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Die Welle, Die zur Wucht Wurde - Ensemble Resonanz

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| Salon | E l B p H i l H a R M o n i E<br />

Kinder mit Streicherklängen, denn Elfi-<br />

Konzerte gibt es auch für Schwangere.<br />

Offenbar kann man gar nicht früh genug<br />

anfangen. „Unser Hauptproblem ist es,<br />

neues Publikum an klassische Musik heran<br />

zu führen“, sagt der Generalintendant.<br />

„Man muss den Humus aufbereiten. Noch<br />

ist er da. Es haben sich schon Fan-Clubs<br />

gebildet, auf Facebook hat die Elbphilharmonie<br />

schon über viertausend Freunde. Ich<br />

bin zuversichtlich. Es gibt Milliarden Chinesen,<br />

die sind verrückt nach dieser Musik,<br />

Millionen Japaner und Koreaner die sich<br />

dafür begeistern.“<br />

<strong>Die</strong> Planung der Architekten war noch<br />

gar nicht abgeschlossen, da wurde der<br />

Bauauftrag schon an Hochtief erteilt<br />

Vor dem Fall: Projektkoordinator Hartmut Wegener und Ole von Beust<br />

„Hochtief hat schlecht gebaut“, sagt die Hamburg Regierung<br />

6 Cicero 2.2012<br />

Künstler muss er nicht begöschen. „Ich bekam Angebote von<br />

den besten Orchestern der Welt, die fragten, wann sie hier auftreten<br />

können. Sie waren <strong>zur</strong> Eröffnung 2010 schon gebucht, dann<br />

für 2012. Zweimal habe ich einen Termin genannt. Den Fehler<br />

werde ich nicht wiederholen. Ich will mich nicht lächerlich machen.“<br />

Christoph Lieben-Seutter, ein Impresario Wiener Schule,<br />

betrachtet das Problem mit nonchalanter Ironie. „Ich lerne. Ich<br />

habe jetzt auf dieses Pferd gesetzt und will dabei sein, wenn es läuft.<br />

Das ist eine offene Wette. Mein Vertrag endet 2015.“ Termine für<br />

die Elbphilharmonie schreibt er mit Bleistift in den Kalender und<br />

trägt sie parallel für die Laeiszhalle ein. Das System funktioniert.<br />

*<br />

Einst stand hier der Kaiserspeicher, und wenn Schlag zwölf<br />

am weithin sichtbaren Turm der Zeitball fiel, stellten die Kapitäne<br />

danach ihre Uhren. <strong>Die</strong> Zeit ging darüber hinweg, Turm und<br />

Lagerhaus, im Krieg schwer mitgenommen, wurden abgerissen.<br />

1966 setzte der Architekt Werner Kallmorgen den Kaispeicher A<br />

an seine Stelle, ein resolutes Statement der Moderne, pragmatisch,<br />

eckig, gut, gegründet auf 1111 Pfählen aus Stahlbeton, tief in den<br />

Elbschlick gerammt. Doch als die Container aufkommen, wird<br />

er nicht mehr gebraucht. Der Kaispeicher A steht leer, soll einem<br />

Bürokomplex Platz machen, dem „MediaCityPort“. Dann platzt<br />

die Internetblase, man ist wieder offen für neue Ideen.<br />

Eine solche Idee hat der Projektentwickler Alexander Gérard.<br />

Warum nicht ein Zeichen der Hochkultur dorthin setzen, wo bisher<br />

Kakaosäcke gelagert wurden, fragt sich der gelernte Architekt.<br />

Gemeinsam mit seiner Frau, der Kunsthistorikerin Jana Marko,<br />

spinnt er die Idee eines Konzerthauses an der Kaizunge, als Kontrapunkt<br />

<strong>zur</strong> HafenCity, dem neuen Stadtteil aus der Retorte. <strong>Die</strong><br />

leblose, dicht aneinander gereihte Parade von Kontor- und Wohnhäusern<br />

in der handelsüblichen Ästhetik maximierter Geschossflächenzahl<br />

ödet ihn an.<br />

Warum nicht an diesem exponierten Platz etwas Geniales schaffen,<br />

das Stadt und Hafen verbindet, etwas das weit über die Grenzen<br />

der Stadt hinaus strahlt, ein weltweit sichtbares Signal, wie die<br />

Oper in Sydney oder das Guggenheim Museum in Bilbao? Wer<br />

könnte so etwas realisieren? Vor zehn Jahren, im Dezember 2001,<br />

reisen sie nach Basel, gewinnen die Architekten Jacques Herzog und<br />

Pierre de Meuron für ihre Idee und erteilen ihnen den Auftrag, ein<br />

Konzept für diesen Bau zu entwerfen. Ein Coup.<br />

Herzog & de Meuron spielt in der ersten Liga, ein globales Unternehmen<br />

mit 250 Mitarbeitern, nicht gerechnet die rund hundert<br />

Spezialisten vor Ort an weltweit mehr als 40 Baustellen. Für<br />

die Kunsthalle Tate Modern in London erhielten sie den Pritzker-Preis,<br />

der als Nobelpreis für Architekten gilt. Sie brachten die<br />

Allianz-Arena in München zum Glühen, bauten das Nationalstadion<br />

in Peking, ein Nest für die Olympischen Sommerspiele 2008.<br />

Und nun entwickeln sie für Hamburg die Vision einer architektonischen<br />

Lichtgestalt, eine gläsern schimmernde Riesenwelle, auf<br />

den Mauern eines alten Kaispeichers schwebend, mit einem Konzertsaal<br />

in ihrem Innern, der seinesgleichen sucht.<br />

Der kühne Plan erregt Aufsehen. <strong>Die</strong> New York Times erkennt<br />

eine „glückselige Balance zwischen Form und Klang“. Aber Glückseligkeit<br />

rechnet sich nicht. Wir sind in Hamburg. Ein Hotel<br />

und Luxuswohnungen sollen den Bau finanzieren, private Spenden<br />

sicher stellen, dass dem Steuerzahler keine Kosten entstehen.<br />

Nein, wirklich keine Kosten. Noch sind wir im Bereich der Utopie.<br />

Fotos: roland Magunia/ddp iMages/dapd, VolkMar sChulz/keystone pressedienst

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