magazin für lebensaspekte und glauben 0113 - Stiftung Gott hilft
magazin für lebensaspekte und glauben 0113 - Stiftung Gott hilft
magazin für lebensaspekte und glauben 0113 - Stiftung Gott hilft
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
LEITARTIKEL// DIE STIFTUNGSGESCHICHTE ALS HOFFNUNGSGESCHICHTE<br />
Die <strong>Stiftung</strong>sgeschichte als<br />
Hoffnungsgeschichte<br />
Daniel Zindel, Gesamtleiter <strong>Stiftung</strong> <strong>Gott</strong> <strong>hilft</strong><br />
Das Jahresthema 2013 der <strong>Stiftung</strong> <strong>Gott</strong><br />
<strong>hilft</strong> heisst „Hoffnigsgschichta“. Zu diesem<br />
Thema sprach der Gesamtleiter der <strong>Stiftung</strong><br />
<strong>Gott</strong> <strong>hilft</strong> am <strong>Stiftung</strong>sapéro 2013 zum<br />
Jahresbeginn in Chur:<br />
Das ist mein Wunsch zum Neuen Jahr für<br />
uns alle: „Der <strong>Gott</strong> der Hoffnung aber erfülle<br />
euch mit aller Freude <strong>und</strong> allem Frieden im<br />
Glauben, den er euch schenkt, <strong>und</strong> ihr werdet<br />
im Überfluss teilhaben an der Hoffnung<br />
durch die Kraft des Heiligen Geistes“<br />
(Römer 15,13).<br />
Emils Geschichte beginnt wenig<br />
hoffnungsvoll: Er fühlt sich schon früh<br />
unverstanden.<br />
Emils Geschichte beginnt wenig hoffnungsvoll:<br />
Er fühlt sich schon früh unverstanden.<br />
In der Schule lernt er zwar leicht, aber im<br />
Gymnasium hat er Mühe. Er bezieht oft<br />
Strafen. Der Strafzettel muss jeweils von<br />
seinem Vater unterschrieben werden. Dann<br />
gibt es zuhause nochmals eine Strafportion<br />
obendrauf. Er rebelliert, weil die Lehrer<br />
die Kinder der Reichen bevorzugen. Die<br />
schulische Situation eskaliert. Emil verweigert<br />
sich <strong>und</strong> haut ab.<br />
Tagelang wird er polizeilich gesucht. Vermisstmeldungen<br />
erscheinen in der Zeitung.<br />
Er wird gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> fliegt von der Schule.<br />
Emil macht sich selbst <strong>und</strong> Anderen schwere<br />
Vorwürfe. Depressive Verstimmungen folgen.<br />
Nur noch Selbstmordgeschichten erregen<br />
sein Interesse. „Unerträglich erschien<br />
mir das Leben. Ich war bereit, es wegzuwerfen.“<br />
Seine Wut richtet sich gegen innen <strong>und</strong><br />
aussen. Nach einem besonders heftigen<br />
Wutausbruch wird er gefesselt in eine Spitalzelle<br />
gebracht. Die Eltern ziehen ins Ausland<br />
um. Er bleibt bei den Grosseltern zurück<br />
<strong>und</strong> beginnt eine Konditorlehre, die er<br />
bald abbricht. Er ist physisch <strong>und</strong> psychisch<br />
am Ende.<br />
Eines Tages besucht er seine Eltern, die er<br />
mehrere Jahre nicht mehr gesehen hat. Sie<br />
leben jetzt in Zürich. Am ersten Abend hört<br />
er „lebhafte“ Musik auf der Strasse. „Wohl<br />
hatte mir der Arzt verordnet, jeder Menschenansammlung<br />
aus dem Wege zu gehen.<br />
Ist es zu verw<strong>und</strong>ern, dass die fröhlichen<br />
Klänge mich dennoch anzogen Ich fand<br />
eine Strassenversammlung, wie ich sie nie<br />
zuvor gesehen hatte. Es war die Heilsarmee,<br />
eine kleine, mutige Schar, umgeben von einer<br />
spottenden Menge. Kaum wagte ich hinzutreten,<br />
aus Furcht, ich könnte einen der<br />
geworfenen Steine zu spüren bekommen.<br />
Die glücklichen Gesichter inmitten eines<br />
Kreises von lärmenden <strong>und</strong> höhnenden Menschen<br />
gaben mir ein beredtes Zeugnis von<br />
einer lebendigen Religion, wie ich sie bisher<br />
noch nicht gekannt hatte. Hier spürte ich<br />
etwas von göttlicher Kraft, von jenem Frieden,<br />
nach dem ich schon lange hungerte. An<br />
jenem Abend ging mir ein Licht im Dunkeln,<br />
ein Hoffnungsstern auf.“ Eine Hoffnungsgeschichte<br />
beginnt im Leben des zukünftigen<br />
Bündner Heimpioniers Emil Rupflin.<br />
Es ist ein Teil unseres Jobs, ja unserer<br />
Berufung, eine Quelle der Hoffnung<br />
für Andere zu sein.<br />
Ressourcen der Hoffnung<br />
Ressourcen der Hoffnung: Das kann ein<br />
Fre<strong>und</strong> sein, der unerschütterlich zu mir<br />
steht. Oder Fachpersonen, die mich professionell<br />
begleiten. Oder die Pfadfindergruppe.<br />
Vielen Menschen geht der Hoffnungsstern<br />
auf, weil sie ihrer Liebe gef<strong>und</strong>en haben. –<br />
Es ist ein Teil unseres Jobs, ja unserer Berufung,<br />
eine Quelle der Hoffnung für Andere<br />
zu sein.<br />
Emils persönliche Ressourcen sind gering.<br />
Auch das elterliche Umfeld am neuen Wohnort<br />
in Zürich hat wenig zu bieten. Der Vater,<br />
ein schwerer Alkoholiker, verlässt die Familie<br />
<strong>und</strong> zieht ins Ausland. Der Konkursbeamte<br />
meldet sich regelmässig. Am Schluss nimmt<br />
er die letzten Habseligkeiten mit. Der Abwart<br />
durchschneidet im Hof des Hauses,<br />
mitten in der Stadt Zürich, die Wäscheseile,<br />
Er entdeckt die Ressource der<br />
Spiritualität<br />
an denen die Wäsche von K<strong>und</strong>en hängt.<br />
Emil erinnert sich: „Wir wohnten damals im<br />
Erdgeschoss an einer belebten Strasse. Als<br />
wir uns auf so schreckliche Weise einer<br />
rasch zusammengelaufenen Menschenmenge<br />
blossgestellt sahen, wollte das Mutterherz<br />
in Verzweiflung beinahe brechen.“<br />
Und dennoch beginnt mit Emil eine Hoffnungsgeschichte,<br />
denn er entdeckt die Ressource<br />
der Spiritualität. Der <strong>Gott</strong> der Hoffnung<br />
tritt in der Kraft des Heiligen Geistes in<br />
seine verpfuschte Existenz. Der Tag rückt<br />
näher, wo Emil die demütigende Erfahrung<br />
des Privatkonkurses umdeuten kann. Später<br />
kann er sagen: „Wie dankbar bin ich, dass<br />
ich mich durch dieses Erleben lebhaft in die<br />
Lage armer Kinder aus Trinkerfamilien versetzen<br />
kann, für die ja häufig an unsere Türe<br />
geklopft wird.“<br />
Hoffnung – eine innere,<br />
emotionale <strong>und</strong> handlungsleitende<br />
Ausrichtung<br />
Ich weiss nicht, wie es Ihnen gerade geht.<br />
Was in Ihrer Familie gerade läuft. Welche<br />
offenen oder verborgen Lasten Sie tragen<br />
müssen. Jeder Mensch trägt seine Bürde.<br />
Jeder Mensch trägt seine Bürde.<br />
Wir alle haben unsere Themen, wo wir<br />
versucht sind, zu resignieren.<br />
Wir alle haben unsere Themen, wo wir versucht<br />
sind, zu resignieren. Es gibt Momente,<br />
wo wir aus allem drauslaufen möchten. Doch<br />
wir haben einen <strong>Gott</strong>, der in seinem Wesen<br />
Hoffnung ist. Der Himmel besteht aus einem<br />
Ozean voller Hoffnung. Und dieser <strong>Gott</strong> der<br />
Hoffnung schenkt Ihnen durch seinen Heiligen<br />
Geist Hoffnungsimpulse. Nach meiner<br />
Erfahrung nicht im Voraus, aber just in time:<br />
„Du, steh doch wieder auf. Ich komme doch<br />
mit dir durch all das Schwierige in diesem<br />
Jahr. Was für dich ein so grosses Problem<br />
ist, ich stehe darüber. Vertrau mir.“<br />
Die Spiritualität setzt Widerstandskraft <strong>und</strong><br />
Hoffnung frei. Das Wort Hoffnung kommt<br />
aus dem mittelniederdeutschen „hopen“.<br />
Das Wort hüpfen ist damit verwandt. Wenn<br />
du hoffst, zappelst du vor Erwartung. Wer<br />
hofft, hat eine positive Erwartungshaltung.<br />
Etwas Gutes wird in Zukunft eintreten, ohne<br />
dass jetzt schon eine wirkliche Gewissheit<br />
darüber besteht. Hoffnung macht uns unverwüstlich.<br />
„Hoffnung lässt nicht zuschanden<br />
werden“, sagt Paulus. Unsere afrikanischen<br />
Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter übersetzen<br />
„hoffen“ mit „durch den Horizont schauen“.<br />
Ich selber stehe als Leiter manchmal vor<br />
Bergen <strong>und</strong> blicke nicht durch. Wie gut,<br />
wenn wir durch die Hoffnung eine emotiona-<br />
6