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Lebe wild und unbändig - Handgeschrieben

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Schreibwerkstattgeschichten<br />

<strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig<br />

Hrsg. Sabrina G<strong>und</strong>ert<br />

1 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


© Sabrina G<strong>und</strong>ert, 2013, Meersburg, Deutschland<br />

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen <strong>und</strong> sonstige Kommunikationsmittel,<br />

fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.<br />

Herausgeberin <strong>und</strong> Fotografin:<br />

Sabrina G<strong>und</strong>ert<br />

Dornerweg 28<br />

88709 Meersburg<br />

E-Mail: sabrina@handgeschrieben.de<br />

Webseite: www.handgeschrieben.de<br />

2 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


VORWORT <strong>und</strong> DANK<br />

Dieses E-Book ist ein Geschenk. Ein Geschenk an dich, liebe Leserin, lieber Leser, denn es ist<br />

entstanden aus der Kreativen Online-Schreibwerkstatt „<strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig“ von April<br />

bis Juni 2013 auf handgeschrieben.de. Autorinnen aus Deutschland, Österreich, Italien,<br />

Estland, Qatar <strong>und</strong> der Schweiz haben mit ihren eigenen Geschichten daran mitgewebt <strong>und</strong><br />

somit ein ganz einzigartiges Schreibwerkstattgeschichtenbuch entstehen lassen.<br />

Ganz herzlich möchte ich euch, liebe Schreiberinnen, für das Teilen eurer Geschichten – in<br />

der Werkstatt <strong>und</strong> nun öffentlich in diesem E-Book – danken. Nicht alle Teilnehmerinnen der<br />

Schreibwerkstatt sind auch in diesem Buch vertreten. Manche schreiben lieber für sich <strong>und</strong><br />

doch sind auch sie natürlich in den Dank <strong>und</strong> dieses E-Book eingeschlossen.<br />

Viel Freude beim Lesen wünsche ich dir, liebe Leserin, lieber Leser. Mögest du durch die<br />

Geschichten den Duft des Wilden <strong>und</strong> Unbändigen erahnen, der uns acht Wochen lang durch<br />

diese Frühlings-Sommerzeit getragen hat.<br />

Sabrina G<strong>und</strong>ert<br />

3 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


4 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


ALTERN<br />

Nein, nicht jung <strong>und</strong> unbändig!<br />

Die Fohlen auf der frischen Wiese springen sehen<br />

<strong>und</strong> die Müdigkeit spüren. Den Abstand zwischen den Jahren<br />

der Wildheit, der Dummheit, des kopflosen Agierens <strong>und</strong><br />

dieses stillen Hinschauens wahrnehmen.<br />

Nein, nicht <strong>wild</strong>, nicht unbändig. Eine große Stille breitet sich aus.<br />

Das Ich ist nicht mehr wichtig, muss nicht seinen Veitstanz<br />

der <strong>Lebe</strong>nsbewältigung aufführen.<br />

Betrachtendes gewinnt Raum.<br />

All die jungen Menschen in ihrem <strong>Lebe</strong>nsdrang fre<strong>und</strong>lich<br />

ansehen können. Nicht mehr mitmischen müssen.<br />

Beschaulichkeit. Ja, das ruhige Beschauen der quirligen Welt,<br />

immer weiter rückt sie ab, weiter wird der Horizont.<br />

Immer größer der Überblick.<br />

Nein, keine Trauer! Fre<strong>und</strong>liches, ja liebevolles Zusehen.<br />

In den Hintergr<strong>und</strong> treten können, fast verschwinden.<br />

Ist das alles<br />

Nein, nur die eine Seite. Weit öffnet sich die Tür nach innen.<br />

Ruhiges Wandern durch die Speicherräume des <strong>Lebe</strong>ns.<br />

Bedächtiges In-die Hand-nehmen einzelner Stücke:<br />

Frohes, Verrücktes, Seufzer, ach ja, auch Tränen.<br />

Ein ganzes Jahr lang Tränen! Ein ganzes Jahr lang<br />

5 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


auf der Stelle treten. So jung, so dumm, so wenig Person.<br />

Die dunklen Räume der inneren Grotte sehen, mit fragenden Augen,<br />

leisem, amüsierten Kopfschütteln. So <strong>wild</strong>, so anstrengend,<br />

so unbewusst.<br />

Abfall <strong>und</strong> Schätze eines vergangenen <strong>Lebe</strong>ns.<br />

Abgefallenes, Abgelebtes, überflüssig Gewordenes.<br />

Und dann das Leuchten: Hier <strong>und</strong> da ein Glimmen, das Glühen<br />

einer unvergänglichen Erfahrung. Ewigkeitsgefühl in diesem <strong>Lebe</strong>n.<br />

Plötzlich ein helles Aufleuchten, das kommt schon jahrelang:<br />

Malen, malen, malen.<br />

Auf riesiger Leinwand Sand streuen <strong>und</strong> den dunklen Staub<br />

der Pinienkerne. Mit großem Pinsel darübertanzen, fette Kleckse heruntertropfen lassen.<br />

Rot, rot, rot. Unbändig, jawohl: unbändig den Kopf hin <strong>und</strong> her schütteln, alle Haare im<br />

Drehen fliegen lassen.<br />

Abheben <strong>und</strong> mit blauen Füßen wieder landen!<br />

Auf den Bauch platschen, nackt. Ein Ganzkörperbild, erkennbar am Abdruck der<br />

aufliegenden Stellen.<br />

Hohlräume, Aussparungen, Farbloses: Ergänzung des Ganzen.<br />

Los kommt, werft euch auf mein Bild, malt mit!<br />

Ein kunterbuntes Menschenbild, Farbnuancen ohne Zahl.<br />

Wortfetzen, auch sie landen zwischen den Farben;<br />

Töne, in Noten eingeb<strong>und</strong>en, Fingerspuren, die Linien ziehen.<br />

Was für eine <strong>Lebe</strong>nscollage!<br />

6 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Wild <strong>und</strong> herrlich <strong>und</strong> – schön.<br />

Susanne Sorgenfrei<br />

7 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


DIE GESCHICHTE DER KOLIBRIKÖNIGIN UND DES<br />

SCHMETTERLINGSPRINZEN<br />

Es war einmal eine Königin die lebte vor langer, langer Zeit in einem gar w<strong>und</strong>ersamen<br />

Lande. Sie hatte sehr jung von Ihrem Vater das Königreich übernommen <strong>und</strong> ihren Mann<br />

früh verloren <strong>und</strong> musste so ihre beiden Kinder alleine großziehen. Was ihr mit Hilfe ihrer<br />

Eltern sehr gut gelang. Sie war zufrieden so wie es war, die Untertanen fühlten sich wohl in<br />

ihrem Reich.<br />

Das einzige was jedoch von Zeit zu Zeit die Zufriedenheit aller bedrückt war, dass am Rande<br />

des Königreiches ein mächtiger Zauberer lebte, der immer wieder kleine Kinder stahl <strong>und</strong><br />

sie in seinen Palast entführte <strong>und</strong> keines der Kinder kehrte je wieder zurück. Die Bevölkerung<br />

hatte keine Möglichkeit gegen den Zauberer vorzugehen, denn er beschützte sie im<br />

Gegenzug gegen feindliche Übergriffe aus den angrenzenden Königreichen, wo ganz <strong>wild</strong>e<br />

<strong>und</strong> grausame Menschen lebten. Die Kinder waren sozusagen der Tribut den alle zollen<br />

mussten.<br />

Es gab jedoch ein Geheimnis das nur der alte König kannte…<br />

Der König merkte, dass seine Tochter wie gesagt zwar sehr zufrieden war, dass jedoch die<br />

Liebe in ihrem <strong>Lebe</strong>n fehlte. So machte er sich zu dem mächtigen Zauberer Miraxim auf um<br />

ihn um Hilfe zu bitten, da er ja wusste, dass dieser gar nicht so böse, sondern sehr weise war<br />

<strong>und</strong> es den Kindern dort sehr gut ging, <strong>und</strong> diese zu besonderen Menschen mit besonderen<br />

Fähigkeiten ausgebildet wurden, um dann unerkannt unter allen anderen Bewohnern im<br />

Königreich ihre Weisheit <strong>und</strong> ihre Kreativität auszubreiten, um dort zu helfen wo es wirklich<br />

8 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


wichtig war. Nicht alle Kinder waren dieser Aufgabe auch immer gewachsen <strong>und</strong> so manches<br />

Kind wurde dann wieder gef<strong>und</strong>en, manchmal schon im Alter von 14 Jahren manche erst als<br />

Erwachsene <strong>und</strong> diese hatten dann ihr Gedächtnis verloren <strong>und</strong> wussten nichts mehr von<br />

ihrer Zeit bei dem Zauberer. Alle fanden jedoch immer eine Familie, die sie aufnahm, bzw.<br />

wurden am Königshof aufgenommen.<br />

Nun nach tagelangem Ritt in unwegsamen Gelände erreichte der König endlich den Palast<br />

Miraxims <strong>und</strong> erzählte ihm seine Sorgen: „Meine Tochter ist eine w<strong>und</strong>erbare Königin, doch<br />

sie lässt die Liebe nicht an sich heran <strong>und</strong> keiner der Prinzen oder Edelleute, die<br />

vorbeikommen, konnte je ihr Herz erreichen. Vielleicht hast du in deinem Reich einen Mann,<br />

der ihr ebenbürtig ist. Miraxim dachte lange nach <strong>und</strong> dann meinte er: Ja es gibt einen<br />

jungen Mann der wäre etwas für sie, ich überlasse ihn dir, er trägt im Herzen einen<br />

Schmetterling <strong>und</strong> da deine Tochter im Herzen einen ganz kleinen, zarten Kolibri trägt, denke<br />

ich passen, die beiden gut zusammen. Sie werden ganz w<strong>und</strong>erbare Dinge erträumen<br />

können, sie vielleicht auch erleben … mal sehen. Doch eine Warnung gebe ich dir mit auf den<br />

Weg, du musst auf den Schmetterling in seinem Herzen sehr gut achtgeben, denn wenn er<br />

vergisst wer er im Herzen ist, dann gibt es für ihn keinen Weg zurück bzw. wird dann der<br />

Zauber der Liebe enden. Und wie soll ich das machen, fragte der König. Das überlasse ich<br />

deiner Weisheit, denn auch du hast die gleichen Zauberkräfte wie ich, nur hast du sie bis<br />

heute nicht verwendet. Es ist nie zu spät, deine Kraft <strong>und</strong> auch deine Talente noch sinnvoll<br />

im Rahmen der Liebe zu verwenden …. Denke daran <strong>und</strong> bedenke wohl was du erreichen<br />

willst, muss immer auch zum Wohle der anderen geschehen ….. denn sonst gelingt es nicht<br />

….. wandeln wird sich immer alles, das ist der Lauf des <strong>Lebe</strong>ns … Eine Bedingung gibt es<br />

jedoch noch, er – der junge Mann kann immer nur für einige Zeit bei euch weilen, er muss,<br />

da er noch in Ausbildung ist, immer wieder zu mir zurück – er wird wissen wann es Zeit ist,<br />

9 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


<strong>und</strong> das musst du deiner Tochter klar machen, sie muss ihn immer wieder gehen lassen. Nun<br />

gehe in Frieden!<br />

Der alte König nahm Jeremias so hieß der junge Mann mit. Jeremias, war groß, hatte dunkle,<br />

rehbraune Augen, ein lustiges Lachen <strong>und</strong> verstand sich gut auf die Kunst des Erzählens <strong>und</strong><br />

hatte viel von den spirituellen Weisheiten vom großen Zauberer schon gelernt. Da der alte<br />

Geschichtenerzähler vor Kurzem gestorben war, passte es ganz gut, so dass er seinen Platz<br />

einnehmen konnte. Und wie es das Schicksal so wollte, war die Königin vom ersten<br />

Augenblick an von Jeremias fasziniert. Die beiden hatten sofort einen Draht zueinander …<br />

<strong>und</strong> es dauerte nicht lange da war Andira, die Königin, total verliebt in ihn. Und noch eine<br />

Besonderheit hatte dieses Königreich. Wenn zwei Menschen sich ineinander verliebten,<br />

dann verliebten sich auch die Herzenstiere ineinander <strong>und</strong> wurden so aus dem Herzen<br />

befreit <strong>und</strong> wurden Wirklichkeit. Und so begab es sich, dass Andiras Kolibri <strong>und</strong> Jeremias<br />

Schmetterling über die Blumenwiesen des Königreiches dahinschwirrten, tobten,<br />

schaukelten <strong>und</strong> verliebt in einer w<strong>und</strong>erschönen großen Blüte turtelten. All die Blüten <strong>und</strong><br />

Blumen bogen sich vor Freude <strong>und</strong> Lachen, so ungestüm waren die beiden, dass tausende<br />

von Blütenpollen umherschwirrten <strong>und</strong> im Jahr darauf gab es die üppigsten <strong>und</strong> buntesten,<br />

am besten duftenden Wiesen, so w<strong>und</strong>erbar wie noch niemals zuvor. Nach einiger Zeit<br />

vernahm Jeremias jedoch im Inneren den Ruf des Zauberers <strong>und</strong> musste wieder zu Miraxim<br />

zurückkehren, er versprach jedoch bald wieder zu kommen. Sie hatte die schönste Zeit ihres<br />

<strong>Lebe</strong>ns mit ihm verlebt <strong>und</strong> es war ganz, ganz schwer sich von ihm zu trennen. Nun Andira<br />

glaubte ihm, jedoch war ihr Herz voller Kummer <strong>und</strong> tage- <strong>und</strong> nächtelang wartet sie auf ihn.<br />

In ihren Träumen besuchte sie ihn, legte sich in seine Arme, schaukelte wie in einem<br />

Blütenkelch hin <strong>und</strong> her, um dann wie so oft unter Tränen einzuschlafen. Sie vermisste ihn so<br />

sehr.<br />

10 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Sein Schmetterling war dageblieben <strong>und</strong> dieser hatte nach wie vor viel Spaß mit dem<br />

Kolibrimädchen. Sie machten Ausflüge auf sehr weit entfernte Wiesen <strong>und</strong> entdeckten ganz<br />

w<strong>und</strong>erbare neue Blüten. Und so geschah es, dass der Schmetterling eines Tages sich in<br />

einer Blüte versteckte. Andiras Kolibri suchte <strong>und</strong> suchte <strong>und</strong> suchte <strong>und</strong> fand ihn nicht, sie<br />

dachte er sei tot, gefressen von einem Untier. Mit gebrochenem Herzen <strong>und</strong> tiefster Trauer<br />

kehrte sie in den Königspalast zurück. Andira versuchte ihren Kolibri zu trösten, doch nichts<br />

half, dass Kolibrimädchen fraß nur mehr ganz wenig Honignektar <strong>und</strong> saß teilnahmslos in<br />

einer Blüte.<br />

Er der Schmetterling jedoch jagte einer anderen ganz verlockenden Schmetterlingsfrau<br />

hinterher <strong>und</strong> hatte sein Kolibrimädchen schon fast vergessen. Denn das Andere, das Neue<br />

war allzu verlockend.<br />

Der alte König war total erschrocken, als Jeremias Schmetterling nicht mehr zurückkehrte, da<br />

er an die Worte des Zauberers dachte. Im Lande des Zauberers vergaß Jeremias seine<br />

Andira, denn sein Schmetterling ging einen anderen Weg, der ihm noch verlockender<br />

erschien, es gab noch so viel zu entdecken, zu erleben, das Bekannte reizte ihn nicht mehr,<br />

weiter, weiter, weiter immer weiter weg führte ihn sein Weg ……<br />

Und so kam es, dass Jeremias im Lande des Zauberers bleiben musst, keine Erinnerung mehr<br />

an die Zeit mit Andira hatte <strong>und</strong> somit auch nicht mehr zu ihr zurückkehrte <strong>und</strong> sein<br />

Versprechen nicht einlösen konnte.<br />

Andira, wartete lange, lange Zeit vergeblich, sah ihr kleines Kolibrimädchen sterben …..<br />

11 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Der alte König fühlte sich zutiefst schuldig, da er seine Tochter in diese Situation gebracht<br />

hatte, er wusste nicht was er tun sollte, mit keiner Zauberkraft der Erde konnte er sie wieder<br />

glücklich machen.<br />

Das <strong>Lebe</strong>n selbst sorgte dafür, dass Andira wieder lächeln konnte:<br />

Eines Tages verirrte sich ein ganz winziges kleines, verlassenes Kolibrimädchen in ihren<br />

Garten <strong>und</strong> zwitschert ganz aufgeregt, weil es den Weg nach Hause vergessen hatte. Da<br />

Andira die Sprache der Kolibris kannte, sagt sie ihr, dass sie bleiben könne in diesem<br />

w<strong>und</strong>erbaren Garten <strong>und</strong> dass sie gut auf sie aufpassen würde. Ein paar Tage später fand<br />

Andira einen kleinen Schmetterling, der einen gebrochenen Flügel hatte, <strong>und</strong> durch ihre<br />

Liebe zu Jeremias verstand sie auch die Sprache der Schmetterlinge. Sie half dem kleinen<br />

Schmetterling – heilte seinen gebrochenen Flügel <strong>und</strong> versprach auch ihm gut auf ihn<br />

aufzupassen. Und so tobten im Frühjahr wieder ein Kolibrimädchen <strong>und</strong> ein<br />

Schmetterlingsjunge über die Wiesen, erzählten sich von Träumen, Spielen, Spaß <strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> ……………. <strong>und</strong> waren zufrieden <strong>und</strong> glücklich mit ihrem kleinen Reich, im Wissen darum<br />

dass ein liebender Mensch sie bewacht <strong>und</strong> behütet.<br />

Der alte König wusste jedoch, dass er sein Versprechen auf Jeremias Schmetterling gut<br />

aufzupassen halten musste. Seine Tochter hatte zwar „die Liebe“ nicht in ihrem <strong>Lebe</strong>n, aber<br />

war durch all das Erlebte zu einer innerlich sehr starken <strong>und</strong> doch sehr liebevollen Frau<br />

gereift, die viel Weisheit <strong>und</strong> altes Wissen in sich entdeckt hatte <strong>und</strong> die sich dem<br />

<strong>Lebe</strong>nsfluss hingab – <strong>und</strong> akzeptierte in welche Bahnen sie gelenkt wurde – so konnte der<br />

alte König beruhigt auf Reisen gehen.<br />

12 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Er suchte zunächst in allen Ecken seines Königreiches – dann in den benachbarten<br />

Königreichen – gar w<strong>und</strong>ersame Geschichten hörte er von dem „bunten Schmetterling“ –<br />

vieles davon wohl einfach auch nur erf<strong>und</strong>en …..<br />

Doch irgendwie konnte er ihn einfach nicht finden. Zu tiefst betrübt <strong>und</strong> traurig machte er<br />

sich auf die Rückreise <strong>und</strong> es war schon kurz vor Einbruch der Dunkelheit, da kam er an ein<br />

großes, schon etwas zerfallen wirkendes Schloss. Da es sehr kalt war, klopfte er an <strong>und</strong> bat<br />

um ein Nachtlager. Das Schloss wurde von einem alten Magier bewohnt, der einige<br />

merkwürdige Gestalten, „seine Zauberlehrlinge“, bei sich aufgenommen hatte. Im Hof des<br />

Schlosses hatte der Magier viele Käfige stehen in denen Tiere gefangen gehalten wurden.<br />

Falken, Adler, kleine Bären, viele kleine Vogelarten <strong>und</strong> sogar ein paar Schmetterlinge. Da<br />

der alte König die Sprache der Tiere verstand, hörte er das Klagen <strong>und</strong> die tiefe Traurigkeit<br />

aller Gefangenen. Plötzlich erkannte der König einen Schmetterling, ja es war der EINE, der<br />

besondere Schmetterling, den er gesucht hatte. Er kauerte verletzt, die Farben fast<br />

erloschen in der Ecke seines Käfigs. Das <strong>Lebe</strong>n hatte ihm, dem einst so Bew<strong>und</strong>erten gar<br />

übel mitgespielt <strong>und</strong> der Magier hatte ihm, mit dem Versprechen ihm zu helfen, in dieses<br />

Gefängnis gelockt um seine Kräfte für sich <strong>und</strong> seine Zauberlehrlinge zu gewinnen. Er war<br />

dabei sich aufzugeben. Der König erzählte dem Schmetterling, wer er war <strong>und</strong> warum sie<br />

sich hier begegneten <strong>und</strong> versprach ihm, ihn zu befreien <strong>und</strong> ihn wieder nach Hause zu<br />

bringen zu Jeremias <strong>und</strong> dem großen Zauberer. Zunächst wusste der König nicht was er tun<br />

sollte, wie er den Schmetterling befreien konnte, da die Käfige allesamt streng bewacht<br />

wurden. Doch plötzlich erinnerte er sich an die Worte des großen Zauberers. DU hast die<br />

gleichen Zauberkräfte wie ich. Und da wusste er was er tun musste. Er sprach ein paar<br />

mächtige Zauberworte <strong>und</strong> dieser Zauber versetzte alle in einen tiefen Schlaf, der jedoch<br />

nur ein paar St<strong>und</strong>en anhalten würde. Schnell nahm er dann behutsam den schon fast<br />

13 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


sterbenden Schmetterling, hüllte ihn in zarte Seide <strong>und</strong> ritt so schnell er konnte durch die<br />

kalte, stürmische Nacht um so viel wie möglich Distanz zwischen ihm <strong>und</strong> das dunkle<br />

Zauberschloss zu legen.<br />

Nach tagelangem Ritt <strong>und</strong> nur kurzen Pausen in denen er den Schmetterling immer wieder in<br />

Blütenkelche setze, damit dieser wieder ganz langsam zu Kräften kam, erreichte er endlich<br />

erschöpft das Schloss des großen Zauberes Miraxim <strong>und</strong> brachte den noch immer sehr, sehr<br />

schwachen Schmetterling Jeremias zurück. Jeremias war von der Flut der Erinnerungen, die<br />

so urplötzlich auf ihn einstürmten überwältigt <strong>und</strong> wurde schwer krank. Der alte König <strong>und</strong><br />

der große Zauberer standen ihm zur Seite <strong>und</strong> halfen ihm mit all den Erlebnissen, die sein<br />

Schmetterling erlebt hatte <strong>und</strong> die er nun auch verarbeiten musste, klar zu kommen. So<br />

kehrte auch die Erinnerung an Andira <strong>und</strong> den Spaß, die Liebe <strong>und</strong> die Freude, die er mit ihr<br />

erlebt hatte zurück. Doch der große Zauberer Miraxim, sagte, dass er noch hier bleiben<br />

muss, damit all die Schmerzen seines Schmetterlings heilen können.<br />

Der alte König erzählte Jeremias auch von Andira <strong>und</strong> dass der große Schmerz um den<br />

Verlust seiner Person <strong>und</strong> der Liebe, sie hatte noch mehr reifen lassen <strong>und</strong> dass sie jetzt das<br />

<strong>Lebe</strong>n nach vielen Tagen des Zweifelns, der Trauer, des Nichtverstehen-können so nimmt<br />

wie es sich Tag für Tag zeigt – mit großer Ruhe <strong>und</strong> dennoch auch die tiefe Traurigkeit, die<br />

manchmal auftaucht, zulassen kann. Er, der alte König weiß, dass es keinen Tag gibt an dem<br />

Andira nicht an Jeremias denkt … <strong>und</strong> auch das ist gut … wie es ist.<br />

So hat der alte König sein Versprechen erfüllt <strong>und</strong> Jeremias wieder mit seinem Schmetterling<br />

verb<strong>und</strong>en. Vor allem hat er erkannt, dass er nicht mehr in das <strong>Lebe</strong>n seiner Tochter<br />

eingreifen darf – die Liebe, die er für sie wollte, die hatte einen hohen Preis. Mit dem tiefen<br />

14 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Wissen, dass Gottes Wege <strong>und</strong>urchschaubar <strong>und</strong> wir letztendlich alle seine Werkzeuge sind,<br />

kehrte er zu seiner Tochter zurück.<br />

Andira freute sich sehr ihren Vater nach so langer Zeit wieder zu sehen <strong>und</strong> sie stellte keine<br />

Fragen, wo er so lange gewesen war – denn sie wusste, er hatte eine besondere Aufgabe zu<br />

erfüllen gehabt – sie wusste bereits um das Geheimnis das Jeremias <strong>und</strong> seinen<br />

Schmetterling umgab – im Traum hatte ihr Maria sehr verschlüsselt die „wahre Geschichte“<br />

erzählt.<br />

Und so wanderten der alte König <strong>und</strong> seine Tochter „die weise Königin“ am Strand entlang,<br />

sahen die Sonne blutrot im Meer versinken – <strong>und</strong> Andira sagte nur - Danke „Vater“ für alles!<br />

…… <strong>und</strong> sie meinte vor allem Gott damit.<br />

Beide knieten am Strand nieder – beteten stumm <strong>und</strong> andächtig <strong>und</strong> aus tiefstem Herzen<br />

bat Andira Gott auch Jeremias <strong>und</strong> seinen Schmetterling zu segnen <strong>und</strong> ihm auf seinem<br />

Wege beizustehen, wohin er auch führen möge…<br />

Regina Franzke<br />

15 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


ABENTEUER IM ALLTAG<br />

An vier verschiedenen Tagen habe ich mich voll dem Zähneputzen mehr oder weniger<br />

hingegeben, hier seht selbst!<br />

Zähneputzen I 16.5.13<br />

Lustlos nehme ich die Zahnbürste aus dem Becher – schön versteckt hinter dem linken Flügel<br />

des Spiegelschranks. Zahnpasta drauf – genauso routinemäßig – natürlich nachdem ich die<br />

Bürste das erste Mal unter den fließenden Wasserhahn gehalten habe.<br />

Und nun geputzt! Immer schön vom Zahnfleisch zu den Zähnen hin. Ein bisschen chaotisch<br />

fegt die Bürste durch das Gebiss – aber alle Flächen im Auge behaltend. Die Seiten r<strong>und</strong>um,<br />

oben <strong>und</strong> unten, die Kauflächen, die inneren Zahnhälse – das ist mir die unangenehmste<br />

Bürstenhaltung. Oh, nein, es sind noch keine 3 Minuten, also nochmal alles durchgewienert!<br />

Ich könnte noch ein bisschen schrubben, aber ich lass es gut sein! 1 1/2 Minuten vielleicht –<br />

bisschen schlechtes Gewissen eingeschlossen – das vergeht im Laufe des Tages.<br />

Nun den M<strong>und</strong> ausgespült mit dem Wasser aus der linken hohlen Handfläche, <strong>und</strong> jetzt mit<br />

Genuss ausgespuckt. Ja, komisch, echt, das macht Spaß, tatsächlich!<br />

Ordentlich wird die noch abzuspülende Zahnbürste wieder an ihren Platz gestellt <strong>und</strong> der<br />

M<strong>und</strong> mit dem Handtuch abgewischt, das Schnäuzchen – voll mit Schaum!<br />

Ein Blick in den Spiegel – nur auf den M<strong>und</strong> – das könnte eigentlich auch auf das ganze<br />

Gesicht erweitert werden – sozusagen als Morgengruß!<br />

Aber froh, diese Tat ist getan <strong>und</strong> ein bisschen mehr Freiheit von Pflichten für den Tag!<br />

16 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Denn Zähneputzen ist schon sowas wie eine heilige aller Pflichten – die erledigt werden<br />

„muss“ – ohne Kuss!!!!<br />

Zähneputzen II 17.5.13<br />

Ich nehme bewusst die Zahnbürste mit der linken Hand, gebe mit der anderen etwas<br />

ungelenk einen erbsengroßen Tropfen weiß-grüne Zahnpasta aus der fast leeren Tube auf<br />

die Borsten <strong>und</strong> bin überrascht, als ich wahrnehme, wie genau <strong>und</strong> strukturiert die Bürste<br />

ihren Weg über meine Kauwerkzeuge findet. Erst oben rechts die äußeren Zahnhälse – von<br />

„rot nach weiß“ –, dann links <strong>und</strong> nun – wie automatisch vorne!<br />

Es geht flüssig vonstatten <strong>und</strong> macht fast Spaß! Den Schaum nehme ich pfefferminzig<br />

angenehm wahr, er macht alles so w<strong>und</strong>erbar schlüpfrig!<br />

Die gleiche Prozedur führt die Zahnbürste nun unten im Kiefer durch – natürlich gebremst<br />

von meiner Hand, aber gefühlsmäßig betrachtet regiert sie voll selbständig in meiner<br />

M<strong>und</strong>höhle!<br />

Jetzt folgt die Reinigung der Kauflächen, wieder beginnend mit rechts oben...<br />

Wenn auch die untere Partie entsprechend durchgeputzt ist, folgen nach gleichem Schema<br />

die inneren Zahnhälse.<br />

Da ich das Prinzip von Rot ( Zahnfleisch) nach Weiß ( Zahn) sinnvoll finde, um Speisereste<br />

sanft hinauszubefördern, wende ich es an; aber hier an dieser Stelle ist meine Armhaltung<br />

immer etwas verkrampft <strong>und</strong> angespannt, <strong>und</strong> ich sehe mit hoffnungsfrohen Gedanken dem<br />

Ende der Aktion entgegen.<br />

Alles ging so flink, dass ich zur Vorsorge nochmal überall drüberbürste…<br />

17 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Wieder ist das Schönste das Ausspülen des M<strong>und</strong>es mit einer Handvoll Wasser, das ich<br />

genüsslich durch die M<strong>und</strong>höhle bewege, bevor ich es dann befreit ausspucke…<br />

Und die ganze Zeremonie endet damit, dass der Schaum vom Schnäuzchen abgewaschen<br />

wird…<br />

Zähneputzen III 18.5.13<br />

Nachbetrachtung:<br />

Habe noch länger danach den pfefferminzartigen Geschmack im M<strong>und</strong>, <strong>und</strong> meine Zunge<br />

spielt mit den glatten Zahnflächen r<strong>und</strong>herum in ihrer Höhle.<br />

Ja, der Zahnputzakt heute fühlte sich irgendwie lebendiger <strong>und</strong> fülliger an, <strong>und</strong> es<br />

„schmeckt“ tatsächlich etwas mehr nach oralem Genuss!!<br />

Komisch <strong>und</strong> zugleich irgendwie peinlich hier die Veröffentlichung eines Intimprozesses!<br />

Aber ich freu mich über diese überraschende Entwicklung!<br />

Während die Bürste ihrem Weg gewissenhaft folgte, konnte mein Herz auf einmal mehr<br />

dabei sein, es gab ZEIT, dem ganzen Vorgang innerlich nachzuspüren; sozusagen eine Art<br />

Meditation.<br />

Dabei nahm ich auch wahr, dass die Bürste auf ihrem Gang durch die unteren Partien ihrer<br />

M<strong>und</strong>höhle sich eine Idee anders bewegte als ich es das erste Mal in Erinnerung<br />

aufgeschrieben hatte.<br />

Nämlich so schien der Bürste im Unterkiefer nach ihren rhythmischen Bewegungen an den<br />

rechten Zahnaußenflächen gleich danach dieser Rhythmus wie von selbst passender auf die<br />

der Vorderzähne zu übertragen. Bevor sie sich dann der linken Zahnfront zuwandte.<br />

Also, ich muss schon sagen, die Arbeit der Zahnbürste verwandelte sich in meinem<br />

Bewusstsein immer mehr zu einem Tanz!<br />

18 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Nun, mit Freude auf den nächsten Tanz!<br />

Der letzte Akt<br />

Zähneputzen IV vom 20.5.13<br />

Diesmal werde ich nur Ausschnitte, die meine totale Veränderung zum ersten Zähneputzen<br />

beschreiben, skizzieren.<br />

Ich bin selbst sehr überrascht!<br />

Zum Beispiel beginne ich schon „erwartungsvoll greife ich zur Zahnbürste…“ echt, so war es ,<br />

mir kam‘s inzwischen wie ein Abenteuer vor!<br />

Oder ich beschreibe, wie ich „sanft“ beginne zu putzen...<br />

Oder: „es fühlt sich an, wie ein kleines Putzfest, wie ein Spiel“<br />

Ich spreche von „harmonischen Bewegungen“, die ganz im Gegensatz stehen zu meinen<br />

hektischen, schnellen Bewegungen des ersten Zähneputzens.<br />

Und ich erlebte, es war eher ein „liebevoller“ Akt jetzt geworden, stark! Beeindruckend für<br />

mich <strong>und</strong> w<strong>und</strong>erschön!<br />

Die Zeit war gar kein Problem mehr, ich war so konzentriert <strong>und</strong> im augenblicklichen Sein,<br />

das es genau passend <strong>und</strong> stimmig war, sogar von der Zeit her, ohne sie zu messen.<br />

Also ich bin sehr dankbar für diese Übung, die mich in ihrer Art immer mehr in das JETZT<br />

katapultieren konnte! Überraschung!<br />

Danke!<br />

Cordula Müller<br />

19 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


20 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


EIN LIED FÜR MICH<br />

Manchmal frag ich mich nach dem Sinn des <strong>Lebe</strong>ns.<br />

Ey Frau, wo komm ich her, wo will ich hin<br />

Ist das ganze Gewusel nicht vergebens<br />

Nein, es gibt einen guten Gr<strong>und</strong>, dass ich hier bin<br />

Ich bin Kissenknickerin <strong>und</strong> Möbelverrückerin<br />

Ich bin Chefeinkäuferin <strong>und</strong> Hemden Wegbringerin<br />

Ich bin Geburtstagsgeschenkebastlerin <strong>und</strong> Karten Beschreiberin<br />

Ich bin Benutzer <strong>und</strong> kein in Vitrinen Steller<br />

Ich bin der Abwascher (<strong>und</strong> danach Trocknenlasser)<br />

Ich bin Büchersammler <strong>und</strong> Vielleser<br />

Ich bin Kuschelmaus <strong>und</strong> sexy Biene<br />

Ich bin ich<br />

Ich bin Zuhörer <strong>und</strong> manchmal Augen zu Drücker<br />

Ich bin neue Läden-Entdecker <strong>und</strong> -Informationsverteiler<br />

Ich bin Freizeitorganisierer <strong>und</strong> Kinderbespasser<br />

Ich bin Köchin <strong>und</strong> Kühlschrankbefüllerin<br />

Ich bin Naturliebhaberin <strong>und</strong> Topfpflanzenkillerin<br />

Ich bin Tiernarr <strong>und</strong> Pferdemädchen<br />

Ich bin Aufheber <strong>und</strong> Wegschmeisser<br />

Ich bin ordnungsliebend <strong>und</strong> die Unordnungsverursacherin<br />

Ich bin Reiseplanerin <strong>und</strong> Kartenleserin<br />

Ich bin ich<br />

Und wenn ich schluchzend in deinen Armen liege, weil die Welt wieder einmal böse ist,<br />

21 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


ist Du derjenige, der dafür den Ärger kriegt.<br />

Manchmal erscheint mir der Kosmos so unerklärlich,<br />

fühl mich verloren <strong>und</strong> total entbehrlich<br />

Dabei bin ich in den großen Weltenplan fest eingeplant<br />

Denn ich bin Chauffeuse <strong>und</strong> Müllrausbringerin<br />

Ich bin Teekocher <strong>und</strong> Medizinfrau<br />

Ich bin Bildermalerin <strong>und</strong> Gedichteschreiberin<br />

Ich bin Vorleser <strong>und</strong> Geschichtenerzähler<br />

Ich bin die hübsche Begleitung zum Geschäftsessen,<br />

Ich bin die Löcherstopferin, die Knopfannäherin<br />

Ich bin Malerin, Bastelqueen <strong>und</strong> Handwerkerin<br />

Ich bin Tochter, Schwester, Schwiegertochter <strong>und</strong> Ehefrau<br />

Ich bin ich<br />

Ich kann von jetzt auf gleich auf zickig stellen<br />

aber nicht wieder zurück<br />

Ich bin morgens keine grosse Rednerin,<br />

Ich bin die Musik Ausmacherin<br />

Ich bin die Reste auf dem Teller Lasserin<br />

Ich bin Tatsachenverdreherin <strong>und</strong> Laut Lacherin<br />

Ich bin Philosophin <strong>und</strong> Realistin<br />

Ich bin Teetrinkerin <strong>und</strong> Wäschezusammenlegerin<br />

Ich bin die Krankenkassenrückerstattungsanträge Einreicherin<br />

Ich bin ich<br />

Ich bin Geldausgeberin <strong>und</strong> Nagelstudiobesucherin<br />

Ich bin Nähe suchend <strong>und</strong> Abstand brauchend<br />

22 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Ich bin Meisterin im nett sein <strong>und</strong> nachgeben<br />

Ich bin Schülerin im Laut werden <strong>und</strong> Grenzen verteidigen<br />

Ich bin Automarken Legasthenikerin <strong>und</strong> BMW Fahrerin<br />

Ich bin Schnulzenguckerin <strong>und</strong> Tatort Liebhaberin<br />

Ich bin Farbenmensch - vor allem Rot, weinrot <strong>und</strong> beerenrot in allen Tönen<br />

Ich bin schwierig – sagt meine Mutter<br />

Ich bin weinerlich, melancholisch <strong>und</strong> manchmal wütend ohne Gr<strong>und</strong><br />

Und ganz vor allem hab ich überhaupt keine Geduld<br />

Ich bin mal so, mal so oder auch so, nacheinander oder gern auch alles auf einmal<br />

Ich bin einfach ich<br />

Jana Schumann<br />

23 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


EIN WILDES KRAUT<br />

Ich wäre gern ein <strong>wild</strong>es Kraut<br />

unkultiviert <strong>und</strong> unversaut<br />

von allen Pestiziden.<br />

Ich ließ mich nieder wo ich will,<br />

im Allgäu oder auch am Nil,<br />

sogar auf den Hebriden.<br />

Unbändig blüht` ich vor mich hin,<br />

was anderes hätte keinen Sinn,<br />

doch gönnt`ich mir auch Ruhe.<br />

Wäre Würze noch für manches Süppchen,<br />

vielleicht auch Blütenkranz fürs Püppchen,<br />

verdufte in der Wäschetruhe.<br />

Petra Heimansberg<br />

24 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


FREUNDLICHES STEINWESEN<br />

Fre<strong>und</strong>liches Steinwesen<br />

blinzelt durch die Baustämme<br />

begrüßte mich auf meinem Weg<br />

durch die Wälder<br />

Regina Franzke<br />

25 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


HAIKUS<br />

Regengeprassel,<br />

im Bett ist es behaglich.<br />

Sonne küsst mich wach.<br />

Stille am Morgen,<br />

Kaffeeduft zieht durch den Raum.<br />

Katze schnurrt im Schlaf.<br />

Zwei Regenbogen<br />

umarmen Silberwolken,<br />

Sonne strahlt im Dunst.<br />

Rosa… purpurrot...<br />

Feuerball versinkt im Meer,<br />

Wellen klatschen laut.<br />

„Der Sommernachtstraum“ ,<br />

Mitternacht im Radio.<br />

Wecker geht um sechs.<br />

Petra Heimansberg<br />

26 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


IN MIR RAUM FINDEN<br />

In mir den Raum finden,<br />

der mich willkommen heißt<br />

in dem ich zur Ruhe kommen<br />

<strong>und</strong> ganz still werden kann.<br />

Einer kleinen Kapelle gleich,<br />

bin ich dort ganz nah bei mir<br />

dort gibt es Nichts <strong>und</strong> doch<br />

ist alles da.<br />

Oft finde ich den Raum in mir nicht,<br />

weil der Kopf zu voll <strong>und</strong> das Herz zu leer ist<br />

<strong>und</strong> Frieden will <strong>und</strong> will nicht einkehren.<br />

Dann muss ich wieder <strong>und</strong> wieder<br />

mühsam erkennen,<br />

dass die Lösung nicht außerhalb von mir<br />

<strong>und</strong> schon gar nicht mit Gewalt zu finden ist.<br />

Und plötzlich öffnet sich die eine Tür zum „Allerheiligsten“<br />

<strong>und</strong> was mühsam war, wird leicht <strong>und</strong> ich kann...<br />

in mir den Raum finden,<br />

der mich willkommen heißt...<br />

Petra Heimansberg<br />

27 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


28 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


ICH<br />

Stehe zu deiner Grösse, deiner Stärke, zu deinem Sein.<br />

Stehe zu dir.<br />

Was <strong>und</strong> wie du bist.<br />

Fühle <strong>und</strong> geniesse, denn so<br />

Fühlt sich Ich an <strong>und</strong> niemand<br />

Kann es so fühlen wie du.<br />

Jede_r fühlt ihr eigenes Ich.<br />

Kribbelig, in Bewegung, heute so, morgen so.<br />

Und doch, immer ist es da,<br />

Dieses Kribbeln.<br />

Stehe zu dir, sei mit dir, in dir <strong>und</strong> geniesse,<br />

Denn das bist du.<br />

*<br />

Ich geniesse <strong>und</strong> bin dankbar,<br />

Für die Momente, in denen sich Raum <strong>und</strong> Zeit<br />

gleichzeitig mir öffnen,<br />

in denen ich mich öffne,<br />

der Sehnsucht folgend.<br />

In denen ich den Mut finde, mich in mir wohl zu fühlen,<br />

Welcher Sturm auch tobt,<br />

Welche Leere auch gähnt,<br />

29 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Welche Freude auch singt,<br />

Welche Wut auch schreit,<br />

Welche Trauer auch weint,<br />

Welche Angst auch schmerzt,<br />

Welche Liebe auch anklopft,<br />

welcher Friede auch ist.<br />

Ich geniesse <strong>und</strong> bin dankbar, so unendlich dankbar.<br />

Jana Göpper<br />

30 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


LEBENSWEG<br />

Ich gehe meinen Weg, jeden Tag einen Schritt.<br />

Ich kenne den Weg nicht.<br />

Er liegt nicht offen vor mir.<br />

Ich gehe im Vertrauen jeden Tag ein bisschen weiter.<br />

Wo führt es mich mein Weg hin Ich weiß es nicht.<br />

Würde ich immer weiter gehen, wenn ich genau wüsste, wie es weiter geht<br />

Oft würde ich sicher anhalten, weil ich manches auf dem Weg nicht mag.<br />

Manche Schwierigkeit, mancher Unfall, manches Missgeschick, manche Krankheit säumt den<br />

<strong>Lebe</strong>nsweg. Wenn ich das immer alles vorher wüsste, würde ich manches sicher nicht<br />

machen. Angst würde mein <strong>Lebe</strong>n bestimmen.<br />

Ich würde keine für mich wichtigen Erfahrungen machen.<br />

Das bedeuten schwierige Situationen nämlich auch. Damit vermeide ich jede<br />

Weiterentwicklung meiner Persönlichkeit. Ich würde vieles verpassen, denn auch die<br />

schönen Dinge liegen nicht immer offen vor mir.<br />

Ein riesiges Potential liegt im Vertrauen, dass es schon weitergehen wird. Niemand will uns<br />

extra ärgern. Wie gehe ich mit Schwierigkeiten um Kann ich akzeptieren Vielleicht nur ein<br />

kleiner Umweg zum Glück Oder doch eine Sackgasse Jederzeit kann ich den Weg neu<br />

beginnen, lernen aus den neuen <strong>und</strong> anderen Umständen. Vielleicht eine nötige<br />

Verzögerung oder Chance<br />

Akzeptanz der Jetzt Situation, nicht lange hadern oder jammern. Neu Orientieren, neue<br />

Entscheidungen treffen <strong>und</strong> dadurch dem Weg eine andere Richtung geben. Hört sich<br />

einfach an, aber jede unvorhergesehene Lage verlangt eine gehörige Portion Disziplin <strong>und</strong><br />

Willen eine Veränderung herbeizuführen.<br />

31 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


<strong>Lebe</strong>nsweg<br />

Steine <strong>und</strong> Hindernisse am Wegesrand<br />

JETZT das Paradies<br />

Antje Tippett<br />

32 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


MEIN HERZ SCHWEIGT<br />

Mein Herz schweigt.<br />

Keine Worte finden den Weg<br />

aus mir heraus.<br />

Tief verschlossen<br />

das Wissen, was war.<br />

Ein Ziel, ein Wollen<br />

oder Wünschen<br />

Was möchte ich in die Welt<br />

schreien oder flüstern<br />

Schweigen.<br />

Und doch sind da Pläne:<br />

Adlernest.<br />

Urlaub am Meer.<br />

Beides greifbar nah.<br />

Freude, Elan<br />

Verschüttet in mir.<br />

Mein Herz schweigt.<br />

Ist es Angst<br />

Ein Zittern im Wissen,<br />

dass das Neue seinen Fuß<br />

33 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


schon auf meiner Schwelle hat<br />

Bereit, in mein <strong>Lebe</strong>n zu stürmen,<br />

wenn ich loslasse,<br />

meine Tür freigebe<br />

<strong>und</strong> mich öffne<br />

für das Unberechenbare,<br />

w<strong>und</strong>ervolle <strong>Lebe</strong>n.<br />

Noch schweigt mein Herz.<br />

Was wird es zum Klingen bringen<br />

Grit Schreiber<br />

34 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


35 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


MEIN GELIEBTER<br />

Ich sitze auf dem Sofa <strong>und</strong> träume<br />

Ich bin verliebt, voller Freude<br />

Schmetterlinge in meinem Bauch<br />

ich denke an Dich<br />

Du umhüllst mich, hältst mich<br />

ich fühle Dich auf meinem gesamten Körper, in mir<br />

Du trägst mich, ich schwebe<br />

Du bist immer da, nie gehst Du einfach weg, nie brauche ich Dich zu rufen, wie schön<br />

manchmal vergesse ich, dass Du immer da bist<br />

da will <strong>und</strong> kann ich Dich nicht sehen, aber Du bist nie böse, wenn ich Dich mal nicht sehen<br />

kann, Du wartest solange, bis ich Dich wieder spüre<br />

Du begleitest mich auf all meinen Wegen<br />

unterstützt mich wo nötig<br />

hilfst mir, wenn ich nicht mehr weiter weiß<br />

manchmal lässt Du mich scheinbar allein<br />

da muss ich dann eigene Entscheidungen treffen<br />

nur so komme ich auch in meine eigene Kraft <strong>und</strong> kann zu Deinem Helfer werden, Du weißt<br />

das<br />

ich bekomme nur die Aufgaben, die ich auch bewältigen kann, die meinen Erfahrungen <strong>und</strong><br />

Fähigkeiten jetzt entsprechen<br />

Du leitest meine Wege <strong>und</strong> stellst mir Deine Helfer an die Seite<br />

ich bin niemals allein<br />

36 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Danke, ich liebe Dich!<br />

Antje Tippett<br />

37 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


NEUES EINLADEN<br />

Ich möchte Neues einladen in mein <strong>Lebe</strong>n. Neues Altes, denn<br />

ich weiß, es war alles schon mal da.<br />

Ich möchte den Mut einladen. Den Mut neue Wege zu gehen, den<br />

Mut meinen Weg zu gehen, unabhängig davon was andere sagen oder denken.<br />

Ich möchte die Leichtigkeit einladen. Die Leichtigkeit, im<br />

Wind wehen zu können, zu flattern, zu fliegen, mich drehen <strong>und</strong> wenden zu können <strong>und</strong> die<br />

Wellen des <strong>Lebe</strong>ns, die sowieso kommen, mit Genuss zu reiten.<br />

Ich möchte den Humor einladen. Den Humor, der mir hilft, mich, mein <strong>Lebe</strong>n <strong>und</strong> alles, was<br />

um mich rum passiert nicht zu schwer zu nehmen. Den Humor, der schwere Dinge leicht<br />

werden lässt, der traurige Tränen in lachende Tränen verwandelt. Der Humor, der<br />

anstrengende <strong>und</strong> ärgerliche Momente<br />

zu lustigen Anekdoten werden lässt. Der Humor, der aus Dreck Kunst werden<br />

lässt.<br />

Ich möchte den Glauben einladen. Den Glauben daran, dass alles einen tieferen Sinn, einen<br />

Gr<strong>und</strong> hat. Dass alles zu seiner Zeit passiert, zur richtigen Zeit. Den Glauben daran, dass<br />

dieses <strong>Lebe</strong>n, so wie es ist, ganz genauso, gut <strong>und</strong> richtig ist.<br />

Ich möchte die Neugierde einladen. Die Neugierde, die beflügelt <strong>und</strong> die mich antreibt, zu<br />

erk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> zu entdecken, was sich über den Wolken <strong>und</strong> hinter dem nächsten hohen<br />

Berg verbirgt.<br />

38 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Ich möchte die Fruchtbarkeit einladen. Die Fruchtbarkeit, die in der Lage ist, aus einem ganz<br />

kleinen Samenkorn etwas w<strong>und</strong>erbar Neues zu erschaffen, was selbständig wächst <strong>und</strong><br />

gedeiht.<br />

Ich möchte mich selbst einladen. Denn dies ist mein <strong>Lebe</strong>n <strong>und</strong> es ist w<strong>und</strong>ervoll – wenn ich<br />

es nur zu lasse!<br />

Jana Schumann<br />

39 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


ROSAROTE GUMMISTIEFEL ODER INNERER DIALOG ZWISCHEN<br />

CLOWNIN, PRINZESSIN UND KÖNIGIN<br />

Szene: Ich muss am schlimmsten Regentag dieser Woche um 9.00 Uhr in der Früh eine<br />

Großbaustelle mit 130 Wohnungen <strong>und</strong> Häusern im Rohbau mit einem jungen interessierten<br />

Paar besichtigen. Sie sind beide Bautechniker daher wetterfest <strong>und</strong> somit Baustellen<br />

gewohnt.<br />

Prinzessin: Mein Gott wie es schüttet, am besten ist es wenn ich diesen Termin jetzt gleich<br />

absage, dann kann ich mir Zeit lassen, die Wettervoraussage ist eh so schlecht – ich will<br />

eigentlich gar nicht.<br />

Königin: Das hättest du gestern ja auch schon wissen können, wenn du gut überlegt hättest,<br />

wäre ein Termin auch zwei Tag später zu vereinbaren gewesen.<br />

Clownin: Kinder was ist mit euch – wegen der paar Regentropfen – wir fahren einfach mal<br />

hin <strong>und</strong> dann werden wir schon sehen – wenn die K<strong>und</strong>en wollen – na dann gehen wir eben<br />

– wir sind doch nicht aus Zucker. Schau Prinzessin extra für dich haben wir ja die<br />

w<strong>und</strong>erbaren rosaroten Gummistiefel mit blauen Streifen gekauft mit denen bist du chick,<br />

fällst auf <strong>und</strong> bekommst keine nassen Füße.<br />

Prinzessin: Jetzt habe ich mich überreden lassen, <strong>und</strong> es schüttet <strong>und</strong> schüttet – der Wind<br />

peitscht den Regen gegen die Fensterscheiben des Autos – willst du nicht doch anrufen <strong>und</strong><br />

den Termin absagen – Bitteeeeeeeeeeeeeeee mir ist einfach zu kalt.<br />

Clownin: Nein wir fahren jetzt mal hin aus <strong>und</strong> Schluss – wir sind warm angezogen!<br />

40 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Prinzessin: Brrrr ist das grauslich – wo sind die denn – ah ja da kommen sie schon – nein <strong>und</strong><br />

die sind auch noch gut drauf – Bergschuhe haben Sie an – ohhhh da ist ein riesiger See im<br />

Eingangsbereich –<br />

Ja wir werden ordentlich gatschig werden – das macht den beiden nichts – ich versteh das<br />

gar nicht –<br />

Kalter Wind, Regen, Gatsch also ich kann mir wirklich eine gemütlichere <strong>und</strong> nettere<br />

Besichtigung vorstellen - immer dieser Ehrgeiz (Seitenhieb auf die Königin)<br />

Königin: Wenn wir uns nicht so einsetzen würden, könnten wir deine Allüren nicht<br />

befriedigen – wer will denn immer chick <strong>und</strong> modern gekleidet sein, wer liebt es im schönen<br />

Auto zu fahren ….. na!<br />

Prinzessin mit beleidigtem Unterton: Kein Kommentar<br />

Clownin zu den K<strong>und</strong>en: Ach ich mag Baustellen egal bei welchen Wetter, wichtig ist nur ein<br />

gutes Schuhwerk – die Aussicht von der Dachterrasse hinein in die Weingärten ist selbst bei<br />

schlechtem Wetter einfach nur schön (Gedanken: ich glaube das ist genau das was den<br />

beiden gefällt <strong>und</strong> ich habe einfach Spaß daran – mmmh die Regentropfen erfrischen die<br />

Haut, der Wind durchlüftet den Kopf <strong>und</strong> es ist immer wieder schön Häuser <strong>und</strong> Wohnungen<br />

entstehen zu sehen.)<br />

Prinzessin grummelnd: Jetzt klettern wir schon über ein St<strong>und</strong>e herum – überall zieht es –<br />

mir reicht es – ich will endlich ins warme Auto – außerdem muss ich aufs Klo <strong>und</strong> einen<br />

Kaffee will ich auch.<br />

Clownin: So da im großen See kann ich meine Stiefel wieder sauber machen – mir fällt<br />

meine kleine Tochter ein die immer mit großer Freude in alle Lacken gehüpft ist – <strong>und</strong> wie<br />

41 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


wenn die K<strong>und</strong>in meine Gedanken lesen könnte sagt sie: "Das macht richtig Spaß so im<br />

Regenwasser herumzustapfen nicht wahr" – Ja antworte ich voller Begeisterung <strong>und</strong> hüpfe<br />

auf <strong>und</strong> ab – plitsch, platsch mit meinen rosaroten Gummistiefeln. Mein inneres Kind freut<br />

sich unendlich <strong>und</strong> alle lachen – ja alle inneren Kinder platschen <strong>und</strong> lachen mit mir mit!!!<br />

Regina Franzke<br />

42 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


SAMEN<br />

Samen, W<strong>und</strong>er der Schöpfung<br />

So klein, manchmal unscheinbar, kaum sichtbar, federleicht, der leiseste Windhauch <strong>und</strong><br />

schon sind sie weg.<br />

Wie erfinderisch ist die Natur<br />

„Wollmäuse“ in der Wohnung, etwa schlecht geputzt Nein, Pappelsamen, wir finden sie zur<br />

Zeit überall.<br />

Manche Samen sind w<strong>und</strong>erschön. Wer hat sich noch nicht an einer Pusteblume erfreut<br />

Jedes Kind liebt sie. Gut für den Löwenzahn <strong>und</strong> dessen Verbreitung. Ich habe immer noch<br />

meine Freude daran…<br />

Jeder Samen sieht anders aus, so viele verschiedene Formen <strong>und</strong> Farben. Ich habe sicher<br />

noch nicht alle gesehen.<br />

Das Beste am Samen kommt noch, in die Erde gelegt oder an eine Stelle, wo es feucht ist,<br />

<strong>und</strong> dann saugt der Samen das Wasser auf <strong>und</strong> etwas W<strong>und</strong>erbares geschieht. Eine erst<br />

einmal nicht sichtbare Entwicklung nimmt ihren Lauf. Innen entwickelt sich ein Keim <strong>und</strong><br />

sucht sich seinen Weg aus dem Samen. Er kommt hervor <strong>und</strong> sucht sich schnell einen Halt<br />

<strong>und</strong> trinkt. Nach weiteren Tagen kommen die ersten Blättchen <strong>und</strong> recken sich zur Sonne. In<br />

kurzer Zeit wächst die Pflanze immer höher <strong>und</strong> fängt dann in ihrer Zeit an zu blühen.<br />

43 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


In jedem Samen ist die Information einer ganz bestimmten Pflanze, man stelle sich vor! Aus<br />

einem Sonnenblumenkern wird kein Radieschen, <strong>und</strong> aus einem Buchensamen keine Birke…<br />

das könnte ich unbegrenzt fortführen.<br />

Ist das nicht klasse Wenn ich mir das so vorstelle, werde ich ganz ehrfürchtig. Ein W<strong>und</strong>er<br />

auf kleinstem Raum. Haltbar bis in alle Ewigkeit, wenn sie trocken gelagert werden.<br />

Kann der Mensch etwas so W<strong>und</strong>erbares entwickeln<br />

Antje Tippett<br />

44 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


45 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


SCHWARZE SOCKE (PERSPEKTIVWECHSEL)<br />

1. Die Socke ist schwarz <strong>und</strong> knöchelhoch. Feine Maschen, ein kleines Rippenbündchen.<br />

Das Gewebe ist weich, aber nicht mehr ganz glatt. Es gibt Gebrauchsspuren. Kleine<br />

Baumwollfasern bilden eine Art Pilling. Vom Laufen ist die Sohlenseite glatter,<br />

glänzender als die Oberseite. Etwa zwei Zentimeter vor der Strumpfspitze zeichnet<br />

sich dezent eine Quernaht ab. Wende ich die Socke auf links, bildet diese Quernaht<br />

einen sichtbaren kleinen Steg. Am linken Ende ragt ein Faden hervor.<br />

2. Wenn die Socke liegt, fallen an der Stelle, wo der Hauptteil in das Bündchen<br />

übergeht, kleine Falten auf. Beim Tragen gleicht sich das aus, da der B<strong>und</strong> elastisch<br />

ist. Direkt an der Strumpfspitze gibt es eine ganz schmale, durchbrochene Linie. Die<br />

Socke wirkt strapazierfähig. Direkt nach dem Tragen bleiben kleine Abdrücke der<br />

Zehen erhalten.<br />

3. Blick von oben in die Socke hinein:<br />

Wenn ich von oben in die Socke hineinblicke, entdecke ich, dass sich da kein „schwarzer<br />

Sack“ auftut, wie zunächst vermutet. Wenn sie nicht auf einem Gegenstand aufliegt, scheint<br />

Licht durchs Gewebe <strong>und</strong> sie wirkt eher anthrazitfarben, als schwarz. Spanne ich sie mit den<br />

Händen auf <strong>und</strong> halte sie gegen das Licht, kann ich sogar Gegenstände hindurch sehen. Sie<br />

ist also nicht so dicht, wie es der erste Blick vermuten lässt. Auch an der Ferse entdecke ich<br />

jetzt eine schmale durchbrochene Linie. - Es gibt zwei „Zipfel“: einen tiefen, der zu den<br />

Zehen führt, <strong>und</strong> einen weniger tiefen, in dem sonst die Ferse steckt. Konzentriere ich mich<br />

auf den tieferen Teil, bilden die feinen Nahtlöcher der Spitze eine Art Fixpunkt. Sozusagen:<br />

das Licht (wenn auch noch so klein) am Ende des Tunnels.<br />

46 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


4. Die Socke erzählt<br />

Umhüllend, schützend, wärmend – von schwarzer Farbe – das bin ich, die<br />

Baumwollsocke.<br />

Wurde ich einige Zeit getragen, sagt mein Mensch über mich: „Igittkäsesocke“ <strong>und</strong> ich<br />

wandere in einen Behälter zu anderen Kleidungsstücken.<br />

Ganz unter uns: ich persönlich finde diesen Geruch ja durchaus interessant – so nach<br />

durchgereiftem französischem Rohmilchkäse. Ja, hat durchaus ein bisschen was<br />

Animalisches an sich. Die T-Shirts im Behälter teilen übrigens meine Meinung. Auch sie<br />

haben dann so einen gewissen animalischen Duft….<br />

Übrigens braucht mein Mensch gar nicht so zu tun: von alleine entwickeln wir dieses<br />

Aroma nicht.<br />

Die zarten Blüschen, mit nur einem kleinen Fleckchen auf der Oberfläche schweigen<br />

immer etwas angewidert <strong>und</strong> rümpfen leicht ihr feines Gewebe.<br />

Aber ich denke dann nur: wartet’s nur ab!<br />

Ihr werdet nämlich nach dem Trocknen unter das heisse Eisen gelegt, <strong>und</strong> seid jedes Mal<br />

vor Schreck völlig geplättet wenn dieses zischende dampfende Ungetüm über euch<br />

hinweggefegt ist. Derweilen chillen wir Socken ganz lässig im Schrank. - „Ich fang doch<br />

nicht noch an <strong>und</strong> bügle meine Socken!“ hörte ich kürzlich meinen Menschen rufen.<br />

„Genau! Genau!“ kann ich da nur zustimmen.<br />

Aber zurück zur silbernen löchrigen Aufbewahrungstonne:<br />

Aus diesem Behälter werden wir in einen anderen silbrigen Behälter gekippt, mit einem<br />

Wasserschwall nach dem anderen überschwemmt <strong>und</strong> kräftig eingeseift. Der besagte<br />

47 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Behälter dreht sich ständig <strong>und</strong> am Schluss so stark, dass es uns alle an die Wand drückt<br />

vor lauter Tempo. - Toll!!! Das geht mir immer durch <strong>und</strong> durch durchs Gewebe.<br />

Sehr gerne habe ich aber auch die so genannte kleine Handwäsche. Weil da Zuwendung<br />

im Spiel ist. – Man wird ganz persönlich in die Hände genommen, geseift, gerubbelt,<br />

gewrungen <strong>und</strong> glatt gezogen. Hhmmmmmm!<br />

Wenn wir dann alle an der Leine auf dem Balkon hängen, ab <strong>und</strong> an noch leise vor uns<br />

hintropfen, uns vom Wind schaukeln <strong>und</strong> in der Sonne trocknen lassen – das ist<br />

Meditation pur.<br />

Im Licht des Mondes finden dann die so genannten Strumpfgespräche statt: über den<br />

Gang der Welt, oder den Gang als solchen, <strong>und</strong> wie er sich auf uns auswirkt.<br />

Kürzlich erzählte jemand von einem gewissen Malvolio, der in gelben Socken herum<br />

gelaufen ist. Peinlich, peinlich.<br />

Ich glaube sogar, ich kenne ihn: er ist der Besitzer dieser Pizzeria „Panciera“ <strong>und</strong> hat<br />

keinen besonders guten Geschmack…<br />

Aber jetzt sagt mir gerade unsere literarische Socke (Spitzname: Blaustrumpf), dieser<br />

Malvolio würde gar nicht Pizza backen, sondern wäre eine Theaterfigur…<br />

Na, sei’s drum. Am nächsten Morgen haben wir jedenfalls einen w<strong>und</strong>erbaren Geruch:<br />

nach Seife <strong>und</strong> Sauberkeit, nach Wind <strong>und</strong> Natur.<br />

Unser Mensch rollt uns jetzt paarweise zusammen – <strong>und</strong> jetzt kommt das Spannendste<br />

von allem: mit wem werde ich diesmal in der Schublade kuscheln!<br />

Sonja<br />

48 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


SIEBENTER JUNI ZWEITAUSENDUNDDREIZEHN<br />

Ein geschenkter Tag<br />

Sonne auf meinem Bauch<br />

Streicheln mit zarten Strahlen<br />

Wie gut das tut<br />

Wärme die mich durchströmt<br />

Lichtdurchflutet der Garten<br />

Meine Oase für den heutigen Tag<br />

Ziemlich zugewachsen nach dem langen Regen<br />

Lila Blüten vom Schnittlauch<br />

Treffen weiße Margeriten im Beet<br />

Behutsam werde ich ihn ordnen<br />

In der Balance von<br />

„mach ich noch“ <strong>und</strong> „es ist genug“<br />

Ringsum Vogelzwitschern<br />

Von Ferne das Quaken der Frösche<br />

Keinen schöneren Platz kenn ich<br />

um ungestört zu schreiben<br />

Mitten in der Natur<br />

Grit Schreiber<br />

49 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


TAGE AUF HIDDENSEE<br />

Nebelstille<br />

deckt das Land<br />

Kühle, Ruhe, weites Meer<br />

keine Welle erreicht den Strand<br />

Land ohne Straßen<br />

endloser Strand<br />

funkelnde Splitter<br />

von Bernstein<br />

in meiner Hand<br />

Über allem<br />

der Ruf des Kuckucks<br />

Wiesenkräuter<br />

blühen zart<br />

auf dem Bodden<br />

wenige Boote<br />

Wachen in tiefer Nacht<br />

Herzensweg<br />

das Buch<br />

berührt tief<br />

bin auf dem Weg<br />

welcher Mond ist heute<br />

50 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Dunkelheit<br />

der Kuckuck schweigt<br />

Wilde Tage vorbei<br />

mit der Pferdekutsche<br />

durch die Dünenheide<br />

über Wurzeln <strong>und</strong> Steine<br />

hinauf zum Leuchtturm<br />

auf dem Dornbusch<br />

Füße im Wasser<br />

Steine <strong>und</strong> Glas im Gepäck<br />

<strong>und</strong> die Erinnerung daran:<br />

Wildheit ist in mir<br />

wie frei ich bin<br />

entscheide ich selbst<br />

Grit Schreiber<br />

51 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


UND MEINE IDENTITÄT TRÄGT TRÄNEN<br />

HILDE DOMIN<br />

Ich setzte den Fuss in die Luft<br />

Und sie trug.<br />

Ich werde getragen, sogar von der Luft, vom Boden, von meiner Umgebung, von allem was<br />

mich umgibt, von der Luft sogar. Ich darf vertrauen getragen zu werden, gehalten zu<br />

werden, ich darf abgeben, muss nichts festhalten, selber tragen, bestimmen, dirigieren.<br />

Was ist mit Verantwortung Jaak sagt, wir sind für nichts verantwortlich, nicht mal, dass wir<br />

hier sind, „oder kannst du dich erinnern, dass dich jemand gefragt hat“ Und trotzdem, für<br />

irgendetwas müssen wir doch verantwortlich sein, ansonsten denke ich, ist alles egal, alles<br />

sinnlos. Und dann<br />

Loch, Stille, Chaos, das neue, Unbekannte, was mir Angst macht. Heute beim Lesen kam mir<br />

die Idee, dass ich gerne mächtig bin, besonders über Situationen (weshalb ich auch keine<br />

Veränderungen mag, weil ich Angst habe, was kommt, <strong>und</strong> Angst, dass es schlechter wird als<br />

jetzt).<br />

Nein, weg damit, frei sein, ich breite die Arme aus, wie auf dem Bild <strong>und</strong> laufe dem <strong>Lebe</strong>n in<br />

die Arme entgegen.<br />

Und meine Identität trägt Tränen.<br />

Jana Göpper<br />

52 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


WERKSTATTERFAHRUNGEN<br />

Den Füller über das Blatt führen, die Tinte auf ihm einlaufen fühlen, beruhigt mich, führt<br />

mich zu einer inneren Ruhe <strong>und</strong> verleiht mir eine Stimme, zu sagen, was erlaubt ist. Alles,<br />

was ich möchte, was ich mich traue <strong>und</strong> was noch weniger, aber bald schon <br />

Meine eigene Handschrift zu betrachten, sie mit jedem Buchstaben in jedem Wort neu<br />

kreieren zu dürfen, erfüllt mich mit Freude.<br />

Und wieder diese Ruhe, den Raum zu spüren, in dem alles sein darf <strong>und</strong> alles IST.<br />

Mutig zu sein, Dinge aufzuschreiben, die ich mich nicht traue zu denken, die ich mir nicht<br />

erlaube zu denken.<br />

Das Verlaufen der Tinte mit dem Papier, das Geräusch der Feder auf ihm, das ist wie eine<br />

Meditation für mich, ein in Kontakttreten mit meinem Inneren. Mich spüren, das winzig<br />

kleine, riesengrosse <strong>und</strong>endliche Etwas in mir. Meine Glut, mein Feuer, das es zu schüren<br />

gilt, damit es die möglichst grösste Wärme strahlen kann.<br />

Die Schreibwerkstatt hat mich gelehrt zu schreiben, wann immer mir die Worte fehlen. Ich<br />

durfte den Stift <strong>und</strong> das Papier als meine Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> treuen Begleiter kennenlernen <strong>und</strong><br />

irgendwo war immer Zeit <strong>und</strong> Raum, meinen Gedanken <strong>und</strong> Gefühlen Raum zu geben. Das<br />

ist eine grosse Bereicherung <strong>und</strong> ich bin dankbar für diese Erfahrung als Geschenk.<br />

Die Schreibwerkstatt selbst war eine Begleiterin für mich in einer besonderen Zeit.<br />

Zurückgekehrt aus dem Familienurlaub aus Thailand warteten 10 Wochen in Tallinn auf<br />

53 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


mich, die letzten meines Erasmusjahres hier, in denen ich mich schnell wieder einleben<br />

wollte <strong>und</strong> musste, in denen ich viel Neues erlebt habe <strong>und</strong> geschafft habe, viel Besuch<br />

bekam <strong>und</strong> mit vielen Menschen, mit mir selbst <strong>und</strong> mit der Musik in einen intensiven,<br />

neuartigen Kontakt gekommen bin. Ja, <strong>und</strong> dann war das dieser nicht beginnende Frühling.<br />

Zäh, lange erwartend, mit Sehnsucht erfüllt, kämpften sich endlich die Blätter hervor. Und<br />

auch ich kämpfe mit mir, mit meinen Vorstellungen, Erlebnissen <strong>und</strong> Ängsten <strong>und</strong> dann war<br />

da diese Schreibwerkstatt, mit wöchentlichen <strong>und</strong> täglichen Input (Mehrzahl Inputten), die<br />

mich immer wieder daran erinnert hat, ej, du bist wertvoll, besonders, einfach lebendig <strong>und</strong><br />

durch die Wildheit, das einfachmal loslassen, akzeptieren oder mit innerer Kraft verändern<br />

können, das so sein, das pure Sein, dadurch kann ich meine <strong>Lebe</strong>ndigkeit immer wieder<br />

spüren.<br />

<strong>Lebe</strong>ndigkeit durch Wildheit!<br />

Wildsein macht lebendig!<br />

Und auch die Umgebung <strong>und</strong> meine Mitmenschen in ihrer Wildheit <strong>und</strong> <strong>Lebe</strong>ndigkeit<br />

wahrzunehmen, war <strong>und</strong> ist eine pure Freude, ein Lachen, Kichern gaaanz tief aus dem<br />

Bauch heraus, wie ein eigenes Kitzeln.<br />

Viele meiner Wahrnehmungen, Gefühle <strong>und</strong> Gedanken geschehen nun bewusster, weil der<br />

Stift ihnen auf dem Papier eine Gestalt verleiht.<br />

Für all das bin ich zutiefst dankbar.<br />

Jana Göpper<br />

54 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


ZUHAUSE IN MIR<br />

Nach Hause. Was bedeutet das eigentlich Ist es das Haus in dem wir wohnen In dem Land,<br />

welches so fremd, so anders ist So weit weg von der Heimat. Was ist das, ein Zuhause Ist<br />

es mobil, beweglich, veränderbar Eine Oase im großen Durcheinander des <strong>Lebe</strong>ns. Ein Ort,<br />

an dem meine Ordnung regiert, meine Dinge, Bilder, Bücher <strong>und</strong> Möbel sind Sind diese<br />

Dinge mein Zuhause Oder liegt es vielmehr in mir Tief in mir, da wo mein Kern ist. Wenn<br />

ich innehalte, still werde <strong>und</strong> in mich hinein spüre, vielleicht komme ich dann zuhause an<br />

<strong>und</strong> bin schlussendlich überall zuhause. Tief in mir.<br />

Jana Schumann<br />

55 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


56 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Ich wünsche dir, dass du den Mut findest mitten im Sturm zu tanzen.<br />

Ich wünsche dir, dass du stets Kraft, Vertrauen <strong>und</strong> Stabilität in dir selbst findest.<br />

Ich wünsche dir, dass du dir deine Träume <strong>und</strong> Wünsche zurückeroberst <strong>und</strong> sie voller Leichtigkeit<br />

wirklich werden lässt.<br />

Ich wünsche dir, dass du an jedem Tag das Wilde <strong>und</strong> Unbändige in deinem Alltag entdeckst.<br />

Ich wünsche dir, dass du dein <strong>Lebe</strong>n jetzt lebst – mit Haut <strong>und</strong> Haaren <strong>und</strong> voller Freude.<br />

Ich wünsche dir, dass du dich stets daran erinnerst, dich selbst wie eine Königin zu behandeln.<br />

Ich wünsche dir, dass die Clownin zu einer festen Begleiterin in deinem <strong>Lebe</strong>n wird.<br />

Ich wünsche dir, dass du den Mut hast, zu zeigen, wie w<strong>und</strong>erbar <strong>und</strong> großartig du bist. Genau jetzt.<br />

Ich wünsche dir ein Lächeln.<br />

Ich danke dir.<br />

57 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


Über die Herausgeberin<br />

Sabrina G<strong>und</strong>ert<br />

Freie Journalistin <strong>und</strong> Geographin<br />

Freie Autorin <strong>und</strong> Seminarleiterin<br />

Schreiben ist meine Leidenschaft, mein Herzblut. Ob in<br />

Reportagen, Porträts, Geschichten oder Inspirationen. Ich<br />

möchte berühren, bewegen, teilhaben lassen. Den eigenen<br />

Herzensweg zu gehen – das ist mir wichtig. Das Schreiben ist ein<br />

w<strong>und</strong>erbarer Reisegefährte auf diesem Weg.<br />

Bücher:<br />

„Auf dem Herzensweg – <strong>Lebe</strong>nsgeschichten spiritueller Frauen“<br />

(2013, Irdana-Verlag, 196 Seiten)<br />

„<strong>Handgeschrieben</strong> – Inspirationen zum Innehalten <strong>und</strong> Ankommen“<br />

(2012, Books on Demand, 164 Seiten)<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.handgeschrieben.de<br />

www.schreibatelier-am-bodensee.de<br />

www.raumpionierin.de<br />

www.raumindir.de<br />

58 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig


59 Schreibwerkstattgeschichten – <strong>Lebe</strong> <strong>wild</strong> <strong>und</strong> unbändig

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