22.01.2015 Aufrufe

Periurbanisierung/Rurbanisierung ... - Ralph Buchfelder

Periurbanisierung/Rurbanisierung ... - Ralph Buchfelder

Periurbanisierung/Rurbanisierung ... - Ralph Buchfelder

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Hausarbeit<br />

<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong>:<br />

jüngste Prozesse in der Stadtentwicklung<br />

- Proseminar Frankreich -<br />

Regensburg,<br />

11.06.2004<br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong> (<strong>Ralph</strong>.<strong>Buchfelder</strong>@gmx.net)<br />

Matrikelnummer 120 4847<br />

Diplom Geographie – 2. Fachsemester


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

Gliederung<br />

1 Definitorische Abgrenzung 3<br />

1.1 Stadtbegriff 3<br />

1.2 Exurbanisierung in deutscher Terminologie 3<br />

1.3 <strong>Periurbanisierung</strong> in französischer Terminologie 4<br />

2 <strong>Periurbanisierung</strong> in Frankreich 5<br />

2.1 Zonale Siedlungseinteilung 5<br />

2.2 Historische Entwicklung 6<br />

2.3 <strong>Periurbanisierung</strong> effektiv 8<br />

2.4 Gründe der Bevölkerungsdezentralisierung 9<br />

2.5 Projektion der Entwicklung in ein Phasenmodell 11<br />

3 Fazit und Ausblick 12<br />

4 Literaturverzeichnis 14<br />

5 Abbildungsverzeichnis 15<br />

Proseminar Frankreich -2- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

1 Definitorische Abgrenzung<br />

02.02.2006<br />

P<br />

eriurbanisierung ist eine Form der physiognomischen Verstädterung, also eine<br />

Ausprägung der Urbanisierung als Städtewachstum und Umstrukturierung.<br />

Der Begriff findet in der deutschen Literatur selten Verwendung, allenfalls in<br />

Ausführungen zur regionalen Geographie Frankreichs, Belgiens oder der Schweiz. Zu deutsch<br />

wird der als inhaltlich gleich eingestufte Prozess der Sub- und Exurbanisierung (vgl. HEINEBERG<br />

2001, S.42) verwendet – was jedoch nicht im Sinne der Erfinder der „périurbanisation“ war.<br />

<strong>Rurbanisierung</strong> ist ein Kunstwort aus rural (ländlich) und urban (städtisch) – im Deutschen<br />

ebenfalls kaum gebräuchlich -, das „die Ausbildung neuer, zwischen Stadt und Land<br />

stehender Bevölkerungs-, Wirtschafts- und Sozialstrukturen in den Randzonen der<br />

Verdichtungsräume bezeichnet. Im Gegensatz zur Urbanisierung soll das Fortbestehen<br />

ländlicher Teilstrukturen ausgedrückt werden“ (LESER 2001,S. 721).<br />

1.1 Stadtbegriff<br />

Da wir im Folgenden immer wieder von der französischen Stadt bzw. der Stadtregion oder<br />

einem Agglomerationsraum sprechen und die deutschen Definitionen hierfür nicht gültig sind,<br />

möchte ich eine Einführung in die siedlungsgeographische Terminologie Frankreichs geben.<br />

Historisch problematisch ist der Fakt, dass bis 1968 keine einheitliche Definition der Stadt unter<br />

den Gebietskörperschaften herrschte. Das Institut nationale de la statistique et des études<br />

économiques (INSEE) führte letztendlich den Begriff unité urbaine ein – einem Raum, der<br />

administrativ einer Gemeinde (ville isolée) oder mehreren Gemeinden (agglomération urbaine<br />

multicommunale) zugeordnet ist. Als statistische Grundlage bzw. Anforderung dient die zone<br />

batie mit einem Gebäudeabstand kleiner 200m [ausgenommen Hafenanlagen, Parks, etc.]<br />

sowie einer Mindestgröße von 2000 Einwohnern (vgl. KLASEN 1972, S.111).<br />

1.2 Exurbanisierung in deutscher Terminologie<br />

Auch bei den Prozessen herrschen Begrifflichkeitsunterschiede. Suburbanisierung wird „als<br />

Expansion der Städte [hochindustrialisierter Länder] in ihr jeweiliges Umland“ mit positivem<br />

Wanderungssaldo im suburbanen Raum definiert. Kennzeichen sind eine „intraregionale<br />

Dekonzentration von Bevölkerung, Arbeitsplätzen und Infrastruktur“ [funktionale<br />

Umgliederung], wobei ein absoluter oder zumindest relativer Bedeutungsverlust der Kernstadt<br />

(-städte) einhergeht (vgl. HEINEBERG 2001, S.40f).<br />

Proseminar Frankreich -3- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

Erfolgt die Flächenausdehnung über den suburbanen Raum hinaus in zwischenstädtischen<br />

oder ländlich strukturierten Regionen mit fortbestehender Arbeitsplatzbindung an die (Groß-)<br />

Stadtregion [Berufspendlerverkehr], dann spricht man hierzulande von Exurbanisierung.<br />

1.3 <strong>Periurbanisierung</strong> in französischer Terminologie<br />

In der Stadtforschung Frankreichs wurde in den 60ern der Terminus <strong>Periurbanisierung</strong><br />

(périurbanisation) zur Beschreibung der baulichen und sozio-ökonomischen Umformung über<br />

suburbane Grenzen hinweg eingeführt.<br />

Aydalot/Garnier und Schuler (siehe Kasten) geben<br />

ansatzweise zwei Definitionen für periurbane Räume – nur<br />

lassen diese noch keine Differenzierung zur Exurbanisierung<br />

zu, sind unzureichend konkret und vermischen harte und<br />

weiche Faktoren.<br />

Nach Jacques Longchamp ist <strong>Periurbanisierung</strong> ein Aspekt<br />

der Exurbanisierung, bei dem nicht nur der Stadtrand<br />

sondern auch der ländliche Raum mit einbezogen wird<br />

(vgl. LONGCHAMP 1989, S.16). Exurbanisierung wird im<br />

französischen also eher als Überbegriff der<br />

Siedlungsdezentralisierung verstanden.<br />

Periurbane Räume:<br />

„Periurbane Gemeinden (communes<br />

périurbaines) sind nach P. Aydalot/A.<br />

Garnier (...) gekennzeichnet durch:<br />

- unzusammenhängend bebaute<br />

Flächen,<br />

- das Eindringen städtischer<br />

Wohnweisen in ländliches Milieu,<br />

- eine räumliche Trennung zwischen der<br />

(periurbanen) Wohnfunktion und der<br />

ländlichen Funktionen,<br />

- eine Ausbreitung über nicht-urbane<br />

Räume. Derartige Gemeinden bestehen<br />

- hauptsächlich aus mehr oder weniger<br />

räumlich<br />

begrenzten<br />

Einfamilienhauszonen.<br />

<strong>Rurbanisierung</strong> und <strong>Periurbanisierung</strong> werden synonym<br />

verwendet (vgl. LONGCHAMP 1989, S.26). Die urbanen<br />

Bewohner der ruralen Peripherie werden im Französischen<br />

als „rurbains“ bezeichnet (vgl. L'Académie de Dijon). Es gibt<br />

keine terminologisch individuelle Einordnung der<br />

rurbanisation.<br />

Im Querschnitt findet dieser Siedlungsprozess der<br />

Wohnbevölkerungsdekonzentration in allen westlichen<br />

hochindustrialisierten Nationen statt – in der Bundesrepublik Deutschland spricht man von<br />

Zersiedelung und Exurbanisierung, in den USA sprengt der urban sprawl die Siedlungsgrenzen,<br />

und in Frankreich erobert die périurbanisation den ländlichen Raum.<br />

Nach M. Schuler (...) gilt:<br />

Periurbane Zonen oder Gebiete sind<br />

Räume mit Einfamilienhauszonen im<br />

landwirtschaftlichen Umfeld. Sie sind<br />

gekennzeichnet durch niedrige<br />

Bebauungsdichte, Bebauung jüngeren<br />

Datums, innere Homogenität und<br />

allenfalls die Nähe zu unüberbautem<br />

Gelände. Ihre Lage zur Kernstadt ist<br />

dabei sehr variabel: teilweise auf deren<br />

Territorium selbst oder in den<br />

Erweiterungszonen suburbaner<br />

Gemeinden, teilweise im weiteren<br />

Stadtumland oder gar in bedeutender<br />

Distanz zum Zentrum gelegen.“<br />

(HEINEBERG 2001, S. 43)<br />

Dieses Phänomen ist jedoch nicht auf Westeuropa oder Nordamerika beschränkt –<br />

unabhängig von kulturellen Begebenheiten, politischen oder wirtschaftlichen Systemen und<br />

der äußerlich variierenden Erscheinungsform ist es stets auf einen gemeinsamen Nenner<br />

zurückzuführen: den psychologischen Drang zum Eigenheim/Selbstverwirklichung und der<br />

gesteigerten Mobilität/Individualverkehr (vgl. LONGCHAMP 1989, S.340). Auf das<br />

Proseminar Frankreich -4- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

Zusammenspiel einzelner wirtschaftlicher und sozialer Faktoren soll an späterer Stelle<br />

eingegangen werden.<br />

2 <strong>Periurbanisierung</strong> in Frankreich<br />

2.1 Zonale Siedlungseinteilung<br />

Zum Verständnis der zonalen Siedlungseinteilung soll hier die offizielle Raumgliederung zonage<br />

en aires urbaines (ZAU) des INSEE eingeführt werden. In den folgenden Abschnitten werden<br />

deren Raumbezeichnungen angewandt.<br />

Zur einheitlichen Klassifizierung und Typologisierung über administrative Grenzen der régions<br />

und départements hinweg wurde eine quantitative Nomenklatur des INSEE auf Basis der<br />

Volkszählung von 1990 entworfen. Die «Composition communale du zonage en aires urbaines:<br />

population et délimitation 1990» vom April 1997 gibt eine Einteilung mittels Arbeitsplatzstruktur<br />

(Erwerbstätige eines Raumes und deren Beschäftigungsstandort) in urbane und rurale Klassen<br />

vor [siehe auch INSEE Première n° 516 «Pôles urbains et périurbanisation. Le zonage en aires<br />

urbaines», sowie Abbildungsverzeichnis Karte 2].<br />

Quelle: eigene Darstellung nach INSEE n° 516<br />

Die urbanen Klassen sind: die Kernstädte ville centre,<br />

gefolgt von den Randbereichen banlieues, welche<br />

gemeinsam den pôl urbain darstellen. Derzeit umfassen 354<br />

Städtepole 36 Mio. Einwohner. Zusammen mit dem<br />

unipolarisierten (Arbeitsplatz im nächstgelegenen Pol)<br />

Kriterien:<br />

1) pôles urbains:<br />

städtische Gebiete mit mehr als 5000<br />

Arbeitsplätzen<br />

2) couronnes périurbaines:<br />

ländlicher Raum oder städtisches<br />

Gebiet in dem mindestens 40% der<br />

erwerbstätigen Wohnbevölkerung in<br />

einem pôl urbain oder dessen<br />

Einzugsgebiet arbeiten<br />

3) communes multipolarisées:<br />

ländlicher Raum oder städtisches<br />

Gebiet außerhalb der aires urbaines,<br />

in dem mindestens 40% der<br />

erwerbstätigen Wohnbevölkerung in<br />

den umliegenden aires urbaines<br />

arbeiten<br />

(vgl. INSEE n° 765)<br />

periurbanen Ring couronne périurbaine [9 Mio. Einwohner] spricht man von der aire urbaine.<br />

Die aire urbaine wiederum ist umringt von den communes multipolarisées [3 Mio. Einwohner] –<br />

Gemeinden, welche den periurbanen Raum titulieren, jedoch mit Arbeitsplätzen in mehreren<br />

beliebigen umliegenden Polen. Uni- und multipolarisierte Gemeinden bezeichnet man auch<br />

als communes périurbaines. Der ländliche Raum mit rund 21.000 Gemeinden und knapp 1000<br />

unités urbaines wird l’espace à dominante rurale genannt [10,5 Mio. Einwohner 18% bei 70%<br />

Proseminar Frankreich -5- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

der Fläche] - der gesamte nichtländliche Raum entspricht 48 Mio. Einwohnern (82%) bei 30%<br />

der Fläche [Stand 1999] (vgl. INSEE n° 765).<br />

Die ruralen Klassen (les pôles ruraux, le rural sous faible influence urbaine, la périphérie des<br />

pôles ruraux, le rural isolé) seien dem interessierten Nachleser vorbehalten.<br />

Parallel zur ZAU existiert noch eine konkurrierende Raumgliederung der délégation à<br />

l’aménagement du territoire et à l’action régionale (DATAR). In der Etude Datar 09/2003<br />

werden «Les trois nouveaux visages de la France rurale» vorgestellt - die ländliche<br />

Dreigliederung in les campagnes des villes, les campagnes fragiles und les nouvelles<br />

campagnes (siehe Abbildungsverzeichnis Karte 4). Als Untergruppe der campagnes des villes<br />

findet man le rural périurbain à fonction résidentielle dominante – den periurbanen Raum. In<br />

deren deskriptiver Definition wird er mit folgenden Merkmalen umschrieben: Ländlicher Raum<br />

mit überdurchschnittlicher Bevölkerungsdichte von 195 Ew./km² [ Ø 64 Ew./km²], wenig<br />

landwirtschaftliche Bevölkerung, relativ geringe Überalterung, hoher Kfz-Besitzanteil [90%<br />

besitzen mindestens 1 Auto], viele Wohnungsneubauten und 50% Familienanteil mit Kindern<br />

(vgl. DATAR).<br />

2.2 Historische Entwicklung<br />

Wie bereits im vorangegangenen Referat von Peter Breuer erklärt, sind die Städte das<br />

Auffangbecken der Landflucht - initiiert durch die Industrialisierung ab Ende des 18.<br />

Jahrhunderts und den Bedeutungsrückgang in der Landwirtschaft aufgrund Mechanisierung,<br />

Automatisierung und Chemieeinsatz. Immigrantenströme, die Rückkehr aus Kolonien und die<br />

Babyboomer-Generation (1946-1970) verschärfen die Problematik. In den 60ern verzeichnen<br />

die Städte immer noch ein 2%iges Wachstum pro Jahr (vgl. INSEE n°535).<br />

Der Buchtitel „Paris und die französische Wüste“ von Jean Gravier (1947) gibt wörtlich die<br />

Bevölkerungskonzentration und die regionale Disparität zur Metropole wieder.<br />

Bevölkerungsverteilung infolge der Urbanisierung<br />

l’espace rurale<br />

aires urbaines<br />

1850* 75% 25%<br />

1930* 50% 50%<br />

1999 23% 77%<br />

* ungefähre Angaben, da zu diesem Zeitpunkt noch keine statistische Definition des Stadtbegriffs vorlag<br />

Quelle: eigene Darstellung nach INSEE n°535,765<br />

Proseminar Frankreich -6- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

Ab 1850 setzt mit der Dezentralisierung statushoher Wohnbevölkerung in die Stadtrandgebiete<br />

die Suburbanisierung ein. Diese Schicht besitzt das nötige Einkommen bzw. die Mobilität, um<br />

den Faktor der Arbeitsplatzgebundenheit und der Transportkosten für sich zu minimieren.<br />

Zeitlich versetzt folgen flächenextensive Industriezweige, sowie Mittel- und Unterschichten<br />

bedingt durch sozialen Wandel, Flächendruck und wirtschaftlichen Aufschwung in den freien<br />

Raum. [Eine tertiäre Suburbanisierung findet erst später im Rahmen der Tertiärisierung statt; vgl.<br />

Referat von Stella Romahn]. Unterdessen hält der Zuzug in die Städte [Urbanisierung] aufgrund<br />

des l’èxode rurale (Landflucht) an.<br />

In Nordamerika und vielen europäischen Staaten einschließlich Frankreich lässt die<br />

Urbanisierungstendenz Ende der 60er nach – zeitgleich mit der beginnenden weltweiten<br />

wirtschaftlichen Rezession seit 1973. Die verstärkte Bevölkerungs- und<br />

Beschäftigungsdezentralisierung ist jedoch keine Folgeerscheinung der globalen Ökonomie<br />

sondern vielmehr ein Resultat veränderter Lebensbedingungen und Wertschöpfung, und<br />

dem Wandel der Standortfaktoren für Industrie und Gewerbe.<br />

Die 1963 gegründete Raumordnungsbehörde délégation à l’aménagement du territoire et à<br />

l’action régionale (DATAR) 1 kontert der Dezentralisierung mit planerischen Mitteln:<br />

Wiederbelebung von Gleichgewichtsmetropolen (métropoles d’équilibres), Pariser<br />

Leitlinienplan und Selbstverwaltungsrechten für die 1956 aufgestellten 22 Programmregionen.<br />

Die villes nouvelles des Pariser Leitlinienplans von 1965 sind der Versuch, den<br />

Bedeutungsüberschuss der Oberzentren abzufedern und Ausgleichspole mit eigener,<br />

unabhängiger Infrastruktur sowie stabilem Arbeitsplatzangebot zu kreieren.<br />

1 Mit frei einsetzbaren Interventionsfonds, primär zur Überwindung von Strukturschwächen und räumlichen Disparitäten;<br />

ab 1970 wegen Weltwirtschaftskrise nur noch „Feuerwehr für soziale Brände“ (LASSERRE/SCHILD/UTERWEDDE 1997,<br />

S.167)<br />

Proseminar Frankreich -7- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

Der Trend hin zur ruralen Peripherie ist allerdings ein<br />

jüngerer: Ausgangspunkt ist die région parisienne gegen<br />

Ende der 60er; zehn Jahre später ist der Zuzug in den<br />

ländlichen Raum in allen großen europäischen und<br />

nordamerikanischen Städten ausgeprägt.<br />

In den Jahren 1968 bis 1975 verdoppeln sich die<br />

Zuwachsraten der communes périurbaines. Es folgen die<br />

Agglomerationen von Lyon, Marseille, Montpellier,<br />

Rennes und Besançon. Dem Norden und Osten<br />

widerfährt dieser Prozess erst Ende der 70er. In den 80ern<br />

entwickelt sich die <strong>Periurbanisierung</strong> regional differenziert:<br />

während sie im Großteil des Landes die Beschäftigung<br />

und damit den Rückhalt an einer Kernstadt hält,<br />

Quelle: INSEE n° 535<br />

diffundiert die Siedlermasse um Paris und im Südosten des<br />

Landes (Lyon, Marseille und andere Mittelmeerküstenstädte) sowie in kleinem Maße im Westen<br />

unkontrolliert in das Einzugsgebiet anderer städtischer Pole. Zur Veranschaulichung der<br />

neuesten Entwicklung von 1990 bis 1999 siehe Karte 2 und 3 im Abbildungsverzeichnis [die<br />

Daten sind zur Verwendung in GIS auch als dBase-Datei vom INSEE beziehbar].<br />

2.3 <strong>Periurbanisierung</strong> effektiv<br />

In den Jahren 1962 bis 1975 verdichtet sich das<br />

Arbeitsplatzangebot in den Kernstädten von 62% auf fast 70%<br />

des national Gesamten. Von 1975 bis 1990 profitieren die<br />

banlieues stärker von Zuwächsen im Jobangebot denn ihre<br />

Zentren. Die Steigerung bewirkt Zuzüge aus dem ländlichen<br />

Raum in die Stadtregion, wobei diese bedingt durch ihre<br />

eigene Verdichtung und Flächenmangel die Bevölkerung in die<br />

Peripherie drückt („pousser les habitants vers la périphérie“<br />

INSEE n°535).<br />

Von 1962 bis 1990 nimmt der Zahl der Erwerbstätigen in den<br />

communes périurbaines um 75% zu, die Arbeitsplätze nur um<br />

7% – inklusive einer 230%igen Steigerung des Pendleranteils<br />

Quelle: INSEE n° 535<br />

[isoliert in den couronnes périurbaines betrachtet sogar 420%; vgl. Abbildung 3]. Die<br />

Arbeitsplätze außerhalb des Wohnorts nehmen 1999 61% ein [1990: 52%], die durchschnittliche<br />

Distanz zum Arbeitsort stieg von 1982 13km auf 1990 14km bis 1999 15km.<br />

Zwischen 1975 und 1982 verloren die villes centres größer 100.000 Einwohnern -0,64% pro Jahr.<br />

Im Gegenzug wuchsen der Stadtrand mit +0,83% und das Umland mit +2,85%. Von 1990 bis<br />

1999 ergibt sich infolge der <strong>Periurbanisierung</strong> eine Zunahme der population urbaine von 2,3<br />

Proseminar Frankreich -8- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

Mio. gegenüber einer Abnahme von –400.000 bei der population rurale. Generell weisen alle<br />

aires urbaines positive Migrationssalden auf, bis auf die île de Paris und den Nordosten [letztere<br />

wegen industrieller Ausrichtung]. Schwerpunktgebiete des Prozesses sind immer noch die<br />

Agglomerationen von Paris [rückläufig], Lyon und Marseille, aber auch die Grenze zu<br />

Deutschland und der Schweiz, sowie Nord-pas-de-Calais.<br />

Die Intensität ist regional differenziert: Beispielsweise hat Paris mit über 10 Mio. Einwohnern nur<br />

9,5% Bevölkerungsanteil im couronne périurbaine [Marseille 8,5%; Lyon 16,3%]; andererseits gibt<br />

es Städte mit einem periurbanen Einwohneranteil größer 40% - vor allem in Provence-Alpes-<br />

Cote-d’Azur und Nord-pas-de-Calais (vgl. INSEE n°535; Stand 1990).<br />

Bei den Umzugsstatistiken fällt auf, dass ein Großteil der Zuzüge<br />

in Wohnungen ab fünf Zimmern, sowie in Eigentumswohnungen<br />

und Eigenheime auf die communes périurbaines entfallen. Die<br />

durchschnittliche Personenzahl je Umzug erreicht im<br />

periurbanen Raum fast drei, in den Stadtkernen lediglich 2,2 bis<br />

2,3 – was sich damit begründen lässt, dass intakte Familien mit<br />

gesichertem Einkommen wegen Raummangel das Zentrum<br />

verlassen. Man findet hier den größten Anteil der unter<br />

20jährigen trotz geringerer Natalität. 40% der Mehr-Auto-Besitzer<br />

befinden sich in den communes périurbaines (ville centre 15%;<br />

banlieue 25%) (vgl. INSEE n°535; Stand 1990).<br />

Die periurbane Wirtschaft ist ähnlich heterogen diversifiziert wie<br />

Quelle: INSEE n° 535<br />

in den Zentren, lediglich die Bauindustrie hebt sich mit 12% der<br />

Arbeitsplätze in den couronnes périurbaines gegenüber dem nationalen Niveau von 7,4%<br />

hervor (pôles urbains 6,5%) (vgl. INSEE n° 535, 870).<br />

Kennzeichen der périurbanisation ist also ‚Wohnfunktion außerhalb - Arbeitsplätze in der Stadt’.<br />

Der typische rurbain ist ein junger erwachsener Hauseigentümer mit Kindern, technischem<br />

Abschluss oder maîtrise, arbeitet im Dienstleistungssektor und besitzt zwei Autos (vgl. INSEE<br />

n°535).<br />

2.4 Gründe der Bevölkerungsdezentralisierung<br />

Die Auslöser und Gründe für den fortschreitenden <strong>Periurbanisierung</strong>sprozess sind vielschichtig,<br />

rückgekoppelt und bedingen sich teilweise selbst.<br />

Zunächst fällt Frankreichs Bevölkerungsentwicklung auf. Landflucht (l’exode rurale),<br />

Immigranten und Heimkehrer aus den Kolonien, sowie die Baby-Boomer-Phase (1946-1970) –<br />

aber auch das absolute Wachstum von 13 ‰, welches Familien unter Berücksichtigung der<br />

Miet- und Grundstückspreise in den pôles urbains vor ein höheres Platzbedürfnis stellt, fördern<br />

den Raumanspruch. Die Wohnungsbaupolitik hat außerdem bei ähnlicher<br />

Proseminar Frankreich -9- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

Bevölkerungsentwicklung wie in Deutschland seit dem zweiten Weltkrieg nicht einmal halb so<br />

viele Mieteinheiten im Rahmen des sozialen Mietskasernenbaus bereitgestellt – und wenn,<br />

dann wurden sie, um Geld zu sparen, am Stadtrand erschaffen, was den Flächendruck<br />

verstärkt.<br />

Mit steigender Prosperität vollzog sich ein sozialer Wandel. Man spricht von einer qualitativen<br />

Degradation des städtischen Lebensstils bedingt durch alte Bausubstanz, veralterte<br />

Infrastruktur und unzureichende Verkehrsanbindung. Es folgt ein Empfindungswechsel, die<br />

Stadt sei altmodisch, träge, rückständig. Aus der Anhebung des Lebensstandards des<br />

Durchschnittsbürgers resultiert ein höheres Freiheitsbedürfnis - persönliche Selbstverwirklichung<br />

im Raum (Eigenbestimmung des Lebensniveaus versus Fremdbestimmung in der Stadt).<br />

Parallel dazu steigt die Zahl der Singlehaushalte wegen Zunahme der Scheidungen (42%<br />

Scheidungsrate; 1970: 395.000 Heiraten bei 39.000 Scheidungen, 2000: 285.000 Heiraten bei<br />

120.000 Scheidungen), und die Zahl der einelterlichen Familien hat sich binnen der<br />

vergangenen 30 Jahre verdoppelt (1968 : 660.000<br />

Über 75 Jahre Davon Alleinstehend<br />

1999: 1.300.000). Hinzu kommt eine Überalterung der 1960 2,3 Mio. 0,85 Mio.<br />

Bevölkerung mit Trend zum Alleinstehenden (siehe 2000 4 Mio. 1,5 Mio.<br />

2020 6 Mio. 3 Mio.<br />

Tabelle; vgl. KLASEN 1972, S. 109ff.).<br />

Gesteigerter Motorisierungsgrad plus mehr Individualverkehr [Gleitzeit, Freizeitgestaltung]<br />

widerspiegeln die Mobilität der Bevölkerung genauso wie die hohe Affinität zum<br />

Wohnungswechsel (1990 bis 2000 sind 6 von 10 Franzosen umgezogen).<br />

Der Infrastrukturausbau am Stadtrand und in der Peripherie ermöglicht eine äquivalente<br />

Versorgung (Wasser- und Energie; auf mobilisierte Bevölkerung zugeschnittenes Netz an superund<br />

hypermarchés seit 1958, vgl. KLASEN 1972, S.113) verbunden mit Verlagerung der<br />

Hauptverkehrsachsen an den Stadtrand.<br />

Die industrielle Vergangenheit schuf Ungunsträume mit Altlasten, Brachflächen, alter<br />

Bausubstanz und strukturschwache bzw. monostrukturierte Bergbau-/Montanindustriegebiete,<br />

welche das Image eines Raumes (Stadtbild) und die Lebensqualität senken.<br />

Der Wandel der Wirtschaft hin zu Automation und Spezialisierung erfordert neue Standorte<br />

(Umweltauflagen, Grundstückspreise), neue Angebotsformen (Fach- und Verbrauchermärkte,<br />

Einkaufszentren) an Individualverkehrsachsen. Die Einzel- und Luxusartikelproduktion ist weniger<br />

auf vielfache Arbeiternähe angewiesen denn Massenfertigung.<br />

Neue Marktzweige infolge der Tertiärisierung resultierten in der sogenannten tertiären<br />

Suburbanisierung – der Verlagerung von Dienstleistungen und Gewerbe an den Stadtrand,<br />

und damit verbunden einem näheren Jobangebot für den ländlichen Raum. Unterstützt wird<br />

die Betriebsumsiedlung aus den villes centres heraus durch die angesprochenen politischen<br />

Maßnahmen der Dezentralisierung, insbesondere der Vergabe günstiger Kredite,<br />

Steuerentlastungen, u.ä. [Beispiel Gebühren für Erweiterung/Neuansiedlung in Paris ab 1955,<br />

vgl. LASSERRE/SCHILD/UTERWEDDE, S.166]. Zudem machen Informatik und Telekommunikation<br />

Standortfaktoren ubiquitär. Telearbeitsplätze mittelständischer bis großer Betriebe verdrängen<br />

Proseminar Frankreich -10- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

den Faktor Distanz, wobei aber auch hier wiederum nur eine besserverdienende Schicht in den<br />

Genuss der Heimarbeit kommt.<br />

Verstärkend wirkt die Wahl von Altersruhesitzen und Zweitwohnsitzen in klimatisch<br />

angenehmeren Regionen bzw. in natürlicherer Umwelt, jedoch in ausreichender Nähe zu<br />

Stadtregionen für die Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte.<br />

Altersruhesitze und „ü60-Singles“ nehmen bei stetiger Überalterung zu. 1990 waren 19,9 % der<br />

Bevölkerung über 60, 1999 waren es 21,3% [12,5 Mio.] - wohingegen die unter 20jährigen 1990<br />

26,5 %der Bevölkerung repräsentierten, gegenüber 1999 24,6 % [14,4 Mio.]. Zum Vergleich: In<br />

den 60ern lag der Anteil des «troisième âge» (über 65) noch unter 15% (vgl. KLASEN, S.112).<br />

Laut INSEE social n° 16 könnte 2035 die Geburten- die Sterberate unterschreiten.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass infolge veränderter Lebensbedingungen und –<br />

standards Wohngebiete, Gewerbe- und Industrieparks an Stadträndern oder in der Peripherie<br />

entstehen. Industrien und Gewerbe verschaffen sich dort in einer Eigendynamik<br />

Agglomerationsvorteile und gegenseitig erhöhte Nachfrage, wohingegen das weitläufige<br />

infrastrukturell komplett erschlossene Umland mit ausgeprägter Individualverkehrsausrichtung<br />

genug Reserven für den gesteigerten Flächenbedarf der Wohnbesiedelung bietet (vgl. INSEE<br />

n° 870).<br />

2.5 Projektion der Entwicklung in ein Phasenmodell<br />

Verschiedene Modelle zur Stadtentwicklung beschreiben die Prozessfolge der<br />

Siedlungsentwicklung, darunter das Phasenmodell von Agglomerationsräumen nach Gaebe<br />

(inhaltlich gleichzusetzen mit den theoretischen Überlegungen Aydalot’s zur croissance et<br />

déclin urbains; vgl. LONGCHAMP 1989, S.17).<br />

Phase (1) Urbanisierung:<br />

Bevölkerung und Wirtschaft<br />

waren stark konzentriert, da<br />

Einkommen und Verkehrsnetz<br />

nur arbeitsplatznahe<br />

Wohnungen zuließen.<br />

Phase (2) Suburbanisierung:<br />

Dekonzentration von<br />

Bevölkerung<br />

und<br />

Arbeitsplätzen. Fortzüge<br />

Phasenmodell von Agglomerationsräumen Quelle: HEINEBERG 2001, S.53<br />

wohlhabender Haushalte an<br />

den Stadtrand, später gefolgt von Industrie, Mittel- und Unterschichten, sowie zuletzt des<br />

Gewerbe- und Dienstleistungssektors.<br />

Proseminar Frankreich -11- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

Phase (3) Desurbanisierung: Absolute Bevölkerungs- und Beschäftigungsabnahme im<br />

gesamten Agglomerationsraum, da die Zunahme im Umland die Verluste in der Kernstadt<br />

nicht mehr ausgleicht. Im angelsächsischen Vokabular treten counterurbanization und<br />

migration reversal an die Stelle der desurbanization.<br />

Im französischen Modell [nach Aydalot] tritt die périurbanisation an die Stelle der<br />

Desurbanisierung, einhergehend mit absolutem Bevölkerungs- und ggf. auch<br />

Beschäftigungswachstum in der Peripherie. Nach Gaebe ist die <strong>Periurbanisierung</strong> möglicher<br />

Bestandteil der Dezentralisierung (sowohl Phase 2 als auch 3).<br />

Phase (4) Reurbanisierung: Relative Bevölkerungs- und Beschäftigtenzunahme in der Kernstadt,<br />

infolge neuer Wertschöpfung durch private und öffentliche Erhaltungs- und<br />

Erneuerungsinvestitionen seit den 70ern. Oft verdrängen die kostenintensiven Umbauten<br />

einkommensschwache Schichten – sogenannter Prozess der gentrification (Veredelung) in den<br />

Zentren (vgl. HEINEBERG 2001, S.53).<br />

Die Phasen müssen nicht zwangsweise chronologisch abfolgen, und können auch einzeln oder<br />

gleichzeitig auftreten.<br />

Eine Bestätigung dieses Modells ergibt sich seit den 90ern - Reurbanisierung stellt sich in den<br />

villes centres und einigen banlieues (sogenannte banlieus dynamiques; vgl. INSEE n° 336b) ein.<br />

Trotz der sich überlagernden Urbanisierung/Suburbanisierung/<strong>Periurbanisierung</strong> konnten die<br />

villes centres von 1990 bis 1999 ein +0,15%iges Wachstum verzeichnen. Renovierung der<br />

Innenstädte, Flächenumwidmungen und exklusive Neubauten entsprechen der gentrification<br />

(vgl. HEINEBERG 2001, S.54f.).<br />

Die Angaben über die communes périurbaines sind in dieser Periode weitaus diffuser; der<br />

Migrationssaldo ist heute oft sehr klein oder gleich null. Von einem Ende der <strong>Periurbanisierung</strong><br />

kann man jedoch nicht definitiv sprechen, denn die in jetzt den poles urbaines wohnhaften<br />

Studenten/Schüler sind teils die Kinder der <strong>Periurbanisierung</strong>sgeneration von 1975-82.<br />

3 Fazit und Ausblick<br />

Die <strong>Periurbanisierung</strong> kann kurzgefasst als demographischer Druck der Städte in Richtung<br />

Peripherie verstanden werden, bei dem sich die Wohnbevölkerung im ländlichen Raum<br />

niederlässt, jedoch immer noch in der Agglomeration arbeitet. Den Höchststand erreichte<br />

dieser Prozess zwischen 1975 und 1982 mit anschließendem Einbruch. Infolge der<br />

périurbanisation verändert sich die soziale (Arbeits-)Struktur und die Gemeinden verlieren ihre<br />

landwirtschaftliche Ausrichtung. Auslöser sind der wirtschaftliche und soziale Wandel, sowie die<br />

Suche nach günstigem Baugrund (vgl. L'Académie de Dijon).<br />

Proseminar Frankreich -12- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

Beim Lesen dieser Arbeit fällt sofort die unterschiedliche Definitions- und Terminologiebasis auf.<br />

Direkte Vergleiche, zum Beispiel zwischen dem Stadtregionenmodell von Boustedt (vgl.<br />

HEINEBERG 2001, S.55f.) und der zonage en aires urbaines sind nicht möglich. Auch die für<br />

Deutschland durch das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) seit 1986 gültige<br />

Gliederung in siedlungsstrukturelle Gebietstypen ist nicht kompatibel. Näherungsweise wären<br />

die deutschen Pendants „verstädterte Räume mittlerer Dichte mit & ohne große Oberzentren“<br />

(Stufe II, 2&3 der Regionstypen; vgl. HEINEBERG 2001, S.61).<br />

Von wissenschaftlicher Seite wurde 1976 noch der Erfolg der <strong>Periurbanisierung</strong> angezweifelt, da<br />

infrastrukturelle Nachteile für Familien indiskutabel seien (Bauer und Roux; vgl. LONGCHAMP<br />

1989, S.27ff.). Die Akzeptanz des täglichen Pendlerverkehrs und erschwingliche<br />

Individualmobilität schufen dennoch parallel zur fortdauernden Verstädterung eine Umkehr<br />

der Wohnbevölkerungsmigration in Richtung ländlicher Raum.<br />

Das heutige Bild an Siedlungsprozessen ist stark durchmischt, weswegen ich von einem<br />

Prozesspluralismus sprechen möchte. Urbanisierung, Suburbanisierung und Reurbanisierung<br />

überlagern sich und existieren unabhängig voneinander – je nach sozialem Status oder der<br />

Arbeitsplatzsituation.<br />

Offen bleibt die Frage der Verträglichkeit des Flächenkonsums für Wirtschaft und Umwelt.<br />

Die Kosten des Infrastrukturausbaus und der Erschließung sind immens, ökologische<br />

Auswirkungen kann man am urban sprawl in den Vereinigten Staaten beobachten. Das<br />

Funktionieren basiert rein auf Transportmitteln, und diese wiederum auf Öl.<br />

Theoretisch sind Stadt und Land Antagonisten. Solange Bauern Profit daraus schlagen können,<br />

ihre Flächen zu verkaufen wird kein Nutzungskonflikt entbrennen - aber später Wie fügt sich<br />

der urbane Lebensstil in den ländlichen Raum ein bzw. welche Veränderungen bringt er für<br />

den Lebensstandard einschließlich vermehrter Luxusgüter im ländlichen Raum Noch spricht<br />

die DATAR von campagnes fragiles und rural en transition. Was kommt danach Verarmung,<br />

soziale Spaltung<br />

Und was geschieht mit Siedlungsflächen, die in 100 Jahren aufgegeben werden und als<br />

Immobilien uninteressant sind, da noch Reserven im ländlichen Raum existieren In der Stadt<br />

wird wegen Flächenmangels „notgedrungen“ renoviert oder abgerissen und neugebaut...<br />

Proseminar Frankreich -13- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

Literaturverzeichnis<br />

BARRÈRE, P./ CASSOU-MOUNAT, M. (1980): Les villes françaises. Paris.<br />

DÉZERT, B./ METTON, A./ STEINBERG, J. (1991): La périurbanisation en France. Paris.<br />

HEINEBERG, H. (2001): Grundriß Allgemeine Geographie. Stadtgeographie. Paderborn. 2.<br />

Auflage.<br />

KLASEN, J. (1972): Urbanisierung in Frankreich. Bevölkerungs-, wirtschafts- und<br />

sozialgeographische Aspekte. In: Ruppert, K./ Schaffer, F./ Thiel, E. (Hrsg.): Bevölkerungs- und<br />

Sozialgeographie. Deutscher Geographentag in Erlangen 1971: 109-116. (=Münchner Studien<br />

zur Sozial- und Wirtschaftsgeographie, Bd. 8).<br />

LASSERRE, R./ SCHILD, J./ UTERWEDDE, H. (1997): Frankreich – Politik, Wirtschaft, Gesellschaft.<br />

(=Grundwissen Politik, Bd. 19).<br />

LESER, H. (Hrsg.) (2001): Wörterbuch Allgemeine Geographie. München. 12. Auflage.<br />

LONGCHAMP, J. (1989): La périurbanisation dans l’ouest lémanique. Lausanne.<br />

RUDOLPH-CLEFF, A. (1996): Wohnungspolitik und Stadtentwicklung. Ein deutsch-französischer<br />

Vergleich. (=Stadtforschung aktuell, Bd. 55).<br />

Internet:<br />

DATAR: http://www.datar.gouv.fr/Datar_Site/Datar_ssc.nsf/64a47503db3<br />

0cd8dc1256591003bd380/5504d85919bdec46c1256bad00490d04/$FILE/p1192.pdf<br />

[Stand 17.06.2004].<br />

INSEE: http://www.insee.fr [Stand 17.06.2004].<br />

- Publications n° 294, 295, 307, 336b, 516a, 535, 607, 663, 664, 765, 767, 789, 870, 875, 903.<br />

- Insee résultats société n°16.<br />

L'Académie de Dijon: http://webpublic.ac-dijon.fr/pedago/histgeo/Enseigner/Archives/<br />

Auxerrois/ periurb2.htm [Stand 23.07.2004].<br />

L'Académie de Limoges: http://www.educreuse23.ac-limoges.fr/loewy/siglim/cartes_ZAU.htm<br />

[Stand 17.06.2004].<br />

Proseminar Frankreich -14- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

Karte 1<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Zonage des aires urbaines<br />

Quelle: L'Académie de Limoges<br />

Proseminar Frankreich -15- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

Karte 2<br />

Zonage des aires urbaines<br />

Quelle: L'Académie de Limoges<br />

Proseminar Frankreich -16- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

Karte 3<br />

Zonage des aires urbaines<br />

Quelle: L'Académie de Limoges<br />

Proseminar Frankreich -17- Dr. Lasch


<strong>Periurbanisierung</strong>/<strong>Rurbanisierung</strong><br />

<strong>Ralph</strong> <strong>Buchfelder</strong><br />

Regensburg, 27.07.2004 1204847<br />

Karte 4<br />

Etude Datar 09/2003: Les trois nouveaux visages de la France rurale<br />

Quelle: Datar<br />

Proseminar Frankreich -18- Dr. Lasch

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!