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BEtRIEBStECHnIK - Österreichische Chemie-Zeitschrift

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firmen+fakten<br />

100 Jahre Düngemittel aus der Luft<br />

Im September 1913 ging bei der<br />

BASF in Ludwigshafen die erste Produktionsanlage<br />

zur industriellen Synthese<br />

von Ammoniak in Betrieb<br />

Auch 100 Jahre nach dem gefeierten<br />

Beginn der industriellen Produktion<br />

der Grundchemikalie Ammoniak<br />

ist ein Besuch der beiden Ammoniakfabriken<br />

der BASF in Ludwigshafen<br />

beein druckend. Wenn man vor dem<br />

etwa 20 Meter hohen Reaktor der älteren<br />

Anlage steht und an die elementaren<br />

Urgewalten denkt, mit denen<br />

darin Stickstoff und Wasserstoff<br />

zu Ammoniak reagieren, erfasst man<br />

die Bedeutung dieses wissenschaftlich-technischen<br />

Durchbruchs. Das Haber-Bosch-Verfahren<br />

zur Ammoniaksynthese,<br />

das hier im September 1913<br />

erstmals erfolg reich umgesetzt wurde,<br />

war der entscheidende Schritt ins<br />

Zeitalter der Mineraldünger. Es bildete<br />

eine wichtige Grundlage für die<br />

Entwicklung der Industriegesellschaft<br />

und sichert bis heute die Ernährung<br />

von Milliarden Menschen. Der Hochdruckreaktor<br />

vor uns ist ein Urenkel<br />

des von Carl Bosch entwickelten Apparates,<br />

deutlich größer zwar, aber<br />

von ähnlicher Gestalt. Nebenan, in<br />

der neueren Anlage, lässt die weiterentwickelte<br />

Verfahrenstechnik weniger<br />

sichtbare historische Parallelen<br />

zu. Die beiden Ammoniak-Fabriken<br />

zusammen produzieren pro Tag mehr<br />

als 2.000 Tonnen der begehrten Verbindung<br />

NH 3<br />

.<br />

„Die Realisierung der industriellen<br />

Ammoniaksynthese war mit hohen<br />

unternehmerischen Risiken verbunden<br />

und erforderte viel Durchhaltevermögen“,<br />

betont der Produktionsleiter<br />

Michael Mauß. „Verfahren und<br />

Apparate für diese bahnbrechende<br />

Technologie mussten von Grund<br />

auf neu entwickelt werden.“ Dieser<br />

Wagemut bescherte dem wachsenden<br />

<strong>Chemie</strong>unternehmen BASF ein<br />

zweites wichtiges Standbein: Zur bis<br />

dahin überwiegenden Herstellung<br />

von Farbstoffen kam die Produktion<br />

von Düngemitteln. „Die gewonnenen<br />

Erfahrungen mit der Hochdrucktechnologie<br />

und die Fortschritte in der<br />

Katalyse-Forschung ermöglichten in<br />

den folgenden Jahrzehnten weitere<br />

innovative Produktionsverfahren, wie<br />

etwa die Methanol-Synthese“, ergänzt<br />

Mauß. Und die enge Zusammenarbeit<br />

von Chemikern und Ingenieuren bei<br />

der Entwicklung komplexer Prozesse,<br />

das Zusammenwirken von Naturwissenschaft<br />

und Technik, wurde zum Garanten<br />

des anhaltenden Erfolges der<br />

BASF.<br />

Die Grundlagen zur „Synthese von<br />

Ammoniak aus dessen Elementen“<br />

legte Professor Fritz Haber ab 1904 mit<br />

seinen Arbeiten an der Technischen<br />

Hochschule Karlsruhe. Die großtechnische<br />

Umsetzung der Ammoniaksynthese,<br />

mit der die BASF 1909<br />

Carl Bosch betraute, brachte dann zunächst<br />

ungeahnte Probleme mit sich.<br />

Denn das Hochdruckverfahren erforderte<br />

Drücke und Temperaturen, die<br />

das bisher technisch Übliche erheblich<br />

überstiegen. Dem hielten die ersten<br />

Apparaturen nicht stand, ihre Stahlreaktoren<br />

zerbarsten. Der in Metallurgie<br />

erfahrene Chemiker Bosch stieß<br />

beim genauen Studium der verwendeten<br />

Metalle schließlich auf die Ursache:<br />

Der heiße, unter hohem Druck<br />

stehende Wasserstoff löste den für die<br />

Festigkeit maßgeblichen Kohlenstoff<br />

aus den Stahlwänden, die dadurch<br />

weich und gleichzeitig spröde wurden.<br />

Bosch meisterte die Aufgabe, indem<br />

er die Apparate innen mit einem<br />

dünnen, kohlenstoffarmen Weicheisenfutter<br />

auskleidete und Löcher in<br />

die drucktragende Stahlwand bohrte.<br />

So konnte der in den Werkstoff eingedrungene<br />

Wasserstoff nach außen<br />

entweichen, ohne Schäden anzurichten.<br />

Für die innovative Hochdrucktechnik<br />

brauchte man weitere Bauteile,<br />

die nirgendwo erhältlich waren, also<br />

selbst konstruiert und getestet werden<br />

mussten. Deshalb gründete die BASF<br />

BASF in Österreich<br />

BASF ist das führende<br />

<strong>Chemie</strong>-Unternehmen der<br />

Welt: The Chemical Company.<br />

Mit rund 110.000 Mitarbeitern<br />

bedient die BASF<br />

Kunden und Partner in fast<br />

allen Ländern der Welt.<br />

In Österreich ist BASF seit über<br />

125 Jahren als kompetenter Partner<br />

aller wichtigen Branchen präsent<br />

und zählt zu den führenden Unternehmen<br />

am österreichischen <strong>Chemie</strong>markt.<br />

Die Produkte der BASF<br />

vertreiben im Land die BASF Österreich<br />

GmbH, die BASF Performance<br />

Products GmbH, die PCI Österreich<br />

und die BASF Coatings Services<br />

GmbH. In Österreich erzielte BASF<br />

im Jahr 2011 einen Umsatz von 490<br />

Millionen €. 
Wien ist darüber hinaus<br />

Sitz des BASF-Business-Centers<br />

Europe Central, das 15 Länder<br />

Zentral- und Osteuropas umfasst.<br />

www.basf.at<br />

1912 den ersten Materialprüfbetrieb<br />

der chemischen Industrie.<br />

„Auch heute noch fahren wir bei<br />

der industriellen Produktion von Ammoniak<br />

an der Grenze des Möglichen.<br />

Die Herausforderungen an Material<br />

und Technik der Produktionsanlage<br />

sind bei diesen Hochdrucksynthesen<br />

enorm“, zieht Dr. Jürgen Korkhaus,<br />

der Leiter der Werkstofftechnik, die<br />

Parallele zur Gegenwart. „Schon kleine<br />

Schwankungen im Prozess können<br />

eine große Materialbelastung bedeuten.<br />

Deshalb müssen Auslegung und<br />

Verarbeitung der einge setzten Apparate<br />

äußerst sorgfältig erfolgen.“ Der<br />

Reaktor der neueren Ammoniakfabrik,<br />

in dem das Synthesegasgemisch über<br />

einem Katalysatorbett bei mehr als<br />

400 Grad Celsius und mehr als 150<br />

Bar Druck zu Ammoniak reagiert, besitzt<br />

eine 15 Zentimeter dicke Wand<br />

aus einem hochfesten Stahl. Dessen<br />

weiterentwickelte Legierung widersteht<br />

dem Druckwasserstoff, so dass<br />

das legendäre Futterrohr heute verzichtbar<br />

ist.<br />

Auch der Rohstoff für die Erzeugung<br />

des Synthesegases ist heute ein<br />

anderer: In den ersten Dekaden des<br />

Haber-Bosch-Verfahrens bereiteten die<br />

zahlreichen Mitarbeiter ein Bett aus<br />

glühendem Koks und leiteten Wasserdampf<br />

darüber. Heute nutzen die Ammoniakfabriken<br />

Erdgas als Rohstoff<br />

und Energieträger, das damit auch den<br />

Einer der ersten Ammoniakreaktoren der<br />

BASF steht heute als Denkmal gegenüber<br />

der Konzernzentrale. In diesem Reaktor wurden<br />

in 55 Jahren mehr als 800.000 Tonnen<br />

Ammoniak hergestellt. Foto: BASF – The<br />

Chemical Company, 2013<br />

6 <strong>Österreichische</strong> <strong>Chemie</strong> <strong>Zeitschrift</strong> 2/2013

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