Nr. 23 (November 2005) - Deutscher Hispanistenverband
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Mitteilungen des Deutschen <strong>Hispanistenverband</strong>es <strong>23</strong> (Oktober <strong>2005</strong>)<br />
nueva novela histórica über Entdeckung und Eroberung der Neuen Welt befasste<br />
sich GESINE MÜLLER (Münster), die unter Bezug auf naturphilosophisch-bioethische<br />
Debatten, deren Proponenten von Aristoteles bis Agamben<br />
reichen, mannigfaltige narrative Strategien der Verortung und Zuschreibung<br />
oder aber der Absprache von Menschlichkeit freilegte. Unter dem Schlagwort<br />
der lateinamerikanischen razón "bruta" verwies CLAUDIA LEITNER (Wien) auf<br />
eine spezifische, bereits ab dem 18. Jh. verfolgbare Diskursstrategie, die<br />
Spezies-Alterität zur Hinterfragung und Durchbrechung (post)kolonialer Hegemonialgefüge<br />
einsetzt; eine selbstbewusst vorgebrachte Animalität, die sich<br />
weder mit dem Unmenschlichen verrechnen noch sich auf eine Spiegelfunktion<br />
reduzieren lässt.<br />
Die "Machbarkeit" des Menschen im Spanien der vormodernen Zeit stand<br />
im Zentrum der Vorträge von WOLFRAM AICHINGER (Wien) und ROBERT FOL-<br />
GER (München), die beide die Funktion historischer Sinnesphysiologien in<br />
Dokumenten vom 14. bis in das 16. Jh. erörterten und am Beispiel visueller<br />
(FOLGER), aber auch olfaktorisch bestimmter Distanznahmen (AICHINGER)<br />
zum Animalischen die Akzentuierung, aber auch die Beweglichkeit von Gattungsgrenzen<br />
besprachen.<br />
Der zweite Tag stand im Zeichen der Auseinandersetzung mit biopolitischen<br />
Agenden in der zeitgenössischen hispanoamerikanischen Erzählliteratur.<br />
Unter dem Schlagwort "Leben machen und sterben lassen" untersuchte KIAN-<br />
HARALD KARIMI (Bonn / Berlin) die frühe Problematisierung von Anthropotechniken<br />
in den Romanen von Adolfo Bioy Casares; MARÍA TERESA MAR-<br />
TÍNEZ (Wien) betonte in ihrer Analyse von Ricardo Piglias Roman La ciudad<br />
ausente metafiktionale Rückkoppelungen zwischen den Themen künstliches<br />
Leben und artifizielles Erzählen, verdeutlicht am Protagonistentum einer weiblichen<br />
Erzählmaschine.<br />
Das rar gewordene, möglicherweise im Aussterben begriffene Tier setzt die<br />
Protagonisten der Romane, die MARTINA MEIDL (Wien) und ANJA BANDAU<br />
(Berlin) besprachen, in Bewegung. BANDAU zeigte in ihrer Analyse von Mayra<br />
Monteros Tú, la oscuridad und César Airas La liebre diverse narrative Strategien<br />
auf, durch die die Themen der intensiven Suche, des Drangs nach naturwissenschaftlicher<br />
Erkenntnis, des Aufeinanderprallens konkurrierender Naturbilder<br />
und Wirklichkeitsmodelle sowie des prekär gewordenen Überlebens<br />
Intensivierung finden. Die Eigenschaften des Schmetterlings, so MARTINA<br />
MEIDL in der Analyse von José Manuel Prietos Livadia, fungieren als métaphore<br />
obsédante, die sich auf diversen Ebenen der Wahrnehmung des Protagonisten<br />
und Ich-Erzählers – Exilkubaner, Schmuggler im postkommunistischen<br />
Europa, Schmetterlingsjäger – entfaltet.<br />
Der Verlust menschlicher Handlungsfähigkeit und Selbstbestimmung und<br />
das Ausgeliefertsein an (andere) Menschen stand im Zentrum des Vortrags von<br />
CHRISTOPHER F. LAFERL (Salzburg), der die Thematik des Hirntods und des<br />
Wachkomas in drei Filmen Pedro Almodóvars analysierte. Identitäten im Prozess<br />
standen im Zentrum des Vortrags von MARINA NÚÑEZ (Pontevedra), be-