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Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern eine ... - Biglen

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Oh du fröhliche..<br />

Eine Weihnachtsgeschichte von<br />

Ursula Buhlinger, <strong>Biglen</strong><br />

Olga hat soeben am Radio das Wort zum neuen<br />

Tag gehört. „Es braucht so wenig, <strong>eine</strong>m<br />

Mitmenschen <strong>eine</strong> Freude zu bereiten, oft reicht<br />

schon ein fre<strong>und</strong>liches Lächeln“ war die<br />

Botschaft. Wenn das so einfach wäre, murmelt<br />

Olga „Jetzt ist es schon länger als ein Jahr her,<br />

dass m<strong>eine</strong> Nachbarin Erna nicht mehr mit mir<br />

spricht. Und alles nur wegen m<strong>eine</strong>m<br />

Quittenbaum, der ansch<strong>eine</strong>nd ein bisschen zu<br />

nahe an der Grenze steht. M<strong>eine</strong>twegen könnten<br />

wir die Früchte gerne teilen. – Jetzt, wo wieder<br />

die heilige Zeit naht, lastet dieser Unfriede ganz<br />

besonders auf m<strong>eine</strong>r Seele.“<br />

Olga muss ein paar Einkäufe erledigen: Kerzen,<br />

Trockenfrüchte, Zimtstangen <strong>und</strong> Wiskas für<br />

ihren vierbeinigen Liebling Mizi. Warm<br />

angezogen wagt sie sich ins Schneegestöber<br />

<strong>und</strong> wälzt unterwegs die alljährlich<br />

wiederkehrende Frage: Was schenke ich wem<br />

Hoppla, jetzt wäre sie fast über den Suppentopf<br />

der Heilsarmee gestolpert. Sie spendet <strong>eine</strong>n<br />

Obulus <strong>und</strong> geht weiter. Obdachlose fragen nach<br />

ein bisschen Münz für die Notschlafstelle.<br />

„Vielleicht kümmert sich ja die Heilsarmee um<br />

diese Menschen“ denkt Olga, im übrigen hat sie<br />

gerade k<strong>eine</strong> Münzen griffbereit.<br />

Daheim findet sie im Briefkasten <strong>eine</strong> Einladung<br />

zur Senioren-Weihnachtsfeier.<br />

„Ob Erna da wohl hingeht Auf k<strong>eine</strong>n Fall will<br />

ich dort mir ihr zusammentreffen, es wäre zu<br />

peinlich“ sinniert Olga. „Aber eigentlich würde ich<br />

schon gerne teilnehmen, es gibt immer ganz<br />

f<strong>eine</strong>n Christstollen zum Tee. Auch die<br />

Blockflötenmelodien <strong>und</strong> die weihnächtlichen<br />

Geschichten gefallen mir jeweils. Ich bin richtig in<br />

der Zwickmühle.“<br />

Beim Stöbern im Wandschrank stösst Olga auf<br />

<strong>eine</strong>n alten Hut, den noch ihre Mutter getragen<br />

hat. Auch ein Muff aus Kaninchenfell kommt zum<br />

Vorschein. Sie setzt den Hut zum Spass auf.<br />

„Eigentlich wirkt der ganz modern, den könnte<br />

ich doch tragen. Den Muff schenke ich m<strong>eine</strong>r<br />

Nichte, die steht auf Retromode.“<br />

Das Telefon klingelt. Als Olga abnimmt, stockt ihr<br />

der Atem. Erna ist dran. „Hör zu, Olga, es lässt<br />

mir k<strong>eine</strong> Ruhe mehr. Ich muss unbedingt mit dir<br />

reden. Letzte Nacht hatte ich <strong>eine</strong>n Traum. Du<br />

standest im Garten, hattest <strong>eine</strong> Motorsäge in<br />

den Händen <strong>und</strong> warst im Begriff, den<br />

Quittenbaum abzusägen. Ich schrie aus<br />

Leibeskräften „hör auf damit“, aber du hast dich<br />

gebückt <strong>und</strong> gesägt, bis der schöne Baum<br />

krachend zu Boden fiel. Dann bin ich<br />

schweisstriefend erwacht. Es tut mir so leid, dass<br />

ich mich so stur verhalten habe. Im Gr<strong>und</strong>e<br />

erfreue ich mich doch auch jedes Frühjahr an<br />

den zarten Blüten d<strong>eine</strong>s Quittenbaumes. Im<br />

Traum habe ich nun gesehen, welch wüste<br />

Lücke entstehen würde, wenn der Baum nicht<br />

mehr da wäre. Du hast ja sogar vorgeschlagen,<br />

dass du mir jedes Jahr ein paar Gläser<br />

Quittengelée über den Gartenhag schenken<br />

würdest. Wollen wir nicht wieder Frieden<br />

schliessen“<br />

Olga hat sich inzwischen soweit gefasst, dass sie<br />

antworten kann: „Nichts lieber als das, Erna, du<br />

hast ja k<strong>eine</strong> Ahnung wie froh ich bin. Übrigens,<br />

hast du auch <strong>eine</strong> Einladung für die Senioren-<br />

Weihnachtsfeier erhalten Da könnten wir doch<br />

zusammen hingehen. Was meinst du“ „Das ist<br />

<strong>eine</strong> gute Idee. Ich habe noch ein Paar<br />

handgestrickte Socken, die ich fürs<br />

Glücksfischen spendieren kann. Also,<br />

abgemacht, wir treffen uns am Freitag um viertel<br />

vor zwei.“<br />

„Mizi, du kannst dir nicht vorstellen, wie leicht mir<br />

ums Herz ist. Nun brauche ich nicht mehr jedes<br />

Mal abzuklären, ob Erna vielleicht gerade<br />

draussen ist, bevor ich mit dem Abfall zum<br />

Kompost gehe. Ich freue mich so, dass der Streit<br />

beigelegt ist. Du musst auch etwas von m<strong>eine</strong>m<br />

Glück spüren, die bekommt heute <strong>eine</strong> extra<br />

grosse Portion Wiskas. Stimmt es eigentlich,<br />

dass Katzen das kaufen würden“ Mizi ist heute<br />

nicht besonders mitteilsam, schleckt aber mit<br />

Genuss ihren Futternapf leer.<br />

Zwei Tage später überlegt Olga länger also<br />

gewöhnlich, was sie für die Feier anziehen<br />

könnte. Wie wär’s mit grauen Hosen dem<br />

dunkelroten Pulli Da käme das silberne Collier,<br />

das sie von ihrer Mutter geerbt hat, schön zur<br />

Geltung.<br />

Punkt viertel von zwei sieht sie Erna aus der Tür<br />

kommen. Sie gibt sich <strong>eine</strong>n Ruck <strong>und</strong> geht auf<br />

die Nachbarin zu. „Wie konnten wir den Streit nur<br />

so lange anstehen lassen Ich verstehe es heute<br />

nicht mehr“, sagt Erna. „Schwamm drüber,<br />

Hauptsache, wir verstehen uns jetzt wieder.“<br />

Einträchtig machen sich die beiden auf den Weg<br />

<strong>und</strong> geniessen die besinnliche Feier. Am Schluss<br />

stimmen sie aus voller Kehle ein „...<strong>und</strong> Frieden<br />

auf Erden“.

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