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Psychosoziale Belastungen bei Mitarbeitern in der Behindertenhilfe ...

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Veranstaltungsdokumentation zum<br />

BGW forum 2011 – Gesundheitsschutz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenhilfe<br />

Hamburg, 5. bis 7. September 2011<br />

Plenum F2<br />

<strong>Psychosoziale</strong> <strong>Belastungen</strong> <strong>bei</strong> Mitar<strong>bei</strong>tern <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenhilfe<br />

Agnessa Kozak<br />

Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), Hamburg<br />

H<strong>in</strong>weis: Dieser Fach<strong>bei</strong>trag liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verantwortung <strong>der</strong> Autor<strong>in</strong> o<strong>der</strong> des Autoren.<br />

Beschäftigte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenhilfe s<strong>in</strong>d vielfältigen Anfor<strong>der</strong>ungen ausgesetzt, <strong>der</strong>en<br />

Bewältigung mit e<strong>in</strong>em hohen Maß an persönlicher Verausgabung verbunden ist. Die<br />

Ar<strong>bei</strong>tssituation wird erschwert durch zwischenmenschliche Beziehungen mit den Klienten, die<br />

häufig schwierige und komplexe Verhaltensmuster aufweisen. 1 Des Weiteren können e<strong>in</strong>e<br />

mangelnde Unterstützung von Kollegen und Dienstvorgesetzten, Aspekte <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Organisationsstruktur sowie Ar<strong>bei</strong>tszeitgestaltung als mögliche Ursachen für psychosoziale<br />

<strong>Belastungen</strong> <strong>in</strong> Frage kommen. 2 3 4 Andauern<strong>der</strong> ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gter Stress kann wie<strong>der</strong>um die<br />

Entstehung von psychosomatischen und chronisch-degenerativen Erkrankungen begünstigen<br />

sowie das Wohlbef<strong>in</strong>den und die Ar<strong>bei</strong>tszufriedenheit <strong>der</strong> Beschäftigten negativ bee<strong>in</strong>flussen. 5<br />

Die Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen dieser Berufsgruppe wurden bisher wenig erforscht. Deshalb wurde <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Studie untersucht, wie Beschäftigte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenhilfe ihre Ar<strong>bei</strong>tssituation<br />

e<strong>in</strong>schätzen und welche Faktoren e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf das allgeme<strong>in</strong>e Wohlbef<strong>in</strong>den und die<br />

Ar<strong>bei</strong>tszufriedenheit ausüben.<br />

Methoden<br />

Im Rahmen e<strong>in</strong>es Forschungsprojekts wurde von Januar bis März 2011 e<strong>in</strong>e Querschnittstudie <strong>in</strong><br />

Wohne<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenhilfe durchgeführt. Insgesamt wurden 409 Beschäftigte zu<br />

ihrer beruflichen und gesundheitlichen Situation befragt. Bei <strong>der</strong> Befragung kam <strong>der</strong> Copenhagen<br />

Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) zum E<strong>in</strong>satz. Der COPSOQ-Fragebogen ist e<strong>in</strong><br />

umfassendes Instrument zur Erfassung psychischer <strong>Belastungen</strong> und Beanspruchungen <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>t. 6 Da Normwerte für psychische <strong>Belastungen</strong> fehlen, werden die Ausprägungen <strong>der</strong><br />

Belastungsaspekte zwischen verschiedenen Berufsgruppen und mit dem Durchschnitt <strong>der</strong><br />

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COPSOQ-Datenbank verglichen. Daten von über 35.000 Beschäftigten aus verschiedenen<br />

Berufsgruppen bilden die Basis für den COPSOQ-Durchschnittswert. 7 Insofern werden <strong>in</strong> diesem<br />

Beitrag vier Belastungsaspekte dargestellt und die Ergebnisse <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenhilfe mit denen<br />

<strong>in</strong> ähnlichen Branchen (Sozial- und Erziehungsberufen; Gesundheitsberufen) und dem<br />

COPSOQ-Durchschnitt verglichen.<br />

Ergebnisse<br />

Das Befragungskollektiv bestand zu 72 Prozent aus Frauen. Das Durchschnittsalter <strong>der</strong> Befragten<br />

betrug zum Befragungszeitpunkt 41 Jahre (Standardabweichung 12 Jahre). Knapp 50 Prozent<br />

<strong>der</strong> Befragten gaben an, <strong>in</strong> Vollzeit zu ar<strong>bei</strong>ten. Da<strong>bei</strong> ist <strong>der</strong> weibliche Anteil <strong>der</strong><br />

Teilzeitbeschäftigten deutlich höher als <strong>der</strong> männlichen (41 Prozent gegenüber 10 Prozent). Der<br />

Großteil <strong>der</strong> Beschäftigten (70 Prozent) ar<strong>bei</strong>tet m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal im Monat im Wechseldienst.<br />

Mit zunehmen<strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Wechseldienste und geteilter Dienste steigt die Anfor<strong>der</strong>ung<br />

h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>barkeit von Ar<strong>bei</strong>t und Freizeit.<br />

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Im Vergleich zum COPSOQ-Durchschnitt und den an<strong>der</strong>en Branchen s<strong>in</strong>d Beschäftigte <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenhilfe ger<strong>in</strong>geren quantitativen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t ausgesetzt (Abbildung).<br />

Sie müssen seltener schnell ar<strong>bei</strong>ten o<strong>der</strong> leisten im Durchschnitt weniger Überstunden.<br />

Dagegen wird <strong>der</strong> Aspekt ‚emotionale Anfor<strong>der</strong>ungen’ von den Mitar<strong>bei</strong>tern als hoch e<strong>in</strong>geschätzt.<br />

Insgesamt liegen die Werte <strong>bei</strong> allen vergleichbaren Branchen über dem COPSOQ-Durchschnitt.<br />

Folglich erleben die Beschäftigten <strong>in</strong> helfenden Berufen ihre Ar<strong>bei</strong>t als emotional sehr for<strong>der</strong>nd<br />

und fühlen sich dadurch stärker belastet. E<strong>in</strong>e weitere Belastung geht von schlechter<br />

Vere<strong>in</strong>barkeit von Ar<strong>bei</strong>t und Familie/Freizeit aus. Die Ar<strong>bei</strong>tsplatzunsicherheit <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenhilfe wird im Vergleich zu den an<strong>der</strong>en Berufsgruppen deutlich besser bewertet. Hier<br />

s<strong>in</strong>d die relativ ger<strong>in</strong>geren Werte als positiv anzusehen. Insgesamt werden die Aspekte<br />

Verbundenheit mit dem Ar<strong>bei</strong>tsplatz, Bedeutung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t und Ar<strong>bei</strong>tsplatzzufriedenheit als sehr<br />

hoch e<strong>in</strong>geschätzt.<br />

Schlussfolgerung<br />

Die Untersuchung zeigt, dass Beschäftigte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenhilfe ihre berufliche Situation<br />

überwiegend positiv e<strong>in</strong>schätzen. Neben den genannten Ressourcen sollten Belastungsquellen<br />

wie die Vere<strong>in</strong>barkeit von Ar<strong>bei</strong>t und Familie/Freizeit stärker <strong>in</strong> den betrieblichen Fokus rücken.<br />

Literatur:<br />

1 Rose D, Rose J: Staff <strong>in</strong> services for people with <strong>in</strong>tellectual disabilities: the impact of stress<br />

on attributions of challeng<strong>in</strong>g behaviour. In: Journal of Intellectual Disability Research 2005;<br />

49(11): 827–838<br />

2 Dyer S, Qu<strong>in</strong>e L: Predictors of Job Satisfaction and Burnout among the Direct-Care Staff of a<br />

Community Learn<strong>in</strong>g Disability Service. In: Journal of Applied Research <strong>in</strong> Intellectual<br />

Disabilities 1998; 11(4): 320–332<br />

3 Hatton C, Emerson E, Rivers M, Mason H, Mason L, Swarbrick R, Kiernan C, Reeves D,<br />

Alborz A: Factors Associated with Staff Stress and Work Satisfaction <strong>in</strong> Services for People with<br />

Intellectual Disability. In: Journal of Intellectual Disability Research 1999; 43(4): 253–267<br />

4 Marquard A, Runde P, Westphal G: Psychische <strong>Belastungen</strong> <strong>in</strong> helfenden Berufen:<br />

Bed<strong>in</strong>gungen, H<strong>in</strong>tergründe, Auswege. Westdeutscher Verlag, 1993<br />

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5 Siegrist J, Dragano N: <strong>Psychosoziale</strong> <strong>Belastungen</strong> und Erkrankungen im Erwerbsleben. In:<br />

Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 2008; 51(3): 305–312<br />

6 Nübl<strong>in</strong>g M, Stößel U, Hasselhorn H-M, Michaelis M, Hofmann F: Methoden zur Erfassung<br />

psychischer <strong>Belastungen</strong>. Erprobung e<strong>in</strong>es Mess<strong>in</strong>strumentes (COPSOQ). Schriftenreihe <strong>der</strong> BAuA<br />

Fb 1058, 2005<br />

7 Nübl<strong>in</strong>g M: Schwerpunkt – psychische <strong>Belastungen</strong> und Beanspruchungen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t. FFAS –<br />

Freiburger Forschungsstelle Ar<strong>bei</strong>ts- und Sozialmediz<strong>in</strong> (Hrsg.). Aktuelle, nicht publizierte Daten<br />

aus <strong>der</strong> COPSOQ-Datenbank 2011<br />

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