Behandlungsvereinbarung - Aktion Psychisch Kranke e.V.
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Dirk Olzen<br />
allgemeinen Rechtsgedanken muss der Widerruf als »actus contrarius« denselben<br />
Wirksamkeitsvoraussetzungen wie die Patientenverfügung unterliegen. Für die<br />
systematische Auslegung ist § 1905 Abs. 1 S.1 Nr.1 entscheidend. Danach ist<br />
(nur) bei einer Sterilisation der natürliche Wille einer einwilligungsunfähigen<br />
Person beachtlich. Daraus lässt sich herleiten, dass beim Widerruf einer Patientenverfügung<br />
dieser Wille gerade nicht ausreichen soll. Zudem würde eine entgegengesetzte<br />
Auffassung die in der Patientenverfügung getroffenen Anordnungen<br />
entwerten, die gerade in der Zeit der Einwilligungsfähigkeit für den Fall ihres<br />
späteren Fehlens mit Bedacht getroffen werden.<br />
Die Rechtsstellung des Betreuers/Bevollmächtigten wurde erheblich aufgewertet.<br />
§ 1901 a Abs. 1 S. 1, 2 verlangt, dass die Willensermittlung stets durch<br />
den Betreuer bzw. Vorsorgebevollmächtigten zu erfolgen hat. Das Vorhandensein<br />
eines Vorsorgebevollmächtigten macht eine Betreuung entbehrlich, § 1896<br />
Abs. 2 S. 2. Eine solche Vollmacht muss – in Bezug auf die Unterbringung und<br />
bei Gefahr schwerer gesundheitlicher Gefahren oder Todesgefahr, vgl. §§ 1904<br />
Abs. 5 S. 2, 1906 Abs. 5 S. 1 – schriftlich erteilt werden und die entsprechenden<br />
Maßnahmen, die in Rede stehen, ausdrücklich erfassen.<br />
Der Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte als gesetzlicher Vertreter – und<br />
nicht der Arzt – prüft bei Einwilligungsunfähigkeit des Betroffenen, ob die in<br />
der wirksamen Patientenverfügung enthaltenen Festlegungen im Hinblick auf<br />
ärztliche Behandlungen auf die »aktuelle Lebens und Behandlungssituation« zutreffen,<br />
§ 1901 a Abs. 1 S. 1. Es entscheidet der wirkliche Wille des Erklärenden.<br />
Allgemeine Vernunftserwägungen bleiben außer Betracht. Gelangt der Vertreter<br />
zu der Auffassung, dass die Patientenverfügung wirksam ist, nicht widerrufen<br />
wurde und auf die vorliegende Situation zutrifft, muss er dem Willen des Betreuten<br />
Geltung verschaffen. Dessen Anweisungen sind in gleicher Weise beachtlich wie<br />
die eines einwilligungsfähigen Patienten.<br />
Auch ohne wirksame Patientenverfügung oder dann, wenn sie auf die Lebenssituation<br />
nicht zutrifft, muss der Wille des Betroffenen mit Hilfe des Betreuers/<br />
Bevollmächtigten festgestellt werden. Dieser muss sich an den »Behandlungswünschen<br />
oder dem mutmaßlichen Willen des Betreuten« ausrichten, der aufgrund<br />
konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln ist. Hierfür sieht § 1901 a Abs. 2<br />
S. 3 die Berücksichtigung früherer mündlicher oder schriftlicher Äußerungen<br />
(u. a. Patiententenverfügungen, sofern diese keine Bindungswirkungswirkung<br />
entfalten), ethischer oder religiöser Überzeugungen oder sonstiger persönlicher<br />
Wertvorstellungen vor.<br />
§ 1901 a Abs. 3 erklärt den Willen des Betroffenen unabhängig von Art und<br />
Stadium der Erkrankung für beachtlich. Eine sogenannte Reichweitenbeschränkung<br />
hat sich nicht durchgesetzt. Der Gesetzgeber wollte zwar bei der Regelung<br />
hauptsächlich die Patientenautonomie am Lebensende regeln und hat sich im<br />
Gesetzgebungsverfahren – mit Ausnahme der Demenz – nicht mit psychischen