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Das Call Center wird zum Knotenpunkt - Banken+Partner

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VERTRIEB<br />

Vertriebswege<br />

<strong>Das</strong> <strong>Call</strong> <strong>Center</strong> <strong>wird</strong> <strong>zum</strong><br />

<strong>Knotenpunkt</strong><br />

<strong>Das</strong> klassische <strong>Call</strong> <strong>Center</strong> als Ersatz für die Telefonzentrale hat<br />

endgültig ausgedient. Es entwickelt sich immer mehr <strong>zum</strong> Customer<br />

Interaction <strong>Center</strong> und <strong>wird</strong> so <strong>zum</strong> <strong>Knotenpunkt</strong> vieler Vertriebswege.<br />

Welche neuen Anforderungen dabei auf die Kreditinstitute<br />

und ihre Mitarbeiter zukommen, diskutierte eine Expertenrunde<br />

aus Bankern, Wissenschaftlern und Dienstleistern.<br />

Herr Dübbelde, Herr Sperber, Transcom<br />

übernimmt für seine Kunden den Betrieb<br />

von <strong>Call</strong> <strong>Center</strong>n. Welche Funktion<br />

haben diese aus Ihrer Sicht im Multikanalmix<br />

Dübbelde: <strong>Call</strong> <strong>Center</strong> werden immer<br />

mehr zu Service-Dienstleistern, die<br />

gleich mehrere Vetriebskanäle bedienen.<br />

Es geht nicht mehr alleine darum,<br />

Anrufe zu beantworten oder Telefonaktionen<br />

durchzuführen. Wir verstehen uns<br />

als Dienstleister, der ganz unterschiedliche<br />

Kanäle für unsere Kunden bedient.<br />

Sperber: Dazu gehört es dann auch, in<br />

Chats im Internet die Fragen der Kunden<br />

zu beantworten oder den Kundenkontakt<br />

über Twitter und Facebook zu beobachten<br />

und mitzugestalten.<br />

log der Zukunft nehmen <strong>Call</strong> <strong>Center</strong> nach<br />

wie vor eine wichtige Rolle ein. Allerdings<br />

verändern sie sich – das Telefon<br />

spielt in ihnen zwar weiterhin eine wichtige<br />

Rolle, aber nur noch als Teil eines<br />

Netzwerks. Damit dieses Netz aus unterschiedlichen<br />

Vertriebs- und Kommunikationswegen<br />

funktionieren kann, braucht<br />

es einen <strong>Knotenpunkt</strong> – die <strong>Call</strong> <strong>Center</strong>,<br />

die sich zu Customer Interaction <strong>Center</strong>n<br />

weiterentwickeln. Die unterschiedlichen<br />

Zugangswege des Kunden müssen mit<br />

einer gemeinsamen Intelligenz und Logik<br />

verbunden sein. Und das ist technisch<br />

inzwischen möglich.<br />

Herr Schulz-Gerhardt, Herr Naumann,<br />

wie sehen Sie als Vertreter von Direktbanken,<br />

die ja auch sehr stark auf das<br />

Internet als Vertriebskanal setzen, die<br />

Funktion von <strong>Call</strong> <strong>Center</strong>n<br />

Schulz-Gerhardt: Es stimmt, wir setzen<br />

sehr stark auf das Internet bei der<br />

Kommunikation mit unseren Kunden<br />

und mit möglichen Kunden. Aber dieser<br />

Vertriebskanal kann nicht alle Fragen<br />

und Bedürfnisse abdecken. In vielen<br />

Fällen ist der direkte Kontakt zu einem<br />

Menschen notwendig. Es gibt einfach<br />

Dialoge, die persönlich geführt werden<br />

müssen. <strong>Das</strong> vermittelt den Kunden die<br />

Sicherheit, dass sich jemand kümmert.<br />

Naumann: Genau. Direktbanken haben<br />

nun einmal keine Filialen. Aber auch<br />

wir benötigen einen Kanal für die persönliche<br />

Kommunikation mit unseren<br />

Kunden. Und das ist in unserem Fall das<br />

<strong>Call</strong> <strong>Center</strong>. Gerade bei komplizierteren<br />

Fragen oder bei Problemen benötigt der<br />

Kunde einen Menschen als Ansprechpartner.<br />

Durch diesen persönlichen<br />

Kontakt entsteht Vertrauen – und darauf<br />

sind alle Banken angewiesen. Wenn<br />

wir ehrlich sind, unterscheiden sich<br />

die Direktbanken bei ihren Produkten<br />

nicht wirklich stark voneinander. Eine<br />

Differenzierung ist vielmehr über guten<br />

Service möglich und den erreichen wir,<br />

wenn wir unseren Kunden im <strong>Call</strong> <strong>Center</strong><br />

kompetente Gesprächspartner anbie-<br />

Herr Jánszky, das Internet ist als Informations-<br />

und Vertriebskanal auf dem<br />

Vormarsch und nun gesellt sich <strong>zum</strong><br />

Online- auch noch das Mobile-Banking.<br />

Dennoch reden wir heute über den<br />

Kundenkontakt per Telefon. Haben <strong>Call</strong><br />

<strong>Center</strong> in Zeiten des Web 2.0 denn überhaupt<br />

noch eine <strong>Das</strong>einsberechtigung<br />

Jánszky: Aber sicherlich. In den<br />

Zukunftszenarien über den Kundendia-<br />

Diskussionsteilnehmer Dübbelde, Hamm, Schulz-Gerhardt, Naumann, Jánszky und Sperber:<br />

Kundenbindung durch den persönlichen Kontakt am Telefon.<br />

<strong>Banken+Partner</strong> 3 I 11<br />

27


VERTRIEB<br />

Die Gesprächsteilnehmer<br />

Rolf Dübbelde<br />

Business<br />

Development<br />

Director<br />

Transcom<br />

Sven Gábor<br />

Jánszky<br />

Geschäftsführer<br />

2b Ahead<br />

Think Tank<br />

Alexander<br />

Naumann<br />

Bereichsleiter<br />

Vertrieb<br />

1822direkt<br />

Wolfgang<br />

Sperber<br />

Business<br />

Development<br />

Team<br />

Transcom<br />

Thomas Schulz-<br />

Gerhardt<br />

Head of Deposit<br />

Services<br />

Advanzia Bank<br />

ten. Ein positives Kundenerlebnis ist oft der ausschlaggebende<br />

Grund für eine Kaufentscheidung.<br />

Wie <strong>wird</strong> sich der Vertriebswegemix in den kommden Jahren<br />

verändern<br />

Jánszky: Es <strong>wird</strong> auch weiterhin nicht den einen Kanal geben,<br />

den die Kunden bevorzugt nutzen. Im Gegenteil, neue Kanäle<br />

werden dazukommen. So <strong>wird</strong> das Handy auch als Vertriebskanal<br />

immer wichtiger werden. Smartphones entwickeln sich<br />

mehr und mehr <strong>zum</strong> technischen Assistenten und übernehmen<br />

die Rolle eines intelligenten Beraters. Die Banken müssen<br />

erkennen, welche Dienstleistungen und Produkte von den Kunden<br />

gewünscht werden und diese entsprechend zur Verfügung<br />

stellen – über welchen Kanal das geschieht ist, letztendlich egal.<br />

Der Kunde erwartet das gleiche Angebot auf allen Kanälen.<br />

Dübbelde: <strong>Call</strong> <strong>Center</strong> werden ganz neue Aufgaben übernehmen<br />

müssen. Denn die Banken werden stärker als heute zwischen<br />

Premium- und Standardkunden unterscheiden. Die Premiumkunden<br />

werden – auch im <strong>Call</strong> <strong>Center</strong> – ganz<br />

Der Kunde erwartert das individuell bedient werden müssen. Damit steigen<br />

gleiche Produktangebot auf die Anforderungen an die Mitarbeiter weiter an.<br />

allen Vertriebskanälen.<br />

Zumal auch die Integration zusätzlicher Vertriebswege<br />

weiter voranschreiten <strong>wird</strong>.<br />

Naumann: Und durch die neuen Kanäle kommen neue Aufgaben<br />

auf das <strong>Call</strong> <strong>Center</strong> zu. Es <strong>wird</strong> der Dreh- und Angelpunkt<br />

für den Kundenkontakt. Zumal durch die sozialen Netzwerke ein<br />

weiterer Kanal hinzukommt, den man im Blick haben muss. Insgesamt<br />

<strong>wird</strong> die Professionalisieung im Kundenkontakt-<strong>Center</strong><br />

weiter zunehmen.<br />

Schulz-Gerhardt: Wichtig ist auch, dass es sicherlich keine<br />

Verdrängung eines Kanals geben <strong>wird</strong>. Es kommen vielmehr<br />

neue Kanäle hinzu. Als Bank muss man<br />

darauf reagieren und dem Kunden genau<br />

den Weg zur Verfügung stellen, den er<br />

bevorzugt. Nur dadurch kann man sich<br />

vom Wettbewerb unterscheiden und<br />

den Kunden den Service bieten, den sie<br />

erwarten.<br />

Sie alle haben die Möglichkeit des persönlichen<br />

Kontakts über das Telefon<br />

und den damit verbunden zusätzlichen<br />

Service hervorgehoben. Was sind die<br />

konkreten Vorteile davon<br />

Naumann: Die sind vielfältig. Für uns ist<br />

es wichtig, dass wir bei den Telefongesprächen<br />

ein sehr viel genaueres Kundenfeedback<br />

über alle Kanäle hinweg<br />

bekommen als beispielsweise im Internet.<br />

Wir erhalten dadurch viele Informationen,<br />

wie wir aus Kundensicht unsere<br />

Produkte gestalten sollten oder unsere<br />

Prozesse verbessern könnten. Somit<br />

<strong>wird</strong> der Verbraucher viel stärker in das<br />

Unternehmen eingebunden.<br />

Dübbelde: <strong>Das</strong> erleben wir auch. Unsere<br />

Agenten erhalten in den Gesprächen<br />

sehr oft Hinweise darauf, wo es Verbesserungsbedarf<br />

beim Internetauftritt oder<br />

bei den Produkten gibt. Diese Hinweise<br />

sammeln wir, leiten sie an unsere Kunden<br />

weiter und unterstützen diese damit<br />

bei ihrer Arbeit.<br />

Jánszky: In diesem Zusammenhang zeigt<br />

sich einmal mehr, wie wichtig die Vernetzung<br />

der unterschiedlichen Kanäle ist.<br />

In Zukunft ist ein intelligentes Kanalmanagement<br />

notwendiger denn je. An jedem<br />

Punkt, an dem ich den Kunden treffe,<br />

benötige ich die Informationen aus den<br />

vorherigen Begegnungen – gleichgültig<br />

in welchem Kanal diese stattgefunden<br />

haben. Im Grunde ist das wie bei privaten<br />

Begegnungen. Wenn wir einen Freund<br />

treffen, erwarten wir ja auch, dass er<br />

weiß, was wir uns erzählt haben – unabhängig<br />

davon ob wir telefoniert haben,<br />

28<br />

<strong>Banken+Partner</strong> 3 I 11


VERTRIEB<br />

einen Kaffee zusammen getrunken oder<br />

uns eine E-Mail geschickt haben.<br />

Welche Bedeutung haben <strong>Call</strong> <strong>Center</strong><br />

für die Kundenbindung<br />

Dübbelde: Eine unschätzbare. Die Kunden<br />

fühlen sich im persönlichen Kontakt<br />

ernst- und wahrgenommen.<br />

Naumann: Hauptvertriebskanal bleibt<br />

für uns das Internet. Doch kommen sehr<br />

viele wertvolle Impulse für alle Vertriebswege<br />

aus dem Telefonkanal. Zudem vermitteln<br />

die Mitarbeiter im <strong>Call</strong> <strong>Center</strong> ein<br />

Gefühl der Sicherheit, denn im Notfall<br />

oder bei Fragen kann ich immer noch<br />

einen Menschen kontaktieren, der meine<br />

Bedürfnisse ernst nimmt und sich<br />

um meine Belange kümmert. Der Mitarbeiter<br />

muss also weit mehr sein als ein<br />

menschlicher Anrufbeantworter.<br />

Wie ändern sich dadurch die Anforderungen<br />

an die Mitarbeiter Viele Institute<br />

versetzen ja beispielsweise frühere<br />

Filialmitarbeiter ins <strong>Call</strong> <strong>Center</strong>. Ist das<br />

sinnvoll<br />

Naumann: Nur dann, wenn die Mitarbeiter<br />

freiwillig ins <strong>Call</strong> <strong>Center</strong> wechseln.<br />

Dübbelde: Genau. Häufig werden Mitarbeiter<br />

in <strong>Call</strong> <strong>Center</strong> versetzt, wenn<br />

Filialen geschlossen werden. Die haben<br />

dann zwar das notwendige Fachwissen,<br />

fühlen sich aber degradiert und liefern<br />

deshalb nicht mehr den notwendigen<br />

Kundenservice.<br />

Naumann: Wir vermitteln unseren Mitarbeitern,<br />

dass die Arbeit im <strong>Call</strong> <strong>Center</strong> ein<br />

Karriere sprungbrett sein kann. Nirgends<br />

sonst haben sie die Möglichkeit, so nah<br />

am Kunden mit der gesamten Bandbreite<br />

des Bankgeschäfts zu agieren.<br />

Schulz-Gerhardt: Dem kann ich nur<br />

zustimmen. Eine hohe Qualität im <strong>Call</strong><br />

<strong>Center</strong> kann nur entstehen, wenn die<br />

Mitarbeiter motiviert sind. Agenten, die<br />

ihren Beruf interessant finden, gehen<br />

anders an die Aufgaben heran. <strong>Das</strong><br />

schlägt sich dann in der Kundenzufriedenheit<br />

nieder. Und gerade wir Direktbanken<br />

sind auf motivierte Mitarbeiter im<br />

<strong>Call</strong> <strong>Center</strong> angewiesen. Denn komplexe<br />

Produkte sind am Telefon oft schwieriger<br />

zu erklären als in der Filiale. Daher sind<br />

unsere Anforderungen an <strong>Call</strong>-<strong>Center</strong>-<br />

Agenten besonders hoch.<br />

Herr Schulz-Gerhardt, Sie haben Ihr <strong>Call</strong><br />

<strong>Center</strong> an Transcom ausgelagert. Kann<br />

ein externer Dienstleister die von ihnen<br />

beschriebenen Anforderungen erfüllen<br />

Schulz-Gerhardt: Aber sicher – allerdings<br />

muss man als Auftraggeber einen<br />

engen Kontakt <strong>zum</strong> Dienstleister halten.<br />

Nur so ist sichergestellt, dass keine<br />

Informationen verloren gehen. Wir<br />

haben gesehen, dass das Outsourcing<br />

kostengünstiger als der Eigenbetrieb ist<br />

und wir dennoch keine Qualitätsverluste<br />

haben.<br />

Herr Naumann, die 1822direkt betreibt<br />

ihr <strong>Call</strong> <strong>Center</strong> dagegen selbst. Ist Outsourcing<br />

für Sie eine Option<br />

Naumann: Es kann unter anderem von<br />

Nutzen sein, einen Dienstleister einzuschalten,<br />

um Spitzen auszugleichen oder<br />

in anruf armen Zeiten die Betreuung der<br />

Kunden rund um die Uhr sicherzustellen.<br />

Dübbelde: Es ist ja gerade der Vorteil<br />

eines Dienstleisters, dass er für mehr<br />

Flexibilität bei seinen Kunden sorgt.<br />

So begleiten wir auch Kampagnen, bei<br />

denen mit einem höheren Anrufaufkommen<br />

zu rechnen ist. Damit sind wir dann<br />

eine Ergänzung zu den bestehenden In-<br />

House-<strong>Call</strong>-<strong>Center</strong>n. Bei Kunden, für die<br />

wir den gesamten <strong>Call</strong>-<strong>Center</strong>-Betrieb<br />

übernehmen, merken wir im Übrigen,<br />

dass sich die Mitarbeiter mit ihrem Kunden<br />

sehr stark identifizieren. Sie sind<br />

dann zwar bei Transcom angestellt,<br />

sehen sich aber beispielsweise in erster<br />

Linie als Mitarbeiter der Advanzia Bank,<br />

für die sie sich einsetzen.<br />

<br />

Margaretha Hamm<br />

Diskussion: Die Anforderungen an die Mitarbeiter im <strong>Call</strong> <strong>Center</strong> steigen deutlich an.<br />

<strong>Banken+Partner</strong> 3 I 11 29

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