ECRE-Studie zur Dublin II-Praxis - Pro Asyl
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Die <strong>Studie</strong><br />
Der <strong>ECRE</strong>-Bericht <strong>zur</strong> Umsetzung der <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong>-Verordnung gibt einen Überblick über<br />
die Anwendungspraxis in 20 EU-Mitgliedstaaten und deren Auswirkungen. Die <strong>Studie</strong><br />
bringt eine Anzahl von negativen Trends und immanenten Fehlern der Verordnung<br />
ans Tageslicht und zeigt auch das Versagen der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung.<br />
Insbesondere zeigt der Bericht, dass vielen auf der Grundlage von <strong>Dublin</strong><br />
überstellten Schutzsuchenden der Zugang zu <strong>Asyl</strong>verfahren im zuständigen Staat<br />
verweigert wird. Gleichzeitig wenden einige Staaten immer häufiger Haft an, um eine<br />
Überstellung, bzw. Zurückweisung nach dem Zuständigkeitssystem von <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong> zu<br />
erzwingen.<br />
Der Bericht bildet auch die harte Wirklichkeit der Zuständigkeitsverordnung für<br />
unbegleitete Kinder und Familien ab, die an der Familienzusammenführung<br />
gehindert werden. Viele Staaten machen keinen Gebrauch vom Selbsteintrittsrecht<br />
(„sovereignty clause“) und von der humanitären Klausel, um die schlimmsten Folgen<br />
von <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong> zu mildern. Stattdessen wenden sie diese besonderen Bestimmungen<br />
der Zuständigkeitsverordnung inkonsistent oder überhaupt nicht an. Zudem<br />
informieren viele Mitgliedstaaten <strong>Asyl</strong>suchende nicht über die Anwendung der<br />
Verordnung und deren Konsequenzen. Darüber hinaus versäumen Staaten<br />
Informationen in Bezug auf <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong> miteinander zu teilen, wodurch kein effektiver<br />
Ablauf im <strong>Dublin</strong>-Zuständigkeitssystems insgesamt zustande kommen kann. Dazu<br />
verdeutlicht die <strong>Studie</strong>, dass es vielen <strong>Asyl</strong>suchenden unmöglich ist, Klage<br />
(„appeal“) gegen einen <strong>Dublin</strong>-Bescheid zu erheben.<br />
Zugang zum <strong>Asyl</strong>verfahren<br />
Grundsätzlich basiert die <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong>-Verordnung auf der Bereitschaft eines<br />
Mitgliedstaats, eine substanzielle Überprüfung eines <strong>Asyl</strong>antrags bei Zuständigkeit<br />
durchzuführen. In den Schlussfolgerungen von Tampere wurde unterstrichen, dass<br />
ein System der Verteilung von Zuständigkeiten in einem Mitgliedstaat einen<br />
effektiven Zugang zum Verfahren über die Feststellung des Flüchtlingsstatus<br />
garantieren soll. Es wurde zudem die umfassende und uneingeschränkte Gültigkeit<br />
der Genfer Flüchtlingskonvention in der Europäischen Union bekräftigt. Die <strong>ECRE</strong>-<br />
<strong>Studie</strong> belegt, dass in der <strong>Praxis</strong> immer wieder sogenannten „<strong>Dublin</strong>-Überstellten“<br />
der Zugang zum <strong>Asyl</strong>verfahren im verantwortlichen EU-Staat verweigert wird. Bei<br />
vielen überstellten Personen wird das <strong>Asyl</strong>gesuch nicht korrekt behandelt. Teilweise<br />
wird sogar insgesamt der Zugang zum Verfahren verweigert, wie es besonders in der<br />
sogenannten „Abbruch-<strong>Praxis</strong>“ Griechenlands deutlich wird.<br />
Die griechische <strong>Praxis</strong><br />
Seit Anfang des Jahres 2004 haben griechische Behörden die Prüfung von<br />
<strong>Asyl</strong>anträgen abgebrochen, bzw. verweigert im Falle von Personen, die aufgrund der<br />
<strong>Dublin</strong> <strong>II</strong>-Verordnung nach Griechenland überstellt worden waren. Die juristische<br />
Basis solcher Abbruchsentscheidungen ist Artikel 2(8) eines Präsidentenerlasses.<br />
Dieser erlaubt dem Ministerium für Öffentliche Ordnung, die Prüfung von<br />
<strong>Asyl</strong>gesuchen zu „unterbrechen“ (faktisch: abzubrechen) wenn der Bewerber/die<br />
Bewerberin „willkürlich den zugewiesenen Wohnsitz verlässt“. In der Folge wenden<br />
griechische Behörden diese Regelung an, um ein <strong>Asyl</strong>gesuch von Personen zu<br />
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