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Infodienst #89 - Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz

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<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> September 2011<br />

Was wird aus der<br />

Graphik: M. Brunner<br />

Abschiebehaft Ingelheim<br />

<strong>Infodienst</strong> des <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Ausgabe Nr. 89, September 2011


Impressum<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong><br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Postfach 2851<br />

55516 Bad Kreuznach<br />

Tel: 0671 / 84 59 15 - 2<br />

Fax: 0671 / 84 59 15 - 4<br />

E-Mail: info@asyl-rlp.org<br />

Homepage: www.asyl-rlp.org<br />

Koordinierungsgruppe:<br />

Malteser Hilfsdienst Mainz<br />

Behrouz Asadi<br />

Jägerstraße 37<br />

55131 Mainz<br />

Tel.: 061 31 / 22 60 42<br />

Fax: 06131 / 23 04 13<br />

Mobil: 01 71 / 22 79 232<br />

E-Mail: fbmainz@aol.com<br />

Diakonisches Werk <strong>Pfalz</strong><br />

Manfred Asel<br />

Karmeliterstraße 20<br />

67342 Speyer<br />

Tel.: 062 32 / 66 42 62<br />

Fax: 062 32 / 66 41 30<br />

E-Mail: manfred.asel@diakonie-pfalz.de<br />

Diakonisches Werk im<br />

Kirchenkreis Altenkirchen<br />

Kirsten Liebmann, Dipl. Sozarb.<br />

Tel.: 026 81 / 80 08 - 20<br />

Fax: 026 81 / 80 08 - 82<br />

E-Mail: info@diakonie-altenkirchen.de<br />

Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises<br />

Beauftragter für Migration und Integration<br />

Jürgen Pirrong<br />

Insel Silberau 1<br />

56130 Bad Ems<br />

Tel.: 026 03 / 972 217<br />

Fax: 026 03 / 972 6217<br />

E-Mail: juergen.pirrong@rhein-lahn.rlp.de<br />

Flüchtlingsrat Mainz<br />

Bernd Drüke<br />

Kurhausstraße 8<br />

55543 Bad Kreuznach<br />

0671/84 59 152<br />

spunkt@gmx.de<br />

AWO <strong>Rheinland</strong><br />

Fachdienst für Migration und Integration<br />

Pierrette Onangolo<br />

Leibnizstr. 47<br />

55118 Mainz<br />

Tel.: 06131 / 670091<br />

Fax.: 06131 / 616004<br />

Pierrette.Onangolo@AWO-<strong>Rheinland</strong>.de<br />

Pfarramt für Ausländerarbeit<br />

Siegfried Pick<br />

Postfach 28 51<br />

55516 Bad Kreuznach<br />

Tel.: 06 71 / 84 59 15 – 2<br />

Fax: 06 71 / 84 59 15 – 4<br />

E-Mail: S.Pick@asyl-rlp.org<br />

Diakonisches Werk Mainz-Bingen<br />

Uli Sextro<br />

Beratungszentrum Ingelheim<br />

Binger Str. 218<br />

55218 Ingelheim<br />

Tel.: 061 32 / 789 411<br />

Fax: 061 32 / 789 410<br />

E-Mail: u.sextro@diakonie-mainz-bingen.de<br />

Diakonisches Werk d. ev. Kirchenkreises Koblenz<br />

Interkulturelle Dienste<br />

Bärbel Liss-Gul<br />

Mainzer Str. 73<br />

56068 Koblenz<br />

Tel.: 0261/ 9156129<br />

Fax: 0261/ 9116147<br />

E-Mail: bliss-gul@kirchenkreis-koblenz.de<br />

<strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

ist ein Projekt des<br />

Europäischen Flüchtlingsfonds<br />

Der <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> wird<br />

finanziell gefördert vom Beauftragten der<br />

Landesregierung für Migration und Integration,<br />

Herrn Miguel Vicente und der<br />

bundesweiten Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL<br />

2 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Inhalt<br />

Inhalt<br />

Vorwort: Das Wichtigste in Kürze 4<br />

1 LUfA<br />

1.1 PM Bündnis „Ausreisezentrum abschaffen“ Trier: Fest zur Schließung............................ 6<br />

1.2 Trierischer Volksfreund: Menschenrechtler feiern Schließung..........................................7<br />

2 Abschiebehaft Ingelheim<br />

2.1 Runder Tisch<br />

2.1.1 Saarländische Anfrage zum Abschiebehaftvertrag....................................................8<br />

2.1.2 PM MIFKJF Runder Tisch Ingelheim konstituiert sich.............................................12<br />

2.1.3 PM MIFKJF Abschiebehaft auf dem Prüfstand........................................................14<br />

2.1.4 Caritas und Diakonie: Neukonzeption Ingelheim positives Signal........................... 16<br />

2.1.5 Allgemeine Zeitung: „Haftbedingungen verbessern“................................................18<br />

2.2. Demo gegen Abschiebehaft am 3. September<br />

2.2.1 Gemeinsame Pressemeldung agarp, Initiativausschuss, AK <strong>Asyl</strong>........................... 19<br />

2.2.2 Aufruf Grüne RLP: „Weil der Mensch ein Mensch ist“..............................................20<br />

2.2.3 Rhein-Zeitung: „Gegen Abschiebepolitik marschiert“...............................................21<br />

2.2.4 Allgemeine Zeitung: „Protest gegen Abschiebegefängnis“......................................22<br />

2.2.5 Allgemeine Zeitung: „Demo gegen Abschiebehaft“..................................................23<br />

2.2.6 Rhein-Zeitung: „Hunderte demonstrieren gegen Abschiebeknast“.......................... 23<br />

2.2.7 Allgemeine Zeitung: Protest gegen Abschiebepraxis...............................................24<br />

2.2.8 dpa: „Demonstration gegen Abschiebegefängnis“...................................................24<br />

2.2.9 Allgemeine Zeitung: Interview mit Daniel Köbler......................................................25<br />

2.2.10 Rhein-Zeitung: „Sogar der Himmel sieht hinter Mauern anders aus“...................... 26<br />

3 Residenzpflicht<br />

3.1 Antrag SPD/Grüne für landesweite Bewegungsfreiheit..................................................27<br />

3.2 Verordnung MIFKJF: Vorgriffsregelung Residenzpflicht.................................................29<br />

3.5 AK <strong>Asyl</strong> begrüßt Beschluss des Landtags zum Thema Residenzpflicht......................... 32<br />

3.4 PM MIFKJF: „Residenzpflicht nicht mehr zeitgemäß“.....................................................33<br />

3.6 Rhein-Zeitung: „<strong>Asyl</strong>: Bracht-Zitat empört Rot-Grün“......................................................35<br />

4 25 Jahre Pro <strong>Asyl</strong><br />

4.1 Süddeutsche: „Undiplomatische Vertretung der Heimatlosen“.......................................36<br />

4.2 taz: „Die Barbaren sind da“.............................................................................................39<br />

4.3 Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration...............................................41<br />

5 Meldepflicht<br />

5.1 Caritas begrüßt Einschränkung der Übermittlungspflichten............................................49<br />

5.2 SWR: „Erleichterung für Kinder von illegalen Migranten“...............................................50<br />

6 Erlasse<br />

6.1 MIFKJF: Bildungs- und Teilhabepaket <strong>Asyl</strong>bewerber......................................................51<br />

6.2 Justizministerium SH: Aussetzung Abschiebungen Jemen............................................53<br />

7 Rechtssprechung Urteile des VG Trier 55<br />

8 Verschiedenes<br />

8.1 PM MIFKJF: „Der etwas andere erste Schultag“............................................................56<br />

8.2 Auszüge Bericht „Vollzugsdefizite“ der AG Rück............................................................58<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

3


Vorwort<br />

Das Wichtigste in Kürze<br />

Das Wichtigste in Kürze<br />

Das neu eingerichtete Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen ist zwar<br />

noch nicht an einem Ort vereint, aber Ministerin Irene Alt hat einige längst überfällige Entscheidungen<br />

getroffen und mit deren Umsetzung begonnen. Das freut uns, denn es geht um jahrelang<br />

erhobene Forderungen des AK ASYL <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />

Schließung der Landesunterkunft für Ausreisepflichtige (LUfA) in Trier<br />

Nach mehr als 10 Jahren ist nun die LUFA Ende Juni geschlossen worden. Nachdem am 22.<br />

Juni von AGF Frieden und Multikulturellem Zentrum sowie all denen, die hartnäckig die Schließung<br />

des „Zentrums der Hoffnungs- und Oritentierungslosigkeit“ gefordert hatten, ein Fest<br />

zum Ende der Einrichtung gefeiert hatten, hat Irene Alt eine Woche später das Ausreisezentrum<br />

geschlossen.<br />

Die wenigen noch in der LUFA untergebrachten Flüchtlinge wurden in ihre Kommunen zurück<br />

verlegt, die nun gemeinsam mit der Clearingstelle Trier unter der Leitung von Dietmar Martini<br />

Emden die Rückführung der Personen betreiben sollen.<br />

..und wieder mal: Neues von der Clearingstelle<br />

Mit dem Briefbogen der Clearingstelle hat Martini-Emden ein bundesweites „Problem“ thematisiert<br />

im Namen einer Unterarbeitsgruppe der AG „Rück“ (Bund-Länder-Arbeitsgruppe Rückführung):<br />

Die bedauerlichen Vollzufgsdefizite bei Rückführungen. Vor allem beklagt er sich<br />

bitter über die verhängnisvolle Arbeit der Flüchtlingslobby, die es den abschiebenden Stellen<br />

so schwer mache:<br />

„Als gesellschaftspolitische Entwicklungen ist zu verzeichnen, dass man sich sowohl im<br />

Einzelfall als auch gruppenbezogen immer häufiger und stärker gegen die zwangsweise<br />

Beendigung der Aufenthalte ausreisepflichtiger Ausländer wendet. Interessierte Kreise<br />

haben es verstanden, ein funktionierendes länderübergreifendes Netzwerk aufzubauen,<br />

mit dem auf allen Ebenen in ihrem Sinne Einfluss ausgeübt wird. Sehr gute Kontakte zu<br />

Printmedien und auch zu TV-Sendern werden genutzt, um behördliches Handeln zu desavouieren<br />

und als inhuman anzuprangern.“<br />

Auszüge aus dem Papier in diesem Heft. Der AK ASYL RLP geht davon aus, dass das Integrationsministerium<br />

nicht begeistert ist über diesen verbalen Erguß aus Trier.<br />

Abschiebehaft Ingelheim: abschaffen oder schöner machen<br />

Langwieriger wird es mit dem Ingelheimer Abschiebeknast. Bei der Aktion gegen die Abschiebehaft<br />

in Ingelheim am 24. 3. Hatten wir die volle Unterstützung der Grünen:<br />

Zur Aktion des <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong> RLP gegen Abschiebehaft „Es ist fünf vor zwölf: Abschiebehaft<br />

in Ingelheim schließen!“ gestern in Ingelheim erklärt Daniel Köbler, Spitzenkandidat<br />

von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>:<br />

„Wir GRÜNE unterstützen die Forderung nach einer sofortigen Schließung alle Abschiebeknäste<br />

in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>. Mitten in unserem Land leben Menschen unter menschenunwürdigen<br />

Bedingungen und werden ohne Grund wie Schwerverbrecher weggesperrt.<br />

Diese inhumane Abschiebepolitik muss umgehend beendet werden.“<br />

Die Integrationsministerin hat für den 18. August zur ersten Sitzung des „Runden Tisches<br />

Ingelheim“ geladen. Haftbedingungen verbessern statt Schließung des Hochsicherheitstrakts<br />

Der Tisch soll „ergebnisoffen“ beraten und überprüfen, wie die Unterbringung in der Gewahrsamseinrichtung<br />

für Ausreisepflichtiger unter humanitären Aspekten verbessert werden kann.<br />

4 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Das Wichtigste in Kürze<br />

Vorwort<br />

AK ASYL, AGARP und Intitiativausschuss, die als die drei landesweiten Nichtregierungsorganisationen<br />

zum Runden Tisch geladen sind, nehmen daran teil, um als Ergebnis zu erreichen,<br />

das Ingelheim geschlossen wird. Eine Fortsetzung der Abschiebehaft in Ingelheim ist mit uns<br />

nicht zu machen. Die Festung Ingelheim kann nicht durch einzelne Maßnahmen humanisiert<br />

werden.<br />

Allein die Schließung des Abschiebegefängnisses ist ein deutliches Zeichen für eine an humanitären<br />

Kriterien orientierte Flüchtlingspolitik in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />

Die NGOs wollen Ende des Jahres die Arbeit am Runden Tisch auswerten und über die Frage<br />

der weiteren Mitarbeit beraten.<br />

Am 3. September gab es wieder mal eine Demo gegen den Abschiebeknast, zu der wir auch<br />

aufgerufen haben. Auch der Grünen Landesvorstand bleibt dabei „Weg mit dem Knast“. Wir<br />

sind gespannt die die politische Auseinandersetzung weiter geht.<br />

Residenzpflicht erweitern<br />

Einfacher ist es mit der Erweiterung der Residnezpflicht für <strong>Asyl</strong>suchende auf das Bundesland.<br />

Nach einem Beschluß des Landtages muss dies nun im Bundesland umgesetzt werden. Wir<br />

begrüßen diese Ausdehnung und fordern weiter die Streichung der Residenzpflicht aus dem<br />

<strong>Asyl</strong>verfahrensgesetz.<br />

Eine Vorgriffsregelung erleichert schon jetzt das Verlassen des Bereiches der Aufenthaltsgestattung.<br />

(s. Seite )<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

5


LUfA<br />

PM Bündnis „Ausreisezentrum abschaffen“ Trier: Fest zur Schließung<br />

Fest zur Schließung des Ausreisezentrums Trier,<br />

Mail vom 16.06.2011<br />

Bündnis Ausreisezentrum abschaffen Trier.<br />

Arbeitsgemeinschaft Frieden und Multikulturelles Zentrum<br />

c/o Friedens- und Umweltzentrum,<br />

Pfützenstr.1<br />

54290 Trier<br />

www.agf-trier.de<br />

Pressemitteilung<br />

Trier 16. Juni 2011<br />

Endlich: Ausreisezentrum macht dicht!<br />

Menschenrechtsgruppen feiern Schließung des „Ausreisezentrum“ als<br />

Erfolg<br />

Fest am 22.6. mit Ausblick auf nächste Schritte für eine humanere<br />

<strong>Asyl</strong>politik<br />

Am Mittwoch 22. Juni feiern Menschenrechts-, Friedens- und <strong>Asyl</strong>gruppen die Schließung der<br />

Landesunterkunft für Ausreispflichtige ab 18 Uhr mit einem Fest im Innenhof des Exhauses in<br />

Trier. Nach einem Sektempfang werden Vertreter der Flüchtlingsinitativen mit einen Rückblick<br />

das zwölfjährige Engage ment für die Schließung der Abschiebeeinrichtung würdigen und aufzeigen,<br />

was nächste Etappenziele für eine menschlichere <strong>Asyl</strong>politik in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> sind.<br />

Um 19 Uhr wird Rex Osa von der Flüchtlingsinitative „THE VOICE“ über Fluchterfahrungen<br />

und den Kampf gegen die diskriminierende Residenzpflicht und das <strong>Asyl</strong>bewerberleistungsgesetz<br />

im Exhaus sprechen. (Im Begleitprogramm der Ausstellung „invisible borders in der vhs<br />

Trier).<br />

„Dass das Abschiebelager schließt, ein gemeinsamer Erfolg aller beteiligten Personen und<br />

Gruppen, ange fangen 1999 in Ingelheim, weitere seit 2003 in Trier - mit Besuchen und Be ratungen,<br />

Mahn wachen und Öffentlichkeitsarbeit sowie Demonstrationen, Petitionen und Briefen<br />

an die Verant wortlichen der SPD-Landesregierung. Die Schließung dieses Zentrums der „Hoffnungs-<br />

und Orientierungslosigkeit“ ist ein erster wichtiger Schritt, dem weitere wie eine neue<br />

Bleiberechts regelung und die Schließung des Abschiebeknastes in Ingelheim folgen müssen.“<br />

so Markus Pflüger für das Bündnis „Ausreisezentren abschaffen“ in dem Arbeitsgemeinschaft<br />

Frieden und Multikulturelles Zentrum aktiv sind.<br />

Das Fest „Endlich: das Ausreiszentrum macht dicht!“ beginnt um 18 Uhr im Innenhof des Exhauses,<br />

Zurmaienerstraße. Eingeladen sind alle, die mit feiern wollen. Ab 20.30h geht das Fest<br />

über in die La Marabunta-Fete „20 Jahre Multi“: www.kulturlotsen.org/smt<br />

6 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Trierischer Volksfreund: Menschenrechtler feiern Schließung<br />

LUfA<br />

Trier: Menschenrechtler feiern Schließung - volksfreund.de<br />

http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/trier/Heute-in-d...<br />

aus unserem Archiv vom 24. Juni 2011<br />

Trier: Menschenrechtler feiern Schließung<br />

Die Landesunterkunft für Ausreisepflichtige Trier (Lufa) wird am 30. Juni geschlossen. Nach<br />

jahrelangen Appellen, Protestaktionen und Mahnwachen hat das Multikulturelle Zentrum am<br />

Mittwochabend zusammen mit weiteren beteiligten Akteuren die Schließung der umstrittenen<br />

Einrichtung gefeiert.<br />

Schließt am 30. Juni: Nach Petitionen, Demonstrationen,<br />

Mahnwachen und Appellen freuen sich Bewohner und<br />

Menschenrechtler über die Schließung des<br />

Ausreisezentrums. TV-Foto: Friedemann Vetter<br />

Trier. Immer wieder seit ihrer Eröffnung in Trier vor acht Jahren war die Landesunterkunft für<br />

Ausreisepflichtige infolge des Engagements von Menschenrechts-, Friedens- und <strong>Asyl</strong>gruppen in die Kritik<br />

geraten. Sie bemängelten die menschenunwürdigen Zustände in dem Gebäude in der Dasbachstraße:<br />

Beengte Unterbringung in Mehrbettzimmern, Anwesenheitskontrollen, kein eigenes Geld, keine<br />

Perspektiven, keine Arbeitserlaubnis. Zustände, die von Gerichten als Schikane, unzulässige<br />

Willensbeugung oder als strafähnliche Maßnahmen bestätigt wurden. "Alles andere ist besser, nie wieder<br />

eine Lufa", sagt ein Mann, der in der Einrichtung jahrelang lebte.<br />

Eine Handvoll Flüchtlinge war bei der Feier im Exzellenzhaus mit dabei. Noch sind sie in der Lufa<br />

untergebracht. Ab Juli werden sie auf Beschluss der rheinland-pfälzischen Regierung in die rheinlandpfälzischen<br />

Kommunen zurückkehren, aus denen sie herkamen.<br />

"Ich habe Depressionen bekommen, wurde krank", beschreibt ein weiterer Flüchtling seine Lage in der<br />

Lufa. Zwar knallten bei der Feier etliche Sektkorken, und folgsam prosteten sich die Flüchtlinge auf Geheiß<br />

eines SWR-Kameramanns für einen Film zu - richtige Festlaune war in Anbetracht der menschlichen<br />

Schicksale aber nicht auszumachen. Harsche Kritik gab es an der personellen Besetzung im<br />

Integrationsministerium, wo mit Sigrid Reichle eine "untragbare Gestalt" agiere. "Da muss eine<br />

menschenrechtlich engagierte Person hin", forderte ein Sprecher der Mainzer Organisation Antira unter<br />

Beifall.<br />

Das Engagement zahlreicher Gruppen und Einzelpersonen, die Markus Pflüger vom <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong><br />

aufzählte, geht nun in eine nächste Runde. Eine neue Bleiberechtsregelung und die Schließung des<br />

Abschiebegefängnisses in Ingelheim sind die nächsten Etappenziele. Demonstriert wird am 3. September<br />

in Ingelheim. gsb<br />

© volksfreund.de | Alle Rechte vorbehalten<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

7


Runder Tisch<br />

Saarländische Anfrage zum Abschiebehaftvertrag<br />

LANDTAG DES SAARLANDES<br />

14. Wahlperiode Drucksache 14/534 (14/479)<br />

15.07.2011<br />

A N T W O R T<br />

zu der<br />

Anfrage des Abgeordneten Dr. Magnus Jung (SPD)<br />

betr.: Verbleib der ausreisepflichtigen Ausländer aus dem Saarland in der Gewahrsamseinrichtung<br />

in Ingelheim (<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>)<br />

Vorbemerkung der Fragestellerin:<br />

„Die saarländische Landesregierung unterhält<br />

vertragliche Beziehungen zu der Gewahrsamseinrichtung<br />

in Ingelheim (<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>). Diese<br />

betreut im Rahmen des vertraglichen Abkommens<br />

die Unterbringung der ausreisepflichtigen Ausländer.“<br />

Vorbemerkung der Landesregierung:<br />

In der rheinland-pfälzischen Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige in Ingelheim<br />

stehen aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung zwischen <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> und dem<br />

Saarland insgesamt 50 Haftplätze für den Vollzug von Abschiebungshaft an<br />

erwachsenen Personen aus dem Zuständigkeitsbereich des Landesverwaltungsamtes<br />

als saarländischer Ausländerbehörde zur Verfügung. Die für das Saarland zuständige<br />

Bundespolizeiinspektion Bexbach kann 8 dieser Haftplätze für den Vollzug von<br />

ihrerseits beantragter Abschiebungshaft nutzen.<br />

Zu Frage 1:<br />

Wie viele Personen aus dem Saarland sind seit<br />

dem 01.01.2010 (Stand bis Mai 2011) in Ingelheim<br />

untergebracht<br />

In dem Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Mai 2011 wurden zum Vollzug von<br />

Abschiebungshaft insgesamt 160 Personen in der Gewahrsamseinrichtung für<br />

Ausreisepflichtige in Ingelheim untergebracht, davon 114 Personen durch das<br />

Landesverwaltungsamt und 46 Personen durch die Bundespolizei.<br />

Ausgegeben: 18.07.2011 (11.05.2011)<br />

8 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Saarländische Anfrage zum Abschiebehaftvertrag<br />

Runder Tisch<br />

Drucksache 14/534 (14/479) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode -<br />

Zu Frage 2:<br />

Wohin (in welche Länder) sind diese Personen<br />

jeweils abgeschoben worden bzw. wie viele<br />

konnten noch nicht abgeschoben werden und<br />

warum<br />

In dem Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Mai 2011 wurden 74 der vom<br />

Landesverwaltungsamt untergebrachten Personen in folgende Staaten abgeschoben:<br />

Staat<br />

Personen<br />

Algerien 8<br />

Bosnien und Herzegowina 2<br />

China 7<br />

Finnland 1<br />

Frankreich 7<br />

Georgien 2<br />

Ghana 1<br />

Indien 4<br />

Italien 6<br />

Kosovo 3<br />

Libanon 1<br />

Marokko 1<br />

Niederlande 1<br />

Nigeria 3<br />

Polen 1<br />

Rumänien 2<br />

Russische Föderation 2<br />

Schweden 1<br />

Schweiz 1<br />

Senegal 1<br />

Serbien 5<br />

Slowenien 1<br />

Spanien 4<br />

Syrien 2<br />

Thailand 1<br />

Türkei 5<br />

Vietnam 1<br />

Insgesamt 74<br />

29 der vom Landesverwaltungsamt untergebrachten Personen wurden aus der<br />

Abschiebungshaft entlassen, zum Beispiel auf Grund mangelnder Aufklärung der<br />

Identität, unterlassener Mitwirkung an der Passbeschaffung, erfolgloser Anträge auf<br />

Passersatzpapiere bei der Auslandsvertretung, Krankheit oder gerichtlicher<br />

Entscheidung in einem Haftbeschwerdeverfahren. Die Gründe werden statistisch nicht<br />

erfasst.<br />

8 der vom Landesverwaltungsamt untergebrachten Personen wurden in Justizvollzugsanstalten<br />

verlegt.<br />

3 der vom Landesverwaltungsamt untergebrachten Personen befanden sich Ende Mai<br />

2011 noch in Abschiebungshaft.<br />

Über die 46 von der Bundespolizei untergebrachten Personen liegen keine<br />

statistischen Angaben vor.<br />

- 2 -<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

9


Runder Tisch<br />

Saarländische Anfrage zum Abschiebehaftvertrag<br />

Drucksache 14/534 (14/479) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode -<br />

Zu Frage 3:<br />

Wie lange dauerte bei den ausreisepflichtigen<br />

Ausländern jeweils der Aufenthalt in Ingelheim<br />

Nach § 62 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes kann ein Ausländer zur Sicherung der<br />

Abschiebung auf richterliche Anordnung für einen Zeitraum von insgesamt 18 Monaten<br />

in Abschiebungshaft genommen werden. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis<br />

zum 31. Mai 2011 ergibt sich die Aufenthaltsdauer der vom Landesverwaltungsamt in<br />

der Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige in Ingelheim untergebrachten<br />

Personen aus der nachfolgenden Tabelle.<br />

Aufenthaltsdauer in<br />

Personen<br />

Tagen<br />

2 2<br />

6 3<br />

7 4<br />

4 5<br />

2 6<br />

4 7<br />

9 8<br />

3 9<br />

6 10<br />

2 11<br />

2 12<br />

5 13<br />

3 14<br />

2 15<br />

2 16<br />

1 17<br />

2 18<br />

1 21<br />

2 22<br />

1 23<br />

1 24<br />

1 25<br />

1 27<br />

2 30<br />

1 31<br />

1 32<br />

1 35<br />

1 36<br />

1 37<br />

1 38<br />

1 40<br />

2 41<br />

2 42<br />

1 51<br />

1 53<br />

3 54<br />

2 55<br />

1 56<br />

1 58<br />

1 61<br />

1 68<br />

1 70<br />

3 83<br />

1 85<br />

1 86<br />

1 88<br />

2 90<br />

1 92<br />

1 98<br />

- 3 -<br />

10 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Saarländische Anfrage zum Abschiebehaftvertrag<br />

Runder Tisch<br />

Drucksache 14/534 (14/479) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode -<br />

Personen<br />

Aufenthaltsdauer in<br />

Tagen<br />

1 105<br />

1 127<br />

1 131<br />

1 138<br />

1 141<br />

1 150<br />

1 173<br />

1 180<br />

1 265<br />

1 373<br />

Die sich in einem Fall ergebende Aufenthaltsdauer von 373 Tagen begründet sich in<br />

der absoluten Mitwirkungsverweigerung bei der Identitätsfeststellung. Die vermutlich<br />

aus einem afrikanischen Staat stammende Person musste hierzu bei verschiedenen<br />

Botschaften vorgeführt werden.<br />

Zu Frage 4:<br />

Wo befinden sich die Personen aktuell, die in der<br />

Bundesrepublik verblieben sind und nicht bzw.<br />

noch nicht abgeschoben werden konnten<br />

Der aktuelle Aufenthaltsort der Personen, die in der Bundesrepublik Deutschland<br />

verblieben sind und nicht bzw. noch nicht abgeschoben werden konnten, wird<br />

statistisch nicht erfasst.<br />

Zu Frage 5:<br />

Wie hoch waren in dem genannten Zeitraum die<br />

Kosten für das Saarland für die Unterbringung der<br />

ausreisepflichtigen Ausländer in Ingelheim<br />

Für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Mai 2011 beliefen sich die<br />

Überlassungskosten für die 50 saarländischen Abschiebungshaftplätze in der<br />

Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige in Ingelheim auf 1.777.121 Euro.<br />

Zu Frage 6:<br />

Nein.<br />

Waren in Ingelheim im besagten Zeitraum auch<br />

Kinder/Jugendliche untergebracht (Auflistung mit<br />

Altersangabe, Geschlecht und Familienstand)<br />

- 4 -<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

11


Runder Tisch<br />

PM MIFKJF Runder Tisch Ingelheim konstituiert sich<br />

MINISTERIUM FÜR INTEGRATION, FAMILIE, KINDER,<br />

JUGEND UND FRAUEN<br />

Mainz, 10. August 2011<br />

Nr. " " 039<br />

Verantwortlich (i.S.d.P.)<br />

Astrid Eriksson<br />

Pressesprecherin<br />

Telefon 06131 16-5632<br />

Pressestelle@mifkjf.rlp.de<br />

Integration<br />

Runder Tisch Ingelheim konstituiert sich<br />

Die Arbeitsgruppe „Runder Tisch Ingelheim“ trifft sich am Freitag, den 12. August<br />

2011, zu ihrer konstituierenden Sitzung. Aufgabe dieses Gremiums ist es, die Bedingungen<br />

der Abschiebehaft und deren Vollzug zu überprüfen und Möglichkeiten aufzuzeigen,<br />

wie die Unterbringung - zur Zeit in der Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige<br />

(GfA) Ingelheim - unter humanitären Aspekten verbessert werden kann.<br />

„Endlich geht es los! Mit dem Runden Tisch Ingelheim gehen wir nach der Schließung<br />

der Landesunterkunft für Ausreisepflichtige in Trier, der LUfA, ein zweites wichtiges<br />

Projekt an, um die Lebensbedingungen von ausreisepflichtigen Menschen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

zu verbessern, Denn die Abschiebehaft ist für die Betroffenen eine große<br />

Belastung,“ sieht Integrationsministerin Irene Alt mit Spannung den Beratungen entgegen.<br />

Unter ihrer Federführung soll bis Ende 2012 ein Konzept erarbeitet werden,<br />

dass dann zeitnah umgesetzt werden soll.<br />

Grundlage für die Arbeit des Runden Tisches Ingelheim ist der Koalitionsvertrag von<br />

Bündnis 90/Die Grünen und der SPD: Darin legen sich die Koalitionspartner darauf<br />

fest, dass eine Arbeitsgruppe eine Vorschlag erarbeiten soll, wie unter rechtlichen,<br />

humanitären und Sicherheitsaspekten sowie unter Berücksichtigung der Folgekosten<br />

die Unterbringung von ausreisepflichtigen Menschen neugeordnet werden kann.<br />

„Ich bin überzeugt davon, dass es hier Spielräume für humanitäre Verbesserungen<br />

gibt. Ob die Einrichtung in Ingelheim hierfür der richtige Ort ist, werden wir ergebnisof-<br />

12 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

1/2


PM MIFKJF Runder Tisch Ingelheim konstituiert sich<br />

Runder Tisch<br />

fen beraten“, erklärte Irene Alt. „Fragen zum Vollzug der Abschiebehaft sind ein wichtiges<br />

Thema. Wir werden aber auch alle Möglichkeiten diskutieren, um im Rahmen<br />

der rechtlichen Gegebenheiten die Voraussetzung zu schaffen, dass Abschiebehaft<br />

nur als letztes Mittel angewendet wird.<br />

Dem Runden Tisch Ingelheim gehören die folgenden Teilnehmer an:<br />

Die Evangelischen Kirchen im Lande <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, das Katholische Büro Mainz -<br />

Kommissariat der Bischöfe <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, die Diakonie in Hessen und Nassau, der<br />

Caritasverband für die Diözese Mainz e.V., Amnesty International, der <strong>Arbeitskreis</strong><br />

<strong>Asyl</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, das Ministerium für Inneres und Europaangelegenheiten des<br />

Saarlandes, das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>,<br />

das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, der ASB-<br />

Kreisverband Bad Kreuznach, das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und<br />

Demografie <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, der Beauftragte der Landesregierung für Migration und<br />

Integration, die Arbeitsgemeinschaft der Beiräte für Migration und Integration <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>,<br />

die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> und der Initiativausschuss für Migrationspolitik in <strong>Rheinland</strong> <strong>Pfalz</strong>.<br />

Die Arbeitsgruppe Runder Tisch Ingelheim tagt nicht-öffentlich.<br />

„Der Anspruch an diese Arbeitsgruppe ist hoch“, stellt Integrationsministerin Irene Alt<br />

fest. „Aber ich bin optimistisch, dass wir zu guten Ergebnissen kommen werden.“<br />

Derzeit leben 18 Menschen in der GfA Ingelheim (Stand: 9. August 2011), was ein<br />

historischer Tiefststand im zehnjährigen Bestehen der Einrichtung bedeutet. Insgesamt<br />

umfasst die GfA Ingelheim 152 Plätze, wovon <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 50 Plätze dem<br />

Saarland zur Verfügung stellt. Dies ist in einem Kooperationsvertrag geregelt.<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

2/2<br />

13


Runder Tisch<br />

PM MIFKJF Abschiebehaft auf dem Prüfstand<br />

MINISTERIUM FÜR INTEGRATION, FAMILIE, KINDER,<br />

JUGEND UND FRAUEN<br />

Mainz, 12. August 2011<br />

Nr. " " 040<br />

Verantwortlich (i.S.d.P.)<br />

Astrid Eriksson<br />

Pressesprecherin<br />

Telefon 06131 16-5632<br />

Pressestelle@mifkjf.rlp.de<br />

Integration<br />

Abschiebehaft auf dem Prüfstand: Runder Tisch Ingelheim nimmt<br />

die Arbeit auf<br />

Am Vormittag ist der Runde Tisch Ingelheim zu seiner konstituierenden Sitzung im<br />

Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen zusammengetreten.<br />

„Wir sind heute gut vorangekommen: Wir haben drei Arbeitsgruppen gebildet und deren<br />

Termine bis Ende des Jahres festgelegt. Im Dezember trifft sich dann der Runde<br />

Tisch Ingelheim zum nächsten Mal, um die ersten Ergebnisse der AGs zu diskutieren“,<br />

fasst Integrationsministerin Irene Alt die erste, zweistündige Beratung des Rundes<br />

Tisches Ingelheim zusammen. „Das Gesprächsklima war von Offenheit geprägt<br />

und ich habe den Eindruck, dass wir alle an einem Strang ziehen.“<br />

Aufgabe des Rundes Tisches Ingelheim ist es, die Bedingungen und den Vollzug der<br />

Abschiebehaft zu prüfen und Vorschläge zu entwickeln, wie die Lebensbedingungen<br />

der betroffenen Menschen unter humanitären Gesichtspunkten verbessert werden<br />

können. Dabei sollen auch rechtliche und Sicherheitsaspekte, sowie die Folgekosten<br />

berücksichtigt werden. „Wir haben dieses humanitäre Anliegen im Koalitionsvertrag<br />

festgeschrieben und ich bin froh, dass mit dem Runden Tisch Ingelheim heute eine<br />

Expertenrunde ihre Arbeit aufgenommen hat, die mit Sicherheit zu einer guten Lösung<br />

kommt,“ erklärt Integrationsministerin Irene Alt, die damit rechnet, dass ein Konzept<br />

bis Ende 2012 vorliegt. Dieses soll dann zeitnah umgesetzt werden.<br />

14 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

1/2


PM MIFKJF Abschiebehaft auf dem Prüfstand<br />

Runder Tisch<br />

Bei der heutigen konstituierenden Sitzung wurde festgelegt, dass sich der Runde<br />

Tisch Ingelheim unter Leitung von Integrationsministerin Irene Alt zu nicht-öffentlichen<br />

Beratungen trifft. Deren Inhalt wird vertraulich behandelt.<br />

Dem Runden Tisch Ingelheim gehören Vertreter der folgenden Institutionen, Verbände<br />

und Initiativen an: Die Evangelischen Kirchen im Lande <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, das Katholische<br />

Büro Mainz - Kommissariat der Bischöfe <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, die Diakonie in Hessen<br />

und Nassau, der Caritasverband für die Diözese Mainz e.V., Amnesty International,<br />

der <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, das Ministerium für Inneres und Europaangelegenheiten<br />

des Saarlandes, das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong>, der ASB-Kreisverband Bad Kreuznach, das Ministerium für Soziales, Arbeit,<br />

Gesundheit und Demografie <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, der Beauftragte der Landesregierung<br />

für Migration und Integration, die Arbeitsgemeinschaft der Beiräte für Migration und<br />

Integration <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> und der Initiativausschuss für Migrationspolitik in <strong>Rheinland</strong> <strong>Pfalz</strong>.<br />

Zur Zeit leben 16 Menschen in der GfA Ingelheim (Stand: 12. August 2011), was ein<br />

historischer Tiefststand im zehnjährigen Bestehen der Einrichtung bedeutet. Insgesamt<br />

umfasst die GfA Ingelheim 152 Plätze, wovon <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 50 Plätze dem<br />

Saarland zur Verfügung stellt. Dies ist in einem Kooperationsvertrag geregelt.<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

2/2<br />

15


Runder Tisch<br />

Caritas und Diakonie: Neukonzeption Ingelheim positives Signal<br />

Bericht ist auch im Internet abrufbar: www.caritas-bistum-mainz.de<br />

17. Juni 2011<br />

Caritas und Diakonie: Neukonzeption der Abschiebungshaft in Ingelheim<br />

positives Signal<br />

Verbesserungen im Koalitionsvertrag der neuen rheinland-pfälzischen Regierung begrüßt<br />

/ Bilanz zu Rechtshilfefonds: Inhaftierungen häufig rechtswidrig<br />

Frankfurt am Main / Mainz. Diakonie und Caritas begrüßen die geplanten Vorhaben der<br />

neuen Landesregierung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, die eine Überprüfung der Haftsituation in der<br />

Abschiebungshaft in Ingelheim vorsehen. „Die Überprüfung ist überfällig, denn Menschen,<br />

die sich nichts anderes zuschulden kommen lassen, als in Deutschland Zuflucht zu suchen,<br />

werden in der Abschiebungshaft in Ingelheim wie Kriminelle festgehalten“, sagte Pfarrer Dr.<br />

Wolfgang Gern, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks in Hessen und Nassau<br />

(DWHN). Im zukünftigen Vollzugskonzept sollten die humanitären Fragen gegenüber den<br />

Sicherheitsaspekten an Bedeutung gewinnen, so Gern.<br />

Domkapitular Hans-Jürgen Eberhardt vom Vorstand des Caritasverbandes für die Diözese<br />

Mainz, betonte, dass die Unterbringung und Betreuung in der Abschiebungshaft sich mehr<br />

an den Bedürfnissen der Inhaftierten orientieren müsse. Eberhardt: „Abschiebungshaft<br />

muss sich deutlich von der Strafhaft unterscheiden.“. Eberhardt und Gern verwiesen darauf,<br />

dass die Sozialverbände das Dialogangebot des Koalitionsvertrages im Blick auf die<br />

Abschiebungshaft gerne aufgreifen. „ Wir wollen den Prozess konstruktiv und kritisch begleiten“,<br />

sagte Wolfgang Gern.<br />

Bei der Auswertung des von Diakonie und Caritas ermöglichten Rechtshilfefonds für die Abschiebungshaft<br />

in Ingelheim für das Jahr 2010 fiel die Bilanz dagegen mehr als ernüchternd<br />

aus. „Nach wie vor werden viele Migranten und Flüchtlinge rechtswidrig bzw. rechtsfehlerhaft<br />

in der Abschiebungshaft in Ingelheim inhaftiert“, betonte Hans-Jürgen Eberhardt. Dies<br />

zeige sich leider häufig erst nach einer rechtlichen Intervention, die durch den Rechtshilfefonds<br />

von Diakonie und Caritas möglich wird, so der Domkapitular. Knapp 40 Prozent der<br />

Haftbeschlüsse von Insassen, die durch die Rechtsberatung betreut wurden, seien fehlerhaft<br />

gewesen, teilten DWHN und DiCV Mainz mit: Von den 55 Personen, deren Verfahren<br />

im Jahr 2010 bezuschusst wurden, seien 21 Personen aufgrund der rechtlichen Intervention<br />

freigelassen worden. „Dies ist absolut unverhältnismäßig. Dass sich daran in den letzten<br />

zehn Jahren nichts geändert hat, ist ein Skandal“, kritisierte Diakonie-Chef Wolfgang Gern.<br />

„Dublin II-Verordnung gehört auf Prüfstand“<br />

Beunruhigend ist laut DWHN und DiCV Mainz auch das starke Ansteigen der so genannten<br />

Dublin II-Fälle in der Beratung. Nach der Dublin II-Verordnung ist immer der Staat in Europa<br />

für die Durchführung des <strong>Asyl</strong>verfahrens zuständig, den der Flüchtling zuerst betreten<br />

hat. Elf der durch den Rechtshilfefonds bezuschussten Fälle hatten einen solchen Dublin<br />

II-Hintergrund.<br />

Die Betroffenen waren häufig erst nach jahrelangem Herumirren in verschiedenen europäischen<br />

Staaten in Deutschland angekommen. Hier wurden sie dann wegen illegaler Einreise<br />

verhaftet und landeten in Abschiebungshaft, wo die zuständigen Behörden alles daran<br />

setzten, das Erst-<strong>Asyl</strong>land ausfindig zu machen und die Menschen dahin wieder zurückzuschicken.<br />

16 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Caritas und Diakonie: Neukonzeption Ingelheim positives Signal<br />

Runder Tisch<br />

„Wir müssen feststellen, dass es nicht mehr darum geht, warum ein Mensch aus seiner<br />

Heimat flieht. Längst steht nur noch die Frage im Vordergrund, über welche Länder er geflohen<br />

ist, damit er dorthin wieder zurückgeschoben werden kann“, resümierte Diakonie-<br />

Vorstandsvorsitzender Dr. Wolfgang Gern. In vielen europäischen Staaten, wie in Italien,<br />

aber auch Ungarn oder Rumänien seien die Zustände für Flüchtlinge oft menschenunwürdig.<br />

Weil es keine einheitlichen und vor allen Dingen keine verbindlichen Standards im Verfahren<br />

und in der Unterbringung gibt, müsse die Dublin II-Verordnung grundlegend überdacht<br />

werden, so die Forderung der beiden Verbände.<br />

„Ein faires und Lasten verteilendes Verfahren ist dringend notwendig, im Sinne der betroffenen<br />

Menschen und im Hinblick auf die betroffenen EU-Staaten, insbesondere an den<br />

Außengrenzen“, fasste Domkapitular Hans-Jürgen Eberhardt die Forderungen der beiden<br />

Verbände zusammen.<br />

Das Diakonische Werk in Hessen und Nassau und der Diözesancaritasverband Mainz werden<br />

auch zukünftig gemeinsam ihren anwaltschaftlichen Auftrag ernst nehmen und sich für<br />

die Verbesserung der Situation von Menschen in der Abschiebungshaft bei den politisch<br />

Verantwortlichen einsetzen und Veränderungen anmahnen.<br />

Stichwort: Abschiebungshaft in Ingelheim<br />

Die Abschiebungshaft in Ingelheim existiert seit Mai 2001. Sie hat 152 Haftplätze, zurzeit sind dort etwa<br />

30 Männer und Frauen inhaftiert. Eine fünf Meter hohe Betonmauer trennt die Insassen von der Außenwelt.<br />

Durch die vergitterten Fenster in den Innengebäuden fällt der Blick auf dreifachen Stacheldraht.<br />

Stichwort: Rechtshilfefonds<br />

Mit dem Rechtshilfefonds werden Verfahren teilfinanziert, um die Verhängung von Abschiebungshaft zu<br />

überprüfen oder andere asyl- und ausländerrechtliche Schritte einzuleiten. Der Rechtshilfefonds wird<br />

von den Caritasverbänden Mainz, Limburg, Speyer und Trier und den Diakonischen Werken in Hessen<br />

und Nassau, der <strong>Pfalz</strong> und <strong>Rheinland</strong>-Westfalen-Lippe sowie aus Eigenmitteln und Spenden finanziert.<br />

Hinweis für Redaktionen:<br />

Gerne vermitteln wir Ihnen Interviews und Gespräche auch über Dublin II-Fälle mit unseren Mitarbeitern<br />

in der Abschiebungshaft in Ingelheim.<br />

Die Pressemitteilung wird zeitgleich vom Diakonischen Werk in Hessen und Nassau<br />

und vom Diözesancaritasverband Mainz verschickt.<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

17


Runder Tisch<br />

Allgemeine Zeitung: „Haftbedingungen verbessern“<br />

Allgemeine Zeitung vom 11. August 2011<br />

18 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Pressemeldung agarp, Initiativausschuss, AK <strong>Asyl</strong><br />

Demo Ingelheim<br />

Initiativausschuss<br />

für Migrationspolitik<br />

in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Gemeinsame Pressemeldung:<br />

Abschiebehaft Ingelheim abschaffen<br />

Am Samstag, dem 3. September 2011 ab 14 Uhr findet in Ingelheim eine Demonstration<br />

gegen die Abschiebehaft in der Konrad-Adenauer-Straße statt. Anschließend gibt es ein<br />

Festival mit dem Musiker Heinz Ratz und weiteren Bands. Ein Bündnis aus Gruppen und<br />

Organisationen ruft zu der Demo auf und fordert: „Abschiebehaft abschaffen“ .<br />

Wir rufen dazu auf, sich an dieser Demonstration zu beteiligen.<br />

Seit 10 Jahren fordern wir die Schließung der Abschiebehaft in Ingelheim, der mit seinen 5<br />

Meter hohen Mauern und seinen verschärften Sicherheitsstandards alle Kriterien einer<br />

Hochsicherheitshaft erfüllt. Begründet wurden diese verschärften Maßnahmen mit der<br />

Einschätzung, Abschiebehäftlinge seien besonders gefährlich, da sie nichts zu verlieren<br />

hätten.<br />

Die Abschiebehäftlinge werden deshalb wie Schwerkriminelle behandelt. Ohne dass sie<br />

eine Straftat begangen haben, können sie bis zu 18 Monate inhaftiert werden,.<br />

Wir stellen fest: Die Abschiebehaft Ingelheim ist inhuman und völlig überdimensioniert.<br />

Aktuell sind weniger als 20 Menschen dort eingesperrt. Inhaftiert werden in Ingelheim<br />

immer wieder Menschen, die kurz vor einer Eheschließung stehen, die psychisch krank<br />

sind und aus einer Reihe weiterer Gründe aufgrund richterlicher Anordnungen später<br />

wieder aus der Haft entlassen werden müssen.<br />

Die Festung Ingelheim kann nicht durch einzelne Maßnahmen humanisiert werden.<br />

Allein die Schließung des Abschiebegefängnisses ist ein deutliches Zeichen für eine an<br />

humanitären Kriterien orientierte Flüchtlingspolitik in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />

Am 12. August hat auf Einladung der Integrationsministerin der „Runde Tisch Ingelheim“<br />

seine Arbeit aufgenommen. Wir erwarten, dass es hier bald erste Ergebnisse gibt: Es<br />

muss klar festgelegt werden, dass folgende Gruppen auf keinen Fall inhaftiert werden:<br />

Minderjährige, Schwangere, Behinderte, körperlich und psychisch Kranke, Traumatisierte,<br />

Menschen, die <strong>Asyl</strong> beantragen wollen, Personen, die kurz vor einer Eheschließung<br />

stehen, Flüchtlinge aus Ländern, in die nicht abgeschoben werden kann.<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> braucht keine Abschiebehaft in Ingelheim, wenn die Anordnung von<br />

Abschiebehaft konsequent vermieden wird, Härtefälle humanitär gelöst und Maßnahmen<br />

einer Rückkehr in Würde ausgebaut werden.<br />

Arbeitsgemeinschaft der Beiräte für Migration und Integration in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Initiativausschuss für Migrationspolitik in <strong>Rheinland</strong> <strong>Pfalz</strong><br />

<strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Flüchtlingsrat Mainz<br />

Kontakt: AK <strong>Asyl</strong> RLP, PF 2850, 55516 Bad Kreuznach, info@asyl-rlp.org, 0671/8459152<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

19


Demo Ingelheim<br />

Aufruf Grüne RLP: „Weil der Mensch ein Mensch ist“<br />

epage der Grünen <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>: Volltext Startseite<br />

http://gruene-rlp.<br />

LANDTAG THEMEN PARTEI PARLAMENT TERMINE<br />

01.09.2011 AKTUELLES FLÜCHTLINGSPOLITIK<br />

Weil der Mensch ein Mensch ist<br />

Der Landesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> ruft zur Teilnahme an der Demonstration<br />

auf:<br />

„Wir unterstützen die Initiative und rufen zu der<br />

Demonstration auf, weil es immer noch wichtig ist, hier<br />

Zeichen zu setzen. Diese Form der Unterkunft für<br />

Menschen in Abschiebehaft ist unzumutbar. Es trifft hier die<br />

Schwächsten der Gesellschaft, die meist schon unendliches Leid erfahren haben“ so Britta<br />

Steck Landesvorstandsprecherin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.<br />

„Mit der Schließung der LufA in Trier und der Initiierung des Runden Tisches Ingelheim<br />

haben wir schon große Erfolge verzeichnen können. Menschenrechte sind unteilbar.<br />

Menschen die bei uns Schutz suchen sollen ein Leben in Freiheit und menschenwürdigen<br />

Umständen führen können. Eine Kriminalisierung und Unterbringung in einem<br />

Hochsicherheitstrakt widerspricht eindeutig den christlichen Beteuerungen der<br />

Bundesregierung. Es ist an der Zeit, die positiven Ansätze europäischer Migrationspolitik<br />

endlich ernsthaft weiter zu entwickeln: Die Öffnung für legale Migration, eine starke<br />

Integrationspolitik und die Bekämpfung der Migrations- und Fluchtursachen in den<br />

Herkunftsländern. Dafür soll sich die Bundesregierung einsetzen“ unterstreicht<br />

Landesvorstandssprecher Uwe Diederichs-Seidel den Aufruf.<br />

„Und weil der Mensch ein Mensch ist - Weg mit dem Abschiebeknast!“<br />

Samstag, den 3. September 2011,<br />

Beginn: 14.00 Uhr,<br />

Treffpunkt: Bahnhof in Ingelheim.<br />

Veranstalter: Aktionsbündnis „Abschiebehaft abschaffen“<br />

Weitere Infos zur Demo finden sich hier!<br />

Teilen auf:<br />


RheinZeitung: „Gegen Abschiebepolitik marschiert“<br />

Demo Ingelheim<br />

aus der RheinZeitung vom 6.9.2011<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

21


Demo Ingelheim<br />

Allgemeine Zeitung: „Protest gegen Abschiebegefängnis“<br />

Protest gegen Abschiebegefängnis<br />

05.09.2011 - INGELHEIM<br />

Von Heinrich W. Hamann<br />

DEMONSTRATION 200 Menschen bekunden Solidarität mit Häftlingen<br />

Die diesjährige Aktion unter dem Motto „Weg mit dem Knast - Abschiebehaft abschaffen“ (in<br />

Ingelheim werden 16 Personen festgehalten) unterstützten laut Angaben der Initiatoren 30<br />

verschiedene Gruppen, Menschenrechtsverbände und die Grünen, denen die<br />

Abschaffungsforderungen schon lange Anliegen sind und die noch im Wahlkampf die Schließung der<br />

Ingelheimer Einrichtung angemahnt hätten: „Ein Land, das Ausreisepflichtige in einen Knast steckt,<br />

hat Integration und Humanität nicht verinnerlicht“.<br />

In einer „Ingelheimer Erklärung“, datiert vom 3. September und zu Beginn der Protestveranstaltung<br />

vor dem Ingelheimer Bahnhof verteilt, wird jedoch der Koalitionsvertrag mit einer abgeschwächten<br />

Aussage zitiert: „Wir werden alle Möglichkeiten prüfen, im Lichte humanitärer Aspekte<br />

Verbesserungen bei den Bedingungen der Unterbringung zu erzielen“.<br />

Festival vor Fünfmetermauern<br />

Die Erstunterzeichnenden, Multikulturelles Zentrum Trier, Terre des Hommes, Saarländischer<br />

Flüchtlingsrat, Antirassistische Gruppe Mainz, AntiFa Nierstein, unterstreichen in dem Papier, dass<br />

die Flüchtlingslobby Abschiebung und Abschiebehaft in keiner Weise toleriert und den mittlerweile<br />

einberufenen „Runden Tisch“ für ein Instrument hält, mit dem lediglich Haftverbesserungen erreicht<br />

werden sollen. Zudem seien bei seiner Besetzung kritische Gruppen deutlich unterrepräsentiert. Das<br />

Procedere „Runder Tisch“ ginge ihnen zu langsam voran, äußerten Demomitglieder . Weitere<br />

Protestveranstaltungen wurden angekündigt.<br />

Für die Ingelheimer Veranstaltung waren 300 bis 500 Teilnehmer angemeldet, die Polizei gibt die<br />

Teilnehmerzahl mit 200 an und verzeichnete keine besonderen Vorkommnisse. In der Mehrzahl<br />

jüngere Menschen waren bei Veranstaltungsbeginn vor Ort. Unter ihnen solche, die sich der AZ<br />

gegenüber zu ihrer Motivationslage und ihrem bisherigen Engagement äußerten. Zwei junge Männer<br />

gaben an, bisher an keiner Protestveranstaltung teilgenommen zu haben, Ingelheim sei für sie ein<br />

Forum, auf dem sie sich zu dem Thema informieren wollten. Zwei junge Männer, die sich unter einer<br />

schwarz-roten Fahne, wie sie von Anarcho-Kommunisten gezeigt wird, versammelt hatten, blieben<br />

stumm, waren partout nicht zu einem anonymen Statement zu überreden.<br />

„Es seien vermutlich Demonstranten, die schon einmal schlechte Erfahrungen mit den Medien oder<br />

der Polizei gemacht hätten“, meinte Rosemarie Löser vom Vorbereitungsbündnis. Ein<br />

Hundertdertschaftführer des massiven Polizeiaufgebotes inklusive Hubschrauber bezeichnete zu<br />

diesem Zeitpunkt die Eingreifschwelle zu dem Zeitpunkt als hoch.<br />

Uli Tomaschowski, Mitglied der Vorbereitungsgruppe, dankte den Teilnehmern für ihr Kommen und<br />

machte sie mit den Auflagen bekannt, unter denen sich der Protestmarsch durch Ingelheims<br />

Zentrum, zur Kreisverwaltung und vor die Mauern des Abschiebegefängnisses bewegen sollte.<br />

Rex Osa, Aktivist vom Flüchtinglingsforum „The Voice Refugee Forum“, eröffnete die Serie der<br />

Protestreden und schilderte seine Erfahrungen mit der repressiven <strong>Asyl</strong>politik in Deutschland. „Hope<br />

22 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Presseberichte<br />

Demo Ingelheim<br />

gets persecuted“, Hoffnung wird verfolgt, sagte der Schwarzafrikaner`, und „Menschen werden wie<br />

Tiere behandelt. Shame on the so called democratic system in the BRD, Schande über das so<br />

genannte demokratische System in der BRD.“<br />

Die Veranstaltung endete mit einem Festival vor den Fünfmetermauern und sollte den Insassen<br />

Solidarität signalisieren.<br />

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Alle Rechte vorbehalten | Vervielfältigung nur mit Genehmigung der Verlagsgruppe Rhein-Main<br />

Demo gegen Abschiebehaft<br />

30.08.2011 - INGELHEIM<br />

(red). „Abschiebehaft abschaffen!“ Das fordert eine Demonstration am kommenden Samstag, 3.<br />

September, ab 14 Uhr. Ein Bündnis aus der Arbeitsgemeinschaft der Beiräte für Migration und<br />

Integration in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, dem Initiativausschuss für Migrationspolitik, dem Landes-<strong>Arbeitskreis</strong><br />

<strong>Asyl</strong> und dem Flüchtlingsrat Mainz fordert nach eigenen Angaben bereits seit zehn Jahren die<br />

Schließung der Abschiebehaft in Ingelheim. Diese erfülle mit ihren fünf Meter hohen Mauern und<br />

ihren verschärften Sicherheitsstandards „alle Kriterien einer Hochsicherheitshaft“. Begründet worden<br />

seien die verschärften Maßnahmen mit der Einschätzung, Abschiebehäftlinge seien besonders<br />

gefährlich, da sie nichts zu verlieren hätten. „Die Abschiebehäftlinge werden deshalb wie<br />

Schwerkriminelle behandelt. Ohne dass sie eine Straftat begangen haben, können sie bis zu 18<br />

Monate inhaftiert werden“, so das Bündnis. „Die Abschiebehaft Ingelheim ist inhuman und völlig<br />

überdimensioniert.“ Aktuell seien dort weniger als 20 Menschen eingesperrt. Allein die Schließung<br />

des Abschiebegefängnisses sei ein deutliches Zeichen für eine an humanitären Kriterien orientierte<br />

Flüchtlingspolitik in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>. Am 12. August hat auf Einladung der Integrationsministerin der<br />

„Runde Tisch Ingelheim“ seine Arbeit aufgenommen. Das Bündnis hofft hier schnell auf Ergebnisse.<br />

Im Anschluss an die Kundgebung gibt es ein Festival mit dem Musiker Heinz Ratz und weiteren<br />

Bands.<br />

Hunderte demonstrieren gegen Abschiebeknast - Startseite - ...<br />

http://www.rhein-zeitung.de/startseite_artikel,-Hunder<br />

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++ 14:10 Tod von Entwicklungshelfern weiter ungeklärt · Kabul<br />

++ 14:10 Schäuble: Regierung nach Karlsruher Urteil weiter handlungsfähig<br />

Startseite<br />

Hunderte demonstrieren gegen Abschiebeknast<br />

05.09.2011, 08:37 Uhr<br />

Ingelheim - Gegen ein Abschiebegefängnis in Ingelheim haben am Samstag mehrere hundert Menschen demonstriert. Nach einigen<br />

Redebeiträgen vor dem Ingelheimer Bahnhof und der Kreisverwaltung wollten die Teilnehmer am Nachmittag vor die Mauern des<br />

Gefängnisses ziehen, berichtete eine Sprecherin.<br />

Zu der Aktion hatte neben verschiedenen Menschenrechtsbündnissen auch der Landesverband der<br />

Grünen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> aufgerufen. Gefordert wird eine Schließung des<br />

Hochsicherheitsgefängnisses sowie eine Freilassung der 16 einsitzenden Flüchtlinge.<br />

ESSLING<br />

Im August hatte die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) bei einem Runden<br />

Tisch gesagt, sie rechne bis 2012 mit einem neuen Konzept für die Haftanstalt. Dazu wurden<br />

mehrere Arbeitsgruppen gebildet. An dem vertraulichen Treffen hatten unter anderem Vertreter von<br />

Kirchen, Menschenrechtsorganisationen und Ministerien teilgenommen.<br />

Demofotos<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

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23


Demo Ingelheim<br />

Presseberichte<br />

Protest gegen Abschiebepraxis<br />

02.09.2011 - INGELHEIM<br />

(red). Die rot-grüne Landesregierung plant die Lebensbedingungen von ausreisepflichtigen<br />

Menschen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> zu verbessern. Die „Arbeitsgruppe Runder Tisch Ingelheim“, die sich<br />

mit der Zukunft der Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige (GfA) in Ingelheim beschäftigt, hat<br />

Mitte August erstmals getagt (AZ-Bericht vom 13. August).<br />

Unabhängig von diesen Aktivitäten veranstaltet das von zahlreichen gesellschaftlichen Gruppen<br />

getragene „Aktionsbündnis Abschiebehaft Abschaffen!“ am Samstag, 3. September, eine<br />

Demonstration vor den Mauern des Abschiebegefängnisses. Im Anschluss findet ein Festival statt.<br />

Auftakt der Demo ist um 14 Uhr am Bahnhof in Ingelheim. Die Demonstration findet unter dem Motto<br />

„Weg mit dem Knast - Abschiebehaft abschaffen - Für globale Bewegungsfreiheit“ statt. Der zentrale<br />

Kritikpunkt des Protests ist die Abschiebepraxis in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, aber auch bundesweit.<br />

Forderung nach Schließung des Gefängnisses<br />

„Mit der Schließung des Trierer ,Ausreisezentrums‘, einer Abschiebeeinrichtung für Flüchtlinge,<br />

deren Identität als ungeklärt gilt, und der Aufhebung der Residenzpflicht für <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> wurden<br />

erste wichtige Schritte in die richtige Richtung getan. Als nächstes muss das Abschiebegefängnis<br />

geschlossen werden. Wir setzen uns ein für eine solidarische Gesellschaft, in der Platz für alle<br />

Menschen ist. Globale Bewegungsfreiheit, ein selbst bestimmtes Leben, freie Teilhabe an allen<br />

Lebensbereichen und gleiche Rechte für alle sind unsere Perspektive“, so Uli Tomaschowski,<br />

Mitglied der Vorbereitungsgruppe.<br />

Behinderungen für Verkehrsteilnehmer<br />

Laut Mitteilung der Stadtverwaltung Ingelheim beginnt die Demonstration im Bereich der unteren<br />

Bahnhofstraße im Stadtzentrum. Der Weg verläuft über Bahnhofstraße, Boehringer Straße, Untere<br />

Sohlstraße, Paul-Clemen-Straße, San-Pietro-Straße, links abbiegend in die Grundstraße, wieder<br />

links abbiegend in die Binger Straße, rechts abbiegend in die Konrad-Adenauer-Straße bis zur GfA.<br />

Die Polizei wird den Demonstrationszug begleiten. Der Verkehr wird um die von der Demonstration<br />

betroffenen Straßenabschnitte umgeleitet. Wo dies nicht möglich ist, ist mit längeren Wartezeiten zu<br />

rechnen.<br />

Demonstration gegen Abschiebegefängnis 3.9.2011 16:28<br />

Ingelheim (dpa/lrs) - Gegen ein Abschiebegefängnis in Ingelheim haben am<br />

© Verlagsgruppe Rhein-Main 2011<br />

Alle Rechte Samstag vorbehalten mehrere | Vervielfältigung hundert Menschen nur mit Genehmigung demonstriert. der Verlagsgruppe Nach einigen Rhein-Main Redebeiträgen<br />

vor dem Ingelheimer Bahnhof und der Kreisverwaltung wollten die<br />

Teilnehmer am Nachmittag vor die Mauern des Gefängnisses ziehen,<br />

berichtete eine Sprecherin. Zu der Aktion hatte neben verschiedenen Menschenrechtsbündnissen<br />

auch der Landesverband der Grünen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> aufgerufen. Gefordert<br />

wird eine Schließung des Hochsicherheitsgefängnisses sowie eine Freilassung der<br />

16 einsitzenden Flüchtlinge.<br />

Im August hatte die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) bei einem<br />

Runden Tisch gesagt, sie rechne bis 2012 mit einem neuen Konzept für die Haftanstalt. Dazu<br />

wurden mehrere Arbeitsgruppen gebildet. An dem vertraulichen Treffen hatten unter anderem<br />

Vertreter von Kirchen, Menschenrechtsorganisationen und Ministerien teilgenommen.<br />

24 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Allgemeine Zeitung: Interview mit Daniel Köbler<br />

Demo Ingelheim<br />

„Immer wieder ein bedrückendes Gefühl“<br />

28.07.2011 - INGELHEIM<br />

Von Beate Schwenk<br />

ABSCHIEBEGEFÄNGNIS Vorsitzender der Grünen-Landtagsfraktion verspricht humanere<br />

Lösung<br />

Über die Zukunft des Abschiebegefängnisses in der Konrad-Adenauer-Straße wird nicht erst seit<br />

gestern diskutiert. Seitdem der Themenkomplex im neuen, grün geführten Integrationsministerium<br />

angesiedelt ist, hat die Debatte über eine mögliche Schließung der „Gewahrsamseinrichtung für<br />

Ausreisepflichtige“ (GfA) aber spürbar Fahrt aufgenommen. Ministerin Irene Alt (Bündnis 90/Die<br />

Grünen) hat das Thema auf die politische Agenda gesetzt. Eine Arbeitsgruppe soll nun klären, wie<br />

es für die GfA weiter geht.<br />

Auch Daniel Köbler, der auf seiner Sommertour gestern in Ingelheim Station machte, ist die<br />

herrschende Abschiebepraxis ein Dorn im Auge. Der Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion war<br />

nicht zum ersten Mal in der Einrichtung. „Es ist immer wieder ein bedrückendes Gefühl“, so sein<br />

erstes Statement nach dem zweistündigen Rundgang. „Hier sitzen Menschen, die nichts getan<br />

haben, außer Schutz zu suchen.“ Die neue rot-grüne Landesregierung wolle versuchen, eine<br />

humanere Lösung zu finden als die Unterbringung in einem Gefängnis, versprach der Grüne.<br />

Die Einrichtung in der Konrad-Adenauer-Straße, die über 152 Plätze verfügt, ist zurzeit nicht einmal<br />

zu einem Fünftel belegt. Aktuell warten hier 25 Frauen und Männer auf ihre Abschiebung; streng<br />

gesichert durch meterhohe Mauern und durch Stacheldraht. Die Ingelheimer GfA ist die zentrale<br />

Abschiebeeinrichtung für <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> und für das Saarland, woher 13 der zurzeit 25<br />

Abschiebehäftlinge kommen. Wegen der grenzüberschreitenden Belegung werde man auch mit dem<br />

Saarland in Verhandlung treten, kündigte Köbler an. Zwar ist er sich bewusst, dass das Thema<br />

Abschiebehaft nur auf Bundesebene angegangen werden kann, bei der Frage der Unterbringung<br />

sieht er aber Spielräume. Als Beispiel nannte er Modelle aus dem Jugendstrafvollzug oder eine<br />

dezentrale Unterbringung wie dies neuerdings in Bayern praktiziert werde.<br />

Um die Möglichkeiten auszuloten, habe man einen Runden Tisch initiiert, der unter Leitung von<br />

Integrationsministerin Alt Konzepte entwickeln solle. Mit Ergebnissen sei aber frühestens in<br />

eineinhalb Jahren zu rechnen. Vor 2013 dürfte sich also an dem derzeitigen Status quo nicht viel<br />

ändern. Man werde freilich alles daran setzen, den Alltag der Menschen so erträglich wie möglich zu<br />

gestalten, betonte Köbler. Auch das Personal in der Einrichtung spiele hierbei eine wichtige Rolle.<br />

„Die Bediensteten machen eine gute Arbeit, und es ist keine einfache Arbeit“, konstatierte Köbler.<br />

Zugleich hob er das Engagement der verschiedenen Initiativen hervor, die sich in der Ingelheimer<br />

GfA engagieren.<br />

Oberstes Ziel müsse letztlich sein, Einrichtungen wie diese gänzlich überflüssig zu machen,<br />

bilanzierte Köbler. Die Politik müsse sich fragen, wie sie mit den Ursachen der Flüchtlingsströme<br />

umgehen wolle. „Wir haben eine gemeinsame Verantwortung“, erklärte der grüne Fraktionschef und<br />

gab zu bedenken, dass angesichts von Klimawandel, Kriegen und Hungersnöten in Zukunft noch mit<br />

viel mehr Flüchtlingen zu rechnen sei - sofern man die Ursachen nicht in den Griff bekomme.<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

25


gar der Demo Himmel Ingelheim sieht hinter Mauern anders Rhein-Zeitung: aus - Startseite „Sogar ... der Himmel http://www.rhein-zeitung.de/startseite_artikel,-Sogar-der-H<br />

sieht hinter Mauern anders aus“<br />

stellen auto immobilien kleinanzeigen tiere ferienwohnungen inserieren<br />

++ 13:20 Deutschlands Schulanfänger werden schlanker · Berlin<br />

++ 13:15 DAX: Kurse im XETRA-Handel am 7.09.2011 um 13:05 Uhr<br />

Startseite<br />

27.07.2011, 11:53 Uhr<br />

Sogar der Himmel sieht hinter Mauern anders aus<br />

Ingelheim - Die grüne Tür beeindruckt eigentlich nicht. Wäre sie nicht die Eintrittspforte zur "Gewahrsamseinrichtung für<br />

Ausreisepflichtige" in Ingelheim. Die Amtssprache verwirrt. Für Kritiker ist es schlicht der "Abschiebeknast" .<br />

Es ist ein Vormittag. Die Tür fällt leise hinter mir ins Schloss. Ein mulmiges Gefühl steigt in mir hoch.<br />

Gefängnisleiter Stefan Mollner wartet in seinem Büro auf mich. Es war kein Problem, mit ihm einen<br />

Besuch in der Gewahrsamseinrichtung zu vereinbaren. Man habe nichts zu verbergen.<br />

Blauer Himmel, triste Aussicht...<br />

HARRY BRAUN<br />

Das Handy und der Ausweis bleiben an der Pforte. Der Bedienstete öffnet mehrere Türen. Solche<br />

Situationen kenne ich aus Filmen. Jetzt bin ich live dabei. Er begleitet mich zu seinem Chef. Die<br />

komplette Schließanlage ist elektronisch gesichert, sagt er noch. Später erfahre ich, dass hier seit<br />

2001 keine Flucht mehr erfolgt ist. 152 Plätze stellt das Land <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> in der<br />

Gewahrsamseinrichtung in Ingelheim bereit. Wer hier hineinkommt, für den gilt zumeist nur eine<br />

Richtung: zum Flughafen und zur Abschiebung in das Heimatland. Oder die polizeiliche Eskorte in<br />

das Land, aus dem er nach Deutschland gelangte.<br />

50 Plätze sind in Ingelheim den "Ausreisepflichtigen" aus dem Saarland vorbehalten. Männer und<br />

Frauen, für die ein Richter die Haft angeordnet hat, kommen hierher, erläutert Mollner. Sei es zur<br />

Vorbereitung auf ihre Ausweisung, sei es, damit bei der geplanten Abschiebung nichts schief geht.<br />

Durchschnittlicher Verbleib: 38 Tage. Die "Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige" ist derzeit<br />

zu 30 Prozent belegt. Die Zahl sank vor einigen Jahren auf dieses Niveau.<br />

Aus dem Fenster in Mollners Büro fällt der Blick auf das Gelände. Rundum eine hohe Betonmauer.<br />

Zwischen zwei Basketballkörben werfen sich einige "Verwahrte" einen Ball zu. Mollner korrigiert mich,<br />

wenn ich "Häftlinge" sage. Sie nutzen den einstündigen Freigang. Ansonsten ist ihr Tag straff<br />

strukturiert, sagt er. Wecken um sechs. Um 22 Uhr werden sie wieder in den Zellen eingeschlossen.<br />

Am Vor- und Nachmittag gibt es ein paar Stunden, um Besuche zu empfangen oder sich beraten zu<br />

lassen. "Es gibt eine ökumenische Beratungsstelle." Der eigene Sozialdienst arbeitet mit dem<br />

medizinischen Personal des "Arbeiter-Samariter-Bundes" zusammen. Auch Vertreter von "Amnesty<br />

International" kommen regelmäßig vorbei. "Wir stellen auch die Kontakte nach außen her." Zum<br />

Anwalt, zur Familie. Die Besuchszeiten werden nicht reglementiert.<br />

Eine Stunde am Tag steht den in<br />

Ingelheim untergebrachten<br />

Männer und Frauen in<br />

Außenbereich zur freien<br />

Verfügung.<br />

HARRY BRAUN<br />

Blick durch die Gitter in die<br />

Gänge der Abschiebeeinrichtung.<br />

HARRY BRAUN<br />

Es ist kurz vor zehn Uhr. Der "Kiosk" hat geöffnet. Mollner führt mich durch den Hof dorthin. Ich sehe<br />

den blauen Himmel über Ingelheim. Drüben blicke ich in drei Gesichter. "So sehen sie aus", denke<br />

ich. Sie stehen schweigend vor dem provisorischen "Kiosk". Nur einzeln eintreten ist erlaubt.<br />

Hygieneartikel, Tabak und Telefonkarten sind die "Renner". "Es gibt sechs Euro Taschengeld pro<br />

Woche. Bei gemeinnützigen Tätigkeiten können sie sich etwas dazuverdienen." Putzen, Zellen<br />

streichen oder dem Hausmeister behilflich sein. Vorhin hat Mollner einen Teich gezeigt, den<br />

"Verwahrte" angelegt haben. Etwas weiter: ein Garten. Wer will, könne dort Gemüse anbauen.<br />

Mollner führt mich noch in eine Zelle. Sie wirkt kalt und karg. Später sagt er: "Unsere Standards<br />

gehören zu den besten in Deutschland. Der Betreuungsaufwand in Ingelheim muss sich nicht<br />

verstecken." Mag sein, denke ich, als sich nach knapp zwei Stunden die Tür am Ausgang hinter mir<br />

schließt. Der Himmel auf dieser Seite der Mauer sieht noch genauso aus und doch wirkt er auf mich<br />

ganz anders. Gregor Starosczyk-Gerlach<br />

Runder Tisch geplant<br />

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26 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

Säuglingstod: Kinderklinik Siegen hat Vermutung


taz: „Grüne Wahlversprechen auf der Kippe“<br />

Demo Ingelheim<br />

14.09.2011<br />

Grüne Wahlversprechen auf der Kippe<br />

RHEINLAND-PFALZ Flüchtlingslobby verlangt Auflösung des Abschiebeknastes. Rot-Grün beruft runden<br />

Tisch<br />

MAINZ taz Die Regierungspartei Bündnis 90/Die Grünen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> ist auf dem besten Weg, ihre<br />

bisherige Forderung nach Schließung des Abschiebegefängnisses in Ingelheim am Rhein zu revidieren. Das<br />

jedenfalls behaupten in der Flüchtlingsarbeit aktive Menschenrechtsorganisationen, darunter terre des<br />

femmes und der Saarländische Flüchtlingsrat.<br />

In einer "Ingelheimer Erklärung" werfen sie den Grünen vor, den "Abschiebeknast" nicht mehr - wie noch im<br />

Wahlkampf versprochen - abschaffen, sondern nur noch die Haftbedingungen verbessern zu wollen. Als<br />

Grund dafür vermuten sie Druck des Koalitionspartners SPD.<br />

"Die endgültige Schließung der Landeseinrichtung für den Vollzug der Abschiebehaft steht bei den Grünen<br />

weiter ganz oben auf der politischen Agenda", versichert dagegen der Fraktionschef der Grünen im rheinlandpfälzischen<br />

Landtag, Daniel Köbler. "Spätestens Ende 2015", so Köbler jetzt auf Nachfrage, werde das<br />

rheinland-pfälzische Abschiebegefängnis in Ingelheim Geschichte sein. Schließlich sei ja auch das<br />

"Ausreisezentrum" in Trier gleich nach der Konstituierung der rot-grünen Koalition zugesperrt worden. So war<br />

es vor der Wahl im März dieses Jahres auch versprochen worden.<br />

Die "Flüchtlingslobby" (Selbstbezeichnung) reibt sich vor allem an dem Begriff "ergebnisoffen": Mit diesem<br />

Wort umschrieb die rot-grüne Landesregierung den Arbeitsauftrag für einen runden Tisch zur Aufarbeitung der<br />

Problematik rund um den Abschiebeknast.<br />

Eine humane Abschiebehaft gäbe es jedoch nicht, sagen die unabhängigen Flüchtlingshilfeorganisationen.<br />

Aufgabe des runden Tisches, an dem inzwischen Vertreter von Regierungsstellen, Glaubensgemeinschaften,<br />

Verbänden und Vereinen Platz genommen haben, könne es deshalb nur sein, ausschließlich nach Wegen zur<br />

raschen Schließung des Abschiebegefängnisses zu suchen. Einer "ergebnisoffen" geführten Debatte dagegen<br />

werde man sich verweigern.<br />

Die Ingelheimer Gewahrsamseinrichtung hält 152 Haftplätze für Ausreisepflichtige vor, darunter 50 Plätze, die<br />

das Saarland in Anspruch nehmen kann. Aktuell sind dort allerdings weniger als 20 Zellen belegt.<br />

"Wir als Grüne Partei sehen keine Notwendigkeit, Menschen in Abschiebehaft zu nehmen", sagte auch die<br />

grüne Integrationsministerin Irene Alt am Dienstag im Gespräch mit der taz. Es gehe jetzt allerdings erst<br />

einmal darum, so schnell wie möglich "die Lebensbedingungen der dort eingesperrten Menschen unter<br />

humanitären Gesichtspunkten zu verbessern". Noch allerdings müsse das Land die Bundesgesetzgebung<br />

beachten und den Vollzug von Abschiebehaft garantieren, ergänzte Ministerin Alt abschließend.<br />

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT<br />

Aus dem Stand in die Ministerien<br />

Regieren geht über studieren: Diese Erfahrung in einem Bündnis mit der SPD - zitiert nach Joschka Fischer -<br />

müssen nun die Grünen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> machen. Bis zur Landtagswahl im März waren die Grünen noch<br />

nicht einmal im Landtag, dann sollten sie mit einem Ergebnis von 15,4 Prozent gleich mitregieren. Seither<br />

werden Grundsatzhaltungen neu kommuniziert und auch revidiert: beim Hochmoselübergang (einer<br />

gigantischen Autobahnbrücke), bei den Subventionen für den Flughafen Hahn und das Formel-1-Rennen auf<br />

dem Nürburgring, bei der Justizreform - und eben wie jetzt auch beim Abschiebegefängnis Ingelheim. Grün<br />

pur war gestern. (kpk)<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

27


Residenzpflicht<br />

Antrag SPD/Grüne für landesweite Bewegungsfreiheit<br />

LANDTAG RHEINLAND-PFALZ<br />

16. Wahlperiode<br />

Drucksache 16/215<br />

12. 08. 2011<br />

A n t r a g<br />

der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

Landesweite Bewegungsfreiheit für <strong>Asyl</strong>suchende – für ein modernes<br />

und aufgeschlossenes Aufenthaltsrecht<br />

I. Der Landtag stellt fest:<br />

Für <strong>Asyl</strong>bewerberinnen und -bewerber und Duldungsinhaberinnen und -inhaber<br />

ist der Aufenthalt in Deutschland in unterschiedlicher Weise räumlich beschränkt<br />

(Residenzpflicht). Für <strong>Asyl</strong>bewerberinnen und -bewerber besteht eine<br />

Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde. Durch eine landesrechtliche<br />

Regelung ist die Residenzpflicht jeweils auf den ehemaligen Regierungsbezirk<br />

ausgedehnt worden, weshalb in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> von einer beschränkten Mobilität<br />

gesprochen werden kann.<br />

Deutschland ist das einzige Land in der Europäischen Union, in dem eine Residenzpflicht<br />

existiert.<br />

Viele Flüchtlinge und <strong>Asyl</strong>suchende verletzen aus Unwissenheit die bestehende<br />

Regelung – nicht selten entstehen Verstöße aus dem Wunsch heraus, Familie oder<br />

Freundinnen und Freunde zu besuchen.<br />

Die Verletzung der Residenzpflicht kann im schlimmsten Fall in einer Gefängnisstrafe<br />

münden. Zudem zählen diese Vergehen als „Straftaten“, die als Ausländerkriminalität<br />

in der Kriminalitätsstatistik geführt werden mit der Folge, dass <strong>Asyl</strong>suchende<br />

und Flüchtlinge öffentlich von Teilen der Bevölkerung als kriminell<br />

dargestellt werden. Die Regelung zur räumlichen Beschränkung greift massiv in<br />

das Recht der allgemeinen Handlungsfreiheit ein und führt zu einer verstärkten<br />

Isolation von Schutzsuchenden in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />

II.<br />

Der Landtag begrüßt:<br />

Der Landtag begrüßt parlamentarische Initiativen auf Landes- und Bundesebene,<br />

die die Residenzpflicht abschaffen wollen sowie die Lockerung bzw. Aufhebung<br />

der Residenzpflicht in einigen Bundesländern.<br />

Im Zuge der Enquete-Kommission 15/2 „Integration und Migration in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>“,<br />

die sich eingehend und umfassend mit dem Thema <strong>Asyl</strong> und Zuwanderung<br />

beschäftigt hat, spricht sich der rheinland-pfälzische Landtag für eine<br />

grundsätzliche Aufhebung einer räumlichen Beschränkung für <strong>Asyl</strong>suchende<br />

und Flüchtlinge in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> aus.<br />

III. Vor diesem Hintergrund fordert der Landtag die Landesregierung auf,<br />

– <strong>Asyl</strong>bewerberinnen und -bewerbern das Recht auf Bewegungsfreiheit einzuräumen<br />

und auf Grundlage von § 58 Abs. 6 des <strong>Asyl</strong>verfahrensgesetzes eine<br />

Rechtsverordnung zu erlassen, die es <strong>Asyl</strong>suchenden erlaubt, sich im gesamten<br />

Land <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> vorübergehend aufzuhalten;<br />

– die Ausländerbehörden auf die grundsätzliche Gebührenfreiheit der Verlassenserlaubnisse<br />

hinzuweisen;<br />

b. w.<br />

28 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

Druck: Landtag <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, 12. August 2011


Antrag SPD/Grüne für landesweite Bewegungsfreiheit<br />

Residenzpflicht<br />

Drucksache 16/215<br />

Landtag <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> − 16. Wahlperiode<br />

– in den Dialog mit dem Saarland, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg<br />

und Hessen zu treten, um eine gemeinsame Regelung herbeizuführen, die es<br />

den <strong>Asyl</strong>suchenden und Flüchtlingen gestattet, sich vorübergehend im jeweils<br />

anderen Bundesland aufzuhalten;<br />

– sich ferner im Bundesrat für eine stärkere Harmonisierung der Regelungen<br />

über die räumliche Beschränkung für <strong>Asyl</strong>bewerberinnen und <strong>Asyl</strong>bewerber<br />

und Geduldete einzusetzen und eine Bundesratsinitiative zur Aufhebung der<br />

Residenzpflicht für <strong>Asyl</strong>begehrende einzubringen.<br />

Für die Fraktion<br />

der SPD:<br />

Barbara Schleicher-Rothmund<br />

Für die Fraktion<br />

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:<br />

Nils Wiechmann<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

29


Residenzpflicht<br />

Verordnung MIFKJF: Vorgriffsregelung Residenzpflicht<br />

30 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Verordnung MIFKJF: Vorgriffsregelung Residenzpflicht<br />

Residenzpflicht<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

31


Residenzpflicht<br />

Verordnung MIFKJF: Vorgriffsregelung Residenzpflicht<br />

32 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


AK <strong>Asyl</strong> begrüßt Beschluss des Landtags zum Thema Residenzpflicht<br />

Residenzpflicht<br />

AK <strong>Asyl</strong> RLP – Postfach 2851 – 55516 Bad Kreuznach<br />

An die<br />

Presse und Medien<br />

<strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong> RLP<br />

Postfach 2851<br />

55516 Bad Kreuznach<br />

Tel.: 06 71 - 8 45 91 52<br />

Fax: 06 71 - 8 45 91 54<br />

eMail: info@asyl-rlp.org<br />

Web: www.asyl-rlp.de<br />

Datum: 19. 8. 2011<br />

Presseinformation:<br />

AK ASYL begrüßt Beschluss des Landtags zum Thema Residenzpflicht<br />

Der AK ASYL <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> begrüßt ausdrücklich den gestrigen Beschluss des<br />

Landtags <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, die Residenzpflicht für <strong>Asyl</strong>suchende auf das gesamte<br />

Bundesland zu erweitern.<br />

Damit wird zumindest teilweise unsere seit zwanzig Jahren erhobene Forderung<br />

einer Abschaffung der Residenzpflicht erfüllt.<br />

„Mit der Erweiterung der Bewegungsfreiheit von <strong>Asyl</strong>suchenden auf das<br />

Bundesland ist ein wichtiger Schritt getan“, so Siegfried Pick vom AK ASYL.<br />

Aber Flüchtlingen wird es weiterhin verwehrt, Freunde und Verwandte, sowie<br />

religiöse und politische Versammlungen auerhalb des Bundeslandes zu besuchen.<br />

Auch die Arbeitsaufnahme in benachbarten Bundesländern bleibt<br />

genehmigungspflichtig.<br />

„Die Residenzpflicht ist eine Maßnahme, die Flüchtlinge schikaniert und sie aus<br />

der Gesellschaft ausgrenzt. Sie verletzt das Menschenrecht auf<br />

Bewegungsfreiheit“.<br />

„Wir fordern deswegen weiterhin nachdrücklich, die Residenzpflicht aus dem<br />

Gesetz zu streichen“. Dies ist aber Bundesangelegenheit, es muss das<br />

<strong>Asyl</strong>verfahrensgesetz geändert werden.<br />

„Die Landesregierung muss hier umgehend eine Bundesratsinitiative starten“,<br />

fordert der AK ASYL <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />

Bis dahin muss es mit den benachbarten Bundesländern pragmatische Lösungen<br />

geben.<br />

S. Pick<br />

Koordinierungsgruppe:<br />

Behrouz Asadi, Flüchtlingsrat Mainz; Manfred Asel Flüchtlingsbeauftragter des<br />

Diakonischen Werkes <strong>Pfalz</strong>, Speyer; Siegfried Pick, Pfarrer für Ausländerarbeit, Bad<br />

Kreuznach,; Jürgen Pirrong, Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises, Beauftragter für<br />

Migration und Integration; Bärbel Liss-Gul, Diakonisches Werk Koblenz; Pierette<br />

Onangolo, AWO <strong>Rheinland</strong>; Kirsten Liebmann, Diakonisches Werk im Kirchenkreis<br />

Altenkirchen; Bernd Drüke, Flüchtlingsrat Mainz; Uli Sextro, Diakonisches Werk Mainz-<br />

Bingen<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

Bankverbindung:<br />

Konto-Nr.: 75 Ev. Verwaltungsamt<br />

BLZ: 560 501 80 Sparkasse Rhein-Nahe<br />

- Spendenbescheinigung möglich -<br />

33


Residenzpflicht<br />

PM MIFKJF: „Residenzpflicht nicht mehr zeitgemäß“<br />

MINISTERIUM FÜR INTEGRATION,<br />

FAMILIE, KINDER, JUGEND UND FRAUEN<br />

Mainz, 19.08.2011<br />

Nr. 043<br />

Verantwortlich (i.S.d.P.)<br />

Astrid Eriksson<br />

Pressesprecherin<br />

Telefon 06131 16-5632<br />

Pressestelle@mifkjf.rlp.de<br />

Integration<br />

Ministerin Irene Alt: „Wir wollen Bewegungsfreiheit für <strong>Asyl</strong>suchende<br />

- Residenzpflicht ist nicht mehr zeitgemäß!“<br />

Integrationsministerin Irene Alt hat sich vor dem Landtag dafür ausgesprochen, Menschen<br />

mit laufendem <strong>Asyl</strong>verfahren landesweite Bewegungsfreiheit zu erlauben. Damit<br />

unterstützte sie im Namen der Landesregierung einen entsprechenden Antrag der<br />

Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD zur Änderung der sogenannten<br />

Residenzpflicht. Dieser Antrag wurde gestern Abend mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen<br />

mehrheitlich angenommen. „Die Residenzpflicht ist - so wie sie jetzt geregelt<br />

ist - nicht mehr zeitgemäß! <strong>Asyl</strong>bewerber sollen sich nach Auffassung der Landesregierung<br />

in Zukunft frei im ganzen Land bewegen dürfen. Denn dieses rotgrüne<br />

Bündnis steht zu dem erklärten Ziel, die Aufnahmebedingungen von Flüchtlingen zu<br />

verbessern und sie von unnötigen Restriktionen zu befreien“, begründet Irene Alt ihre<br />

Haltung. „Insgesamt würden von der angestrebten Neuregelung etwa 1.700 Menschen<br />

profitieren.“<br />

Derzeit dürfen sich <strong>Asyl</strong>suchende, deren Verfahren noch läuft, im Gebiet des ehemaligen<br />

Regierungsbezirks in dem ihre Kommune liegt, frei bewegen. Damit sind sie<br />

schlechter gestellt als Menschen mit abgelehntem <strong>Asyl</strong>verfahren, die im Besitz einer<br />

Duldung sind. Denn sie dürfen sich innerhalb der Landesgrenzen frei bewegen, da<br />

eine Duldung räumlich lediglich auf das Landesgebiet beschränkt ist. „Dies ist ein<br />

Wertungswiderspruch, den wir beseitigen wollen“, so Integrationsministerin Irene Alt.<br />

34 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

1/2


PM MIFKJF: „Residenzpflicht nicht mehr zeitgemäß“<br />

Residenzpflicht<br />

Irene Alt weist darauf hin, dass die Bundesregierung nach einer Änderung des <strong>Asyl</strong>verfahrensgesetzes<br />

den Bundesländern die Möglichkeit gibt, die Bewegungsfreiheit<br />

von <strong>Asyl</strong>bewerbern auf das jeweilige ganze Land auszuweiten. Die Bundesländer<br />

Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein haben<br />

entsprechende Rechtsverordnungen erlassen und nutzen diese Option bereits. Baden-Württemberg<br />

will genauso wie <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> diesem Beispiel folgen.<br />

„Die Landesregierung bittet die Ausländerbehörden schon jetzt, Anträge auf eine sogenannte<br />

Verlassenserlaubnis großzügig zu behandeln und die Erlaubnisse gebührenfrei<br />

zu erteilen“, so die Ministerin weiter. Mit Blick nach Berlin kritisiert sie: „Der<br />

Bund drückt sich beim Thema Residenzpflicht um seine poltische Verantwortung, hier<br />

selbst bundesweit für klare Verhältnisse zu sorgen. Stattdessen bekommen wir jetzt<br />

Landeslösungen, die zwangsläufig zu einer Rechtszersplitterung führen, die keiner<br />

will.“ Die Landesregierung wird sich deshalb gemeinsam mit anderen Bundesländern<br />

für die Abschaffung der Residenzpflicht für <strong>Asyl</strong>bewerberinnen und <strong>Asyl</strong>bewerber einsetzen<br />

und eine entsprechende Initiative im Bundesrat einbringen.<br />

In einem zweiten Schritt möchte die Landesregierung Gespräche mit benachbarten<br />

Bundesländern aufnehmen, um länderübergreifende Lösungen zu diskutieren. Integrationsministerin<br />

Irene Alt: „Ballungsgebiete nehmen auf Landesgrenzen keine Rücksicht.<br />

So wäre es schon bei der Jobsuche im Rhein-Main-Gebiet oder im Rhein-<br />

Neckar-Raum eine riesige Hilfe, wenn die Betroffenen ohne Probleme ins Nachbarland<br />

fahren könnten. Aber ich sehe auch keinen triftigen Grund, warum eine <strong>Asyl</strong>bewerberfamilie<br />

aus Mainz nicht in den Frankfurter Zoo fahren darf, ohne dafür eine Genehmigung<br />

einholen zu müssen.“<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

2/2<br />

35


Residenzpflicht<br />

RheinZeitung: „<strong>Asyl</strong>: Bracht-Zitat empört Rot-Grün“<br />

Rhein-Zeitung, 20. August 2011<br />

36 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Süddeutsche: „Undiplomatische Vertretung der Heimatlosen“<br />

25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />

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<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

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25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />

Süddeutsche: „Undiplomatische Vertretung der Heimatlosen“<br />

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Süddeutsche: „Undiplomatische Vertretung der Heimatlosen“<br />

25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

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Debatte Recht auf <strong>Asyl</strong>: Die Barbaren sind da - taz.de<br />

25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />

http://www.taz.de/Debatte-Recht-auf-<strong>Asyl</strong>/!77620/<br />

taz: „Die Barbaren sind da“<br />

07.09.2011 16 Kommentare<br />

DEBATTE RECHT AUF ASYL<br />

Die Barbaren sind da<br />

In der EU wird das Recht auf <strong>Asyl</strong> immer weiter eingeschränkt. Und was machen wir Wir<br />

sehen dem Abbau dieses Grundrechts zu. Das sagt viel über uns aus.<br />

VON ILIJA TROJANOW<br />

Keine Gnade: tunesische Flüchtlinge an Italiens Küste.<br />

Bild: reuters<br />

Und ich sage euch, wenn ein Verlorener zu euch kommt, gewährt ihm Zuflucht, nehmt ihn auf,<br />

verköstigt ihn, lasst ihn teilhaben an der Wärme eures Herdes und eures Herzens …<br />

Etwa so oder so ähnlich, jeweils unterschiedlich beschworen, im Kern aber gleich, wird seit<br />

Menschengedenken das Prinzip formuliert, das bei Homer die Barbaren von den Zivilisierten<br />

trennt: das <strong>Asyl</strong>, laut Ovid der ruhmreichste Akt der Menschlichkeit. Flüchtende müssen in Frieden<br />

empfangen werden, müssen Schutz erhalten, egal ob es sich um Benachteiligte oder<br />

Unterdrückte, um Verbannte oder Geächtete, um geflohene Sklaven oder ausgerissene<br />

Gefangene handelt.<br />

Das <strong>Asyl</strong> birgt die letzte Hoffnung für all jene, die jede Aussicht auf Gerechtigkeit verloren haben;<br />

das <strong>Asyl</strong> verkündet: Es gibt ein Leben nach der Niederlage, nach dem Untergang.<br />

Was sagt es also über unsere Gesellschaft aus, dass in der Europäischen Union das Recht auf<br />

<strong>Asyl</strong> nur noch eingeschränkt gilt und wir dem Abbau dieses Grundrechts über die vergangenen<br />

Jahre und Jahrzehnte hinweg lethargisch zusahen<br />

Wir stöhnen, während andere die Last tragen<br />

44 Millionen Menschen sind gegenwärtig auf der Flucht. Während ihre Zahl weltweit zunimmt,<br />

nimmt sie in Europa ab. Die Entwicklungsländer beherbergen vier Fünftel aller Flüchtlinge. Nur<br />

zwei Prozent der Menschen, die im ersten Halbjahr dieses Jahres aus Libyen geflohen sind,<br />

haben den Weg nach Europa eingeschlagen. Mit anderen Worten: Wir stöhnen, während andere<br />

die Last tragen.<br />

Allein im Frühjahr dieses Jahres sind mehr als 1.500 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken. Das ist<br />

ein Skandalon, dessen schmerzliche Konturen man in abstrakten Diskursen auflösen kann, ohne<br />

dass sich dadurch etwas an der Verwerflichkeit der Zustände ändern würde.<br />

Wir führen gerne Wörter wie Menschenrechte ("Die Würde des Menschen ist unantastbar") im<br />

Mund, wir haben es uns in Nischen der Humanität gemütlich gemacht; was unser System und<br />

unser Wirken verwerflich macht, blenden wir aus, rationalisieren es weg. Könnten wir<br />

gemeinschaftlich in den Spiegel schauen, würden wir das Zerrbild einer Gesellschaft erkennen,<br />

die sich von dem Gedanken der Solidarität und Empathie zunehmend verabschiedet.<br />

Liegt es daran, dass wir den Flüchtling nicht am heimischen Herd empfangen und nicht in unserer<br />

40 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

1 von 2 09.09.11 12:14


taz: „Die Barbaren sind da“<br />

batte Recht auf <strong>Asyl</strong>: Die Barbaren sind da - taz.de<br />

25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />

http://www.taz.de/Debatte-Recht-auf-<strong>Asyl</strong>/!77620/<br />

Kirche beherbergen, weil wir ihn gar nicht zu Gesicht bekommen, weil er aufgefangen wird, bevor<br />

er uns erreichen kann Liegt es also daran, dass Schutzgeber und Flüchtling kaum mehr<br />

aufeinandertreffen und unsere Reflexe und Instinkte nicht wirken können Wenn zwei Menschen<br />

sich jenseits behördlicher Strukturen begegnen, öffnen sich meist die Schranken der<br />

Voreingenommenheit, der Ignoranz. Man sieht den anderen, sieht ihn wirklich und erkennt mit<br />

einem Blick in der Differenz zwischen zwei Leben schmerzhafte Unterschiede. Solche<br />

Begegnungen entlarven die brüchige Beschaffenheit des Wortes "Mitmensch".<br />

Berüchtigte Sperranlagen<br />

Es gibt Ungerechtigkeiten, die von einem einzelnen Foto eingefangen werden können - links<br />

Kinder im Schwimmbecken, rechts Frauen mit Kanistern vor einer Wasserpumpe -, doch für das<br />

Aufeinanderprallen von Flüchtlingen und Alteingesessenen braucht es viel mehr als ein Bild, weil<br />

es nicht unmittelbar stattfindet. Das Versagen der <strong>Asyl</strong>politik und der zivilisierten moralischen<br />

Impulse erkennt man an den Mauern und Zäunen, die weltweit errichtet werden.<br />

Manche sind berühmt und berüchtigt, wie die Sperranlagen (759 km lang) zwischen Israel und<br />

dem Westjordanland oder der Zaun zwischen den USA und Mexiko (1.078 km lang), andere<br />

weniger, wie etwa die 4.000 Kilometer lange Barriere zwischen Indien und Bangladesch, und<br />

wiederum andere sind erst in Planung, wie der 206 Kilometer lange Grenzzaun zwischen<br />

Griechenland und der Türkei. Diese Trennungen leisten Ghettoisierungen Vorschub, und das<br />

Ghetto ist bekanntlich die Brutstätte von Ressentiments und Vorurteilen, und zwar auf beiden<br />

Seiten der Mauer.<br />

Zudem geht von jedem Flüchtling eine Irritation aus, denn so machtlos und entrechtet er ist, so<br />

sehr beunruhigt er uns, indem er die Ordnungsmuster unseres gesellschaftlichen Alltags infrage<br />

stellt. "Lieber nicht einmischen", sind wir geneigt zu denken. Wir wissen zwar einiges, denn die<br />

Medien berichten doch immer wieder punktuell aus den Vorhöfen der Hölle an unseren Grenzen,<br />

und doch wollen wir diese Einblicke in eine unvorstellbare Verzweiflungslandschaft wie so vieles<br />

andere nicht wahrhaben.<br />

Die Verzweiflungslandschaft<br />

Wir nehmen es hin, weil wir glauben, dass es gegenwärtig anders nicht sein kann. Die Not der<br />

Flüchtlinge ertragen wir mit großer Abgeklärtheit. Das dürfte nicht sein, aus vielerlei Gründen, von<br />

denen vielleicht keiner schwerwiegender ist als die begründete Sorge, dass wir dadurch selbst<br />

Schaden nehmen könnten. Die Unmenschlichkeit, die wir dulden, entmenschlicht uns selbst.<br />

Dies früh erkannt zu haben und von Anfang an für ein Menschenrecht auf <strong>Asyl</strong> gekämpft zu haben<br />

ist das große Verdienst der Organisation Pro <strong>Asyl</strong>, die diese Woche ihr 25-jähriges Jubiläum feiert.<br />

So verroht sind inzwischen die behördlichen und paramilitärischen Gepflogenheiten, dass diese<br />

NGO für die Einzelfallprüfung für minimale rechtliche Standards kämpfen muss.<br />

Die Mitarbeiter mussten als Journalisten und Detektive tätig werden, vor allem in Griechenland, wo<br />

die Recherchen von Pro <strong>Asyl</strong> unzumutbar menschenverachtende Zustände in den dortigen<br />

Auffanglagern detailliert dokumentiert haben, was wiederum entscheidend das Urteil des<br />

Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 21. Januar 2011 beeinflusste, die<br />

Abschiebung von <strong>Asyl</strong>bewerbern von Belgien nach Griechenland als Verletzung der Europäischen<br />

Menschenrechtskonvention (EMRK) zu verurteilen.<br />

Es wäre schöner, wir bräuchten eine Organisation wie Pro<br />

<strong>Asyl</strong> nicht, aber solange Flüchtlinge als vogelfrei gelten und kaum jemand sich um ihren Schutz<br />

kümmert, ist es wunderbar, dass es Pro <strong>Asyl</strong> gibt.<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

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25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />

Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />

PRO ASYL wird 25:<br />

Kommentar von Herbert Leuninger, Pfarrer, Gründungsmitglied<br />

und langjähriger Sprecher von PRO ASYL<br />

01.09.2011<br />

Dieser Beitrag wurde der Publikation "Forum Migration September 2011" entnommen.<br />

Herbert Leuninger<br />

Eine Bewegung entsteht von unten<br />

Es war höchste Zeit, als PRO ASYL am 8. September 1986 in Frankfurt/Main gegründet wurde.<br />

So waren damals z.B. im Aufnahmelager für Flüchtlinge bei Frankfurt von der Hessischen<br />

Landesregierung Zelte für die Unterbringung neu ankommender <strong>Asyl</strong>bewerber aufgestellt<br />

worden. Sie sollten der Abschreckung dienen und die Botschaft vermitteln: Wir können keine<br />

weiteren Flüchtlinge aufnehmen. Der Hintergrund für solche und ähnliche Maßnahmen war:<br />

Die ursprünglich positive Einstellung gegenüber Flüchtlingen hatte sich seit geraumer Zeit<br />

verändert. Bislang waren sie, vor allem, wenn sie aus dem kommunistischen Machtbereich<br />

kamen, willkommen. Galten sie doch als Beweis dafür, dass der freiheitliche Westen den Diktaturen<br />

des Ostens überlegen war. Als aber immer mehr Flüchtlinge auch aus den Krisenländern<br />

Afrikas und Asiens und nicht zuletzt aus der Türkei in der Bundesrepublik <strong>Asyl</strong> begehrten,<br />

drehte sich der Wind.<br />

Dabei setzte sich in den Köpfen vieler Politiker der Gedanke fest, die Bundesrepublik habe<br />

ein zu großzügiges <strong>Asyl</strong>recht und eine zu üppige Sozialfürsorge. Daraus wurde gefolgert, man<br />

müsse das <strong>Asyl</strong>recht einschränken und alles tun, um Deutschland für Flüchtlinge weniger<br />

attraktiv erscheinen zu lassen. So kam es innerhalb weniger Jahre zu Änderungen von Gesetzen<br />

und Verordnungen, bis hin zu einem massiven Eingriff in das Grundgesetz. Dabei ging es<br />

vor allem darum, die Attraktivität der Bundesrepublik als <strong>Asyl</strong>land zu vermindern. Begriffe wie<br />

„Wirtschaftsflüchtling" oder noch schlimmer „<strong>Asyl</strong>schnorrer" und „Scheinasylant“ gingen in den<br />

politischen Sprachgebrauch ein.<br />

42 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />

25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />

Als dennoch die Zahl der Flüchtlinge aus aller Welt immer größer wurde, traten weitere Einschränkungen<br />

in Kraft. Die Unterbringung der <strong>Asyl</strong>suchenden erfolgt überall im Land nicht<br />

mehr in normalen Wohnungen, sondern in sogenannten Gemeinschaftsunterkünften oder Lagern.<br />

Das galt nicht nur vorübergehend, sondern für die ganze Dauer des <strong>Asyl</strong>verfahrens. Das<br />

aber konnte sich über Jahre erstrecken.<br />

Weitere Maßnahmen der Abschreckung waren die Einführung eines Arbeitsverbotes, die Umstellung<br />

von Geldleistungen auf Sachleistungen wie Lebensmittelpakete oder Gemeinschaftsverpflegung.<br />

Hilfen in besonderen Lebenslagen und die medizinische Versorgung wurden<br />

reduziert. In manchen Ländern gab es keine Schulpflicht für die Kinder von <strong>Asyl</strong>bewerbern.<br />

Ausländer, die einen <strong>Asyl</strong>antrag gestellt hatten, durften den Bezirk der Ausländerbehörde, dem<br />

sie zugewiesen waren, nur im Ausnahmefall und dann mit amtlicher Erlaubnis verlassen. Abgelehnten<br />

<strong>Asyl</strong>bewerbern drohten Ausweisung und Abschiebung.<br />

Diese diskriminierende Behandlung von ausländischen Flüchtlingen löste bei unzähligen<br />

Bürgerinnen und Bürgern, die durch unmittelbare Kontakte davon Kenntnis erhielten, eine<br />

erhebliche Betroffenheit aus. So wurden immer mehr Menschen unruhig über die Behandlung<br />

von Flüchtlingen in ihrem Wohn- oder Lebensbereich, vielleicht sogar in ihrer unmittelbaren<br />

Nachbarschaft. Am Anfang der Kontakte mit Flüchtlingen stand zumeist die Bereitschaft, ihnen<br />

bei den Behörden und auf Ämtern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Gerade der Schutz vor<br />

Abschiebungen entwickelte sich dabei als besonderer Schwerpunkt des Einsatzes. Dies war<br />

in den meisten Fällen mit dem Wunsch verbunden, sich mit Gleichgesinnten zusammen zu<br />

schließen und an die Öffentlichkeit zu gehen. Ein großer Bedarf an Hintergrundinformationen<br />

entstand, wie er durch die Medien nicht abgedeckt werden konnte. So entstand eine eindrucksvolle<br />

Bürgerrechtsbewegung, und zwar völlig eigenständig und von unten her.<br />

Dieser Prozess vollzog sich ähnlich wie bei den anderen neuen sozialen Bewegungen wie der<br />

Friedens-, der Umwelt-, der Frauen- und der Dritte-Welt-Bewegung, auf verschiedenen Ebenen.<br />

Die Vernetzung begann auf der Ortsebene, insofern dort Gruppen entstanden, die sich<br />

häufig mit Hilfsorganisationen und auch Kirchengemeinden verbündeten. Die nächst höhere<br />

Ebene der Zusammenarbeit waren dann Städte und Kreise. Schließlich schlossen sich die<br />

diversen Initiativen auf Landesebene zu Flüchtlingsräten zusammen. Jetzt ging es um den<br />

Informationsaustausch über die in den verschiedenen Bundesländern auftretenden Aufgaben<br />

und Probleme. Es galt öffentliche Aktivitäten in die Wege zu leiten, Appelle miteinander abzustimmen<br />

und sich vor allem in die politischen Entscheidungsprozesse einzumischen.<br />

Schwerpunkt des Einsatzes für Flüchtlinge ist eine ständige Auseinandersetzung mit den Behörden<br />

um Bleibe-, ja um Lebensrechte von Menschen, die in der Bundesrepublik Zuflucht gesucht<br />

haben. Dabei - und das gilt für die ganze Republik - gewinnt der Schutz vor Abschiebungen<br />

eine herausragende Bedeutung. Immer öfter werden nach Ausschöpfung aller rechtlichen<br />

Möglichkeiten Formen des sogenannten Kirchenasyls gewährt, das in vielen Fällen erfolgreich<br />

ist. Aber gerade ein Kirchenasyl macht deutlich, dass es bei dem Engagement für Flüchtlinge<br />

um einen sehr persönlichen Einsatz geht. Es entstehen Bindungen an das Schicksal anderer,<br />

ursprünglich fremder Menschen. Freundschaften entstehen mit der Bereitschaft, Mitmenschen<br />

in einem schweren, von vielen Leiden bestimmten Kampf um Leben und Menschenwürde zu<br />

unterstützen.<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

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25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />

Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />

Das Dach auf Bundesebene<br />

Für diese neuartige und vielseitige Bewegung fehlte dann aber über die Länderebene hinaus<br />

so etwas wie ein Dach auf Bundesebene. Nicht zuletzt deswegen war PRO ASYL gegründet<br />

worden. Es gab zwar schon einige Flüchtlingsräte auf der Landesebene, aber noch keinen<br />

bundesweiten Flüchtlingsrat als nationalen Vernetzungsknoten. Hier wollte PRO ASYL provisorisch<br />

einspringen, bis von unten herauf über die Länderebene und auf demokratische Weise<br />

eine Bundesvertretung der Flüchtlingsinitiativen entstehen würde. Genau dies war vom Ansatz<br />

her ein ziemlich heikles Unternehmen, auf das sich die 15 Gründungsmitglieder aus den verschiedenen<br />

Menschenrechts- und Wohlfahrtsorganisationen eingelassen hatten. Dabei hatten<br />

sie weder einen Auftrag von ihren Verbänden her, geschweige denn von der Basis. Immerhin<br />

bekundete der Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Bonn ein<br />

besonderes Interesse an dieser Gründung. Dennoch war durchaus die Frage zu stellen, und<br />

sie wurde anfangs auch deutlich gestellt, mit welcher Rechtfertigung PRO ASYL eigentlich angetreten<br />

sei. Die Frage war deswegen so delikat, weil das Selbstverständnis in der Flüchtlingssolidarität<br />

mindestens ebenso demokratisch und autonom geprägt war wie in anderen Bereichen<br />

der neuen sozialen Bewegungen. Daher war es anfangs noch keineswegs ausgemacht,<br />

dass die Solidaritätsgruppen und Flüchtlingsräte PRO ASYL überhaupt akzeptieren würden.<br />

Da PRO ASYL einerseits seine prinzipielle Vorläufigkeit herausstellte und die Landesflüchtlingsräte<br />

bei PRO ASYL immer größere Bedeutung gewannen, verloren sich die anfänglich<br />

vorhandenen und durchaus verständlichen Vorbehalte gegenüber PRO ASYL immer mehr.<br />

Ein großes gegenseitiges Vertrauen machte es möglich, dass PRO ASYL, ohne komplizierte<br />

und langwierige Abstimmungsprozesse in die Öffentlichkeit gehen konnte. Die Akzeptanz von<br />

PRO ASYL in weiten Teilen der Medienlandschaft und vor allem bei der weiterhin autonom<br />

handelnden Basis machten PRO ASYL zu einer wichtigen Stimme für die Anliegen der Flüchtlinge.<br />

Die rechtliche Ausrichtung der Arbeit der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft waren der Artikel<br />

16 des Grundgesetzes, die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention.<br />

Durch eine gezielte Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, durch gründliche<br />

Information, durch Kampagnen und die Zusammenarbeit mit anderen Bürgerrechtsorganisationen<br />

wollte PRO ASYL beitragen, dass die Rechte für Flüchtlinge nicht abgebaut, sondern den<br />

heutigen Bedingungen entsprechend durchgesetzt wurden. Eines der Ziele war die Einführung<br />

eines jährlichen Tages des Flüchtlings. Der erste konnte bereits im Rahmen der Woche der<br />

ausländischen Mitbürger am 3.Oktober 1986 und zwar mit einer beachtlichen Beteiligung stattfinden.<br />

Bereits im Herbst 1988 wurde zur Unterstützung von PRO ASYL der Förderverein PRO ASYL<br />

e.V. gegründet. Sein Ziel ist es, sich für den Schutz von Flüchtlingen und politisch Verfolgten<br />

einzusetzen. Der Verein, dessen Mitglieder einen Mitgliedsbeitrag aufbringen müssen, sammelt<br />

Spenden und leitet diese an die Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL und an andere Flüchtlingsinitiativen<br />

weiter. Damit soll dann eine soziale, kulturelle und politische Bildungsarbeit<br />

ermöglicht werden.<br />

Die Flüchtlingssolidarität vor Ort, die Flüchtlingsräte auf Landes- und PRO ASYL auf der Bundesebene<br />

wurden Teil der größeren, mittlerweile europäischen und internationalen Menschenrechtsbewegung:<br />

Dazu gehörte die Mitarbeit im Europäischen Flüchtlingsrat, die Zusammenarbeit<br />

mit dem Forum Menschenrechte, mit dem Deutschen Frauenrat, mit der National Coalition,<br />

dem Zusammenschluss von mittlerweile 100 Kinderschutzorganisationen und –initiativen, dem<br />

es um die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention ging. Auch die Beteiligung bei der globalisierungskritischen<br />

Organisation ATTAC gehörte zum Spektrum intensiv gepflegter Zusam-<br />

44 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />

25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />

menarbeit. Eine ganz besondere Rolle spielte für PRO ASYL naturgemäß die Kirchenasylbewegung<br />

mit ihrem Einsatz gegen unmenschliche Abschiebungen.<br />

Die größere Beachtung, die die Themen Flüchtlinge und Fremdenfeindlichkeit bei den Gewerkschaften<br />

gefunden haben, hatte auch für die Zusammenarbeit mit PRO ASYL Konsequenzen.<br />

Das galt für den Deutschen Gewerkschaftsbund als Zusammenschluss aller Einzelgewerkschaften<br />

auf Bundes- und Bezirksebene wie auch etwa für die Industriegewerkschaft Metall,<br />

die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft und die Gewerkschaft der Polizei. Dabei<br />

stellten die mächtigen Organisationen ihre früheren Bedenken zurück, mit Bürgerrechtsbewegungen<br />

wie etwa PRO ASYL, die vom Organisationsgrad, von der Struktur und den Mitgliederzahlen<br />

mit den Gewerkschaften so vergleichbar waren wie der Elefant und die Maus, zu<br />

kooperieren.<br />

Die Demontage des Grundrechts auf <strong>Asyl</strong><br />

Nach der deutschen Wiedervereinigung kommt es mit Beginn der 90er Jahre zu einer Eskalation<br />

fremdenfeindlich motivierter Gewalttaten. Menschen werden auf offener Straße überfallen,<br />

Wohnungen von Ausländern und <strong>Asyl</strong>bewerbern in Brand gesteckt. 1992 werden nach offiziellen<br />

Angaben 17 Menschen Todesopfer rechtsextremistischer Gewalttaten.<br />

Am 20. September 1991 greifen in Hoyerswerda Rechtsextremisten ein <strong>Asyl</strong>bewerberwohnheim<br />

an, wobei etwa 30 Menschen verletzt werden. Im August 1992 kommt es in Rostock zu<br />

schweren, gewalttätigen Ausschreitungen gegen Ausländer: Am 24. August zünden rechtsextremistische<br />

Jugendliche nachts einen Wohnblock an, in dem hauptsächlich Vietnamesen leben<br />

und erhalten dafür von umstehenden erwachsenen Sympathisanten Beifall. Von der Polizei<br />

werden sie nicht behindert. Die ausländerfeindlichen Brandanschläge lösen weltweit ebenso<br />

wie bei der Mehrheit der deutschen Bevölkerung Entsetzen aus. Am 8. November 1992 demonstrieren<br />

in Berlin etwa 350.000 Menschen gegen Ausländerhass und Fremdenfeindlichkeit.<br />

In vielen Städten bekunden die Menschen mit Lichterketten ihre Solidarität mit den Ausländern.<br />

Zu solchen Kundgebungen kommt es auch nach den Brandanschlägen in Mölln, am 22./23.<br />

November 1992 auf von Personen türkischer Herkunft bewohnte Häuser, drei Türkinnen sterben.<br />

In diesem Klima wird die Diskussion um das Grundrecht auf <strong>Asyl</strong> in unserer Verfassung immer<br />

hitziger. Um die wachsende Zahl von <strong>Asyl</strong>bewerbern zu begrenzen, will die Koalition aus CDU/<br />

CSU und FDP das Grundrecht auf <strong>Asyl</strong> in der Verfassung ändern.<br />

Für PRO ASYL war dies wohl die größte Herausforderung seit Bestehen. Der Widerstand gegen<br />

eine Grundrechtsänderung wuchs in der Bürgerrechtsbewegung. Immer mehr Menschen<br />

wurden durch die öffentliche Diskussion, an die sich PRO ASYL mit allen zu Gebot stehenden<br />

friedlichen Mitteln beteiligte, aufmerksam auf die Flüchtlingsfrage. Immer mehr Menschen<br />

nahmen an Demonstrationen teil, unterstützten Kampagnen und stellten sich auf die Seite der<br />

Flüchtlinge.<br />

Auf dem Höhepunkt dieser Auseinandersetzung fand am 3. Oktober 1992 eine Großdemonstration<br />

im Bonner Hofgarten gegen Rassismus und für das Grundrecht auf <strong>Asyl</strong> mit weit über<br />

100.000 Menschen statt. Sie war organisiert worden vom Bonner Netzwerk Friedenskooperative.<br />

U.a. traten die „Toten Hosen" aus Düsseldorf auf. Gerade von einer Welttournée zurückgekehrt,<br />

waren sie schockiert darüber, dass inzwischen Molotowcocktails und Baseballschläger<br />

das Verhältnis zu Ausländern und Flüchtlingen prägte. Mit den Toten Hosen hat sich übrigens<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

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25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />

Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />

im Laufe der Zeit eine ausgezeichnete Zusammenarbeit entwickelt bis zu einer gemeinsamen<br />

CD und einem Link auf deren homepage, über der das Logo des skelettierten Bundesadlers<br />

schwebte. Bei der Demo war dem Sprecher von PRO ASYL das Schlusswort und zwar nach<br />

dem fulminanten Auftritt des Sängers Herbert Grönemeyer zugefallen. Mit knappen Sätzen<br />

wurde der bundesdeutsche Verfassungsschutz auf´s Korn genommen. Dieser kümmere sich<br />

um alles andere, nur nicht um die Verfassung. Deswegen seien wir als Bürgerinnen und Bürger<br />

unmittelbar aufgerufen. Stakkato brüllte der Sprecher ins Mikrofon: „Wir - sind – der – Verfassungsschutz!".<br />

Einen Monat später versammelten sich wieder zahlreiche Demonstranten unter Beteiligung<br />

von PRO ASYL vor der Beethovenhalle. Hier fand der außerordentliche Parteitag der SPD zum<br />

<strong>Asyl</strong>recht statt. In der Beethovenhalle sprach unter u.a. Erhard Eppler, langjähriger Vorsitzenden<br />

der Grundwertekommission der SPD (1973-1992). Was der an flüchtlingsabwehrenden<br />

Bemerkungen von sich gab, löste manches ratlose Kopfschütteln aus. Nach ursprünglicher Ablehnung<br />

und heftigen innerparteilichen Kontroversen stimmte aber auch die SPD einer Grundgesetzänderung<br />

zu. Auch die Kirchen signalisierten ihr Einverständnis.<br />

Für PRO ASYL durfte und konnte es keine Änderung eines Grund- und Menschenrechts gehen.<br />

So lauteten auch die Argumente entsprechend:<br />

Im Grundgesetz stehen vier Worte wie gemeißelt: »Politisch Verfolgte genießen <strong>Asyl</strong>recht«.<br />

Damit erhielt der staatliche Schutz des Flüchtlings Verfassungsrang. Es war für ihn ein individuelles<br />

Grundrecht, das er bis zum Bundesverfassungsgericht einklagen konnte. Hintergrund<br />

war nicht nur die Vorstellung von der grundsätzlich gleichen Würde jedes Menschen und<br />

seiner Schutzwürdigkeit. Noch stärker war dieser Artikel eine historische Errungenschaft. Er<br />

wurde ohne Einschränkung und Vorbehalt in die bundesdeutsche Verfassung aufgenommen<br />

und zwar in den Grundrechtsteil, der über jede tagespolitische Veränderung erhaben war.<br />

Die Eltern des Grundgesetzes haben seinerzeit mit diesem Artikel eine moralische Konsequenz<br />

aus der nationalsozialistischen Diktatur ziehen wollen. Es war eine Art Dank an die<br />

Völkergemeinschaft für die Aufnahme Hunderttausender Flüchtlinge aus Hitlerdeutschland.<br />

Gleichzeitig war es aber auch die endgültige Absage an Diktatur, Diskriminierung, Folter,<br />

Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung von Menschen in Deutschland. Letztlich war es ein<br />

Protest gegen jedwede Gewaltherrschaft, wo immer sie in der Welt künftig auch ausgeübt werden<br />

sollte. Die Bundesrepublik hat mit diesem Artikel in Sachen Menschenrechte einen neuen<br />

Standard gesetzt. Der Staat sieht sich nicht nur im Sinne internationaler Menschenrechtskonventionen<br />

verpflichtet, Flüchtlinge aufzunehmen und zu schützen. Er gestaltet ihre Aufnahme<br />

zu einem Recht, das mit allen Rechtsweggarantien versehen ist.<br />

Im politischen Diskurs über das Grundrecht auf <strong>Asyl</strong> spielten solche Überlegungen kaum eine<br />

Rolle. Schließlich war es dem politischen Dauerfeuer gelungen, der Öffentlichkeit, auch der<br />

kirchlichen, zu vermitteln, man wolle ja das Grundrecht nicht antasten, sondern es nur vor<br />

Missbrauch schützen. Dabei ging es nur noch darum, die Bundesrepublik möglichst weitgehend<br />

zu entpflichten, Flüchtlinge aufzunehmen.<br />

Dann kommt der 26. Mai 1993, der Tag der Grundgesetzänderung. Eine riesige Menge blockiert<br />

den Bonner Bundestag. Die Abgeordneten erreichen nur per Schiff vom Rhein aus den<br />

Bundestag. PRO ASYL hat aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit nicht zur Blockade aufgerufen,<br />

aber ein symbolisches Spektakel vorgesehen. Zwei Schauspieler sollen als <strong>Asyl</strong>bewerber<br />

mit dem Fallschirm aus einem Kleinflugzeug abspringen und auf dem Flugplatzgelände Bonn-<br />

Hangelar vor einem „Beamten“ mit Schreibtisch ihren <strong>Asyl</strong>antrag stellen. Damit soll den Medien<br />

etwas zur Veranschaulichung der Grundgesetzänderung angeboten werden. Das Wochen-<br />

46 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />

25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />

blatt DIE ZEIT hatte unter den Worten des Jahres 1992 die PRO ASYL-Aussage aufgeführt,<br />

Flüchtlinge könnten künftig in der Bundesrepublik nur noch einen <strong>Asyl</strong>antrag stellen, wenn sie<br />

mit dem Fallschirm absprängen. Für das Happening liegt die behördliche Genehmigung vor.<br />

Offensichtlich ist aber das Bundesinnenministerium dagegen. Zwei Fahrzeuge des Bundesgrenzschutzes<br />

blockieren die Startbahn. Das ist Rechtsstaatlichkeit „pur"!<br />

Wichtigste Konsequenz der Änderung des <strong>Asyl</strong>rechts ist der Verlust des grundgesetzlichen<br />

<strong>Asyl</strong>schutzes für Flüchtlinge, die auf dem Landwege über ein Nachbarland einreisen. Sie werden<br />

zu "sicheren Drittstaaten" erklärt, in denen ein politischer Flüchtling auf Grund der Genfer<br />

Flüchtlingskonvention grundsätzlich bereits ausreichenden Schutz genießen kann.<br />

Die Hoffnung, das Bundesverfassungsgericht könne diese Grundgesetzänderung für ungültig<br />

erklären, erfüllte sich nicht. Am 14. Mai 1996 stellte es fest, dass mit der Änderung der Verfassung<br />

die Garantie eines Grundrechts auf <strong>Asyl</strong> für politisch Verfolgte aufrechterhalten worden<br />

sei. Gelichzeitig sei aber auch eine Grundlage für eine europäische Gesamtregelung geschaffen<br />

worden.<br />

Im Schatten der Grundgesetzänderung wurde aber auch das sogenannte <strong>Asyl</strong>bewerberleistungsgesetz<br />

verabschiedet. Während bisher die Leistungen der Sozialhilfe für <strong>Asyl</strong>bewerber<br />

durch das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geregelt waren, wird nun für diesen Personenkreis<br />

ein eigenes Gesetz geschaffen. Dabei ist eine deutliche Absenkung der bisherigen Leistungen<br />

für <strong>Asyl</strong>bewerber vorgesehen. Damit wird eine bestimmte Gruppe von Menschen aus der allgemeinen<br />

Sozialfürsorge ausgegrenzt und zwar zum Zwecke der Abschreckung und der Kostenersparnis.<br />

Vergleichbares geschah unter Hitler mit der jüdischen Bevölkerung.<br />

Am 5. Juni 1993 fand in Solingen, auch hier unter der Beteiligung von PRO ASYL, eine Kundgebung<br />

statt. Fünf türkische Frauen und Mädchen waren dem Brandanschlag von Rechtsextremen<br />

zum Opfer gefallen. "Die Flammen von Solingen beleuchten gespenstisch eine gescheiterte<br />

Ausländer- und <strong>Asyl</strong>politik!" hatten Heiko Kauffmann, damals noch Inlandsreferent des<br />

Kinderhilfswerks terre des hommes und PRO ASYL in einer gemeinsamen Stellungnahme zum<br />

Solinger Mord- und Brandanschlag erklärt und gemeint: Es sei zu befürchten gewesen, dass<br />

der jüngste <strong>Asyl</strong>beschluss des Bundestages in der rechten Szene als Signal für eine Art ethnischer<br />

Säuberung Deutschlands verstanden würde.<br />

Aktionsfeld Europa<br />

Aber nicht genug mit den Veränderungen des <strong>Asyl</strong>schutzes in Deutschland. Die Bundesregierung<br />

konzentriert sich jetzt auf weitere Einschränkungen im Rahmen der Europäischen Union.<br />

Damit stellt sich auch für PRO ASYL die Aufgabe, den eigenen Blick stärker auf Europa zu<br />

richten. Das geschieht vor allem durch die Mitarbeit im Europäischen Flüchtlingsrat (ECRE).<br />

Dies war ein Zusammenschluss von Flüchtlingsorganisationen aus den verschiedensten Ländern<br />

Europas. Ihre Aktivitäten, die auf die EU hin ausgerichtet waren, wurden von London aus<br />

koordiniert. ECRE stand dabei immer in engem Kontakt mit dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars<br />

der Vereinten Nationen in Genf. Diese Zusammenarbeit von PRO ASYL mit ECRE<br />

hat nicht nur den eigenen Horizont und den der <strong>Asyl</strong>initiativen nachhaltig verändert, sondern im<br />

Grunde auch das Wirkungsfeld für Kampagnen und Initiativen bis an die Grenzen der Europäischen<br />

Union und darüber hinaus erweitert.<br />

In diesem Zusammenhang spielte das Schengener Abkommen eine entscheidende Rolle. Es<br />

wurde am 14. Juni 1985 in der luxemburgischen Stadt Schengen beschlossen. Zentrales Anlie-<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

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25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />

Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />

gen war die Schaffung eines Europas ohne Binnengrenzen. Dass dies gelang, war sicher ein<br />

großer politischer Erfolg. Bei der Feier von 25 Jahre Schengen im vergangenen Jahr machte<br />

PRO ASYL allerdings auch auf die hässliche Kehrseite der Freizügigkeit im Schengenland, das<br />

mittlerweile 25 europäische Staaten umfasst, aufmerksam. Die Freizügigkeit ist teuer erkauft<br />

worden. Schengen war nicht die Geburtsstunde zur Öffnung der Binnengrenzen Europas, sondern<br />

der Startschuss zum Ausbau verschärfter Abschottung an den Außengrenzen. Motor dieser<br />

Entwicklung war Deutschland. Die Abwehr von Flüchtlingen und Migranten an den Grenzen<br />

des Schengen-Raumes bzw. der EU nahm immer mehr fast militärische Züge an. Über<br />

15.000 Flüchtlinge und Migranten – mehr als 10.000 allein im Mittelmeer und Atlantik - starben<br />

in den letzten zwei Jahrzehnten an den hochgerüsteten europäischen Außengrenzen.<br />

Schengen steht nämlich auch für die Einführung des Visumzwangs für inzwischen 135 Länder.<br />

Darunter sind vor allem Staaten, aus denen Menschen fliehen. Das tausendfache Sterben vor<br />

den Toren Europas ist untrennbar mit der Visumspflicht, dem „schärfsten Schwert des Ausländerrechtes“<br />

- O-Ton des früheren Bundesinnenministers Manfred Kanther (CDU) - verbunden.<br />

Schutzsuchenden wird der rettende Fluchtweg auf europäisches Territorium und damit der<br />

Zugang zu einem <strong>Asyl</strong>verfahren möglichst versperrt.<br />

Schengen bedeutet die nahezu lückenlose High Tech-Überwachung an den europäischen<br />

Außengrenzen und den Export von Abschottungstechnologien in die Nachbarregionen, um<br />

Flüchtlinge bereits weit vor Europas Grenzen zu stoppen. Die europäischen Abwehrmaßnahmen<br />

finden heute bereits in internationalen Gewässern im Mittelmeer und im Atlantik statt.<br />

Tausende Bootsflüchtlinge wurden seit 2006 von EU-Mitgliedstaaten gemeinsam mit der europäischen<br />

Grenzagentur FRONTEX völkerrechtswidrig abgefangen und zurückverfrachtet in<br />

west- und nordafrikanische Transitstaaten.<br />

Das Desaster von Griechenland und Nordafrika<br />

Im November 2010 hat PRO ASYL eine Presseerklärung vom 25.11.2010 über die Lage von<br />

Flüchtlingen in Griechenlands mit der Überschrift verbreitet: Die Würde des Menschen wird mit<br />

Füßen getreten. Bei einer Erkundungsreise in das krisengeschüttelte EU-Land stießen PRO<br />

ASYL und Tom Koenigs, der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte<br />

und humanitäre Hilfe, auf völlig überfüllte Haftlager, in denen selbst Familien mit Kindern und<br />

unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert<br />

sind. Eine wochenlange Inhaftierung unter Bedingungen, wo sich Menschen noch nicht einmal<br />

niederlegen können, um zu schlafen, ist menschenverachtend. Die Haftbedingungen stellten<br />

einen Verstoß gegen die europäische Menschenrechtskonvention dar: „Niemand darf der Folter<br />

oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden“.<br />

Schon früher hatte PRO ASYL feststellen müssen, dass es in Griechenland kein funktionierendes<br />

<strong>Asyl</strong>system gab und das Land sich weder fähig noch willens erwies, die vielen Flüchtlinge<br />

angemessen zu versorgen und ihre <strong>Asyl</strong>anträge zu bearbeiten.<br />

Statt einer weiteren Abschottung der Grenzen setzte sich PRO ASYL für ein Sofortprogramm<br />

in Deutschland und anderen europäischen Staaten zur Unterstützung von Flüchtlingen in dem<br />

überforderten Griechenland ein. Dazu gehören insbesondere die Aufnahme von unbegleiteten<br />

Flüchtlingskindern und Familien mit Kindern, die sich z.Zt. in Griechenland aufhalten. Außerdem<br />

forderte PRO ASYL eine Revision der Dublin II-Verordnung und eine europäische Gesamtlösung<br />

für den Schutz von Flüchtlingen. Hintergrund der Misere In Griechenland ist die in<br />

der Union geltende Dublin II – Verordnung. Darin ist geregelt, dass jeder <strong>Asyl</strong>suchende nur einen<br />

<strong>Asyl</strong>antrag innerhalb der Europäischen Union stellen darf, und zwar in dem Land, welches<br />

48 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />

25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />

er nach seiner Ankunft in Europa als erstes betritt. Stellt er einen <strong>Asyl</strong>antrag in einem anderen<br />

Land, kann er in das Einreiseland zurück geschoben werden.<br />

Bei einem kürzlichen Rundfunkgespräch im Deutschlandfunk setzt sich der Europareferent<br />

von PRO ASYL, Karl Kopp, mit der Seeblockade der EU im Mittelmeer gegenüber Flüchtlingen<br />

aus Nordafrika auseinander. In den letzten Wochen sind dort wenigstens 1.800 Menschen<br />

zwischen Libyen und Italien ertrunken. Kopp fragt: Wieso wird heute nicht jedes seeuntaugliche<br />

Boot, das etwa in Libyen mit Flüchtlingen startet, als in Seenot befindlich eingestuft<br />

Wieso fahren andere Schiffe an den überladenen Booten vorbei Wieso müssen Überlebende<br />

berichten, dass Militär- und Zivilschiffe vorbeigefahren sind, weggeschaut haben und keine<br />

Rettung eingeleitet haben Kopp, selbst über 20 Jahre im Flüchtlingsbereich tätig, konnte es<br />

sich bislang nicht vorstellen, dass man Menschen wochenlang auf dem Mittelmeer treiben, sie<br />

verdursten und sterben lässt, ohne einen Rettungsversuch zu machen. Kopp betrachtet dies<br />

als den größten Menschenrechtsskandal in der europäischen Flüchtlingspolitik. Konkret müsste<br />

Europa dafür sorgen, dass u.a. eritreische, somalische und sudanesische Flüchtlinge, die<br />

zu Tausenden in den Flüchtlingslagern Tunesiens dahinvegetieren, in der EU aufgenommen<br />

würden, so dass sie nicht auf seeuntauglichen Schiffen ihr Leben riskieren müssten.<br />

Die Frage, ob eine andere Flüchtlingspolitik nicht nach einer besseren Entwicklungspolitik ruft,<br />

zeigt einer Flüchtlingsorganisation wie PRO ASYL die Grenzen ihres Einflusses. Resigniert<br />

stellt Karl Kopp in dem Interview fest: Alle bisherigen Konzepte der EU seien gescheitert, sie<br />

hätten nur zu einem moralischen Bankrott geführt. Man habe die Diktatoren wie etwa Gaddafi<br />

unterstützt, habe ihnen viel Geld in die Hand gegeben für Flucht- und Migrationskontrolle, und<br />

habe sich dabei nicht um die Menschenrechte gekümmert.<br />

Für PRO ASYL gibt es nach 25 Jahren keinen Grund zu jubilieren. Die Europäische Union<br />

lässt Flüchtlinge im Mittelmeer, aber auch im Atlantik versinken und versenkt damit die Grundlagen<br />

einer Gemeinschaft, die sich den Menschenrechten verpflichtet fühlt. PRO ASYL ist es<br />

über ein Vierteljahrhundert hinweg nicht gelungen, sich gleichsam überflüssig zu machen.<br />

Damit besteht für die bundesweite Arbeitsgemeinschaft und die mit Flüchtlingen solidarischen<br />

Menschen und Organisationen aller Grund, weiterzumachen, und zwar auf unabsehbare Zeit.<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

49


Meldepflicht<br />

Caritas begrüßt Einschränkung der Übermittlungspflichten<br />

Caritas begrüßt Einschränkung der Übermittlungspflichten<br />

Neue Perspektive für Kinder und Jugendliche in der Illegalität<br />

Berlin, 08. Juli 2011. Der Deutsche Caritasverband (DCV) begrüßt die heutige Entscheidung<br />

des Bundestages, Kindern und Jugendlichen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität den Schulbesuch<br />

zu erleichtern. „Endlich bekommen diese Kinder und Jugendlichen eine Perspektive“,<br />

so Caritas-Präsident Peter Neher.<br />

Bisher waren alle öffentlichen Bildungs- und Erziehungseinrichtungen verpflichtet, die Ausländerbehörden<br />

zu informieren, wenn sie von Menschen erfuhren, die illegal in Deutschland<br />

leben. Diese sogenannte Übermittlungspflicht führte bei den betroffenen Kindern und deren<br />

Eltern zu erheblichen Unsicherheiten. Viele der betroffenen Kinder und Jugendlichen gingen<br />

beispielsweise aus Angst vor Aufdeckung des fehlenden Aufenthaltsstatus nicht zur Schule.<br />

„Seit Jahren hat die Caritas gefordert, dass Bildungseinrichtungen von dieser Übermittlungspflicht<br />

ausgenommen werden“, betont Neher. Es sei erfreulich, dass diese Regelung jetzt nicht<br />

nur für Schulen, sondern auch für Kindergärten, Kindertagesstätten und kinder- und jugendtherapeutische<br />

Einrichtungen gelten soll.<br />

„Die betroffenen Kinder und Jugendlichen haben selbst keinen Einfluss auf ihre Lebenssituation.<br />

Wenn ihnen auf Dauer der Zugang zu Bildung verweigert wird, hat dies gravierende<br />

Auswirkungen auf ihre Chancen im Leben“, so Neher. Somit habe der Bundestag einen längst<br />

fälligen Schritt getan.<br />

Die Übermittlungspflichten öffentlicher Stellen waren als Instrument der internen Migrationskontrolle<br />

gedacht gewesen. Tatsächlich erfüllen sie diese Aufgabe nur in seltenen Fällen. Vielmehr<br />

führen sie dazu, dass Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität den Kontakt mit<br />

öffentlichen Stellen meiden, um nicht entdeckt zu werden und so einer drohenden Ausweisung<br />

zu entgehen. Dies führt dazu, dass die Übermittlungspflichten den Betroffenen faktisch den<br />

Zugang zu elementaren Lebensbereichen wie z. B. Gesundheitsversorgung, Rechtsschutz und<br />

auch Bildung verwehren. Auch hier muss der Gesetzgeber noch eine Lösung finden.<br />

Kontakt: Tobias Mohr, Referent Migration und Integration, Telefon: 0761 200475, E-Mail: tobias.mohr@caritas.de<br />

50 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


SWR: „Erleichterung für Kinder von illegalen Migranten“<br />

Meldepflicht<br />

Erleichterung für Kinder von illegalen Migranten - SWR Inter...<br />

http://www.swr.de/international/de/-/id=233334/vv=print/pv=...<br />

Druckversion<br />

Schule<br />

Erleichterung für Kinder von illegalen Migranten<br />

Schulen müssen Kinder von Zuwanderern ohne Aufenthaltsstatus künftig nicht mehr an die<br />

Ausländerbehörden melden. Der Bundestag beschloss eine entsprechende EU-Richtlinie.<br />

In Deutschland gibt es eine Meldepflicht für die Öffentlichen<br />

Stellen. Diese Pflicht wird nun für Schulen und<br />

Kinderbetreuungseinrichtungen aufgehoben. Einwanderer, die<br />

ohne Papiere in Deutschland, konnten ihre Kinder aus Angst<br />

vor einer Abschiebung nicht in die Schule schicken. Experten<br />

schätzen die Zahl der illegalen ins Land eingewanderten<br />

Menschen auf mehrere hunderttausend.<br />

Kinder von illegalen Einwanderern<br />

können ohne Angst eine Schule<br />

besuchen<br />

Unterschiedliche Reaktionen aus der Politik<br />

Die Grünen und die Linksfraktion lehnten den Antrag ab, weil<br />

er ihnen nicht weit genug geht. Die SPD enthielt sich der<br />

Stimme. Der gut gemeinte Schritt werde wegen<br />

inkonsequenter Regelungen "ins Leere laufen", sagte der<br />

Migrations-Experte der grünen Fraktion, Josef Winkler.<br />

´Kritiker bemängeln, dass bei Krankheiten, Schwangerschaften und Unfällen die Ärzte ihrer Meldepflicht<br />

nachkommen müssten. So besteht für Menschen ohne Papiere und damit für ihre Kinder das Risiko<br />

entdeckt zu werden. Aber auch für Ärzte, die verpflichtet seien Menschen überhaupt zu helfen.<br />

Kirchen: Beschluss umsetzen ohne weitere Hürden<br />

Die Kirchen und Flüchtlingsorganisationen hatten seit Jahren gefordert, die Übermittlungspflichten<br />

abzuschaffen. Der Vorsitzende der Migrationskommission der Bischofskonferenz, Bischof Norbert Trelle,<br />

rief die Bundesländer auf, den Schulbesuch "statusloser Kinder" nun auch praktisch zu ermöglichen. So<br />

sei sicherzustellen, dass sie bei der Anmeldung keine behördlichen Bescheinigungen vorlegen müssten.<br />

Der Deutsche Caritasverband (DCV) würdigte ebenfalls den Bundestagsbeschluss. „Endlich bekommen<br />

diese Kinder und Jugendlichen eine Perspektive“, so DCV-Präsident Peter Neher. (epd/KNA/SWR<br />

International)<br />

Letzte Änderung am: 08.07.2011, 14.52 Uhr<br />

URL: http://www.swr.de/international/de/-/id=233334/nid=233334/did=8295708/zkopml/index.html<br />

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<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

51


Erlasse<br />

MIFKJF: Bildungs- und Teilhabepaket <strong>Asyl</strong>bewerber<br />

52 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


MIFKJF: Bildungs- und Teilhabepaket <strong>Asyl</strong>bewerber<br />

Erlasse<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

53


Erlasse<br />

Justizministerium SH: Aussetzung Abschiebungen Jemen<br />

54 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Justizministerium SH: Aussetzung Abschiebungen Jemen<br />

Erlasse<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

55


Rechtssprechung<br />

Urteile des VG Trier<br />

Rechtssprechung<br />

VG Trier: Verfolgung bei Verstoß gegen Ein-Kind-Politik<br />

Urteil vom 23.03.2011 -5 K 1181/10.TR - (6 S., M18576)<br />

Flüchtlingsanerkennung einer Mutter von zwei Kindern, da in China beachtlich wahrscheinliche<br />

Gefahr einer Nötigung zur Zwangssterilisation wegen Verstoßes gegen die Ein-Kind-Politik<br />

besteht.<br />

VG Trier: Zur Begründung eines Dublin-Bescheids<br />

Urteil vom 18.05.2011 - 5 K 198/11. TR - (8 S., M18604)<br />

Aufhebung eines Dublin-Bescheids, da dieser nicht ausreichend begründet ist (Beginn und<br />

Ende der Überstellungsfrist werden nicht mitgeteilt).<br />

VG Trier: Krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot<br />

Urteil vom 28.7.2011 - 5 K 396/11.TR - (12 S., M18873)<br />

gemäß §60 Abs. 7 S. 1 AufenthG (arterielle Hypertone, Adopositas) wegen fehlender Finanzierbarkeit<br />

der erforderlichen Medikamente (vgl. zur selben Entscheidung nachfolgenden Fall).<br />

VG Trier: Flüchtlingsanerkennung im <strong>Asyl</strong>folgeverfahren wegen Exilpolitik.<br />

Urteil vom 21.6.2011 - 1 K 457/11.TR - (11 S. M18805)<br />

Kein Ausschluss wegen subjektiver Nachfluchtgrüne (§28 Abs.2 <strong>Asyl</strong>VfG)<br />

56 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


PM MIFKJF: „Der etwas andere erste Schultag“<br />

Verschiedenes<br />

MINISTERIUM FÜR INTEGRATION, FAMILIE, KINDER,<br />

JUGEND UND FRAUEN<br />

Mainz, 5. August 2011<br />

Nr. 034<br />

Verantwortlich (i.S.d.P.)<br />

Astrid Eriksson<br />

Pressesprecherin<br />

Telefon 06131 16-5632<br />

Pressestelle@mifkjf.rlp.de<br />

Integration<br />

Der etwas andere erste Schultag – ein Projekt auf Erfolgskurs<br />

Mainz, 5. August 2011 __ Kinder von <strong>Asyl</strong>bewerbern haben in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> ab<br />

dem ersten Tag die Möglichkeit, sich auf den Besuch einer Kindertagesstätte oder<br />

Schule vorzubereiten. Das Projekt „Fit für Kita und Schule“ nimmt die Kinder in der<br />

Aufnahmeeinrichtung für <strong>Asyl</strong>begehrende (AfA) Trier an die Hand und bietet nicht nur<br />

Sprachunterricht, sondern auch führt sie auch an die hier üblichen Lebens- und Lernformen<br />

heran. Nach ihrer Ankunft in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> leben <strong>Asyl</strong>bewerber mit ihren<br />

Familien zunächst maximal drei Monate lang in der AfA Trier, bevor sie dann in eine<br />

Kommune umziehen, wo die Kinder reguläre Kindertagesstätten, beziehungsweise<br />

Schulen besuchen.<br />

Viele dieser Kinder haben in ihren Heimatländern und auf der Flucht traumatische Erfahrungen<br />

gemacht, sie haben Angehörige verloren oder sind von diesen getrennt<br />

worden. „Neben der Vermittlung von schulischem Wissen möchten wir deshalb den<br />

Kindern einen Raum anbieten, wie sie sich aufgehoben und sicher fühlen,“ erklärt<br />

Staatssekretärin Margit Gottstein. „Kinder sind neugierig und sie wollen ihre Umgebung<br />

erkunden und lernen. Das wollen wir ihnen vom ersten Tag an ermöglichen.“<br />

Der Sozialdienst der AfA bietet das Projekt „Fit für Kita und Schule“ bereits seit März<br />

2009 an und bindet auch die Eltern in seine Arbeit ein. Dadurch soll einerseits die<br />

Kommunikation zwischen Eltern und Kindern gefördert werden und andererseits der<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

1/2<br />

57


Verschiedenes<br />

PM MIFKJF: „Der etwas andere erste Schultag“<br />

Dialog zwischen Eltern und Schule, beziehungsweise Kindertagesstätte. Die Teilnahme<br />

ist freiwillig.<br />

„In jedem Land dieser Erde gelten andere Regeln und Gepflogenheiten in Kindergarten<br />

und Schule. Daher ist es enorm wichtig, den Familien das hier übliche System zu<br />

erklären, damit sie sich darin zurechtfinden,“ so Staatssekretärin Margit Gottstein. „Die<br />

gute Resonanz auf „Fit für Schule und Kita“ gibt uns Recht: die Kinder und Jugendlichen<br />

sind begeistert dabei, sie sind hochmotiviert zu lernen und dementsprechend mit<br />

Feuereifer dabei.“<br />

58 2/2<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Auszüge Bericht „Vollzugsdefizite“ der AG Rück<br />

Verschiedenes<br />

Auszug aus dem Bericht Vollzugsdefizite der „AG Rück“<br />

Der Vollständige Bericht findet sich unter: http://tinyurl.com/Bericht-AGRueck<br />

Trier<br />

Clearingstelle<br />

Vollzugsdefizite<br />

Ein Bericht über die Probleme bei der praktischen Umsetzung von ausländerbehördlichen<br />

Ausreiseaufforderungen<br />

Trier, im April 2011<br />

Vorbemerkung:<br />

Angestoßen durch die wechselseitige Diskussion zwischen dem Bundesamt für Migration und<br />

Flüchtlinge (BAMF) und den Ländern über die jeweils verbesserungsbedürftige Erfüllung der<br />

Aufgaben mit Bezug auf die Rückführungspraxis wurde die bestehende Unterarbeitsgruppe<br />

(UAG) BAMF-Länder von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Rückführung (AG Rück) beauftragt,<br />

innerhalb dieser UAG entsprechende Praxisfragen und Erfahrungen aufzuarbeiten.<br />

Die UAG setzte sich aus Vertretern oberster Landesbehörden (Mitglieder der AG Rück) und<br />

Clearingstellen der Länder BW, BY, BE, HH, NI, NRW und RP und Vertretern der Bundespolizei<br />

(BPol) (BMI -BI2- und BPolP) zusammen. Die Federführung oblag dem Vorsitz der Clearingstellentagung<br />

Passersatzbeschaffung.<br />

Die Existenz von Vollzugsdefiziten ist nicht zu leugnen. Eine Auswertung des Ausländerzentralregisters<br />

beispielsweise für die Jahre 2009 und 2010 ergibt bei den abgelehnten <strong>Asyl</strong>bewerbern<br />

ohne die Zahlen für Iran, Irak und Afghanistan (weil dorthin keine nennenswerten Rückführungen<br />

erfolgen) folgendes Bild:<br />

In den beiden genannten Jahren erhielten insgesamt 26.764 (2009 = 10.376 und 2010 =<br />

16.388) Personen nach negativ abgeschlossen <strong>Asyl</strong>verfahren eine Ausreiseaufforderung mit<br />

einer Frist zur freiwilligen Ausreise innerhalb von 2 Wochen oder innerhalb eines Monats mit<br />

Abschiebungsandrohung für den Fall der Nichtbefolgung der Ausreisepflicht. Davon sind zum<br />

Stand 28.02.2011 von den Personen aus 2009 = 680 (6,6%) und aus 2010 = 1.495 (9,1%)<br />

Personen mit Fortzug ins Ausland registriert und 2009 = 974 (9,4%) und 2010 = 930 (5,7%)<br />

Personen als abgeschoben registriert. Eine nachweisliche Beendigung des Aufenthaltes durch<br />

Ausreise oder Abschiebung hat demnach in 2009 lediglich in einer Größenordnung von 15,9%<br />

und in 2010 von 14,8% stattgefunden.<br />

Die UAG hat in dem nachstehenden Bericht versucht, die wesentlichen Vollzugsprobleme aus<br />

Sicht der Praxis zu definieren und darzustellen, diese soweit wie möglich und nötig mit Zahlen<br />

und Fakten zu versehen (überwiegend nur als partielle Hinweise, weil hier ein bundesweites<br />

Datenmaterial zumeist nicht existiert) und Vorschläge zur Lösung oder Verbesserung der besprochenen<br />

Problemfelder zu beschreiben.<br />

....<br />

Die in der Praxis festzustellende unzureichende Umsetzung ist neben den bereits genannten<br />

Problemfeldern aber auch zu einem nicht geringen Teil Ergebnis politischen und gesellschaftlichen<br />

Einflusses oder Verhaltens, der hier vorab beschrieben werden soll:<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

59


Verschiedenes<br />

Auszüge Bericht „Vollzugsdefizite“ der AG Rück<br />

Teil A - Einflussnahme von politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

auf den Abschiebungsvollzug<br />

Natürlich kann nicht jede Rückkehrentscheidung auch vollzogen werden. Dass die Zahl der<br />

tatsächlich Rückgeführten aber derart eklatant von der Anzahl der getroffenen Rückführungsentscheidungen<br />

abweicht, liegt nicht nur an den getroffenen Bleiberechtsentscheidungen (z.B.<br />

aus humanitären Gründen) oder an den mehr oder weniger dauerhaften Vollzugshindernissen<br />

(siehe Teil B), sondern ist auch auf die von der Politik bzw. den Politikern gesetzten und auf die<br />

gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zurück zu führen.<br />

Als gesellschaftspolitische Entwicklungen ist zu verzeichnen, dass man sich sowohl im Einzelfall<br />

als auch gruppenbezogen immer häufiger und stärker gegen die zwangsweise Beendigung<br />

der Aufenthalte ausreisepflichtiger Ausländer wendet. Interessierte Kreise haben es verstanden,<br />

ein funktionierendes länderübergreifendes Netzwerk aufzubauen, mit dem auf allen<br />

Ebenen in ihrem Sinne Einfluss ausgeübt wird. Sehr gute Kontakte zu Printmedien und auch<br />

zu TV-Sendern werden genutzt, um behördliches Handeln zu desavouieren und als inhuman<br />

anzuprangern. Die Berichterstattung ist vielfach tendenziös und schreckt auch vor der Verbreitung<br />

gezielter Unwahrheiten nicht zurück. Behördliche Bestrebungen um Klarstellung werden<br />

ignoriert. Eine objektive Berichtserstattung findet nur selten statt. Von der bereits seit langem<br />

bestehenden Verpflichtung zur Ausreise nach langjährigen stets abschlägig verlaufenden und<br />

zum wiederholten Male durchgeführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch alle Instanzen<br />

wird ebenso wenig berichtet, wie von der Tatsache, dass eine Aufenthaltsbeendigung zunächst<br />

vielfach an dem Verhalten des Betroffenen scheiterte. Rechtsstaatliches Verwaltungshandeln<br />

wird hier unter dem Deckmantel vermeintlicher Humanität als etwas „Anrüchiges“<br />

betrachtet. In keinem anderen Rechtsgebiet ist eine vergleichbare Positionierung festzustellen.<br />

Es käme z.B. niemand ernsthaft auf die Idee, jemanden der 10 Jahre lang erfolgreich Steuern<br />

oder Sozialabgaben hinterzogen hat, aus „humanitären Gründen“ eine Steuerlass zu gewähren<br />

oder jemandem nach 10 Jahren unfallfreien Fahrens ohne Fahrerlaubnis allein aus dieser<br />

Tatsache eine Fahrerlaubnis zu gewähren.<br />

....<br />

Die getroffenen Feststellungen und Entscheidungen in den vorangegangenen asyl- und ausländerrechtlichen<br />

wie auch gerichtlichen Verfahren werden bei den Interventionen im laufenden<br />

Abschiebungsvollzug auch in der öffentlichen Wahrnehmung meist völlig ausgeblendet. In<br />

den Vordergrund werden nur noch die Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet die damit unterstellte<br />

faktische Integration, eine behauptete Perspektivlosigkeit bzw. die schlechteren Lebensbedingungen<br />

im Heimatland gestellt. Jede Form von Restriktion zur Herstellung der Ausreisebereitschaft<br />

oder zur Erfüllung der dem Ausländer obliegenden gesetzlichen Verpflichtungen wird als<br />

menschenunwürdig oder gar als menschenrechtsverletzend gebrandmarkt, um dadurch unter<br />

Berufung auf ein quasi höheres Recht die Rechtmäßigkeit jedes Verwaltungshandelns zu desavouieren<br />

und ein moralisches Widerstandsrecht zu begründen.<br />

In diesem Spannungsfeld - nämlich zwischen der Umsetzung gesetzlicher und gerichtlich<br />

bestätigter Ausreiseentscheidungen - und gegenläufiger Tendenzen in Politik und Gesellschaft,<br />

Gnade vor Recht im Einzelfall oder auch gruppenbezogen walten zu lassen - bewegt sich die<br />

Arbeit der Ausländerbehörden. Die Kluft zwischen rechtmäßigem Verwaltungshandeln und<br />

(gesellschafts-)politischen Ansprüchen und Erwartungen vergrößert sich zunehmend. Die Mitarbeiter<br />

der Ausländerbehörden müssen zunehmend konstatieren, dass sich Ausreiseverpflichtungen<br />

allenfalls noch bei Straftätern und/oder Terrorverdächtigen mit dem gebotenen Rückhalt<br />

durchsetzen lassen.<br />

60 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011


Auszüge Bericht „Vollzugsdefizite“ der AG Rück<br />

Verschiedenes<br />

Nach den Erfahrungen der Praxis tut sich die Politik oft schwer damit, Rückführungsentscheidungen<br />

offensiv zu vertreten, da dadurch in der öffentlichen Meinung ein zumeist negatives<br />

Image entstehen könnte. Stattdessen werden im Gefolge des medialen „mainstreams“ regelmäßig<br />

Integrations- und Legalisierungsdiskussionen geführt, ohne die Öffentlichkeit auf die<br />

Problematik der selbstverschuldeten Abschiebungshindernisse und die notwendigen ordnungsrechtlichen<br />

Konsequenzen hinzuweisen.<br />

....<br />

Je nach politischer Konstellation der regierenden Parteien werden die Hürden für die Ausländerbehörden<br />

beim Vollzug oft durch interne Weisungen und entsprechende Erlassregelungen<br />

über bspw. besondere Prüfungsvorgaben höher und höher gehangen und dadurch aufenthaltsbeendende<br />

Maßnahmen immer mehr erschwert.<br />

Es ist aber nicht nur die Landes- und Bundespolitik, deren Unterstützung bei der Rückführung<br />

vielfach vermisst wird. Allgemein bekannt ist auch die Einflussnahme durch die Lokalpolitik auf<br />

kommunaler Ebene. Da gibt es den Bürgermeister oder Landrat, der wegen des drohenden<br />

Imageschadens aber auch angesichts nahender Kommunalwahlen in den Medien nicht in Verbindung<br />

mit Abschiebungen gebracht werden möchte oder aus eigener politischer Anschauung<br />

dem Abschiebungsvollzug seiner Ausländerbehörde den Rückhalt versagt. Landes- wie Kommunalpolitiker<br />

brechen eingeleitete Vollzugsmaßnahmen bei entsprechendem Druck immer<br />

wieder in letzter Minute ab, um den Aufenthalt rechtsgrundlos weiter zu dulden, wohl wissend,<br />

dass die Aufsichtsbehörden regelmäßig nicht einschreiten. Betrachtet man die Kostenseite<br />

dieses Verhaltens, stellen die entstandenen Flug- Stornokosten noch den geringsten Anteil dar.<br />

Dabei ist es durchaus zu begrüßen, dass das weiterentwickelte Aufenthaltsrecht in humanitär<br />

schwierig gelagerten Fällen gute Lösungsmöglichkeiten bietet. Mit Sorge wird allerdings die<br />

Tendenz betrachtet, ein Aufenthaltsrecht allein aufgrund einer bestimmten Aufenthaltsdauer<br />

im Bundesgebiet zu gewähren und die dafür notwendigen Integrationsleistungen immer mehr<br />

zu relativieren. Es besteht die Gefahr, dass die Gewährung eines Aufenthaltsrechts nicht mehr<br />

von der Einhaltung bestimmter Regeln abhängt, sondern sich diese Regeln umgekehrt an der<br />

Verweigerungshaltung des zur Ausreise verpflichteten Ausländers orientieren. Dies führt letztlich<br />

dazu, dass der gesetzestreue Ausländer, der seiner Ausreiseverpflichtung nach Abschluss<br />

eines rechtstaatlichen Verfahrens nachkommt, der Dumme ist.<br />

Um prekären Vollzugsmaßnahmen aus dem Weg zu gehen wird vielfach von den humanitären<br />

Lösungsmöglichkeiten in fragwürdiger Weise Gebrauch gemacht. Die Fallkonstellationen, in<br />

denen humanitäre Lösungen zum Tragen kommen, sind für die Ausländerbehörden kaum noch<br />

berechenbar. Oft wird ein humanitäres Aufenthaltsrecht nur gewährt, um den Vorgang abzuschließen.<br />

Bei den ausreisepflichtigen Ausländern wie auch in der Öffentlichkeit verfestigt sich<br />

der Eindruck, dass der Vollzug nur lange genug verhindert werden muss, um in den Genuss<br />

eines Bleiberechts zu kommen. Es herrscht demzufolge mittlerweile vielfach der Eindruck vor,<br />

dass die Ausländerbehörden nach freiem Ermessen über Aufenthaltsgewährung entscheiden<br />

könnten und man nur genügend Druck machen muss, um zu einem positiven Ergebnis zu<br />

kommen.<br />

<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />

61


Termine<br />

Termine<br />

30.09.2011 Internationaler Tag des Flüchtlings<br />

„Europas Außengrenzen – Mauern verletzen Flüchtlingsrechte“<br />

mehr unter http://interkulturellewoche.de/Tag des Fluechtlings.html<br />

http://www.proasyl.de/de/themen/downloads/fluechtlingstag-hefte/<br />

25.10.2011 Gemeinsame Tagung des BAMF und der Diakonie <strong>Rheinland</strong>-Westfalen-Lippe<br />

„Kinder und Jugendliche auf der Flucht – Perspektiven in Deutschland“<br />

in Bad Münster am Stein - Ebernburg Anmeldung bis spätestens 29.9.2011 bei:<br />

Diakonie <strong>Rheinland</strong>-Westfalen-Lippe e.V.<br />

Herrn Stefan Horn<br />

Telefon 0211 6398-375<br />

E-Mail s.horn@diakonie-rwl.de<br />

10.11.2011 Plenum des <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong> in Bad Kreuznach<br />

weitere Informationen folgen in einem Rundschreiben<br />

Der <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> ist eine regemäßig (4-5 mal jährlich) erscheinende Broschüre,<br />

in der alle relevanten Urteile, Erlasse, wichtige Informationen und ähnliches rund um<br />

das Thema <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> abgedruckt sind.<br />

Gegen eine Unkosten-Pauschale von 30€ im Jahr können Sie sich den <strong>Infodienst</strong> bestellen.<br />

Porto und Verpackung ist in dem Betrag schon eingerechnet.<br />

62 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011

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