, wenn man z. B. eine Wohnung kaufen oder<br />
ein Haus bauen will, einen Kredit nicht oder nur zu<br />
schlechteren Konditionen bekommt.<br />
Im Fall einer Schwangerschaft, Geburt und anschließenden<br />
Karenz verbietet das Mutterschutzgesetz zwar<br />
eine Kündigung durch den Dienstgeber, aber das<br />
ändert nichts am Auslaufen eines von vornherein<br />
befristeten Dienstverhältnisses. Wer dann wegen einer<br />
Schwangerschaft im nächsten Schuljahr den Dienst<br />
nicht antreten kann oder länger beim Kind zu Hause<br />
bleiben will, hat einfach Pech gehabt und muss hoffen,<br />
bei einem später geplanten Neueinstieg wieder<br />
Stunden zu bekommen. Ein Rechtsanspruch besteht<br />
aber nicht. Somit benachteiligen die im Lehrerbereich<br />
üblichen Kettenverträge junge Mütter noch zusätzlich.<br />
Studierende und Quereinsteigerinnen<br />
bzw. Quereinsteiger<br />
In etlichen Bundesländern hat sich in den letzten<br />
Jahren der Lehrermangel in zahlreichen Unterrichtsgegenständen<br />
massiv verschärft. An vielen Schulen<br />
unterrichten daher zahlreiche Studierende, die ihr<br />
Lehramtsstudium noch nicht abgeschlossen haben,<br />
11
und Absolventinnen bzw. Absolventen von Nicht-<br />
Lehramts-Studien. Nach welcher Entlohnungsgruppe<br />
sie jeweils bezahlt werden, ist in Artikel X des BGBl.<br />
350/1982 geregelt – man spricht daher von Artikelzehn-Verträgen.<br />
Alle diese Kolleginnen und Kollegen dürfen gemäß<br />
VBG nur verwendet werden, solange keine anderen,<br />
die die gesetzlichen Anstellungserfordernisse erfüllen,<br />
gefunden werden. Das gilt selbst dann, wenn jemand<br />
außerhalb des Schulwesens viele Jahre einschlägige<br />
Berufspraxis erworben hat oder in dem Gegenstand<br />
an einer Universität gelehrt hat.<br />
Der „Sicherstellungserlass“ – ein Erlass, der jedes<br />
Jahr vor der provisorischen Lehrfächerverteilung vom<br />
BMUKK herausgegeben wird – sieht derzeit vor, dass<br />
Artikel-X-Verträge zunächst jeweils auf ein Jahr befristet<br />
sein müssen und nach einem ununterbrochenen<br />
Dienstverhältnis von mindestens fünf Jahren auf zwei<br />
Jahre bzw. von mindestens sieben Jahren auf drei<br />
Jahre befristet werden dürfen. Erst nach einem ununterbrochenen<br />
Dienstverhältnis von zehn Jahren kann<br />
ein Artikel-X-Vertrag unbefristet ausgestellt werden.<br />
Abgesehen von der Unsicherheit, die damit verbunden<br />
ist, wenn man zehn Jahre lang keinen Dauervertrag<br />
bekommt, zahlt es sich für Studierende auch<br />
finanziell aus, das Lehramtsstudium abzuschließen,<br />
auch wenn sie bereits eine Anstelllung haben: Wer<br />
zwar eine Reifeprüfung abgelegt, aber sonst keinerlei<br />
Ausbildung abgeschlossen hat, wird bloß in<br />
l2b1 eingestuft. Das Anfangsgehalt<br />
beträgt dann bei ganzjähriger<br />
Beschäftigung monatlich<br />
1556 Euro für 20 Wochenstunden.<br />
Solange das Lehramtsstudium<br />
nicht<br />
abgeschlossen ist,<br />
kann die angehende<br />
Lehrerin bzw.<br />
der Lehrer kein<br />
Unterrichtspraktikum<br />
machen,<br />
bekommt daher<br />
viele gerade am<br />
Anfang wichtige<br />
Informationen nicht<br />
und hat keine Kollegin<br />
bzw. keinen Kollegen<br />
als Betreuerin bzw. Betreuer.<br />
Sobald das Lehramtsstudium<br />
abgeschlossen ist, muss in der Regel das<br />
Unterrichtspraktikum nachgeholt werden. Falls eine<br />
Lehrerin bzw. ein Lehrer dann bereits mindestens zwei<br />
Jahre lang vollbeschäftigt unterrichtet hat, ersetzt<br />
dies das Unterrichtspraktikum.<br />
Endlich Sicherheit: der IL-Vertrag<br />
Im Entlohnungsschema IL gibt es Entlohnungsstufen.<br />
Bei der Umstellung von IIL nach IL werden daher die<br />
für die Vorrückung anrechenbaren Vordienstzeiten<br />
ermittelt (z. B. Schulzeiten, Wehrdienst bzw. Zivildienst,<br />
Zeiten eines Lehramtsstudiums, Unterrichtspraktikum,<br />
Zeiten als Lehrerin bzw. Lehrer an einer öffentlichen<br />
Schule oder an einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht,<br />
Zeiten in der Lehre oder als wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin bzw. als wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
an einer Universität oder Hochschule, Zeiten mit<br />
Bund, Land oder Gemeinde als Dienstgeber, vergleichbare<br />
Zeiten in EU-Mitgliedsstaaten usw.) und<br />
somit der Vorrückungsstichtag festgelegt. Daraus<br />
ergibt sich die Entlohnungsstufe und das Datum, an<br />
dem man in die nächste Entlohnungsstufe vorrückt.<br />
Der IL-Vertrag ist in der Regel unbefristet und bietet<br />
also endlich Sicherheit.<br />
Es gibt eine Ausnahme: Bei Artikel-X-Verträgen sind<br />
auch befristete IL-Verträge möglich. Diese bieten<br />
zwar Vorrückungen in höhere Gehaltsstufen, aber<br />
keine Jobsicherheit.<br />
Die Umstellung von einem IIL-Vertrag auf einen<br />
unbefristeten IL-Vertrag erfolgt bei Lehrerinnen und<br />
Lehrern, die die gesetzlichen Anstellungserfordernisse<br />
erfüllen (also keinen Artikel-X-Vertrag haben)<br />
nach spätestens fünf Jahren. Das Unterrichtspraktikum<br />
(ohne gleichzeitiges Dienstverhältnis, d. h. ohne<br />
„eigene Stunden“) zählt nicht mit. Wer nach (auf<br />
den Tag genau gerechnet) fünf Jahren im Dienst ist<br />
und einen IIL-Vertrag hat, hat einen Rechtsanspruch<br />
auf einen IL-Vertrag mit dem zu diesem Zeitpunkt<br />
geltenden Beschäftigungsausmaß. Frühere Zeiten<br />
als Lehrerin bzw. Lehrer werden auch nach Unterbrechungen<br />
mitgezählt, wenn der Dienstgeber der<br />
Bund war.<br />
Falls die Umstellung auf IL vor Ablauf der fünf Jahre<br />
erfolgt, können im Vertrag „gesicherte“ und „nicht<br />
gesicherte“ Stunden unterschieden werden. Auf<br />
die „nicht gesicherten“ hat man erst nach Ablauf<br />
der oben beschriebenen fünf Jahre einen Rechtsanspruch<br />
– allerdings nur, wenn man nicht freiwillig<br />
reduziert. In diesem Zusammenhang gilt leider: Wer<br />
sich gegen eine Reduktion nicht wehrt (notfalls unter<br />
Einschaltung des Fachausschusses, das ist die Personalvertretung<br />
auf Landesebene), hat zugestimmt<br />
und verliert den Rechtsanspruch auf die „nicht gesicherten“<br />
Stunden auch für die folgenden Jahre. n<br />
12 gymnasium
im fokus<br />
Mag. Verena Hofer<br />
Pressereferentin der<br />
<strong>AHS</strong> <strong>Gewerkschaft</strong><br />
verena.hofer@goed.at<br />
Foto: Tommy Seiter<br />
Der finnische<br />
Gesamtschul-Schmäh<br />
Warum finnische Äpfel nicht auf österreichischen Birnbäumen wachsen.<br />
Foto: IStock<br />
Warum in Finnland die Gesamtschule der einzig konsequente<br />
Ausweg aus einer Bildungsmisere war, leuchtet<br />
nach der Lektüre von Pasi Sahlbergs Buch „Finnish<br />
Lessons“ (Teachers College Press 2011) völlig ein.<br />
Schade bloß, dass diese Lektüre Österreichs zahllosen<br />
„Bildungsexperten“ bislang offensichtlich noch<br />
verwehrt geblieben ist. Interessant ist, dass der Autor<br />
davor warnt, das finnische Schulsystem zu imitieren. 1<br />
Und warum kann das finnische Modell in Österreich<br />
niemals funktionieren 7 Gründe dafür:<br />
1. Weil „gleiche Chancen für alle“ etwas<br />
ganz anderes bedeutet<br />
„Gleiche Chancen für alle“ – das klingt eigentlich<br />
unmissverständlich. Aber haben Sie schon einmal hinterfragt,<br />
was eigentlich dahintersteckt Wie verlogen<br />
dieser viel zitierte Schlachtruf der Gesamtschul-Befürworter<br />
ist, zeigt ein Blick in die Geschichte Finnlands:<br />
Nach dem 2. Weltkrieg kämpfte Finnland hart für die<br />
Freiheit und arbeitete sich bis 1970 von einer ausgeprägt<br />
ländlichen zu einer industrialisierten Nation hoch.<br />
13
Insbesondere die ländliche Bevölkerung wünschte<br />
sich zu dieser Zeit endlich eine Ausbildung für alle. In<br />
Anbetracht der wirtschaftlichen und kulturellen Ausgangslage<br />
war dieser Wunsch wirklich fortschrittlich:<br />
In den 1950ern gab es nur in den größeren Städten<br />
so genannte grammar und middle schools. Große<br />
Bevölkerungsteile waren von Bildungszugängen weitgehend<br />
abgeschnitten. Zudem waren damals 217 von<br />
insgesamt 338 grammar schools in privater Hand: Das<br />
bedeutete höchst unterschiedliche Lehrpläne. 2 Dass<br />
angesichts dieser Umstände der Wunsch nach einer<br />
– im wörtlichen Sinn – gleichen Ausbildung für alle aufkam,<br />
verwundert nicht. Gleiche Chancen für alle heißt<br />
auf Finnisch also: Gleiche Ausbildung an allen Orten<br />
und für alle.<br />
Aber passt das auch für Österreich, wo das Schulwesen<br />
im ländlichen Raum sehr gut ausgebaut ist Volksschulen<br />
gibt es flächendeckend, längere Wegstrecken<br />
zur nächsten NMS, HS oder <strong>AHS</strong> fallen selbst am Land<br />
selten an. Unsere Schulen sind überwiegend in öffentlicher<br />
Hand, die Lehrpläne der Sekundarstufe 1 sind an<br />
den HS, NMS und <strong>AHS</strong> inhaltlich identisch.<br />
Dass es Brennpunktschulen gibt, darf man selbstverständlich<br />
nicht unter den Teppich kehren. Diese sind<br />
jedoch kein strukturelles Problem, das man einfach mit<br />
einer anderen Schulart (z. B. der Gesamtschule) lösen<br />
könnte! Wer das glaubt, vermischt finnische Äpfel mit<br />
österreichischen Birnen.<br />
2. Weil die finnische Bevölkerung<br />
homogener ist<br />
Der soziale Background der Jugend Finnlands ist deutlich<br />
höher als bei uns. So gibt es bei Finnlands Jugend<br />
laut UNICEF 3 eine Deprivationsrate von nur 2,5 Prozent,<br />
während sie in Österreich mit 8,7 Prozent mehr als drei<br />
Mal so hoch liegt. Bis 1995 war Finnlands Bevölkerung<br />
sehr homogen, mittlerweile findet jedoch eine Durchmischung<br />
statt. 2010 hatten 4,7 Prozent der finnischen<br />
Bevölkerung Migrationshintergrund, ein für finnische<br />
Verhältnisse hoher Wert, im Vergleich mit Österreich<br />
(20,3 Prozent 4 ) fast noch mikroskopisch klein.<br />
3. Weil Finnen mit „Durchlässigkeit“ noch<br />
nie etwas anfangen konnten<br />
Oft hört man die abgedroschene Killerphrase, Kinder<br />
müssten sich zu früh für einen Bildungsweg entscheiden,<br />
und sei dies einmal geschehen, so gebe es kein<br />
Zurück mehr. Aus österreichischer Sicht betrachtet ist<br />
dies jedoch völliger Unfug, denn unser Bildungssystem<br />
ist durchlässig: Ein Wechsel von der <strong>AHS</strong> in die NMS<br />
und umgekehrt ist möglich und wird auch praktiziert.<br />
Und noch viel wichtiger: Ein entsprechender<br />
Abschluss der NMS eröffnet alle Bildungsangebote der<br />
Sekundarstufe II.<br />
Für die Finnen hingegen ist das gänzlich unvorstellbar:<br />
Schon 1946 dachte man an eine gemeinsame (damals<br />
8-jährige) Schule, „to avoid tracking to ‚academic’<br />
subjects for more able students and ‚vocational’ studies<br />
for those preferring to learn manual skills“ 5 . Nur wer in<br />
der basic school Fremdsprachen gelernt hatte, durfte<br />
in die secondary school bzw. aufs Gymnasium gehen.<br />
Finnische Realität waren also parallele, in keiner Weise<br />
durchlässige Schulsysteme, die man nun vereinheitlichen<br />
wollte. Und dazu blieb schlichtweg keine andere<br />
Alternative, denn die zwei parallelen Schienen erlaubten<br />
bis in die frühen 1970er keinen Wechsel! Es gab also<br />
null Durchlässigkeit: „There was practically no possibility<br />
to move between these streams once students had<br />
decided which pathway to follow.“ 6<br />
Wenden wir den Blick nach Österreich, so stellen wir fest:<br />
Diese finnische Sackgasse gab und gibt es bei uns nicht.<br />
Auch hier vermischt wieder so mancher „Bildungsexperte“<br />
finnische Äpfel mit österreichischen Birnen.<br />
4. Weil Finnen „Supportpersonal“ nicht<br />
nur dem Namen nach kennen<br />
Kritiker befürchteten mit der Einführung der öffentlichen<br />
9-jährigen Gesamtschule („peruskoulu“) 1972 ein massives<br />
Downgrading. Während man das in Österreich zwar<br />
auch befürchtet, aber nichts dagegen zu tun gedenkt,<br />
setzte Finnland aufwändige flankierende Maßnahmen.<br />
Niemand behauptete, dass alle Kinder gleich sind und<br />
dasselbe benötigen. Eine gleichwohl naheliegende<br />
wie kluge Erkenntnis, die man aus den Schnäbeln<br />
österreichischer Gesamtschul-Apologeten seltsamerweise<br />
nie hört. Den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen<br />
wurde und wird in Finnland schon sehr früh<br />
durch umfangreichen, intensiven Spezialunterricht entsprochen.<br />
Soziale Probleme und Verhaltensprobleme<br />
werden - anders als in Österreich - nicht weggeredet,<br />
sondern bearbeitet. Da alle denselben Unterricht erhielten<br />
(Schulschwerpunkte sind nicht die Intention von<br />
Gesamtschulen) und sich dadurch gleich qualifiziert<br />
sahen, setzten die Finnen ihre Hoffnung auf Schullaufbahnberater:<br />
„They would need systematic counseling<br />
on their options after completing basic school.“ 7<br />
Die Crux an der Sache: Finnlands Eltern glaubten, alle<br />
Kinder seien in gleichem Ausmaß fähig, dasselbe zu<br />
leisten. Und wenn alle dasselbe leisten können, warum<br />
sollte dann nicht auch eine akademische Laufbahn<br />
für alle Kinder möglich und schaffbar sein Deshalb<br />
drängten viele Eltern auf eine akademische Laufbahn<br />
ihrer Kinder.<br />
Was die Finnen von diesem Luftschloss haben, ist aber<br />
auch bekannt: strenges Aussieben an den Unis, hohe<br />
Jugendarbeitslosigkeit, verspätete Studienabschlüsse ...<br />
Die Frage ist, ob das den Eltern und v. a. den Kindern<br />
gegenüber fair ist<br />
14 gymnasium
5. Weil Finnland auf Wettbewerb, PISA und<br />
die Testhysterie pfeift: test less, learn more<br />
Während finnische Lehrer an den Schulen individuell<br />
Lehrpläne an die schulischen Gegebenheiten anpassen<br />
und Bewertungskriterien festlegen, kämpfen ihre<br />
Kollegen in Großbritannien, Deutschland, Frankreich<br />
und in den USA mit „increased school inspection,<br />
controversial externally imposed learning standards,<br />
and competition that disturbed some teachers to the<br />
point that they decided to leave their jobs.“ 8 Österreich<br />
kann in diesem Chor auch langsam mitsingen.<br />
Finnland dagegen blieb im Gegensatz zu den anderen<br />
OECD-Ländern immun gegen marktgesteuerte bildungspolitische<br />
Veränderungen. Denn häufiges Testen<br />
verbessere Leistungen nicht, finden die Finnen. Alle<br />
drei bis vier Jahre werden externe Assessments durchgeführt.<br />
Kostenpunkt: 5000 US-Dollar pro Test inklusive<br />
Auswertung für eine 500-Schüler-Schule. 9 Daran könnte<br />
sich das BIFIE mit seinem Millionenbudget ein Beispiel<br />
nehmen. Warum unterwirft man sich in Österreich<br />
also dem OECD-Diktat und klammert sich sklavisch an<br />
PISA-Rankings<br />
6. Weil finnische Lehrer nicht als die faulen<br />
Säcke der Nation dargestellt werden<br />
Finnische 7- bis 14-Jährige haben am wenigsten<br />
Unterricht. Lehrer unterrichten an lower secondary<br />
schools jährlich nur etwa 800 Einheiten (á 45 Minuten).<br />
Dafür bleibt mehr Zeit für Vorbereitung, Gespräche<br />
etc. Österreichische Lehrer unterrichten zwar knapp<br />
unter dem OECD-Schnitt, aber weit mehr als ihre finnischen<br />
Kollegen und werden permanent mit medialen<br />
Neiddebatten konfrontiert. 10<br />
Wovon unsere Ex-Bildungsministerin nur träumen konnte:<br />
Jährlich finden sich in Finnland 20.000 Anwärter<br />
für die Lehrerausbildung. Es gibt – richtig geraten!<br />
– keinen Einheitslehrer, sondern fünf Lehrertypen: für<br />
elementary, primary, subjects, special needs und<br />
vocational. Nur einer von zehn Bewerbern darf mit der<br />
Ausbildung beginnen. Das Auswahlverfahren umfasst<br />
eine allgemeine Prüfung, Interviews, Noten. 11<br />
Viele werden sich vielleicht fragen, warum es so viele<br />
„beste Bewerber“ gibt Ganz einfach: Das liegt in<br />
hohem Maße an den motivierenden Rahmenbedingungen<br />
wie Wertschätzung, Professionalität, Freiheit.<br />
Die akademische Lehrerausbildung ist nur an der Uni<br />
möglich und eröffnet auch andere Karrieremöglichkeiten;<br />
die Bezahlung der Lehrer liegt über dem nationalen<br />
Durchschnitt. Einen Jobwechsel würden sich, so<br />
Sahlberg, viele finnische Lehrer übrigens überlegen,<br />
wenn Druck durch Standards oder Inspektionen von<br />
außen kämen ... 12<br />
Ob sich all diese finnischen Erkenntnisse bis zum<br />
Minoritenplatz durchsprechen werden<br />
7. Weil Finnland Ausbildung als geteilte<br />
Verantwortung lebt<br />
In der Sendung „Im Zentrum“ meinte Wiens Stadtschulratspräsidentin<br />
Brandsteidl am 12. Mai 2013 wörtlich:<br />
„Eltern sind für Schule nicht zuständig. Ich bin fürs Liebhaben<br />
und nicht für den Mathematikunterricht als Mutter<br />
zuständig und die Mathematik-Lehrerin wesentlich<br />
weniger fürs Liebhaben. Das heißt, das ist alles in einer<br />
Ganztagsschule unterzubringen, und das kann eine<br />
moderne Schule auch leisten.“ Vom finnischen Weg<br />
„of trust, professionalism, and shared responsibility“ 13<br />
könnte sich Brandsteidl einiges abschauen: In Finnland<br />
sind nicht ausschließlich die Lehrer für das Gelingen der<br />
Ausbildung unserer Kinder zuständig, sondern es ist eine<br />
geteilte Verantwortung von Lehrern, Eltern, Kindern,<br />
der Gesellschaft (durch enorme Wertschätzung den<br />
Lehrern gegenüber) und des Staates (durch ansprechende<br />
Bezahlung, pädagogische Freiheiten, kostenloses<br />
Mittagessen für die Kinder, beste Infrastrukturen<br />
etc.). Finnische Schulen sind Ausbildungsstätten, keine<br />
Betreuungsanstalten. Ganztagesschulen sind keineswegs<br />
üblich: Der Unterricht beginnt zwar etwas später,<br />
dauert aber inklusive Mittagspause nur etwa bis 14.30<br />
Uhr. Der Erhalt traditioneller Werte hat in Finnland eben<br />
einen hohen Stellenwert. 14<br />
Warum glaubt man in Österreich trotzdem beharrlich,<br />
jede Erneuerung sei geradezu per definitionem besser<br />
als bewährte Strukturen und, noch schlimmer, wichtiger<br />
als Qualität<br />
Fazit<br />
Finnland hatte aufgrund der soziokulturellen, wirtschaftlichen,<br />
historischen und geografischen Voraussetzungen<br />
keine andere Wahl als die Gesamtschule.<br />
In Österreich haben wir aber völlig andere Voraussetzungen.<br />
Warum wollen Politiker auf Biegen und<br />
Brechen ein neues System überstülpen, obwohl es<br />
deutlich effektiver ist, gezielt Lecks des bestehenden<br />
Systems zu verbessern und auszubauen Die Antwort<br />
auf diese Frage wissen vermutlich nicht einmal die<br />
Finnen ... <br />
n<br />
1 Vgl. Sahlberg (2011), S. 95<br />
2 Vgl. ebd. S. 14ff.<br />
3 UNICEF, „Measuring child poverty“ (2012), S. 6f<br />
4 Statistik Austria, „Bildung in Zahlen 2011/12 (2013), S. 13<br />
5 S. 18<br />
6 S. 19<br />
7 S. 23<br />
8 S. 34<br />
9 Vgl. S. 65ff.<br />
10 Vgl. S. 62ff.<br />
11 Vgl. S. 71f.<br />
12 Vgl. S. 76ff.<br />
13 S. 5<br />
14 Vgl. S. 112<br />
von fall zu fall<br />
15
im fokus<br />
Univ.-Prof. Dr. Bernd Hackl<br />
bernd.hackl@uni-graz.at<br />
Die pädagogische<br />
Output-Orientierung und ihre<br />
Nebenwirkungen<br />
Zur Person: Bernd Hackl ist Professor<br />
und Leiter des Instituts für<br />
Schulpädagogik an der Universität<br />
Graz. Er betreibt phänomenologisch-hermeneutisch<br />
orientierte<br />
Forschung über sprachliche<br />
und körperliche Kommunikation<br />
im Unterricht und beschäftigt<br />
sich kritisch mit dem pädagogischen<br />
Zeitgeist.<br />
Die aktuelle Bildungsreform versucht die Qualitätssicherung<br />
in der Schule auf moderne Unternehmensideologien<br />
umzustellen. Ob dies ein verbessertes Abschneiden bei<br />
PISA & Co bewirken wird, ist fraglich, die bedenklichen<br />
Nebenwirkungen dagegen sicher.<br />
Die österreichische Schule erlebt derzeit dramatische<br />
Veränderungen, und dies könnte ein gutes Zeichen<br />
sein, denn die Schule hat Verbesserungen dringend<br />
nötig. Müsste sie doch für die Heranwachsenden noch<br />
viel motivierender werden, Selektion stärker durch Förderung<br />
ersetzen, sich bereitwilliger an die unterschiedlichen<br />
Möglichkeiten, Bedürfnisse und mitgebrachten<br />
Erfahrungen der Heranwachsenden anpassen und<br />
diese wesentlich mehr als bisher zu weltoffenen, verantwortlichen,<br />
kritisch denkenden und handlungsbereiten<br />
Menschen erziehen.<br />
Ganz ähnlich lauten auch die erklärten Ziele jener<br />
Reformallianz aus Vertretern von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft<br />
und Publizistik, welche gegenwärtig dem<br />
Schulsystem einen entsprechenden Entwicklungsschub<br />
zu verpassen versuchen. Bei diesem Versuch werden auf<br />
der einen Seite gesetzliche Regelungen geschaffen, die<br />
direkt in das Schulsystem eingreifen und auf der anderen<br />
durch bildungspolitisches product placement einprägsame<br />
Forderungen an die Schule in Umlauf gebracht.<br />
Was beides zusammen ergibt, möchte ich ein wenig<br />
genauer untersuchen und zwar am Beispiel von drei<br />
besonders populären Forderungen: Schule soll effizient<br />
sein, sie soll individualisieren und sie soll Spaß machen.<br />
Was soll die Schule leisten<br />
Die Schule soll ihr Wissen effizient vermitteln. Das scheint<br />
auf den ersten Blick eine sehr vernünftige Forderung:<br />
Die Ressourcen sind begrenzt und weder der monetäre<br />
Aufwand noch die Lebenszeit der Heranwachsenden<br />
sollte unproduktiv vergeudet werden. Das bloße<br />
Absitzen von Schulzeit hilft niemandem und bei all der<br />
geleisteten Anstrengung sollte auch etwas Vernünftiges<br />
herauskommen.<br />
Die Schule soll individualisieren. Auch diese Forderung<br />
scheint unmittelbar einleuchtend: Natürlich kann es<br />
nicht sinnvoll sein, alle Heranwachsenden über einen<br />
Kamm zu scheren und sie mit pädagogischen Fließbandprogrammen<br />
abzuspeisen. Sie sind eigenständige<br />
Persönlichkeiten und haben unterschiedliche Interessen<br />
und Bedürfnisse. Sie brauchen daher ganz auf sie zugeschnittene<br />
Anregungen und Unterstützungen.<br />
Die Schule soll Spaß machen. Wieder eine ganz plausible<br />
Forderung: Wer wollte bestreiten, dass es dem Lernen<br />
zuträglich ist, wenn Heranwachsende gerne zur Schule<br />
gehen, sich dort wohl fühlen und die ihnen gestellten<br />
Aufgaben mit Freude erfüllen Und es gebietet doch<br />
schon die Zuneigung zu jungen Menschen, dass man<br />
ihnen möglichst viel gute Laune vergönnt.<br />
16 gymnasium
Foto: IStock<br />
Was sich dem gesunden Hausverstand so unmittelbar<br />
erschließt, erweist sich bei genauerer Betrachtung<br />
jedoch als vertrackte Materie: Wie kann man die<br />
pädagogische Effizienz erhöhen Soll man in den verfügbaren<br />
Stunden den Stoff schneller vortragen, die<br />
Anzahl der Aufgaben erhöhen oder die Heranwachsenden<br />
härter 'rannehmen' Wie kann es gelingen,<br />
zu individualisieren, wenn die Ziele und Leistungsvorgaben<br />
immer präziser vorgegeben werden Sollen<br />
wir Spaß garantieren, indem wir schnell zu einem<br />
Action-Comic greifen und zur Bedienungsanleitung<br />
des Taschenrechners, wenn es zu anstrengend ist, ein<br />
kompliziertes Gedicht oder die Logik des Integrals zu<br />
verstehen<br />
Schule in der Assessment-Zange<br />
Fragen dieser Art sprechen natürlich nicht gegen<br />
die drei Forderungen, an die sie gerichtet sind. Doch<br />
erst wenn sie sorgfältig geklärt wurden, wissen wir, ob<br />
und wie wir ihnen pädagogisch sinnvoll entsprechen<br />
können. Dazu wird es allerdings nicht genügen, die<br />
Probleme bloß in abstrakter Realitätsferne zu überdenken,<br />
denn wie man die pädagogische Arbeit<br />
tatsächlich gestalten kann, hängt weniger von wohlmeinenden<br />
Fantasien ab als von den realen Bedingungen,<br />
unter denen sie stattfindet.<br />
Diese Bedingungen werden durch die laufenden<br />
Reformen gerade neu definiert. Das Projekt geht auf<br />
die Ergebnisse von Leistungstests zurück, die der Schule<br />
allerlei unverzeihliche Schwächen attestiert haben.<br />
Als beispielhaft und als mit Abstand am einflussreichsten<br />
kann sicherlich das Programme for International<br />
Student Assessment, kurz 'PISA', gesehen werden,<br />
doch gibt es noch eine Reihe weiterer nationaler und<br />
internationaler Prüfverfahren dieser oder ähnlicher<br />
Art.<br />
Was bei derlei Tests gemessen und verglichen wird,<br />
gibt allerdings nur über einen sehr kleinen und selektiven<br />
Ausschnitt der möglichen Eigenschaften, nicht<br />
aber über die Qualität eines Schulsystems Auskunft.<br />
Problematisch ist etwa, dass die Ergebnisse nur auf<br />
die ganz kurze Momentaufnahme einer punktuellen<br />
Testsituation zurückgehen. Eine besondere 'Schlagseite'<br />
der Tests zeigt sich darin, dass von vornherein nur<br />
sprachliche, mathematische und naturwissenschaftliche<br />
Leistungen erhoben werden, aber keinerlei geisteswissenschaftliches<br />
Wissen, nichts über Philosophie,<br />
Kunst, Sport, Spiritualität und anderes mehr. Kurios sind<br />
17
auch manche Ergebnisse, so etwa, dass die für ihre<br />
hohe Zahl an Schülerselbstmorden berühmten Schulsysteme<br />
Chinas oder Japans bei den Vergleichen<br />
regelmäßig einen Spitzenplatz einnehmen. Man wird<br />
einer „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung“ (OECD) allerdings nachsehen<br />
müssen, dass sie keine pädagogischen, kulturellen<br />
oder aufklärerischen, sondern eben ökonomische<br />
Interessen im Auge hat.<br />
Pädagogik: abgemessen und ausgezählt<br />
Gegen die Durchführung solcher Tests ist selbstverständlich<br />
nichts einzuwenden – solange man die<br />
Ergebnisse vor dem Hintergrund jener partikularen<br />
Interessen betrachtet, die für ihre Produktion maßgeblich<br />
sind. Leider dienen sie gegenwärtig ungeachtet<br />
ihrer Engführungen als unproblematischer<br />
Ausgangspunkt der Reform des Bildungswesens –<br />
und zu allem Unglück nicht nur als Ausgangspunkt:<br />
Betrachtet man Bildungsstandards, Zentralmatura<br />
und Kompetenzorientierung, so zeigt sich, dass die<br />
hauptsächliche Erneuerungsstrategie selbst bloß in<br />
der Auf-Dauer-Stellung des Zählens und Messens<br />
besteht. Selbst die Kompetenzorientierung besteht ja<br />
im Grunde primär in der Umstellung des Unterrichtens<br />
auf die Erzielung genau zähl- und messbarer Ergebnisse.<br />
(Dass man nicht nur etwas gelernt haben,<br />
sondern dann auch etwas können sollte, war jedem<br />
ernsthaften Pädagogen auch bisher schon immer<br />
klar).<br />
Dies mag die erstaunte Frage provozieren, wie denn<br />
das unablässige Erheben eines Zustandes schon<br />
seine Verbesserung bewirken soll. Würde man hier<br />
nicht eher qualitative Veränderungen des Unterrichtsbetriebs<br />
erwarten Doch die Pointe, die sich<br />
hinter dem unternehmensberaterischen Mantra der<br />
Output-Orientierung verbirgt, hat schon ihre Logik:<br />
Wie der Unterricht besser werden soll, wird den einzelnen<br />
Akteuren überlassen, von Amts wegen erhalten<br />
sie (zunächst) nur die kritische Diagnose, (bald<br />
schon) vielleicht auch entsprechende Sanktionen,<br />
wenn ihnen die Verbesserung nicht ausreichend<br />
gelingt.<br />
Von besonderer Bedeutung scheinen mir bei dieser<br />
Reform die atmosphärischen Verschiebungen zu<br />
sein, die mit ihr einhergehen: Die reißerische Inszenierung<br />
der Testergebnisse, die durch die Aura präziser<br />
Wissenschaftlichkeit legitimierte Schelte des Bildungssystems,<br />
die kritiklose Propagierung der Logik des<br />
Abzählens von Leistungspunkten und die unablässige<br />
Wiederholung unterschiedlichster Tests durchsetzen<br />
die öffentliche Meinung mit ökonomistisch verengten<br />
Prämissen, Denkmustern und Argumentationsfiguren.<br />
Diese werden allmählich zu unhinterfragbaren<br />
Axiomen und Selbstverständlichkeiten zeitgemäßer<br />
Pädagogik. Abweichende Vorstellungen geraten in<br />
ein schiefes Licht, kritische Rückfragen werden als<br />
hinterwäldlerisch diskriminiert, Resignation gegenüber<br />
dem allgegenwärtigen Kontrollapparat macht<br />
sich breit, und damit werden die Möglichkeiten des<br />
pädagogischen Handelns erheblich eingeschränkt.<br />
Dies lässt sich an den Forderungen nach Effizienz,<br />
Individualisierung und Spaß beispielhaft veranschaulichen.<br />
Bildung oder effiziente Ineffektivität<br />
Effizienz: Die Allgegenwart und als unhinterfragbar<br />
inszenierte Autorität des Testens und Vergleichens<br />
setzt den Versuch, effizient zu arbeiten, unter einen<br />
permanenten Nachweis-, Zeit- und Rechtfertigungsdruck.<br />
Effizienz wird zu einem Synonym für regelmäßigen<br />
Testerfolg. Damit steigt der Druck, alle Lernprozesse<br />
gezielt auf die erwartbaren Testsituationen<br />
auszurichten. Bildung wird zu dem, was der nächste<br />
Test messen wird. Neben der inhaltlichen Einengung<br />
zwingt dieses Verständnis von Effizienz auch zu zeitlicher<br />
Eile, zu oberflächlicher Aneignung der geforderten<br />
Items, zum kürzesten Weg von Vorgabe zu<br />
Vorgabe.<br />
Wer pädagogisch zu denken gelernt hat, weiß jedoch,<br />
dass man gerade Zeit und Ruhe benötigt, um an den<br />
Dingen 'in die Tiefe' gehen zu können, um lehrreiche<br />
'Um- und Irrwege' erproben zu können und um die<br />
Freude am Entdecken und Verstehen der Welt nicht<br />
zu ersticken. Aus der Kreativitätsforschung wissen wir,<br />
dass neue Einsichten, Erkenntnisse und Erfindungen<br />
genau das benötigen, was der Institution Schule einst<br />
ihren Namen gegeben hat: , Muße. Selbstverständlich<br />
sollten die aufgewandten Ressourcen nicht<br />
vergeudet, sondern sinnvoll eingesetzt werden, doch<br />
kann die 'Eigenzeit' des geistigen Verarbeitungsvorgangs<br />
nicht künstlich abgekürzt werden.<br />
Außerdem ist die Frage zu stellen, was denn nun effizient<br />
herbeigeführt werden soll: Arbeitet ein Bildungssystem<br />
sinnvoll, wenn ganze Schülerkohorten vordefinierte<br />
Rechenaufgaben in Rekordzeit fehlerfrei lösen<br />
können Oder erfüllt es seine Aufgabe, wenn es ihm<br />
über die in Anspruch genommene Schulzeit gelingt,<br />
aus den Heranwachsenden wache, kluge, verantwortliche,<br />
handlungsbereite Menschen zu machen<br />
Ich vermute, wir könnten uns rasch auf Letzteres<br />
einigen. Weder aber messen die Tests solch wertvolles<br />
Gut, noch unterstützen sie seine Kultivierung.<br />
Was durch den permanent erhöhten Druck, den sie<br />
erzeugen, vielmehr hervorgetrieben wird, ist effiziente<br />
Ineffektivität: Alle lernen, immer schneller ein immer<br />
größeres Pensum zu erledigen, aber dieses Pensum<br />
wird immer mehr zur sinnentleerten 'to-do-list', deren<br />
Abarbeitung kein wirkliches Erschließen der Welt mehr<br />
verbürgt.<br />
18 gymnasium
Eigenständigkeit<br />
oder kompetitive Gleichschaltung<br />
Ein ähnliches Schicksal erleidet die Individualisierung:<br />
Aus pädagogischer Sicht sollte sie wohl zu einer solidarischen<br />
Gemeinschaft führen, in der alle Heranwachsenden<br />
einander ungeachtet ihrer Verschiedenheit achten,<br />
würdigen und unterstützen, zu einer Kultur, in der<br />
die unterschiedlichen Weltzugänge nicht nur als gleichberechtigt,<br />
sondern als Bereicherung, ihr Eigensinn nicht<br />
nur als tolerabel, sondern als schöpferisches Korrektiv<br />
der menschlichen Ordnungen angesehen wird. Doch<br />
was soll bleiben von der individuellen Entfaltung, wenn<br />
die zu erreichenden Resultate durch operationalisierte<br />
Zielkataloge minutiös vorgegeben sind Was hier noch<br />
individuell abgestimmt werden kann, ist bloß der Weg,<br />
der zur festgeschriebenen Norm hinführt.<br />
Auf diese Weise erfährt die Individualisierung einen<br />
bemerkenswerten Bedeutungswandel: Getrieben von<br />
Testdruck, Ressourcenknappheit und der propagierten<br />
Wettbewerbslogik verkehrt sich die rhetorisch angerufene<br />
Würde des Individuums in das Leitmotiv einer<br />
allumfassenden Konkurrenz, in der jeder und jede versuchen<br />
muss, die vorgegebenen Normen zu erfüllen,<br />
und zwar besser, schneller, wendiger, geschickter, und<br />
wenn's drauf ankommt, eben auch egoistischer, härter<br />
und brutaler als die anderen. Damit etabliert sich ein<br />
Menschenbild, das uns den Einzelkämpfer, die Monade,<br />
die 'Ich-AG' als die natürliche und alternativenlose<br />
Daseinsform des Homo Sapiens vorspiegelt. Aus der<br />
Pflege von Eigensinn und Selbstverantwortung wird<br />
kompetitive Gleichschaltung: Jeder ist für sich ganz<br />
alleine verantwortlich, aber um zu bestehen, muss er<br />
sich so opportunistisch wie möglich anpassen.<br />
Anregung<br />
oder unterhaltsame Entmotivierung<br />
Dem Spaß schließlich, den die Schule machen soll, bleibt<br />
die Aufgabe, die Heranwachsenden trotz allem bei der<br />
Stange zu halten, denn unter dem beständig steigenden<br />
Effizienzdruck und der sich zuspitzenden Konkurrenz<br />
wird es schwieriger, sich ein neugieriges Interesse an<br />
der Sache oder gar ein angestrengtes Abarbeiten an<br />
Problemstellungen als etwas subjektiv Befriedigendes<br />
vorzustellen. Wenn man sich durch immer mehr abgepresste<br />
Verausgabung das blanke soziale Überleben<br />
erkämpfen muss, kann man als Anlass für Freude nur<br />
noch entlastende Ausgleichstätigkeit erleben: Was 'einfach<br />
reingeht', was mit Reizen nicht spart, was einen<br />
'zerstreut', was man anstrengungslos konsumieren kann,<br />
das wird dann wohl am ehesten als attraktiv akzeptiert<br />
werden können. Damit aber wird auf den Plan gerufen,<br />
was als moderne Infotainment-Didaktik sich bereits<br />
allerorten andient: Wissen in kleinen Häppchen statt<br />
sinnvollen Zusammenhängen, schneller, aufmerksamkeitsheischender<br />
'Methodenwechsel' statt Anpassung<br />
der Vorgangsweise an das Ziel, buntes 'Präsentieren'<br />
durch einfliegende Wörter und hüpfende Bilder statt<br />
einer verständigen und verständlichen Darstellung, die<br />
Zerlegung des Lernens in vorweg entworfene, heitere<br />
Spielsequenzen u. Ä.<br />
Aber fördern wir die Heranwachsenden wirklich nachhaltig,<br />
wenn wir sie nicht nur 'abholen', wo sie sich<br />
gerade befinden, sondern auch noch hintragen, wo<br />
sie ankommen sollen Welterschließendes Lernen ist<br />
häufig anstrengend: Es erfordert Geduld und Ausdauer,<br />
weil es eine (manchmal auch schmerzhafte) Neu- und<br />
Umstrukturierung der eigenen Denkmuster impliziert.<br />
Pädagogisch jene Spannung zu erzeugen und aufrecht<br />
zu erhalten, die Lernen zur eigenen Angelegenheit<br />
machen kann, bedeutet also, sich gemeinsam<br />
durch die Mühen der Erkenntnis durchzukämpfen, die<br />
Risiken des Irrens und der Erschöpfung zu überwinden,<br />
um zuletzt das elementare Glück einer wirklich tiefen<br />
Einsicht erleben zu können. Die so harmlos klingende<br />
Forderung nach Spaß mündet dagegen schnell in<br />
unterhaltsame Entmotivierung: Der kulinarische Aufputz<br />
des Unterrichts gewöhnt die Heranwachsenden daran,<br />
dass sie fun and action kriegen müssen und lenkt sie fort<br />
vom ungleich spannenderen Abenteuer der umfassenden<br />
Erschließung der Welt, in der sie leben.<br />
Der neue heimliche Lehrplan<br />
Die begleitende Forschung beginnt heute bereits zu<br />
dokumentieren, dass die hohen Erwartungen an Bildungsstandards,<br />
Zentralmatura, Kompetenzorientierung<br />
usw. nicht begründbar sind und es mehren sich<br />
kritische Stimmen, die von ihrer relativen Wirkungslosigkeit<br />
sprechen. Nun mag eintreffen, dass das vordergründige<br />
Ziel des verbesserten Abschneidens bei Tests<br />
und Rankings nicht zufriedenstellend erreicht werden<br />
kann, doch erscheint mir dieses Urteil vorschnell. Denn<br />
die an meinen drei Beispielen veranschaulichten indirekten<br />
Folgen der Reformoffensive sind dabei nicht mitgedacht<br />
und diese indirekten Folgen scheinen bereits<br />
recht wirkungsvoll einzutreten.<br />
Das aber könnte auch der eigentliche Zweck des Unternehmens<br />
sein. Was als allgemeine Hebung des gesellschaftlichen<br />
Bildungsniveaus propagiert wird, erweist<br />
sich bei genauer Analyse nämlich als maßgeschneidertes<br />
Instrumentarium ökonomischer Bedarfsdeckung: ein<br />
rigides Anpassungstraining, das die Heranwachsenden<br />
bereit macht für die Casinogesellschaft und ihre alltagsweltlichen<br />
Auswirkungen: erhöhten Arbeitsdruck,<br />
gesteigerte Konkurrenz, sinkende Beteiligung am gesellschaftlichen<br />
Reichtum, konsumistische Unmündigkeit<br />
und reduzierte politische Mitbestimmung. Der neue<br />
heimliche Lehrplan der Schule könnte so wesentlich<br />
dazu beitragen, die Heranwachsenden zu besonders<br />
willfährigen Untertanen einer entsolidarisierten postdemokratischen<br />
Hochdruckgesellschaft zu machen. n<br />
im fokus<br />
19
undesleitung<br />
aktiv<br />
Sprechstunden<br />
der Bundesleitung 2013<br />
Mag. Dr. Eckehard Quin (FCG)<br />
Vorsitzender<br />
Mag. Herbert Weiß (FCG)<br />
Vorsitzender-Stellvertreter und<br />
Besoldungsreferent<br />
Mag. Michael Zahradnik (FSG)<br />
Vorsitzender-Stellvertreter<br />
Sekretariat der <strong>AHS</strong> <strong>Gewerkschaft</strong><br />
01/4056148<br />
BG/BRG Perchtoldsdorf, Roseggergasse<br />
2-4, 01/8694728<br />
BG/BRG Oeverseegasse 28<br />
8020 Graz, herbert.weiss@oepu.at<br />
BRG/BORG Wien XX, Karajangasse 14<br />
0676/5414235<br />
michael.zahradnik@inode.at<br />
Mag. Franz Andexlinger (FCG) BRG Rohrbach, Hopfengasse 20<br />
07289/8633<br />
Mag. Peter Friebel (FCG)<br />
Dienstrechtsreferent<br />
BG/BRG Mödling, Franz-Keim-Gasse 3<br />
2340 Mödling<br />
peter.friebel@oepu.at<br />
Mag. Uschi Hafner (FCG) BG/BRG Wien XXI, Franklinstraße 26<br />
uschi.hafner@oepu.at<br />
Mag. Matthias Hofer (FCG) BRG Imst, Meraner Straße 13<br />
6460 Imst<br />
Mag. Verena Hofer (FCG)<br />
Pressereferentin<br />
BG/BRG Telfs, Weißenbachgasse 37<br />
6410 Telfs, verena.hofer@oepu.at<br />
Manfred Jantscher (FCG) BG/BRG Mössingerstraße 25<br />
9020 Klagenfurt<br />
Mag. Alexander Keil (FCG)<br />
Organisationsreferent<br />
Mag. Andrea Meiser (FCG)<br />
Frauenreferentin<br />
Mag. Elfi Paleta (FCG)<br />
Finanzreferentin<br />
BG/BRG Wien XVII, Parhamerplatz 18<br />
01/4863407<br />
Georg v. Peuerbach Gymnasium,<br />
Peuerbachstraße 35, 4040 Linz<br />
andrea.meiser@oepu.at<br />
BG/BRG Wien XIII, Wenzgasse 7<br />
01/8771032, FAX: 01/8765507<br />
Mag. Heidemarie Petermichl (FSG) BG/WRG Körnerstraße 9<br />
4020 Linz, 0732/77 42 52<br />
Mag. Gerhard Riegler (FCG) ZA-<strong>AHS</strong> Strozzigasse 2, 1080 Wien<br />
01/513203210<br />
Mag. Susanne Rosza (FCG)<br />
G11 Geringergasse 2, 1110 Wien<br />
01/3176197<br />
Mag. Christian Schwaiger (ÖLI-UG) BRG in der Au, Bachlechnerstraße 35<br />
6020 Innsbruck<br />
nach tel. Vereinbarung<br />
unter 0650/2380888<br />
nach tel. Vereinbarung<br />
unter 0650/4001245<br />
nach tel. Vereinbarung unter<br />
0676/5414235<br />
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unter 0699/14160160<br />
nach tel. Vereinbarung unter<br />
0664/2526225 oder per Mail<br />
nach tel. Vereinbarung<br />
unter 0664/4638288 oder per Mail<br />
nach tel. Vereinbarung unter<br />
0664/4604153<br />
nach tel. Vereinbarung unter<br />
0664/4805032 oder per Mail<br />
nach tel. Vereinbarung unter<br />
0664/5056283<br />
nach tel. Vereinbarung unter<br />
0680/1282255<br />
nach tel. Vereinbarung unter<br />
0664/9925844<br />
Do 13.50 – 14.40<br />
01/8771032<br />
nach Vereinbarung<br />
h.petermichl@eduhi.at<br />
nach tel. Vereinbarung unter<br />
01/513203210<br />
nach tel. Vereinbarung<br />
unter 0676/7264651<br />
nach tel. Vereinbarung unter<br />
0650/3779360<br />
Mag. Reinhart Sellner (ÖLI-UG) reinhart.sellner@gmx.at nach tel. Vereinbarung<br />
unter 0676/3437521<br />
Das Sekretariat der <strong>AHS</strong>-<strong>Gewerkschaft</strong> ist Montag – Donnerstag von 8.00 – 16.00 Uhr und Freitag von<br />
8.00 – 12.00 Uhr besetzt. Zu allen übrigen Zeiten können Sie eine Nachricht auf unserem Anrufbeantworter<br />
hinterlassen. Telefonnummer: 01/4056148 FAX: 01/4039488 E-Mail: office.ahs@goed.at<br />
20 gymnasium
facts<br />
statt fakes<br />
Mag. Gerhard Riegler,<br />
Mitglied der Bundesleitung<br />
gerhard.riegler@goed.at<br />
Das sagt Österreichs Unterrichtsministerin:<br />
„Ja, wir haben ein sehr teures Bildungssystem.“<br />
BM Schmied, Kurier ONLINE am 18. September 2013<br />
fakt ist …<br />
Gesamtkosten für das Bildungswesen als Prozentanteil des BIP<br />
(Stand: 2010):<br />
8,0<br />
gastkommentar<br />
5,8<br />
6,3<br />
6,5 6,5 6,5<br />
6,6<br />
7,3<br />
7,5<br />
7,6<br />
Österreich gehört in<br />
Wirklichkeit zu den OECD-<br />
Staaten, die den geringsten<br />
Anteil ihrer Wirtschaftskraft<br />
dem Bildungswesen zukommen<br />
lassen. Hatten Ex-BM<br />
Schmied und ihre „ExpertInnen“<br />
Probleme mit der<br />
Prozentrechnung<br />
Quelle: OECD, „Education at a Glance 2013: OECD Indicators“ (2013), Seite 182<br />
fakt ist …<br />
Anteil der Bildungsausgaben an allen öffentlichen <strong>Ausgabe</strong>n<br />
(Stand: 2010):<br />
16,2<br />
9,0<br />
10,8<br />
10,8<br />
11,5<br />
11,8<br />
13,0 13,3<br />
13,8 14,0<br />
Die Staaten des hohen Nordens,<br />
deren Gesamtschulsystem<br />
als erfolgreich verkauft<br />
wird, widmen der Bildung<br />
ein weit größeres Stück des<br />
Kuchens. Auch in Großbritannien<br />
ist der Anteil der Bildungsausgaben<br />
um mehr als ein<br />
Viertel größer.<br />
Quelle: Eurydice, „Funding of Education in Europe“ (2013), Seite 26<br />
fakt ist …<br />
Von den gesamten Schulkosten haben die Eltern zu bezahlen<br />
(Stand: 2010):<br />
27,7<br />
3,6<br />
7,3<br />
8,1<br />
13,6<br />
17,4 19,7<br />
20,2 20,4<br />
24,5<br />
Das verschweigen Österreichs<br />
Politik und Medien:<br />
Die Eltern haben in anderen<br />
europäischen Staaten ein<br />
Vielfaches an Schulkosten<br />
zu tragen. Von den USA<br />
und überseeischen OECD-<br />
„Vorzeigeländern“ ganz zu<br />
schweigen!<br />
Quelle: OECD (Hrsg.), „Education at a Glance 2013: OECD Indicators“ (2013), Seite 205<br />
21
menschen<br />
Auszeichnungen und Ernennungen<br />
DER BUNDESPRÄSIDENT HAT ERNANNT:<br />
Prof. Mag. Beatrix Reichmann<br />
zur Direktorin des BORG Althofen, Bezirk Sankt Veit an der Glan<br />
Der Bundespräsident hat verliehen:<br />
DEN TITEL HOFRAT:<br />
Prof. Mag. Karl Haudum<br />
Leiter am Stiftsgymnasium Wilhering, Bezirk Linz-Land<br />
DEN TITEL OBERSTUDIENRÄTIN / OBERSTUDIENRAT:<br />
Mag. Klaus Brandner<br />
Prof. am BG Vöcklabruck<br />
Mag. Karl Edegger<br />
Prof. am BG/BRG Stainach<br />
Mag. Ulrike Emler<br />
Prof. am BG/BRG Graz, Kirchengasse<br />
Mag. Beatrix Enzinger<br />
Prof. am BG/BRG Graz, Kirchengasse<br />
Mag. Christiane Feyrer-Königshofer Prof. am BG/Wiku BRG Wien VI, Amerlingstraße<br />
Mag. et Dr. Ursula Gerstenbauer<br />
Prof. am Öffentlichen Stiftsgymnasium der Franziskaner in Hall in Tirol,<br />
Bezirk Innsbruck-Land<br />
Mag. Rita Grassl<br />
Prof. am BORG Krems<br />
Mag. Ulrike Gross<br />
Prof. am BG/BRG Bad Ischl<br />
Mag. Erwin Haneder<br />
Prof. am BG/Sport-RG Saalfelden am Steinernen Meer<br />
Mag. Hannelore Kamper<br />
Prof. am BG/BRG Völkermarkt<br />
Mag. Elisabeth Mautner<br />
Prof. am BRG Wien V, Reinprechtsdorfer Straße<br />
Mag. Eva Moßhammer<br />
Prof. am Musischen Gymnasium Salzburg, Haunspergstraße<br />
Mag. Silvia Oberhofer<br />
Prof. am Öffentlichen Stiftsgymnasium der Franziskaner in Hall in Tirol,<br />
Bezirk Innsbruck-Land<br />
Mag. Johannes Pacher<br />
Prof. am BG/BRG Graz, Kirchengasse<br />
Mag. Berta Rettenwander<br />
Prof. am Öffentlichen Stiftsgymnasium der Franziskaner in Hall in Tirol,<br />
Bezirk Innsbruck-Land<br />
Mag. Elisabeth Sam<br />
Prof. am BORG Krems<br />
Mag. Erwin Speigner<br />
Prof. am BG/Sport-RG Saalfelden am Steinernen Meer<br />
Mag. Walter Steinkogler<br />
Prof. am BG/BRG/Wiku BRG für Berufstätige in Salzburg, Franz-Josef-Kai<br />
Mag. Siegfried Waldner<br />
Prof. am BRG Wörgl<br />
Mag. Bernhard Wimmer<br />
Prof. am BG Vöcklabruck<br />
DEN TITEL STUDIENRAT:<br />
Mag. Gerhard Raab<br />
FOL am BG/BRG Graz, Kirchengasse<br />
DER BUNDESPRÄSIDENT HAT WEITERS VERLIEHEN:<br />
DAS GROSSE EHRENZEICHEN FÜR VERDIENSTE UM DIE REPUBLIK ÖSTERREICH:<br />
HR Mag. Martha Siegel<br />
LSI für <strong>AHS</strong> im Schulaufsichtsbereich des LSR für NÖ<br />
DAS BUNDESMINISTERIUM FÜR UNTERRICHT UND KUNST HAT BESTELLT:<br />
Prof. Mag. Robert Donner (ehem. Beier)<br />
Prof. Mag. et Dr. Klaus Heitzmann<br />
Prof. Mag. Norbert Santner<br />
zum Direktor am BG/BRG Klosterneuburg<br />
zum Direktor am BG Tamsweg<br />
zum Direktor am BRG Spittal an der Drau<br />
Die Bundesleitung gratuliert ihren Mitgliedern!<br />
22 gymnasium
Alles was Recht ist<br />
✂<br />
Nr. 1/2004 6/2013<br />
Lexikon des des Dienst-, Besoldungs- und und Schulrechts, Seite Seite 13989<br />
• Eine Nostrifikation ist nicht erforderlich, wenn ein Schüler<br />
die Aufnahme in eine Schule anstrebt und die Ablegung von<br />
Einstufungsprüfungen (§ 3 Abs. 6 SchUG) zulässig ist.<br />
• Die Nostrifikation kann auch mit Zeugnissen von Schularten<br />
und mit Prüfungen, die nicht mehr bestehen, vorgenommen<br />
werden; ausgenommen davon ist eine Anerkennung als<br />
dem Zeugnis einer Lehrerbildungsanstalt gleichartig, soweit<br />
es sich um die Lehrbefähigung handelt. Die seinerzeitigen<br />
fünfjährigen Lehrerbildungsanstalten zur Ausbildung von<br />
Volksschullehrern, die ab der neunten Schulstufe besucht<br />
wurden, sind nämlich im Jahre 1967 ausgelaufen. Im Übrigen<br />
wäre jedoch eine Nostrifikation (z. B. wegen Hochschulreife)<br />
möglich.<br />
• Schüler, die aus einer ausländischen Schule in eine österreichische<br />
Schule übertreten, haben die Wahl zwischen einer<br />
Einstufungsprüfung und der Nostrifikation des ausländischen<br />
Zeugnisses über die letzte besuchte Schulstufe.<br />
• Auch mehrere ausländische Zeugnisse können gemeinsam mit<br />
einem österreichischen Zeugnis als gleichwertig anerkannt<br />
werden.<br />
• Nicht erforderlich ist eine Nostrifikation, wenn eine<br />
Einstufungsprüfung möglich ist. Auch im Falle einer<br />
Aufnahmsprüfung (z. B. in den ersten Jahrgang einer berufsbildenden<br />
höheren Schule) ist eine Nostrifikation im Regelfall<br />
nicht erforderlich.<br />
• Eine Nostrifikation ist nur auf Ansuchen möglich. Sofern<br />
dem Standpunkt des Antragstellers nicht voll Rechnung<br />
getragen wird, hat der zuständige Bundesminister<br />
in der Bescheidbegründung darzulegen, auf welche<br />
Ermittlungsergebnisse (hiebei ist auch zu überprüfen, welche<br />
Beurteilungsstufen des ausländischen Systems dem österreichischen<br />
entsprechen) und auf welche rechtlichen Überlegungen<br />
sich die Entscheidung gründet (Erkenntnis des VwGH vom<br />
24. März 1980, Zl. 2121/77 [RdS 4/80]).<br />
• Dem Ansuchen sind anzuschließen:<br />
– Geburtsurkunde;<br />
– bei österreichischen Staatsbürgern, die ihren Hauptwohnsitz<br />
im Ausland haben, der Nachweis der österreichischen<br />
Staatsbürgerschaft, bei Personen, die ihren Hauptwohnsitz<br />
im Inland haben, der Nachweis des Hauptwohnsitzes im<br />
Inland;<br />
– Nachweise über den zurückgelegten Schulbesuch bzw. die<br />
abgelegten Prüfungen.<br />
• Der zuständige Bundesminister hat zu prüfen, ob der<br />
Schulbesuch und die abgelegten Prüfungen den Anforderungen<br />
für ein Zeugnis entsprechen, mit dem die Gleichhaltung angestrebt<br />
wird.<br />
• Eine Gleichhaltung ist nur möglich, wenn die betreffende<br />
ausländische Schule hinsichtlich Bildungshöhe mit einer<br />
inländischen Schule vergleichbar ist. In diesem Sinne ist z. B.<br />
eine deutsche (Abend-)Realschule, welche nicht zur allgemeinen<br />
Hochschulreife führt, eine „allgemein bildende mittlere<br />
Schule“, weshalb ein Zeugnis dieser Schule nicht mit einem<br />
Zeugnis einer österreichischen allgemein bildenden Schule als<br />
gleichwertig anerkannt werden kann.<br />
• Soweit den Anforderungen der Vergleichbarkeit mit einer<br />
inländischen Schule nur zum Teil entsprochen wird, ist die<br />
Zum Sammeln: Das Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts von A–Z<br />
Mag. Dr. Harald Eckehard Hubatschke Quin<br />
Nostrifikation vom erfolgreichen Besuch einzelner Schulstufen<br />
oder Unterrichtsgegenstände als außerordentlicher Schüler<br />
oder von der erfolgreichen Ablegung von Prüfungen<br />
abhängig zu machen. Auf diese Prüfungen ist § 42 SchUG<br />
(Externistenprüfungen) sinngemäß anzuwenden.<br />
• Wird die Nostrifikation eines ausländischen Zeugnisses beantragt<br />
und macht die Behörde die Nostrifikation von zuvor abzulegenden<br />
Prüfungen abhängig, wird dem Begehren nicht vollinhaltlich<br />
Rechnung getragen, weshalb die Begründungspflicht<br />
des AVG greift (Erkenntnis des VwGH vom 21. Dezember 1987,<br />
Zl. 87/10/0157-5).<br />
• Nostrifizierte Zeugnisse gewähren die gleichen Berechtigungen<br />
wie Zeugnisse, mit denen sie gleichgehalten werden. Wenn die<br />
Anforderungen zwar hinsichtlich der Bildungshöhe erfüllt<br />
sind, aber eine lehrplanmäßig gleiche Fachrichtung oder<br />
Form einer Schulart in Österreich nicht vorgesehen ist oder<br />
nicht alle Voraussetzungen für die mit einem gleichwertigen<br />
österreichischen Zeugnis verbundenen Berechtigungen gegeben<br />
sind, kann die Nostrifikation auch mit eingeschränkten<br />
Berechtigungen ausgesprochen werden.<br />
• Dies kann v. a. im berufsbildenden Schulwesen in Frage kommen,<br />
wenn die für gewerbliche Berechtigungen erforderliche<br />
praktische Unterweisung nicht gleichwertig mit jener nach<br />
österreichischen Lehrplänen ist.<br />
• Die Nostrifikation ist auf dem Zeugnis oder einem damit<br />
fest verbundenen Anhang zu beurkunden. Wenn die<br />
Voraussetzungen für die Nostrifikation nicht gegeben sind, ist<br />
das Ansuchen abzuweisen.<br />
• Zwischenstaatliche Vereinbarungen über die Anerkennung<br />
von im Ausland erworbenen Zeugnissen, insbesondere<br />
die Europäische Konvention über die Gleichwertigkeit der<br />
Reifezeugnisse, die für den Hochschulbesuch von Bedeutung<br />
ist, werden hiedurch nicht berührt.<br />
• Die genannten Bestimmungen gelten sinngemäß für den<br />
Besuch von Privatschulen mit ausländischem Lehrplan, die<br />
das Öffentlichkeitsrecht besitzen, und von Schulen, die auf<br />
Grund zwischenstaatlicher Vereinbarungen in Österreich<br />
bestehen. Die Nostrifikation kann im Einzelfall oder – sofern<br />
dies aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung zweckmäßig<br />
ist – durch Verordnung erfolgen. Bei Nostrifikation durch<br />
Verordnung kann ein diesbezüglicher Vermerk von der Schule<br />
in das betreffende Zeugnis aufgenommen werden.<br />
• Die Reifezeugnisse des Lycée Français de Vienne entsprechen<br />
dann inländischen Reifezeugnissen, wenn die für<br />
österreichische Staatsbürger vorgesehenen Prüfungen über<br />
den ergänzenden Unterricht erfolgreich abgelegt wurden<br />
(Übereinkommen zwischen der Regierung der Republik<br />
Österreich und der Regierung der Französischen Republik<br />
betreffend die Verfassung des Lycée Français in Wien,<br />
BGBl. Nr. 44/1983 vom 27. Jänner 1983).<br />
2. Dienst- und besoldungsrechtliche Aspekte (Lehrer an<br />
ausländischen Schulen):<br />
a) Mitverwendung eines Lehrers an einer Schule im Ausland:<br />
• Hinsichtlich der Mitverwendung eines österreichischen Lehrers<br />
an einer Schule im Ausland normiert § 11 BLVG Folgendes:
Alles was Recht ist<br />
Nr. 6/2013<br />
• Wird der Lehrer mit einem Teil seiner Lehrverpflichtung an einer<br />
Schule im Ausland verwendet, sind die Unterrichtsstunden an<br />
der Schule im Ausland auf die Lehrverpflichtung anzurechnen.<br />
• Diese Unterrichtsstunden sind dabei mit jener Zahl von<br />
Werteinheiten je Wochenstunde anzurechnen, die<br />
sich ausgehend vom entsprechenden österreichischen<br />
Unterrichtsgegenstand und unter Berücksichtigung einer<br />
abweichenden Dauer der Unterrichtsstunde und der jährlichen<br />
Unterrichtszeit ergibt.<br />
• Besteht kein entsprechender österreichischer Unterrichtsgegen<br />
stand, hat der zuständige Bundesminister jene<br />
Zahl von Werteinheiten im Einzelfall festzulegen, die der<br />
Anrechnung zugrunde zu legen ist. Maßgebend hiefür ist<br />
die zeitliche Belastung des Lehrers mit dem ausländischen<br />
Unterrichtsgegenstand im Vergleich zur zeitlichen Belastung<br />
mit den im BLVG genannten Unterrichtsgegenständen.<br />
• Eine Mitverwendung eines Lehrers mit einem Teil seiner<br />
Lehrverpflichtung an einer Schule im Ausland darf nur unterrichtliche<br />
Tätigkeiten umfassen und ist nur an Schulen in<br />
grenznahen Orten zulässig. Sie darf nicht so gestaltet sein, dass<br />
der Lehrer im Ausland wohnen muss oder an der Erfüllung<br />
seiner dienstlichen Aufgaben an der inländischen Schule<br />
beeinträchtigt wird.<br />
• Eine Mitverwendung an einer Schule im Ausland bedarf eines<br />
Auftrages des Bundesministers für Unterricht, Kunst und<br />
Kultur und der Zustimmung des ausländischen Schulerhalters<br />
und des Lehrers.<br />
• Erhält der Lehrer für oder im Zusammenhang mit seiner<br />
Mitverwendung an einer Schule im Ausland Zuwendungen<br />
von dritter Seite, hat er diese dem Bund abzuführen.<br />
b) Auslandsverwendungszulage:<br />
• Die Ausführungen gelten für Beamte und Vertragsbedienstete.<br />
Die Regelungen sind in den §§ 21-21h GehG normiert, die<br />
gem. § 22a VBG auch auf Vertragsbedienstete anzuwenden<br />
sind. Der Einfachheit halber spreche ich im Folgenden nur von<br />
„Beamten“.<br />
• Die Bestimmungen haben im Besonderen für jene Lehrer<br />
Relevanz, die an einer der österreichischen Schulen im Ausland<br />
unterrichten. Österreichische Auslandsschulen gibt es in<br />
Budapest, Guatemala City, Istanbul, Prag, Querétaro (Mexiko)<br />
und Shkodra (Albanien).<br />
• Der Beamte hat, solange er einer im Ausland gelegenen<br />
Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen ist und<br />
dort wohnen muss, nach Maßgabe der §§ 21a bis 21h GehG<br />
Anspruch auf den Ersatz der besonderen Kosten, die ihm durch<br />
die Verwendung im Ausland notwendigerweise entstehen<br />
oder entstanden sind.<br />
• Dem Beamten gebührt eine Auslandsverwendungszulage,<br />
bestehend aus<br />
− einem Grundbetrag,<br />
Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts, Seite 90<br />
− einem Funktionszuschlag nach Maßgabe seiner dauernden<br />
dienstlichen Verwendung,<br />
− einem Zonenzuschlag nach Maßgabe der kürzesten geographischen<br />
Entfernung seines ausländischen Dienst- und<br />
Wohnortes von Wien, sofern diese Entfernung mehr als 200<br />
Kilometer beträgt und der Dienstort nicht als Grenzort gilt<br />
(Als Grenzort gelten die im benachbarten Ausland gelegenen<br />
Orte, deren Ortsgrenze von der Bundesgrenze in der<br />
Luftlinie nicht mehr als 15 Kilometer entfernt ist.),<br />
− einem Klimazuschlag, wenn die klimatischen Verhältnisse am<br />
ausländischen Dienst- und Wohnort wesentlich von denen in<br />
Wien abweichen,<br />
− einem Härtezuschlag, wenn am ausländischen Dienst- und<br />
Wohnort im Vergleich zu Wien dauernd besonders schwierige<br />
Lebensverhältnisse in Form von politischer oder kultureller<br />
Isolation, Umweltbelastung, Sicherheits-, Versorgungsoder<br />
Infrastrukturmängeln vorliegen,<br />
− einem Krisenzuschlag auf die begrenzte Dauer außerordentlicher<br />
Ereignisse am ausländischen Dienst- und Wohnort wie<br />
Krieg, Bürgerkrieg, Aufruhr und Terror sowie Katastrophen,<br />
wenn diese Ereignisse dem Beamten zusätzliche besondere<br />
Kosten verursachen,<br />
− einem Ehegattenzuschlag, solange sich der Ehegatte bei<br />
gemeinsamer Haushaltsführung mit dem Beamten ständig<br />
am ausländischen Dienst- und Wohnort aufhält, und<br />
− einem Kinderzuschlag für jedes Kind, Wahl-, Pflegeoder<br />
Stiefkind des Beamten, für das er Anspruch auf<br />
Kinderzuschuss hat, solange es sich ständig am ausländischen<br />
Dienst- und Wohnort des Beamten aufhält.<br />
c) Kaufkraftausgleichszulage:<br />
• Dem Beamten gebührt, solange für seinen ausländischen<br />
Dienstort ein Hundertsatz nach dem folgenden Absatz festgesetzt<br />
ist, eine Kaufkraftausgleichszulage im Ausmaß dieses<br />
Hundertsatzes seines Monatsbezuges, seiner Sonderzahlung<br />
und seiner Auslandsverwendungszulage.<br />
• Der Bundesminister für europäische und internationale<br />
Angelegenheiten hat im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler<br />
für Dienstorte im Ausland, an denen die Kaufkraft des Euro geringer<br />
ist als in Wien, durch Verordnung monatliche Hundertsätze<br />
für die Bemessung von Kaufkraftausgleichszulagen festzusetzen.<br />
Der kundgemachte Hundertsatz gilt jeweils für den in der<br />
Verordnung festgesetzten Monat.<br />
• Zum Zwecke der Festsetzung der monatlichen Hundertsätze<br />
sind die Ergebnisse von wirtschaftswissenschaftlichen Kaufkrafterhebungs-<br />
und Kaufkraftberechnungsverfahren heranzuziehen,<br />
die auf möglichst zeitnahen Wirtschaftsdaten beruhen.<br />
Können für einzelne Dienstorte Kaufkrafterhebungen<br />
und Kaufkraftberechnungen auf Grund außerordentlicher<br />
Ereignisse im Aufenthaltsland nicht oder nur unter Aufbietung<br />
unverhältnismäßig hoher Mittel durchgeführt werden, sind<br />
für diese Dienstorte mit Bedacht auf die Gegebenheiten des<br />
jeweiligen Landes Hundertsätze näherungsweise festzusetzen.<br />
d) Wohnkostenzuschuss:<br />
• Dem Beamten, dem am ausländischen Dienstort keine Dienstoder<br />
Naturalwohnung zugewiesen oder sonst überlassen<br />
worden ist, gebührt ein Wohnkostenzuschuss zu den Kosten<br />
für die Anmietung einer eigenen, nach Art, Lage, Größe und<br />
Ausstattung angemessenen Wohnung. Bei der Beurteilung der<br />
Angemessenheit sind zu berücksichtigen:<br />
Zum Sammeln: Das Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts von A–Z<br />
Mag. Dr. Eckehard Quin<br />
✂
Alles was Recht ist<br />
✂<br />
Nr. 6/2013<br />
− Familienangehörige, für die der Beamte Anspruch auf einen<br />
Ehegatten- oder Kinderzuschlag hat,<br />
− besondere ortsübliche, von den Verhältnissen im Inland<br />
wesentlich abweichende Lebens- und Wohnverhältnisse am<br />
ausländischen Dienstort,<br />
− ein allfälliger Raumbedarf zur Entfaltung einer dem<br />
Beamten vom Dienstgeber aufgetragenen aktiven<br />
Öffentlichkeitsarbeit und Kontaktpflege und<br />
− das Mietpreisniveau am ausländischen Dienst- und Wohnort.<br />
• Dem Beamten, der aus zwingenden Gründen am ausländischen<br />
Dienstort eine vorübergehende Unterkunft benützen<br />
muss, gebührt auf die hierfür unbedingt notwendige<br />
Dauer ein Wohnkostenzuschuss zu den entstandenen Kosten<br />
für die angemessene Unterbringung des Beamten und seiner<br />
Familienangehörigen, für die er Anspruch auf einen<br />
Ehegatten- oder Kinderzuschlag hat.<br />
e) Zuschüsse für Familienangehörige:<br />
• Dem Beamten gebührt<br />
Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts, Seite 91<br />
− ein Ausbildungskostenzuschuss für jedes Kind, für das er<br />
Anspruch auf Kinderzuschlag hat, zu den Kosten für<br />
a) die frühe Förderung in institutionellen Kinder betreuungseinrichtungen,<br />
die mit Bedacht auf die besonderen<br />
Lebensverhältnisse am ausländischen Dienst- und Wohnort<br />
so weit wie möglich den Zielsetzungen der der halbtägig<br />
kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung<br />
in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen<br />
(Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG, BGBl. I Nr. 99/2009)<br />
gerecht wird, in jenem Schuljahr, das dem Beginn der<br />
Schulpflicht nach österreichischem Schulrecht vorangeht,<br />
und<br />
b) die Schul- oder Berufsausbildung am ausländischen Dienstund<br />
Wohnort bis zur Volljährigkeit des Kindes oder, wenn<br />
die Reife- und Diplomprüfung bzw. Reifeprüfung oder ein<br />
gleichwertiges Diplom erst danach erlangt wird, bis zu<br />
diesem Zeitpunkt,<br />
− ein Kinderzuschuss für jedes Kind des Beamten, wenn es bisher<br />
ständig im Haushalt des Beamten gelebt hat, jedoch nach<br />
der Versetzung des Beamten aus Gründen der Erziehung, der<br />
Schul- oder Berufsausbildung oder anderen gleich bedeutenden<br />
Gründen (ausgenommen der Leistung des Präsenz- oder<br />
Ausbildungs- oder Zivildienstes) im Inland bleibt oder vom<br />
ausländischen Dienst- und Wohnort des Beamten ins Inland<br />
zurückkehrt,<br />
− ein Ehegattenzuschuss, wenn der Beamte mit seinem<br />
Ehegatten bisher ständig einen gemeinsamen Haushalt<br />
geführt hat, der Ehegatte jedoch im Interesse eines Kindes<br />
aus den im vorigen Absatz genannten Gründen nach der<br />
Versetzung des Beamten im Inland bleibt oder vom ausländischen<br />
Dienst- und Wohnort des Beamten ins Inland zurückkehrt,<br />
und<br />
− ein Zuschuss zur Vorbeugung vor Tropenkrankheiten für<br />
Familienangehörige, für die der Beamte Anspruch auf einen<br />
Ehegatten- oder Kinderzuschlag hat, wenn am ausländischen<br />
Dienst- und Wohnort die besondere Gefahr einer parasitären<br />
oder tropischen Erkrankung besteht.<br />
• Der Anspruch für einen Familienangehörigen auf den soeben<br />
genannten Kinder- oder Ehegattenzuschuss ist natürlich ausgeschlossen,<br />
solange der Beamte für diesen Familienangehörigen<br />
Anspruch auf einen Ehegatten- oder Kinderzuschlag hat, der<br />
gewährt wird, wenn die Familienangehörigen beim Beamten<br />
im Ausland sind.<br />
f) Ausstattungszuschuss:<br />
• Dem Beamten, der nach der Natur des Dienstes im<br />
Verlauf seiner gesamten Bundesdienstzeit immer wieder<br />
ins Ausland zu versetzen sein wird, gebührt anlässlich<br />
einer Versetzung vom Inland ins Ausland, insgesamt jedoch<br />
anlässlich höchstens zweier solcher Versetzungen, jeweils<br />
ein Ausstattungszuschuss zur Bestreitung der Kosten für<br />
notwendige Erstanschaffungen nach Maßgabe seiner<br />
Verwendungsgruppe, besonderer tropischer oder arktischer<br />
Klimaverhältnisse am ausländischen Dienst- und Wohnort<br />
und der Familienangehörigen, für die er zum Zeitpunkt<br />
der Versetzung vom Inland ins Ausland Anspruch auf einen<br />
Ehegatten- oder Kinderzuschlag hat.<br />
g) Folgekostenzuschuss:<br />
• Dem Beamten gebührt ein Folgekostenzuschuss, wenn ihm<br />
nach der Verwendung im Ausland<br />
− dort noch besondere Kosten im Sinne des § 21c Abs. 1<br />
GehG (Wohnkostenzuschuss) oder des § 21d Z 1 GehG<br />
(Ausbildungskostenzuschuss ) oder<br />
− im Inland besondere Kosten durch die Eingliederung der<br />
Kinder in das österreichische Schulsystem, für die ein<br />
Kinderzuschlag bezogen worden ist, oder, wenn diese<br />
Eingliederung nicht zumutbar ist, durch die Fortsetzung<br />
der fremdsprachigen Schulausbildung dieser Kinder<br />
entstanden sind, deren Ursache zwingend in der früheren<br />
Verwendung im Ausland liegt und die der Beamte nicht<br />
selbst zu vertreten hat.<br />
h) Gemeinsame Bestimmungen:<br />
• Der Anspruch auf die genannten Zulagen und Zuschüsse<br />
kann immer nur für Zeiträume bestehen, für die auch ein<br />
Anspruch auf Gehalt besteht.<br />
• Ehegatten- oder Kinderzuschlag sowie Wohkostenzuschuss,<br />
Zuschüsse für Familienangehörige, Ausstattungszuschuss<br />
und Folgekostenzuschuss gebühren nur auf Antrag des<br />
Beamten.<br />
• Die Zulagen und Zuschüsse gelten als Aufwandsentschädigung.<br />
Die Bundesregierung kann die anspruchsbegründenden<br />
Umstände und die Bemessung der Zulagen und Zuschüsse<br />
durch Verordnung näher regeln. Die Bemessung im Einzelfall<br />
obliegt dem zuständigen Bundesminister im Einvernehmen<br />
mit dem Bundeskanzler.<br />
• Festzusetzen sind<br />
− die Auslandsverwendungszulage, der Kinderzuschuss,<br />
der Ehegattenzuschuss, der Zuschuss zur Vorbeugung<br />
vor Tropenkrankheiten für Familienangehörige und der<br />
Ausstattungszuschuss in Pauschalbeträgen und<br />
Zum Sammeln: Das Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts von A–Z<br />
Mag. Dr. Eckehard Quin
Alles was Recht ist<br />
Nr. 6/2013<br />
Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts, Seite 92<br />
Mag. Dr. Eckehard Quin<br />
− der Wohnkostenzuschuss, der Ausbildungskostenzuschuss<br />
und der Folgekostenzuschuss im jeweils zu bemessenden<br />
Betrag.<br />
• Die Pauschalbeträge ändern sich jährlich zum 1. Jänner in dem<br />
Maß, in dem sich nach dem von der Bundesanstalt Statistik<br />
Österreich verlautbarten Verbraucherpreisindex 2005 oder<br />
dem an seine Stelle tretenden Index der Durchschnitt der<br />
Indexzahlen für die Monate Oktober des vorvergangenen<br />
Jahres bis September des vergangenen Jahres gegenüber<br />
dem Durchschnitt der Indexzahlen für den jeweils davor<br />
liegenden zwölfmonatigen Vergleichszeitraum ändert. Der<br />
Bundeskanzler hat die neuen Beträge und den Zeitpunkt, in<br />
dem diese wirksam werden, im Bundesgesetzblatt kundzumachen.<br />
• Die Auslandsverwendungszulage und die Kaufkraftausgleichszulage<br />
sind mit dem jeweiligen Monatsbezug im Voraus auszuzahlen.<br />
Abrechnungszeitraum für den Wohnkostenzuschuss, die<br />
Zuschüsse für Familienangehörige und der Folgekostenzuschuss<br />
ist der Kalendermonat, in dem die besonderen Kosten entstanden<br />
sind.<br />
• Ist der Beamte länger als einen Monat vom Dienst abwesend,<br />
ruht der Funktionszuschlag vom Beginn des letzten<br />
Tages dieser Frist an bis zum Ablauf des letzten Tages der<br />
Abwesenheit vom Dienst. Zeiträume eines Urlaubs, während<br />
dessen der Beamte den Anspruch auf Monatsbezüge behält,<br />
oder einer Dienstverhinderung auf Grund eines Dienstunfalls<br />
einschließlich unmittelbar daran anschließender dienstfreier<br />
Tage bleiben außer Betracht. Fallen Zeiträume in eine<br />
Abwesenheit im Sinne des ersten Satzes, verlängert sich<br />
die Monatsfrist oder verkürzt sich der Ruhenszeitraum im<br />
entsprechenden Ausmaß. Innerhalb des Ruhenszeitraumes<br />
ruhen weiters die Auslandsverwendungszulage und die<br />
Kaufkraftausgleichszulage jeweils für Zeiträume, in denen<br />
sich der Beamte nicht am ausländischen Dienst- und Wohnort<br />
aufhält.<br />
• Ist der Familienangehörige innerhalb eines Kalenderjahres<br />
mehr als 91 Kalendertage vom Dienst- und Wohnort des<br />
Beamten abwesend, ruht während des verbleibenden<br />
Kalenderjahres der Ehegatten- oder Kinderzuschlag an jedem<br />
weiteren Tag der Abwesenheit. Zeiträume, in denen der<br />
Familienangehörige auf Grund außerordentlicher Ereignisse im<br />
Aufenthaltsland den Dienst- und Wohnort des Beamten verlassen<br />
muss oder wegen mangelnder medizinischer Versorgung<br />
im Aufenthaltsland in stationärer Behandlung im Inland steht,<br />
bleiben außer Betracht. Liegen die Voraussetzungen für den<br />
erstgenannten Grund für einen länger als sechs Monate dauernden<br />
Zeitraum vor, endet der Anspruch auf den Ehegattenoder<br />
Kinderzuschlag mit Ablauf des sechsten Monats nach<br />
dem Eintreten dieser Voraussetzungen.<br />
• Die Auslandsverwendungszulage ist mit dem Tag einer wesentlichen<br />
Änderung des ihrer Bemessung zugrunde liegenden<br />
Sachverhaltes neu zu bemessen.<br />
• Die Auslandsverwendungszulage und die in monatlichen<br />
Pauschalbeträgen festgesetzten Zuschüsse gebühren<br />
dem Beamten jeweils in jenem Ausmaß, das seinem<br />
Beschäftigungsausmaß entspricht.<br />
• Sind die Voraussetzungen für den Anspruch auf die Auslandsverwendungszulage,<br />
die Kaufkraftausgleichszulage und die<br />
in monatlichen Pauschalbeträgen festgesetzten Zuschüsse<br />
nicht für den Zeitraum eines vollen Kalendermonates gegeben,<br />
ist für jeden Kalendertag, an dem kein Anspruch besteht,<br />
der verhältnismäßige Teil des jeweiligen Monatsbetrages<br />
abzuziehen. Ändert sich im Laufe des Monates die Höhe<br />
dieser Zulagen und Zuschüsse, entfällt auf jeden Kalendertag<br />
der verhältnismäßige Teil des jeweils entsprechenden<br />
Monatsbetrages. Bereits ausgezahlte, nicht gebührende<br />
Beträge sind hereinzubringen.<br />
• Fließen dem Ehegatten des Beamten selbst die hier beschriebenen<br />
Zuwendungen oder gleichartige Zuwendungen<br />
von dritter Seite zu, sind diese nach ihrem inhaltlichen<br />
Zweck auf den Ehegatten- oder Kinderzuschlag sowie den<br />
Wohnkostenzuschuss, die Zuschüsse für Familienangehörige,<br />
den Ausstattungszuschuss und den Folgekostenzuschuss<br />
anzurechnen. Auf den Kinderzuschuss für ein Stiefkind sind<br />
Unterhaltsansprüche des Stiefkindes gegen Dritte anzurechnen.<br />
• Der Beamte hat seiner Dienstbehörde alle Tatsachen<br />
zu melden, die für die Änderung, das Ruhen oder die<br />
Einstellung des Ehegatten- oder Kinderzuschlags sowie des<br />
Wohnkostenzuschusses, der Zuschüsse für Familienangehörige,<br />
des Ausstattungszuschusses und des Folgekostenzuschusses<br />
von Bedeutung sind. Die Meldung ist zu erstatten binnen eines<br />
Monats nach dem Eintritt der Tatsache oder, wenn der Beamte<br />
nachweist, dass er von dieser Tatsache erst später Kenntnis<br />
erlangt hat, binnen eines Monats nach Kenntnis.<br />
i) Besondere Auszahlungsbestimmungen:<br />
• Wenn es die Verhältnisse erfordern oder wenn es zweckmäßig<br />
ist, können mit Zustimmung des Bundeskanzlers sämtliche<br />
Bezüge ganz oder teilweise in einer ausländischen Währung<br />
ausgezahlt werden.<br />
• Wenn besondere Verhältnisse es erfordern, kann dem<br />
Beamten auf seinen Antrag ein Vorschuss bis zur Höhe<br />
des Dreifachen seiner Auslandsverwendungszulage und<br />
Kaufkraftausgleichszulage gezahlt werden. Dieser Vorschuss<br />
ist längstens binnen eines Jahres durch Abzug von den<br />
Bezügen des Beamten hereinzubringen.<br />
• Ist im Zuge der Anmietung einer Wohnung im Sinne des<br />
Wohnkostenzuschusses eine Kaution zu hinterlegen, kann<br />
dem Beamten auf seinen Antrag ein Vorschuss bis zur Höhe<br />
der ortsüblichen Kaution gezahlt werden. Diesen Vorschuss<br />
hat der Beamte in allen Fällen längstens binnen 30 Tagen nach<br />
Enden der Verwendung am ausländischen Dienstort oder,<br />
wenn das Mietverhältnis früher endet, binnen 30 Tagen nach<br />
Enden des Mietverhältnisses zur Gänze zurückzuzahlen. Die<br />
Rückzahlung des ausgezahlten Vorschusses zuzüglich allenfalls<br />
erzielter Zinserträge hat entweder in jener Währung zu<br />
erfolgen, in der die Kaution entrichtet wurde, oder, wenn dies<br />
unzweckmäßig ist, in Euro zum Gegenwert dieser Währung<br />
zum Zeitpunkt der Rückzahlung oder deren Fälligkeit. Kommt<br />
der Beamte der Rückzahlungspflicht innerhalb der jeweiligen<br />
Frist nicht oder nur teilweise nach, ist der aushaftende Betrag<br />
binnen kürzest möglicher Zeit durch Abzug von den Bezügen<br />
des Beamten hereinzubringen.<br />
* Ausländische Zeugnisse:<br />
Siehe die Stichworte „Anerkennung ausländischer Zeugnisse“<br />
und „Ausländische Schulen“!<br />
Zum Sammeln: Das Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts von A–Z<br />
✂
Alles was Recht ist<br />
Nr. 6/2013<br />
Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts, Seite 93<br />
Mag. Dr. Eckehard Quin<br />
* Ausscheiden von<br />
Inventargegenständen:<br />
* Ausschluss eines Schülers:<br />
Rechtsgrundlage: §§ 20, 21 Richtlinien für Inventar und Materialverwaltung<br />
(RIM).<br />
Rechtsgrundlage: §§ 13 Abs. 2, 33 Abs. 2, 47 Abs. 2, 49, 50, 58<br />
Abs. 2, 61 Abs. 2 SchUG; § 10 Abs. 5 SchVV; § 5 Schulordnung.<br />
✂<br />
• Gegenstände, die von der Inventarverwaltung oder von<br />
der Inventurkommission für den bisherigen Zweck als nicht<br />
mehr geeignet befunden wurden, sind, nötigenfalls nach<br />
Anhörung einer Fachstelle (z. B. Bundesimmobilienverwaltung,<br />
Bundesversuchsanstalt für Kraftfahrzeuge) oder eines<br />
Fachmannes, durch entsprechende Umarbeitung anderweitig<br />
zu verwenden oder andernfalls als Altmaterial auszuscheiden.<br />
• Die Ausscheidung von Gegenständen und deren Austragung in<br />
den Inventaraufschreibungen darf nur auf Grund einer schriftlichen<br />
Verfügung des Dienststellenleiters jener Dienststelle<br />
erfolgen, bei der die Gegenstände in Verwendung stehen.<br />
• Die anweisenden Stellen können sich vorbehalten, dass<br />
Gegenstände, die infolge technischer oder wirtschaftlicher<br />
Abnutzung unbrauchbar geworden sind und deren<br />
Verkehrswert einen bestimmten Betrag überschreitet, nur mit<br />
ihrer Zustimmung ausgeschieden werden dürfen.<br />
• Die Ausscheidung von Gegenständen, die infolge höherer<br />
Gewalt (z. B. Naturkatastrophen) oder durch widerrechtliche<br />
Handlungen oder Unterlassungen (z. B. Einbruch, Diebstahl,<br />
Plünderung, Veruntreuung) notwendig wird, darf, unbeschadet<br />
der Höhe des Verkehrswertes, nur auf Anordnung<br />
der anweisenden Stelle erfolgen. Für die Meldung und<br />
Ersatzvorschreibung von Sachschäden in Verschuldensfällen<br />
gelten die einschlägigen Bestimmungen des Rundschreibens<br />
des Bundesministeriums für Finanzen vom 31. Oktober 1980,<br />
Z. 01.3003/36-II/3/80, betreffend Richtlinien für die Behandlung<br />
von Schadensfällen im Bereich der Bundesverwaltung.<br />
• Nebenstellen und nachgeordnete Dienststellen, bei denen die<br />
Inventargegenstände in Gegeninventaren erfasst sind, haben<br />
über jede durch Ausscheidung verursachte Bestandsänderung<br />
der Inventarverwaltung der vorgesetzten Dienststelle fallweise<br />
zu berichten.<br />
• Nebenstellen und nachgeordnete Dienststellen haben alle<br />
bundeseigenen Gegenstände, die sie von ihrer vorgesetzten<br />
Dienststelle zugewiesen bekommen oder über deren<br />
Verfügung abgeben müssen, nur mengenmäßig – nach<br />
Gegenstandsgattungen oder Gegenstandsarten gegliedert – in<br />
einem Gegeninventar zu erfassen . Die einfache Verzeichnung<br />
ist zulässig, weil diese Gegenstände als Bestand der vorgesetzten<br />
Dienststelle in deren Inventar oder Sonderinventar bereits<br />
mengen- und wertmäßig in Ausweis gehalten ist.<br />
• Die anweisenden Stellen können sich vorbehalten, dass<br />
Gegenstände, deren Verkehrswert eine bestimmte<br />
Betragsgrenze übersteigt, nur mit ihrer Zustimmung veräußert<br />
werden dürfen. Bei Veräußerung von Gegenständen ist<br />
das Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen<br />
zu pflegen, wenn dies in den jeweils geltenden Bestimmungen<br />
über den finanziellen Wirkungsbereich vorgesehen ist.<br />
• Diese Bestimmung ist sinngemäß bei unentgeltlicher oder<br />
leihweiser Überlassung an eine andere Dienststelle anzuwenden.<br />
a) Beendigung des Schulbesuches:<br />
• Ein Schüler hört auf, Schüler einer Schule zu sein, wenn er die<br />
lehrplanmäßig letzte Schulstufe abgeschlossen hat. Wenn<br />
ein Schüler zur Wiederholung der lehrplanmäßig letzten<br />
Schulstufe berechtigt ist und von diesem Recht Gebrauch<br />
macht, bleibt er bis zum Abschluss der Wiederholung weiterhin<br />
Schüler.<br />
• Ein Schüler hört schon vor dem genannten Zeitpunkt auf,<br />
Schüler einer Schule zu sein<br />
− mit dem Zeitpunkt des Einlangens seiner schriftlichen<br />
Abmeldung vom Schulbesuch beim Schulleiter, sofern darin<br />
nicht ein späterer Endtermin des Schulbesuches genannt<br />
wird;<br />
− in der Berufsschule mit der Beendigung des Lehr- oder<br />
Ausbildungsverhältnisses, sofern die Berufsschule nicht<br />
gemäß § 32 Abs. 3 oder 3a SchUG besucht wird;<br />
− mit dem ungenützten Ablauf der einwöchigen Frist<br />
seit der Zustellung einer schriftlichen Aufforderung zur<br />
Rechtfertigung gemäß § 45 Abs. 5 SchUG (bei Fernbleiben<br />
vom Unterricht von mehr als einer Woche);<br />
− mit dem Zeitpunkt, in dem feststeht, dass ein Schüler im<br />
Falle des Weiterbesuches die gemäß § 32 SchUG zulässige<br />
Höchstdauer des Schulbesuches überschreitet;<br />
− mit dem Eintritt der Rechtskraft eines Ausschlusses<br />
oder eines Widerrufes der vorzeitigen Aufnahme in die<br />
Volksschule bzw. der Abmeldung vom Besuch der ersten<br />
Schulstufe (§ 7 Abs. 8 SchPflG);<br />
− wenn er die erste Stufe einer berufsbildenden mittleren<br />
oder höheren Schule oder einer höheren Anstalt der<br />
Lehrerbildung und der Erzieherbildung mit vier oder mehr<br />
„Nicht genügend” in Pflichtgegenständen abgeschlossen<br />
hat.<br />
b) Mitwirkung der Schule an der Erziehung:<br />
• Im Rahmen der Mitwirkung der Schule an der Erziehung<br />
der Schüler (§ 2 SchOG) hat der Lehrer in seiner Unterrichtsund<br />
Erziehungsarbeit die der Erziehungssituation angemessenen<br />
persönlichkeits- und gemeinschaftsbildenden<br />
Erziehungsmittel anzuwenden, die insbesondere<br />
Anerkennung, Aufforderung oder Zurechtweisung sein können.<br />
(Eine taxative Aufzählung enthält § 8 Schulordnung.)<br />
Diese Maßnahmen können auch vom Klassenvorstand<br />
und vom Schulleiter (Abteilungsvorstand), in besonderen<br />
Fällen auch von der Schulbehörde erster Instanz ausgesprochen<br />
werden. Der erste Satz gilt auch für Erzieher<br />
und Freizeitpädagogen im Betreuungsteil an ganztägigen<br />
Schulformen.<br />
• Wenn es aus erzieherischen Gründen oder zur Aufrechterhaltung<br />
der Ordnung notwendig erscheint, kann der<br />
Zum Sammeln: Das Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts von A–Z
Alles was Recht ist<br />
Nr. 6/2013<br />
Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts, Seite 94<br />
Mag. Dr. Eckehard Quin<br />
Schulleiter einen Schüler in eine Parallelklasse, bei lehrgangsmäßigen<br />
Berufsschulen auch in einen anderen<br />
Lehrgang versetzen. Wenn mit einer solchen Maßnahme<br />
nicht das Auslangen gefunden werden kann, kann die<br />
Schulkonferenz (bei Schulen, die in Fachabteilungen gegliedert<br />
sind, die Abteilungskonferenz) die Stellung eines<br />
Antrages auf Ausschluss des Schülers androhen. Hierbei steht<br />
den Erziehungsberechtigten gem. § 61 Abs. 2 Z 2 lit. a SchUG<br />
ein Mitentscheidungsrecht zu. Ab der neunten Schulstufe<br />
steht den Schülern gem. § 58 Abs. 2 Z 2 lit. a SchUG ebenfalls<br />
ein Mitentscheidungsrecht zu.<br />
• Gem. § 57 Abs. 5 SchUG ist in Angelegenheiten, die<br />
in die Zuständigkeit von Lehrerkonferenzen fallen und<br />
bei denen den Schülern und Erziehungsberechtigten ein<br />
Mitentscheidungsrecht zusteht, dieses Recht von den<br />
Vertretern der Schüler bzw. Erziehungsberechtigten im<br />
Schulgemeinschaftsausschuss bzw. den Klassenelternvertretern<br />
der betreffenden Klasse durch Teilnahme an den<br />
Beratungen und Abstimmungen in den Lehrerkonferenzen<br />
auszuüben.<br />
• Körperliche Züchtigung, beleidigende Äußerungen und<br />
Kollektivstrafen sind verboten.<br />
• Im Rahmen der Mitwirkung an der Erziehung kann das<br />
Verhalten des Schülers außerhalb der Schule berücksichtigt<br />
werden; hiebei dürfen nur im ersten Absatz genannte<br />
Maßnahmen und Maßnahmen gem. § 48 SchUG<br />
(Verständigung der Erziehungsberechtigten bzw. nötigenfalls<br />
des zuständigen Jugendwohlfahrtsträgers) gesetzt werden.<br />
Eine Bestrafung für ein Verhalten, das Anlass zu Maßnahmen<br />
der Erziehungsberechtigten, der Jugendwohlfahrtsbehörden,<br />
sonstiger Verwaltungsbehörden oder der Gerichte ist, ist<br />
unzulässig.<br />
c) Gründe für den Ausschluss eines Schülers aus der Schule:<br />
• Wenn ein Schüler seine Pflichten (§ 43 SchUG) in schwerwiegender<br />
Weise verletzt und die Anwendung von<br />
Erziehungsmitteln gemäß § 47 SchUG oder von Maßnahmen<br />
gemäß der Hausordnung erfolglos bleibt oder wenn das<br />
Verhalten eines Schülers eine dauernde Gefährdung von<br />
Mitschülern oder anderer an der Schule tätigen Personen<br />
hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder<br />
ihres Eigentums darstellt, ist der Schüler von der Schule auszuschließen.<br />
• An allgemein bildenden Pflichtschulen (Volks-, Haupt- und<br />
Sonderschulen, NMS sowie Polytechnischen Schulen) ist ein<br />
Ausschluss nur zulässig, wenn das Verhalten des Schülers<br />
eine dauernde Gefährdung von Mitschülern oder anderer<br />
an der Schule tätigen Personen hinsichtlich ihrer Sittlichkeit,<br />
körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt und<br />
die Erfüllung der Schulpflicht gesichert ist. Im Falle eines<br />
Ausschlusses eines Pflichtschülers besteht auf Grund von<br />
§ 8 Abs. 2 Z 2 Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz der<br />
Rechtsanspruch auf Besuch einer sprengelfremden Schule.<br />
Sofern die Erfüllung der Schulpflicht nicht gesichert ist<br />
(Dies ist der Fall, wenn der Schulweg zur nächstgelegenen<br />
in Betracht kommenden Schule nicht zumutbar ist.),<br />
kommt allenfalls die Anwendung von § 49 Abs. 9 SchUG<br />
(Suspendierung, siehe unten) oder die Aufnahme in ein<br />
Heim in Frage.<br />
• Zu den Ausschlussgründen ist u. a. folgende Judikatur beachtenswert:<br />
– Das Gesamtverhalten eines Schülers (Verletzung<br />
von Schülerpflichten) während eines Schikurses<br />
(Schulveranstaltung) kann einen Ausschluss gemäß<br />
§ 49 Abs. 1 SchUG rechtfertigen (VwGH-Erkenntnis vom<br />
16. September 1977, Zl. 1979 und 1980/ 77).<br />
– Hat sich ein Schüler zwar mehrerer Verstöße gegen<br />
Schülerpflichten (§ 43 SchUG) schuldig gemacht, ist jedoch<br />
keiner von diesen schwerwiegend, ist die Ultima-Ratio-<br />
Maßnahme des Ausschlusses von der Schule nicht gerechtfertigt.<br />
Eine Summierung mehrerer jeweils nicht schwerer<br />
Pflichtverletzungen zu einer schwerwiegenden ist<br />
durch das Gesetz nicht gedeckt (VwGH-Erkenntnis vom<br />
24. November 1986, Slg. Nr. 12.312 A).<br />
– Ein Verstoß eines Schülers gegen die ihm in § 45 Abs. 3 SchUG<br />
auferlegte Benachrichtigungspflicht (Benachrichtigung des<br />
Klassenvorstandes oder des Schulleiters bei Fernbleiben<br />
von der Schule) kann in Extremfällen als schwerwiegende<br />
Verletzung von Schülerpflichten qualifiziert werden<br />
und solcherart – vorausgesetzt, die Anwendung von<br />
Erziehungsmitteln ist erfolglos geblieben – zum Ausschluss<br />
des Schülers führen. Das nur fallweise Nichtbeibringen der<br />
Rechtfertigung für versäumte Unterrichtsstunden stellt<br />
keine schwere Pflichtverletzung dar; eine solche ist erst<br />
gegeben, wenn es der Schüler aus Prinzip ablehnt, sich zu<br />
rechtfertigen (VwGH-Erkenntnis vom 24. November 1986,<br />
Slg. Nr. 12.312 A).<br />
– Ein ungerechtfertigtes Fernbleiben vom Unterricht in<br />
einem Ausmaß von knapp 40 Prozent ist als schwerwiegende<br />
Verletzung von Schülerpflichten zu qualifizieren,<br />
welche die in § 2 SchOG grundgelegte Aufgabe der österreichischen<br />
Schule ernstlich zu gefährden geeignet ist<br />
(VwGH-Erkenntnis vom 19. Oktober 1987, Zl. 87/10/0135).<br />
Ein Ausschluss ist somit gerechtfertigt.<br />
– Eine ohne hinreichende Begründung gestellte Forderung<br />
des Schülers, die nachzuholende Schularbeit auf einen<br />
anderen als den festgelegten Zeitpunkt zu verlegen, in<br />
Verbindung mit der daran anschließenden Weigerung,<br />
sich dieser Leistungsfeststellung zu unterziehen, kann als<br />
Pflichtverletzung, aber keinesfalls als schwerwiegend im<br />
Sinne des § 49 Abs. 1 SchUG gewertet werden (VwGH-<br />
Erkenntnis vom 24. November 1986, Slg. Nr. 12.312 A).<br />
– Rauschgiftkonsum und Rauschgifthandel eines Schülers<br />
stellen eine dauernde Gefährdung anderer Schüler hinsichtlich<br />
ihrer Sittlichkeit und körperlichen Sicherheit dar<br />
und sind somit ein Ausschlussgrund.<br />
– Der Ausschluss eines Schülers und eine vorherige<br />
Suspendierung sind nur möglich, wenn der Schüler eine<br />
dauernde Gefährdung seiner Mitschüler hinsichtlich ihrer<br />
Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums<br />
darstellt. Besteht bei einem Schüler, der bisher eine<br />
aggressive Verhaltensweise gezeigt hat, die begründete<br />
Aussicht, dass sich sein Verhalten in Kürze bessern wird,<br />
liegt keine dauernde Gefährdung vor.<br />
– Der zweite Tatbestand des § 49 Abs. 1 SchUG setzt kein<br />
wiederholtes Fehlverhalten voraus. Der zweite Tatbestand<br />
trägt der Behörde auf, eine Prognoseentscheidung zu<br />
treffen; dabei hat sie die Frage zu lösen, ob in Zukunft<br />
Zum Sammeln: Das Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts von A–Z<br />
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Alles was Recht ist<br />
Nr. 6/2013<br />
Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts, Seite 95<br />
Mag. Dr. Eckehard Quin<br />
✂<br />
ein Verhalten des Schülers zu befürchten ist, das eine<br />
Gefährdung der genannten Rechtsgüter in Ansehung<br />
anderer Schüler darstellt. Diese Entscheidung ist auf der<br />
Grundlage der im vorliegenden Zusammenhang relevanten<br />
Aspekte der Persönlichkeitsstruktur des betreffenden<br />
Schülers zu treffen; dabei ist besonderes Augenmerk auf<br />
solche in der Vergangenheit gelegenen Verhaltensweisen<br />
zu legen, die Rückschlüsse auf jene Eigenschaften zulassen,<br />
von denen es abhängt, ob vom betreffenden Schüler<br />
in Zukunft eine Gefährdung der Sittlichkeit, der körperlichen<br />
Sicherheit und des Eigentums anderer Schüler ausgehen<br />
kann. In dieser Hinsicht können unter Umständen<br />
auch einzelne Vorfälle aussagekräftig sein. Hat der betreffende<br />
Schüler ein seiner Art und Intensität nach schwerwiegendes,<br />
gegen die im zweiten Tatbestand des § 49<br />
Abs. 1 SchUG genannten Rechtsgüter gerichtetes<br />
Fehlverhalten zu vertreten, so ist – auch wenn es sich um<br />
den ersten derartigen Verstoß handeln sollte – mit dem<br />
Ausschluss vorzugehen, es sei denn, dass – insbesondere in<br />
der Persönlichkeitsstruktur des Betreffenden begründete<br />
– Umstände vorliegen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit<br />
darauf schließen lassen, dass sich Derartiges nicht wiederholen<br />
werde. Die Schulbehörden haben auf das<br />
Wohl aller Schüler zu achten; die Bedachtnahme auf<br />
das Wohl der Mitschüler des Betreffenden verbietet es,<br />
mit dem Ausschluss desjenigen, dem ein gravierendes,<br />
gegen die besonders geschützten Rechtsgüter gerichtetes<br />
Fehlverhalten vorzuwerfen ist, zuzuwarten, bis die<br />
„Dauerhaftigkeit“ der vom Betreffenden ausgehenden<br />
Gefährdung durch weitere Vorfälle erwiesen ist (VwGH-<br />
Erkenntnis vom 31. Jänner 1994, Zl. 93/10/0200).<br />
– Das Mitführen einer Waffe in das Schulgebäude ist<br />
– ungeachtet der Frage des vom Schüler ausgehenden<br />
Gefahrenpotenzials – als grober Verstoß gegen das<br />
Einordnungsgebot des § 43 Abs. 1 SchUG aufzufassen<br />
und kann als schwerwiegende Pflichtverletzung im<br />
Sinne des ersten Tatbestandes des § 49 Abs. 1 SchUG<br />
angesehen werden. Der Ausschlussgrund nach dem<br />
ersten Tatbestand liegt aber nur dann vor, wenn die<br />
Anwendung von Erziehungsmitteln im Sinne des § 47<br />
SchUG erfolglos blieb oder wenn nach den Umständen<br />
des Einzelfalles ein seiner Art und Intensität nach schwerwiegendes,<br />
gegen die im Gesetz genannten Rechtsgüter<br />
(Sittlichkeit, körperliche Sicherheit, Eigentum) gerichtetes<br />
Fehlverhalten vorliegt, das Rückschlüsse auf Eigenschaften<br />
und Persönlichkeitsmerkmale zulässt, die ein künftiges,<br />
die geschützten Rechtsgüter gefährdendes Fehlverhalten<br />
befürchten lässt (VwGH-Erkenntnis vom 22. März 1999,<br />
Zl. 96/10/0242).<br />
– Auch ein bloß einmaliges schwerwiegendes Fehlverhalten<br />
führt zum Ausschluss, wenn nicht – insbesondere in<br />
der Persönlichkeitsstruktur des Schülers begründete –<br />
Umstände vorliegen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit<br />
eine Wiederholung ausschließen (VwGH-Erkenntnis vom<br />
31. Jänner 1994, Zl. 93/10/0200, Slg. 13997 A.)<br />
d) Maßnahmen der Schulkonferenz beim Ausschluss<br />
eines Schülers:<br />
• Bei Vorliegen der Voraussetzungen zum Ausschluss eines<br />
Schülers hat die Schulkonferenz (bei Schulen, die in<br />
Fachabteilungen gegliedert sind, die Abteilungskonferenz)<br />
einen Antrag auf Ausschluss des Schülers an die<br />
Schulbehörde erster Instanz zu stellen. Hierbei steht den<br />
Erziehungsberechtigten gem. § 61 Abs. 2 Z 2 lit. b SchUG ein<br />
Mitentscheidungsrecht zu. Ab der neunten Schulstufe steht<br />
den Schülern gem. § 58 Abs. 2 Z 2 lit. b SchUG ebenfalls ein<br />
Mitentscheidungsrecht zu.<br />
• Gem. § 57 Abs. 5 SchUG ist in Angelegenheiten, die in<br />
die Zuständigkeit von Lehrerkonferenzen fallen und bei<br />
denen den Schülern und Erziehungsberechtigten ein<br />
Mitentscheidungsrecht zusteht, dieses Recht von den<br />
Vertretern der Schüler bzw. Erziehungsberechtigten im<br />
Schulgemeinschaftsausschuss bzw. den Klassenelternvertretern<br />
der betreffenden Klasse durch Teilnahme an den Beratungen<br />
und Abstimmungen in den Lehrerkonferenzen auszuüben.<br />
• Dem Schüler ist – ohne Rücksicht auf sein Alter – vor<br />
der Beschlussfassung über die Antragstellung Gelegenheit<br />
zur Rechtfertigung zu geben. Überdies ist den<br />
Erziehungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu<br />
geben.<br />
• Die Schulkonferenz hat bei ihrer Beratung die für und gegen<br />
den Ausschluss sprechenden Gründe zu berücksichtigen und<br />
ihren Antrag zu begründen. Eine Zweitschrift des Antrages ist<br />
dem Schüler zuzustellen.<br />
• Die allenfalls unterlaufende Verletzung von Verfahrensvorschriften<br />
(Gelegenheit zur Rechtfertigung bzw.<br />
zur Stellungnahme, Zustellung einer Zweitschrift des<br />
Ausschlussantrages an den Schüler, Parteiengehör) in der<br />
unteren Instanz (Schulbehörde 1. Instanz auf Antrag der<br />
Schulkonferenz) ist nicht wesentlich und kann nicht zur<br />
Aufhebung des angefochtenen Berufungsbescheides durch den<br />
Verwaltungsgerichtshof führen, wenn der Beschwerdeführer<br />
auch noch im Berufungsverfahren Gelegenheit hatte, alles<br />
das vorzubringen, was er bzw. seine Erziehungsberechtigten<br />
seinerzeit vorgebracht hätten (VwGH-Erkenntnis vom<br />
16. September 1977, Zl. 1979 und 1980/77).<br />
e) Maßnahmen der Schulbehörde beim Ausschluss eines<br />
Schülers:<br />
• Die Schulbehörde erster Instanz hat bei Gefahr im Verzug<br />
auszusprechen, dass der Schüler vom weiteren Schulbesuch<br />
suspendiert wird. Die Schulbehörden haben gem. § 73 Abs. 3a<br />
SchUG über Anträge auf Suspendierung binnen zwei Tagen<br />
zu entscheiden. Da eine Berufung gegen diesen Bescheid<br />
aufschiebende Wirkung hätte (§ 64 Abs. 1 AVG), wird eine<br />
solche – weil Gefahr im Verzug gegeben ist – im Regelfall<br />
auszuschließen sein.<br />
• Die Suspendierung darf mit höchstens vier Wochen bemessen<br />
werden; sie ist unverzüglich aufzuheben, sobald sich im<br />
Zuge des Verfahrens ergibt, dass die Voraussetzungen für den<br />
Ausschluss nicht oder nicht mehr gegeben sind.<br />
• Der Schüler ist berechtigt, sich während der Suspendierung<br />
über den durchgenommenen Lehrstoff regelmäßig zu informieren.<br />
Es ist denkbar, dass in diesem Zusammenhang die<br />
Übernahme von Aktivitäten durch die Schülervertretung pädagogisch<br />
sinnvoll erscheinen kann (Erläuternde Bemerkungen<br />
zum SchUG).<br />
• Am Ende eines Unterrichtsjahres ist dem Schüler Gelegenheit<br />
zur Ablegung einer Feststellungsprüfung zu geben, soweit<br />
Zum Sammeln: Das Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts von A–Z
Alles was Recht ist<br />
Nr. 6/2013 1/2012<br />
Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts, Seite 96<br />
Mag. Dr. Eckehard Quin<br />
eine Beurteilung wegen der Dauer der Suspendierung sonst<br />
nicht möglich wäre.<br />
• Die Schulbehörde erster Instanz hat nach Durchführung<br />
des Ermittlungsverfahrens die Beendigung des Ausschlussverfahrens<br />
festzustellen, wenn die Voraussetzungen für einen<br />
Ausschluss nicht vorliegen. Sie kann zugleich dem Schüler<br />
eine Rüge erteilen oder eine Maßnahme nach § 47 Abs. 2<br />
SchUG (Versetzung in die Parallelklasse) anordnen, wenn sein<br />
Verhalten zwar einen Ausschluss nicht begründet, er aber<br />
sonst gegen seine Pflichten verstoßen hat. Andernfalls hat die<br />
Schulbehörde erster Instanz den Ausschluss des Schülers mit<br />
Bescheid auszusprechen.<br />
• Der Ausschluss kann sich auf die betreffende Schule oder<br />
auf alle Schulen in einem näher zu bestimmenden Umkreis<br />
erstrecken. Von den verschiedenen Formen des Ausschlusses ist<br />
jeweils nur jene Form auszusprechen, mit der der angestrebte<br />
Sicherungszweck im Sinne des § 49 Abs. 1 SchUG bereits<br />
erreicht werden kann.<br />
• Gegen den Ausschluss ist eine Berufung an die Schulbehörde<br />
zweiter Instanz zulässig; gegen die Entscheidung der<br />
Schulbehörde zweiter Instanz ist kein ordentliches Rechtsmittel<br />
zulässig.<br />
• Im Falle eines Ausschlusses ist die Aufnahme in eine Schule, auf<br />
die sich der Ausschluss erstreckt, weder als ordentlicher noch<br />
als außerordentlicher Schüler zulässig. Die Zulassung zu einer<br />
Externistenprüfung wird davon nicht berührt.<br />
• Der Ausschluss kann von jener Schulbehörde, die ihn rechtskräftig<br />
ausgesprochen hat, auf Antrag des Schülers eingeschränkt<br />
oder aufgehoben werden, wenn und soweit die Gründe für<br />
seine Verhängung wegfallen oder der Sicherungszweck auf<br />
andere Weise erreicht werden kann.<br />
• Sollte für Schüler allgemeinbildender Pflichtschulen<br />
(Volks-, Haupt- und Sonderschulen, NMS sowie Polytechnischen<br />
Schulen) ein Ausschluss nicht zielführend sein, so tritt an die<br />
Stelle des Ausschlusses die Suspendierung und die Einleitung<br />
eines Verfahrens gemäß § 8 SchPflG (Schulbesuch bei sonderpädagogischem<br />
Förderbedarf).<br />
• Sämtliche Bestimmungen betreffend den Ausschluss eines<br />
Schülers sind im Übrigen gem. § 50 SchUG auch auf nicht schulpflichtige<br />
außerordentliche Schüler sinngemäß anzuwenden.<br />
f) Mitentscheidung der Schüler- und Elternvertreter:<br />
• Im Rahmen der Interessensvertretung gegenüber den<br />
Lehrern, dem Schulleiter und den Schulbehörden stehen den<br />
Schülervertretern (siehe § 59 Abs. 2 SchUG) Mitwirkungsrechte<br />
(siehe hiezu § 58 Abs. 2 Z 1 SchUG) und Mitbestimmungsrechte<br />
(siehe hiezu § 58 Abs. 2 Z 2 SchUG) zu.<br />
• Die Mitbestimmungsrechte stehen erst ab der neunten<br />
Schulstufe zu und umfassen<br />
− das Recht auf Mitentscheidung bei der Anwendung von<br />
Erziehungsmitteln gem. § 47 Abs. 2 SchUG (Versetzung in<br />
eine Parallelklasse),<br />
− das Recht auf Mitentscheidung bei der Antragstellung auf<br />
Ausschluss eines Schülers;<br />
− das Recht auf Mitentscheidung bei der Festlegung von<br />
Unterrichtsmitteln.<br />
• Im Rahmen der Mitbestimmungsrechte haben die Schüler – im<br />
Gegensatz zu den Mitwirkungsrechten – das Recht, unmittelbar<br />
an der Entscheidungsfällung mitzuwirken. Die Mitwirkung an<br />
der Entscheidung im Bereich der Versetzung in die Parallelklasse<br />
erfolgt sohin gemeinsam mit dem Schulleiter, im Übrigen<br />
(Antrag auf Ausschluss, Mitentscheidung bei der Festlegung<br />
von Unterrichtsmitteln) durch Mitwirkung an der Beratung<br />
und Beschlussfassung in der Lehrerkonferenz gem. § 57 Abs. 5<br />
SchUG. Ferner bestehen Mitbestimmungsrechte der Schüler<br />
gem. § 64 Abs. 2 Z 1 SchUG (im Schulgemeinschaftsausschuss).<br />
• Die Erziehungsberechtigten haben gem. § 61 Abs. 2<br />
SchUG das Recht auf Interessenvertretung gegenüber<br />
den Lehrern, dem Schulleiter (Abteilungsvorstand) und<br />
den Schul behörden durch die Klassenelternvertreter (an<br />
Volks-, Haupt- und Sonderschulen, NMS sowie Polytechnischen<br />
Schulen; § 63a Abs. 5 SchUG) bzw. durch ihre Vertreter im<br />
Schulgemeinschaftsausschuss (§ 64 Abs. 6 SchUG). Hierbei<br />
stehen ihnen Mitwirkungsrechte (siehe hiezu § 61 Abs. 2 Z 1<br />
SchUG) und Mitbestimmungsrechte (siehe hiezu § 61 Abs. 2<br />
Z 2 SchUG) zu. Die Mitbestimmungsrechte umfassen<br />
− das Recht auf Mitentscheidung bei der Androhung des<br />
Antrages auf Ausschluss,<br />
− das Recht auf Mitentscheidung bei der Antragstellung auf<br />
Ausschluss eines Schülers;<br />
− das Recht auf Mitentscheidung bei der Festlegung von<br />
Unterrichtsmitteln.<br />
g) Ausschluss eines Schülers von Schulveranstaltungen:<br />
• Stört ein Schüler den geordneten Ablauf einer Schulveran<br />
staltung in schwerwiegender Weise oder wird durch<br />
sein Verhalten die eigene oder die körperliche Sicherheit<br />
der anderen Teilnehmer gefährdet, so kann der Leiter der<br />
Schulveranstaltung den Schüler von der weiteren Teilnahme<br />
an der Schulveranstaltung ausschließen (§ 10 Abs. 5 SchVV).<br />
Hierbei handelt es sich um eine Sicherungsmaßnahme und<br />
keine Strafe für ein Fehlverhalten.<br />
• In diesem Fall sind der Schulleiter und die Erziehungs berechtigten<br />
des betreffenden Schülers unverzüglich in Kenntnis<br />
zu setzen.<br />
• Die Erziehungsberechtigten sind vor der Durchführung einer<br />
mehrtägigen Schulveranstaltung verpflichtet, eine Erklärung<br />
darüber abzugeben, ob sie im Falle des Ausschlusses ihres<br />
Kindes mit dessen Heimfahrt ohne Begleitung einverstanden<br />
sind oder für eine Beaufsichtigung während der Heimfahrt<br />
Sorge tragen werden.<br />
• Sofern eine Gefährdung von Mitschülern oder anderen<br />
Personen mit großer Wahrscheinlichkeit bereits vor der<br />
Schulveranstaltung zu erwarten ist, hat gem. § 13 Abs. 3<br />
Z 2 SchUG ein Ausschluss von der Teilnahme bereits vor der<br />
Schulveranstaltung zu erfolgen.<br />
h) Ausschluss eines Schülers vom Unterricht:<br />
• Gem. § 5 Schulordnung sind die Schüler vor dem Gebrauch<br />
von Maschinen und Geräten, die eine Gefährdung verursachen<br />
können, auf die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen<br />
aufmerksam zu machen.<br />
Zum Sammeln: Das Lexikon des Dienst-, Besoldungs- und Schulrechts von A–Z<br />
✂
aktuelle seite<br />
Mag. Dr. Eckehard Quin,<br />
Vorsitzender der<br />
<strong>AHS</strong>-<strong>Gewerkschaft</strong><br />
eckehard.quin@goed.at<br />
Geld oder Leistung<br />
„Ich finde es gut, wenn die 8-jährige Langform<br />
des Gymnasiums erhalten bleibt.“ Die Zustimmung<br />
zu dieser Aussage ist unter den wahlberechtigten<br />
Österreichern 1 mehr als doppelt so hoch wie die<br />
Ablehnung. 2<br />
Zu diesem Ergebnis kommt eine vom „Standard“<br />
in Auftrag gegebene Umfrage des Market-Instituts<br />
– und die Blattlinie des „Standard“ kann man wohl<br />
kaum als gesamtschulfeindlich charakterisieren. Die<br />
genauere Analyse ergibt, dass sich „sogar unter<br />
SPÖ-Wählern […] eine relative Mehrheit dafür“ findet<br />
– „und damit für eine Absage an die Gesamtschule.“<br />
Selbst die Anhänger der Grünen sind „mit<br />
einer sehr schwachen relativen Mehrheit für das<br />
Gymnasium“. 3<br />
Davon hebt sich deutlich ab, was wenige Tage<br />
danach in Presseaussendungen zu lesen war. Die<br />
„rote“ Schülerorganisation fordert die Gesamtschule<br />
mit folgenden Worten: „Die Leistung von jungen<br />
Schülerinnen und Schülern hängt nach wie vor nicht<br />
von den Begabungen der Kinder ab, sondern vom<br />
Geldbeutel der Eltern. […] Das Gymnasium in seiner<br />
jetzigen Form und auch mit zusätzlichen Aufnahmetests<br />
fördert nur eine Elite, die das Geld hat sich das<br />
zu leisten und alle anderen fallen unter den Tisch.“ 4<br />
Und der Bildungssprecher der Grünen sieht „durch<br />
das absurde Aussortieren“ von Zehnjährigen überhaupt<br />
„die pädagogische Steinzeit“ am Horizont<br />
heraufziehen. Mit der Forderung nach einer <strong>AHS</strong> für<br />
Leistungsstarke „wäre der Zugang nur noch für Kinder<br />
aus gutbürgerlichen Haushalten gewährleistet,<br />
die durch massive privat finanzierte Nachhilfe ihrem<br />
Kind einen Zugang zum Gymnasium ermöglichen<br />
würden“ 5 .<br />
Es ist zweifellos richtig, dass der Schulerfolg in<br />
beträchtlichem Maß vom sozioökonomischen Status<br />
der Eltern abhängt – und zwar in allen Staaten der<br />
Welt. In keinem Teilnehmerland am „Erwachsenen-<br />
PISA“ PIAAC 6 hängt die Lesekompetenz jedoch<br />
derart stark vom sozioökonomischen Hintergrund<br />
ab wie in den USA, einem Gesamtschul-Urgestein.<br />
Europas traditionsreiche Gesamtschulstaaten Frankreich,<br />
England und Italien folgen auf den Plätzen.<br />
Aber auch in Finnland, dem Liebling der Gesamtschulapologeten,<br />
ist diese Abhängigkeit größer als<br />
in Österreich. 7<br />
Die Lösung ist eigentlich ganz einfach: Differenzierung<br />
erfolgt nach Leistung oder nach Geld.<br />
Wird auf Leistung gesetzt, haben in einem qualitativ<br />
hochwertigen, staatlich finanzierten Schulwesen<br />
auch Kinder aus unterprivilegierten Verhältnissen<br />
eine reelle Chance auf bestmögliche Bildung. Führt<br />
man ein staatliches Gesamtschulwesen ein, bringen<br />
die Reichen – koste es, was es wolle – ihre Kinder<br />
in exklusiven Privatschulen unter, was alle Gesamtschulländer<br />
mit langer Tradition beweisen. Mir ist es<br />
daher nach wie vor unverständlich, dass Politiker, die<br />
in Sonntagsreden ständig von sozialer Gerechtigkeit<br />
reden, ein derart unsoziales System fordern können.<br />
<br />
n<br />
1 Personenbezogene Bezeichnungen umfassen gleichermaßen Personen<br />
männlichen und weiblichen Geschlechts.<br />
2 Der Aussage stimmen 59 % der wahlberechtigten Österreicher zu. Lediglich<br />
27 % tun das nicht. Die restlichen Befragten machten keine Angaben. Siehe<br />
Conrad Seidl, Umfrage: Mehrheit will Ehe und Adoptionsrecht für Homosexuelle.<br />
In: Standard online vom 3. November 2013, http://derstandard.<br />
at/1381370702708/Mehrheit-will-Ehe-und-Adoption-fuer-Homosexuelle.<br />
3 a. a. O.<br />
4 Presseaussendung der AKS vom 7. November 2013.<br />
5 Presseaussendung der Grünen vom 7. November 2013.<br />
6 PIAAC steht für „Programme for the International Assessment of Adult Competencies“.<br />
7 OECD (Hrsg.), Skills Outlook 2013 (2013), S. 117.<br />
23
„Der gleiche Bundeskanzler, der ansonsten im Wahlkampf verspricht, gegen überlange<br />
Arbeitszeiten zu kämpfen, hätte anscheinend kein Problem damit, den Lehrkräften mehr<br />
Arbeitszeit aufzubrummen, wobei es hier nicht um zwei, sondern in Wirklichkeit um bis zu<br />
zehn Arbeitsstunden pro Woche geht.“<br />
Univ.-Prof. Dr. Stefan Hopmann, Presse Online am 7. September 2013<br />
„1800, großteils kritische, Stellungnahmen<br />
gingen ein. Viel ändern wollen die<br />
Regierenden dennoch nicht. ‚Es wird<br />
technische und kleine inhaltliche<br />
Anpassungen geben‘, verlautet aus<br />
Heinischs Büro. Die ‚Eckpfeiler‘ blieben.“<br />
Kurier online am 23. Oktober 2013<br />
nachgeschlagen<br />
„Was ich nicht nachvollziehen<br />
kann, sind Aussagen von<br />
Exbildungsministerin Claudia<br />
Schmied und Beamtenministerin<br />
Gabriele Heinisch-Hosek (beide<br />
SPÖ). Zuerst wünschen sie sich<br />
Stellungnahmen, und dann<br />
sagen sie: ‚Jetzt sind sie uns eh<br />
wurscht.‘ Dieses eigenartige<br />
Demokratieverständnis lehne ich<br />
ab.“<br />
Paul Kimberger, Vorsitzender ARGE<br />
LehrerInnen, Standard online am<br />
23. Oktober 2013<br />
Fotos: Minerva Studio / Stefan Gräf - Fotolia.com<br />
„Mein Verständnis einer gewerkschaftlichen<br />
Solidarität beinhaltet auch die<br />
kommende Lehrergeneration.“<br />
Mag. Dr. Eckehard Quin, Vorsitzender<br />
der <strong>AHS</strong>-<strong>Gewerkschaft</strong>, Kurier vom<br />
4. November 2013<br />
„Das neue Lehrerdienstrecht sieht<br />
vor, dass in <strong>AHS</strong>, BMHS Lehrerinnen<br />
und Lehrer unterrichten dürfen,<br />
die nur halb so lange ausgebildet<br />
sind wie bisher. Das als qualitativen<br />
Fortschritt darzustellen, das ist schon<br />
ein starkes Stück.“<br />
Mag. Dr. Eckehard Quin,<br />
Vorsitzender der <strong>AHS</strong>-<strong>Gewerkschaft</strong>,<br />
ZIB 1 am 8. November 2013<br />
P. b. b. ■ Erscheinungsort Wien ■ Verlagspostamt 1010 Wien ■ GZ 03Z035306M<br />
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