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Aspekte von Mündlichkeit und Schriftlichkeit am Beispiel des Chattens

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Auch hierzu ein <strong>Beispiel</strong>:<br />

toni: ixh bin der gleichen meinung<br />

toni: -x +c<br />

Da die Chatpartner zwar auf sich Bezug nehmen wollen, die Eingabe über die<br />

Tastatur aber zeitaufwändig ist, wird in den meisten Fällen die kontextuelle<br />

Info vorausgesetzt. Dieses führt zum verstärkten Gebrauch <strong>von</strong><br />

Satzverkürzungen (Ellipsen) <strong>und</strong> Anakoluthen, die ein typisches Merkmal für<br />

die gesprochene Sprache sind. 24 Die Beiträge aller Teilnehmer sind also<br />

größtenteils nur wenige Worte lang.<br />

Ein weiteres „Chatphänomen“ sind Ausdrücke wie *kopfschüttel*, *locker hoch<br />

hebt*, *entschuldigendguckend* <strong>und</strong> ähnliches. Diese Wörter werden durch<br />

Sternchen markiert, was den Bewegungs- oder Lautcharakter hervorheben<br />

soll. Es handelt sich dabei syntaktisch gesehen um spezielle<br />

Infinitkonstruktionen mit einer (bis auf wenige Ausnahmen) Verbendstellung<br />

<strong>des</strong> Verbst<strong>am</strong>mes. Hier liegt eine Vollprädikation vor, die <strong>von</strong> den<br />

bekannteren Infinitkonstruktionen (Infinitiv- <strong>und</strong> Partizipialkonstruktionen)<br />

abweicht. Runkehl, Schlobinski <strong>und</strong> Siever bezeichnen diese Wortform<br />

mangels eines feststehenden Terminus als „infinite Verb-Letzt-Konstruktion“<br />

oder als „Inflektiv“. 25<br />

Die eben angesprochene Konstruktion findet sich häufig in Zus<strong>am</strong>menhang<br />

mit der Verwendung <strong>von</strong> prädikativ gebrauchten Verbstämmen wie *grins*,<br />

*bibber* usw., worauf sich die Annahme stützt, dass diese „infiniten Verb-<br />

Letzt-Konstruktionen“ aus den prädikativ verwendeten Verbstämmen<br />

entstanden sind. Diese allein durch den Verbst<strong>am</strong>m gebildeten<br />

„Wurzelwörter“ sind eine Erfindung aus den 50er-Jahren. D<strong>am</strong>als waren es<br />

Redakteure der <strong>am</strong>erikanischen Comiczeitschriften „Micky Maus“ <strong>und</strong> „MAD“,<br />

die diese Wörter in den allgemeinen Sprachgebrauch brachten. Aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong><br />

24 vgl.: Rath, Rainer: Kommunikationspraxis, Göttingen 1979<br />

25 vgl.: Runkehl, Jens/Schlobinski, Peter/Siever, Torsten: Sprache <strong>und</strong> Kommunikation im<br />

Internet, Hannover 1998, S. 11<br />

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