Infodienst #89 - Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz
Infodienst #89 - Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz
Infodienst #89 - Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> September 2011<br />
Was wird aus der<br />
Graphik: M. Brunner<br />
Abschiebehaft Ingelheim<br />
<strong>Infodienst</strong> des <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Ausgabe Nr. 89, September 2011
Impressum<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong><br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
Postfach 2851<br />
55516 Bad Kreuznach<br />
Tel: 0671 / 84 59 15 - 2<br />
Fax: 0671 / 84 59 15 - 4<br />
E-Mail: info@asyl-rlp.org<br />
Homepage: www.asyl-rlp.org<br />
Koordinierungsgruppe:<br />
Malteser Hilfsdienst Mainz<br />
Behrouz Asadi<br />
Jägerstraße 37<br />
55131 Mainz<br />
Tel.: 061 31 / 22 60 42<br />
Fax: 06131 / 23 04 13<br />
Mobil: 01 71 / 22 79 232<br />
E-Mail: fbmainz@aol.com<br />
Diakonisches Werk <strong>Pfalz</strong><br />
Manfred Asel<br />
Karmeliterstraße 20<br />
67342 Speyer<br />
Tel.: 062 32 / 66 42 62<br />
Fax: 062 32 / 66 41 30<br />
E-Mail: manfred.asel@diakonie-pfalz.de<br />
Diakonisches Werk im<br />
Kirchenkreis Altenkirchen<br />
Kirsten Liebmann, Dipl. Sozarb.<br />
Tel.: 026 81 / 80 08 - 20<br />
Fax: 026 81 / 80 08 - 82<br />
E-Mail: info@diakonie-altenkirchen.de<br />
Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises<br />
Beauftragter für Migration und Integration<br />
Jürgen Pirrong<br />
Insel Silberau 1<br />
56130 Bad Ems<br />
Tel.: 026 03 / 972 217<br />
Fax: 026 03 / 972 6217<br />
E-Mail: juergen.pirrong@rhein-lahn.rlp.de<br />
Flüchtlingsrat Mainz<br />
Bernd Drüke<br />
Kurhausstraße 8<br />
55543 Bad Kreuznach<br />
0671/84 59 152<br />
spunkt@gmx.de<br />
AWO <strong>Rheinland</strong><br />
Fachdienst für Migration und Integration<br />
Pierrette Onangolo<br />
Leibnizstr. 47<br />
55118 Mainz<br />
Tel.: 06131 / 670091<br />
Fax.: 06131 / 616004<br />
Pierrette.Onangolo@AWO-<strong>Rheinland</strong>.de<br />
Pfarramt für Ausländerarbeit<br />
Siegfried Pick<br />
Postfach 28 51<br />
55516 Bad Kreuznach<br />
Tel.: 06 71 / 84 59 15 – 2<br />
Fax: 06 71 / 84 59 15 – 4<br />
E-Mail: S.Pick@asyl-rlp.org<br />
Diakonisches Werk Mainz-Bingen<br />
Uli Sextro<br />
Beratungszentrum Ingelheim<br />
Binger Str. 218<br />
55218 Ingelheim<br />
Tel.: 061 32 / 789 411<br />
Fax: 061 32 / 789 410<br />
E-Mail: u.sextro@diakonie-mainz-bingen.de<br />
Diakonisches Werk d. ev. Kirchenkreises Koblenz<br />
Interkulturelle Dienste<br />
Bärbel Liss-Gul<br />
Mainzer Str. 73<br />
56068 Koblenz<br />
Tel.: 0261/ 9156129<br />
Fax: 0261/ 9116147<br />
E-Mail: bliss-gul@kirchenkreis-koblenz.de<br />
<strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
ist ein Projekt des<br />
Europäischen Flüchtlingsfonds<br />
Der <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> wird<br />
finanziell gefördert vom Beauftragten der<br />
Landesregierung für Migration und Integration,<br />
Herrn Miguel Vicente und der<br />
bundesweiten Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL<br />
2 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Inhalt<br />
Inhalt<br />
Vorwort: Das Wichtigste in Kürze 4<br />
1 LUfA<br />
1.1 PM Bündnis „Ausreisezentrum abschaffen“ Trier: Fest zur Schließung............................ 6<br />
1.2 Trierischer Volksfreund: Menschenrechtler feiern Schließung..........................................7<br />
2 Abschiebehaft Ingelheim<br />
2.1 Runder Tisch<br />
2.1.1 Saarländische Anfrage zum Abschiebehaftvertrag....................................................8<br />
2.1.2 PM MIFKJF Runder Tisch Ingelheim konstituiert sich.............................................12<br />
2.1.3 PM MIFKJF Abschiebehaft auf dem Prüfstand........................................................14<br />
2.1.4 Caritas und Diakonie: Neukonzeption Ingelheim positives Signal........................... 16<br />
2.1.5 Allgemeine Zeitung: „Haftbedingungen verbessern“................................................18<br />
2.2. Demo gegen Abschiebehaft am 3. September<br />
2.2.1 Gemeinsame Pressemeldung agarp, Initiativausschuss, AK <strong>Asyl</strong>........................... 19<br />
2.2.2 Aufruf Grüne RLP: „Weil der Mensch ein Mensch ist“..............................................20<br />
2.2.3 Rhein-Zeitung: „Gegen Abschiebepolitik marschiert“...............................................21<br />
2.2.4 Allgemeine Zeitung: „Protest gegen Abschiebegefängnis“......................................22<br />
2.2.5 Allgemeine Zeitung: „Demo gegen Abschiebehaft“..................................................23<br />
2.2.6 Rhein-Zeitung: „Hunderte demonstrieren gegen Abschiebeknast“.......................... 23<br />
2.2.7 Allgemeine Zeitung: Protest gegen Abschiebepraxis...............................................24<br />
2.2.8 dpa: „Demonstration gegen Abschiebegefängnis“...................................................24<br />
2.2.9 Allgemeine Zeitung: Interview mit Daniel Köbler......................................................25<br />
2.2.10 Rhein-Zeitung: „Sogar der Himmel sieht hinter Mauern anders aus“...................... 26<br />
3 Residenzpflicht<br />
3.1 Antrag SPD/Grüne für landesweite Bewegungsfreiheit..................................................27<br />
3.2 Verordnung MIFKJF: Vorgriffsregelung Residenzpflicht.................................................29<br />
3.5 AK <strong>Asyl</strong> begrüßt Beschluss des Landtags zum Thema Residenzpflicht......................... 32<br />
3.4 PM MIFKJF: „Residenzpflicht nicht mehr zeitgemäß“.....................................................33<br />
3.6 Rhein-Zeitung: „<strong>Asyl</strong>: Bracht-Zitat empört Rot-Grün“......................................................35<br />
4 25 Jahre Pro <strong>Asyl</strong><br />
4.1 Süddeutsche: „Undiplomatische Vertretung der Heimatlosen“.......................................36<br />
4.2 taz: „Die Barbaren sind da“.............................................................................................39<br />
4.3 Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration...............................................41<br />
5 Meldepflicht<br />
5.1 Caritas begrüßt Einschränkung der Übermittlungspflichten............................................49<br />
5.2 SWR: „Erleichterung für Kinder von illegalen Migranten“...............................................50<br />
6 Erlasse<br />
6.1 MIFKJF: Bildungs- und Teilhabepaket <strong>Asyl</strong>bewerber......................................................51<br />
6.2 Justizministerium SH: Aussetzung Abschiebungen Jemen............................................53<br />
7 Rechtssprechung Urteile des VG Trier 55<br />
8 Verschiedenes<br />
8.1 PM MIFKJF: „Der etwas andere erste Schultag“............................................................56<br />
8.2 Auszüge Bericht „Vollzugsdefizite“ der AG Rück............................................................58<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
3
Vorwort<br />
Das Wichtigste in Kürze<br />
Das Wichtigste in Kürze<br />
Das neu eingerichtete Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen ist zwar<br />
noch nicht an einem Ort vereint, aber Ministerin Irene Alt hat einige längst überfällige Entscheidungen<br />
getroffen und mit deren Umsetzung begonnen. Das freut uns, denn es geht um jahrelang<br />
erhobene Forderungen des AK ASYL <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />
Schließung der Landesunterkunft für Ausreisepflichtige (LUfA) in Trier<br />
Nach mehr als 10 Jahren ist nun die LUFA Ende Juni geschlossen worden. Nachdem am 22.<br />
Juni von AGF Frieden und Multikulturellem Zentrum sowie all denen, die hartnäckig die Schließung<br />
des „Zentrums der Hoffnungs- und Oritentierungslosigkeit“ gefordert hatten, ein Fest<br />
zum Ende der Einrichtung gefeiert hatten, hat Irene Alt eine Woche später das Ausreisezentrum<br />
geschlossen.<br />
Die wenigen noch in der LUFA untergebrachten Flüchtlinge wurden in ihre Kommunen zurück<br />
verlegt, die nun gemeinsam mit der Clearingstelle Trier unter der Leitung von Dietmar Martini<br />
Emden die Rückführung der Personen betreiben sollen.<br />
..und wieder mal: Neues von der Clearingstelle<br />
Mit dem Briefbogen der Clearingstelle hat Martini-Emden ein bundesweites „Problem“ thematisiert<br />
im Namen einer Unterarbeitsgruppe der AG „Rück“ (Bund-Länder-Arbeitsgruppe Rückführung):<br />
Die bedauerlichen Vollzufgsdefizite bei Rückführungen. Vor allem beklagt er sich<br />
bitter über die verhängnisvolle Arbeit der Flüchtlingslobby, die es den abschiebenden Stellen<br />
so schwer mache:<br />
„Als gesellschaftspolitische Entwicklungen ist zu verzeichnen, dass man sich sowohl im<br />
Einzelfall als auch gruppenbezogen immer häufiger und stärker gegen die zwangsweise<br />
Beendigung der Aufenthalte ausreisepflichtiger Ausländer wendet. Interessierte Kreise<br />
haben es verstanden, ein funktionierendes länderübergreifendes Netzwerk aufzubauen,<br />
mit dem auf allen Ebenen in ihrem Sinne Einfluss ausgeübt wird. Sehr gute Kontakte zu<br />
Printmedien und auch zu TV-Sendern werden genutzt, um behördliches Handeln zu desavouieren<br />
und als inhuman anzuprangern.“<br />
Auszüge aus dem Papier in diesem Heft. Der AK ASYL RLP geht davon aus, dass das Integrationsministerium<br />
nicht begeistert ist über diesen verbalen Erguß aus Trier.<br />
Abschiebehaft Ingelheim: abschaffen oder schöner machen<br />
Langwieriger wird es mit dem Ingelheimer Abschiebeknast. Bei der Aktion gegen die Abschiebehaft<br />
in Ingelheim am 24. 3. Hatten wir die volle Unterstützung der Grünen:<br />
Zur Aktion des <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong> RLP gegen Abschiebehaft „Es ist fünf vor zwölf: Abschiebehaft<br />
in Ingelheim schließen!“ gestern in Ingelheim erklärt Daniel Köbler, Spitzenkandidat<br />
von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>:<br />
„Wir GRÜNE unterstützen die Forderung nach einer sofortigen Schließung alle Abschiebeknäste<br />
in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>. Mitten in unserem Land leben Menschen unter menschenunwürdigen<br />
Bedingungen und werden ohne Grund wie Schwerverbrecher weggesperrt.<br />
Diese inhumane Abschiebepolitik muss umgehend beendet werden.“<br />
Die Integrationsministerin hat für den 18. August zur ersten Sitzung des „Runden Tisches<br />
Ingelheim“ geladen. Haftbedingungen verbessern statt Schließung des Hochsicherheitstrakts<br />
Der Tisch soll „ergebnisoffen“ beraten und überprüfen, wie die Unterbringung in der Gewahrsamseinrichtung<br />
für Ausreisepflichtiger unter humanitären Aspekten verbessert werden kann.<br />
4 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Das Wichtigste in Kürze<br />
Vorwort<br />
AK ASYL, AGARP und Intitiativausschuss, die als die drei landesweiten Nichtregierungsorganisationen<br />
zum Runden Tisch geladen sind, nehmen daran teil, um als Ergebnis zu erreichen,<br />
das Ingelheim geschlossen wird. Eine Fortsetzung der Abschiebehaft in Ingelheim ist mit uns<br />
nicht zu machen. Die Festung Ingelheim kann nicht durch einzelne Maßnahmen humanisiert<br />
werden.<br />
Allein die Schließung des Abschiebegefängnisses ist ein deutliches Zeichen für eine an humanitären<br />
Kriterien orientierte Flüchtlingspolitik in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />
Die NGOs wollen Ende des Jahres die Arbeit am Runden Tisch auswerten und über die Frage<br />
der weiteren Mitarbeit beraten.<br />
Am 3. September gab es wieder mal eine Demo gegen den Abschiebeknast, zu der wir auch<br />
aufgerufen haben. Auch der Grünen Landesvorstand bleibt dabei „Weg mit dem Knast“. Wir<br />
sind gespannt die die politische Auseinandersetzung weiter geht.<br />
Residenzpflicht erweitern<br />
Einfacher ist es mit der Erweiterung der Residnezpflicht für <strong>Asyl</strong>suchende auf das Bundesland.<br />
Nach einem Beschluß des Landtages muss dies nun im Bundesland umgesetzt werden. Wir<br />
begrüßen diese Ausdehnung und fordern weiter die Streichung der Residenzpflicht aus dem<br />
<strong>Asyl</strong>verfahrensgesetz.<br />
Eine Vorgriffsregelung erleichert schon jetzt das Verlassen des Bereiches der Aufenthaltsgestattung.<br />
(s. Seite )<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
5
LUfA<br />
PM Bündnis „Ausreisezentrum abschaffen“ Trier: Fest zur Schließung<br />
Fest zur Schließung des Ausreisezentrums Trier,<br />
Mail vom 16.06.2011<br />
Bündnis Ausreisezentrum abschaffen Trier.<br />
Arbeitsgemeinschaft Frieden und Multikulturelles Zentrum<br />
c/o Friedens- und Umweltzentrum,<br />
Pfützenstr.1<br />
54290 Trier<br />
www.agf-trier.de<br />
Pressemitteilung<br />
Trier 16. Juni 2011<br />
Endlich: Ausreisezentrum macht dicht!<br />
Menschenrechtsgruppen feiern Schließung des „Ausreisezentrum“ als<br />
Erfolg<br />
Fest am 22.6. mit Ausblick auf nächste Schritte für eine humanere<br />
<strong>Asyl</strong>politik<br />
Am Mittwoch 22. Juni feiern Menschenrechts-, Friedens- und <strong>Asyl</strong>gruppen die Schließung der<br />
Landesunterkunft für Ausreispflichtige ab 18 Uhr mit einem Fest im Innenhof des Exhauses in<br />
Trier. Nach einem Sektempfang werden Vertreter der Flüchtlingsinitativen mit einen Rückblick<br />
das zwölfjährige Engage ment für die Schließung der Abschiebeeinrichtung würdigen und aufzeigen,<br />
was nächste Etappenziele für eine menschlichere <strong>Asyl</strong>politik in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> sind.<br />
Um 19 Uhr wird Rex Osa von der Flüchtlingsinitative „THE VOICE“ über Fluchterfahrungen<br />
und den Kampf gegen die diskriminierende Residenzpflicht und das <strong>Asyl</strong>bewerberleistungsgesetz<br />
im Exhaus sprechen. (Im Begleitprogramm der Ausstellung „invisible borders in der vhs<br />
Trier).<br />
„Dass das Abschiebelager schließt, ein gemeinsamer Erfolg aller beteiligten Personen und<br />
Gruppen, ange fangen 1999 in Ingelheim, weitere seit 2003 in Trier - mit Besuchen und Be ratungen,<br />
Mahn wachen und Öffentlichkeitsarbeit sowie Demonstrationen, Petitionen und Briefen<br />
an die Verant wortlichen der SPD-Landesregierung. Die Schließung dieses Zentrums der „Hoffnungs-<br />
und Orientierungslosigkeit“ ist ein erster wichtiger Schritt, dem weitere wie eine neue<br />
Bleiberechts regelung und die Schließung des Abschiebeknastes in Ingelheim folgen müssen.“<br />
so Markus Pflüger für das Bündnis „Ausreisezentren abschaffen“ in dem Arbeitsgemeinschaft<br />
Frieden und Multikulturelles Zentrum aktiv sind.<br />
Das Fest „Endlich: das Ausreiszentrum macht dicht!“ beginnt um 18 Uhr im Innenhof des Exhauses,<br />
Zurmaienerstraße. Eingeladen sind alle, die mit feiern wollen. Ab 20.30h geht das Fest<br />
über in die La Marabunta-Fete „20 Jahre Multi“: www.kulturlotsen.org/smt<br />
6 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Trierischer Volksfreund: Menschenrechtler feiern Schließung<br />
LUfA<br />
Trier: Menschenrechtler feiern Schließung - volksfreund.de<br />
http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/trier/Heute-in-d...<br />
aus unserem Archiv vom 24. Juni 2011<br />
Trier: Menschenrechtler feiern Schließung<br />
Die Landesunterkunft für Ausreisepflichtige Trier (Lufa) wird am 30. Juni geschlossen. Nach<br />
jahrelangen Appellen, Protestaktionen und Mahnwachen hat das Multikulturelle Zentrum am<br />
Mittwochabend zusammen mit weiteren beteiligten Akteuren die Schließung der umstrittenen<br />
Einrichtung gefeiert.<br />
Schließt am 30. Juni: Nach Petitionen, Demonstrationen,<br />
Mahnwachen und Appellen freuen sich Bewohner und<br />
Menschenrechtler über die Schließung des<br />
Ausreisezentrums. TV-Foto: Friedemann Vetter<br />
Trier. Immer wieder seit ihrer Eröffnung in Trier vor acht Jahren war die Landesunterkunft für<br />
Ausreisepflichtige infolge des Engagements von Menschenrechts-, Friedens- und <strong>Asyl</strong>gruppen in die Kritik<br />
geraten. Sie bemängelten die menschenunwürdigen Zustände in dem Gebäude in der Dasbachstraße:<br />
Beengte Unterbringung in Mehrbettzimmern, Anwesenheitskontrollen, kein eigenes Geld, keine<br />
Perspektiven, keine Arbeitserlaubnis. Zustände, die von Gerichten als Schikane, unzulässige<br />
Willensbeugung oder als strafähnliche Maßnahmen bestätigt wurden. "Alles andere ist besser, nie wieder<br />
eine Lufa", sagt ein Mann, der in der Einrichtung jahrelang lebte.<br />
Eine Handvoll Flüchtlinge war bei der Feier im Exzellenzhaus mit dabei. Noch sind sie in der Lufa<br />
untergebracht. Ab Juli werden sie auf Beschluss der rheinland-pfälzischen Regierung in die rheinlandpfälzischen<br />
Kommunen zurückkehren, aus denen sie herkamen.<br />
"Ich habe Depressionen bekommen, wurde krank", beschreibt ein weiterer Flüchtling seine Lage in der<br />
Lufa. Zwar knallten bei der Feier etliche Sektkorken, und folgsam prosteten sich die Flüchtlinge auf Geheiß<br />
eines SWR-Kameramanns für einen Film zu - richtige Festlaune war in Anbetracht der menschlichen<br />
Schicksale aber nicht auszumachen. Harsche Kritik gab es an der personellen Besetzung im<br />
Integrationsministerium, wo mit Sigrid Reichle eine "untragbare Gestalt" agiere. "Da muss eine<br />
menschenrechtlich engagierte Person hin", forderte ein Sprecher der Mainzer Organisation Antira unter<br />
Beifall.<br />
Das Engagement zahlreicher Gruppen und Einzelpersonen, die Markus Pflüger vom <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong><br />
aufzählte, geht nun in eine nächste Runde. Eine neue Bleiberechtsregelung und die Schließung des<br />
Abschiebegefängnisses in Ingelheim sind die nächsten Etappenziele. Demonstriert wird am 3. September<br />
in Ingelheim. gsb<br />
© volksfreund.de | Alle Rechte vorbehalten<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
7
Runder Tisch<br />
Saarländische Anfrage zum Abschiebehaftvertrag<br />
LANDTAG DES SAARLANDES<br />
14. Wahlperiode Drucksache 14/534 (14/479)<br />
15.07.2011<br />
A N T W O R T<br />
zu der<br />
Anfrage des Abgeordneten Dr. Magnus Jung (SPD)<br />
betr.: Verbleib der ausreisepflichtigen Ausländer aus dem Saarland in der Gewahrsamseinrichtung<br />
in Ingelheim (<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>)<br />
Vorbemerkung der Fragestellerin:<br />
„Die saarländische Landesregierung unterhält<br />
vertragliche Beziehungen zu der Gewahrsamseinrichtung<br />
in Ingelheim (<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>). Diese<br />
betreut im Rahmen des vertraglichen Abkommens<br />
die Unterbringung der ausreisepflichtigen Ausländer.“<br />
Vorbemerkung der Landesregierung:<br />
In der rheinland-pfälzischen Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige in Ingelheim<br />
stehen aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung zwischen <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> und dem<br />
Saarland insgesamt 50 Haftplätze für den Vollzug von Abschiebungshaft an<br />
erwachsenen Personen aus dem Zuständigkeitsbereich des Landesverwaltungsamtes<br />
als saarländischer Ausländerbehörde zur Verfügung. Die für das Saarland zuständige<br />
Bundespolizeiinspektion Bexbach kann 8 dieser Haftplätze für den Vollzug von<br />
ihrerseits beantragter Abschiebungshaft nutzen.<br />
Zu Frage 1:<br />
Wie viele Personen aus dem Saarland sind seit<br />
dem 01.01.2010 (Stand bis Mai 2011) in Ingelheim<br />
untergebracht<br />
In dem Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Mai 2011 wurden zum Vollzug von<br />
Abschiebungshaft insgesamt 160 Personen in der Gewahrsamseinrichtung für<br />
Ausreisepflichtige in Ingelheim untergebracht, davon 114 Personen durch das<br />
Landesverwaltungsamt und 46 Personen durch die Bundespolizei.<br />
Ausgegeben: 18.07.2011 (11.05.2011)<br />
8 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Saarländische Anfrage zum Abschiebehaftvertrag<br />
Runder Tisch<br />
Drucksache 14/534 (14/479) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode -<br />
Zu Frage 2:<br />
Wohin (in welche Länder) sind diese Personen<br />
jeweils abgeschoben worden bzw. wie viele<br />
konnten noch nicht abgeschoben werden und<br />
warum<br />
In dem Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Mai 2011 wurden 74 der vom<br />
Landesverwaltungsamt untergebrachten Personen in folgende Staaten abgeschoben:<br />
Staat<br />
Personen<br />
Algerien 8<br />
Bosnien und Herzegowina 2<br />
China 7<br />
Finnland 1<br />
Frankreich 7<br />
Georgien 2<br />
Ghana 1<br />
Indien 4<br />
Italien 6<br />
Kosovo 3<br />
Libanon 1<br />
Marokko 1<br />
Niederlande 1<br />
Nigeria 3<br />
Polen 1<br />
Rumänien 2<br />
Russische Föderation 2<br />
Schweden 1<br />
Schweiz 1<br />
Senegal 1<br />
Serbien 5<br />
Slowenien 1<br />
Spanien 4<br />
Syrien 2<br />
Thailand 1<br />
Türkei 5<br />
Vietnam 1<br />
Insgesamt 74<br />
29 der vom Landesverwaltungsamt untergebrachten Personen wurden aus der<br />
Abschiebungshaft entlassen, zum Beispiel auf Grund mangelnder Aufklärung der<br />
Identität, unterlassener Mitwirkung an der Passbeschaffung, erfolgloser Anträge auf<br />
Passersatzpapiere bei der Auslandsvertretung, Krankheit oder gerichtlicher<br />
Entscheidung in einem Haftbeschwerdeverfahren. Die Gründe werden statistisch nicht<br />
erfasst.<br />
8 der vom Landesverwaltungsamt untergebrachten Personen wurden in Justizvollzugsanstalten<br />
verlegt.<br />
3 der vom Landesverwaltungsamt untergebrachten Personen befanden sich Ende Mai<br />
2011 noch in Abschiebungshaft.<br />
Über die 46 von der Bundespolizei untergebrachten Personen liegen keine<br />
statistischen Angaben vor.<br />
- 2 -<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
9
Runder Tisch<br />
Saarländische Anfrage zum Abschiebehaftvertrag<br />
Drucksache 14/534 (14/479) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode -<br />
Zu Frage 3:<br />
Wie lange dauerte bei den ausreisepflichtigen<br />
Ausländern jeweils der Aufenthalt in Ingelheim<br />
Nach § 62 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes kann ein Ausländer zur Sicherung der<br />
Abschiebung auf richterliche Anordnung für einen Zeitraum von insgesamt 18 Monaten<br />
in Abschiebungshaft genommen werden. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis<br />
zum 31. Mai 2011 ergibt sich die Aufenthaltsdauer der vom Landesverwaltungsamt in<br />
der Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige in Ingelheim untergebrachten<br />
Personen aus der nachfolgenden Tabelle.<br />
Aufenthaltsdauer in<br />
Personen<br />
Tagen<br />
2 2<br />
6 3<br />
7 4<br />
4 5<br />
2 6<br />
4 7<br />
9 8<br />
3 9<br />
6 10<br />
2 11<br />
2 12<br />
5 13<br />
3 14<br />
2 15<br />
2 16<br />
1 17<br />
2 18<br />
1 21<br />
2 22<br />
1 23<br />
1 24<br />
1 25<br />
1 27<br />
2 30<br />
1 31<br />
1 32<br />
1 35<br />
1 36<br />
1 37<br />
1 38<br />
1 40<br />
2 41<br />
2 42<br />
1 51<br />
1 53<br />
3 54<br />
2 55<br />
1 56<br />
1 58<br />
1 61<br />
1 68<br />
1 70<br />
3 83<br />
1 85<br />
1 86<br />
1 88<br />
2 90<br />
1 92<br />
1 98<br />
- 3 -<br />
10 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Saarländische Anfrage zum Abschiebehaftvertrag<br />
Runder Tisch<br />
Drucksache 14/534 (14/479) Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode -<br />
Personen<br />
Aufenthaltsdauer in<br />
Tagen<br />
1 105<br />
1 127<br />
1 131<br />
1 138<br />
1 141<br />
1 150<br />
1 173<br />
1 180<br />
1 265<br />
1 373<br />
Die sich in einem Fall ergebende Aufenthaltsdauer von 373 Tagen begründet sich in<br />
der absoluten Mitwirkungsverweigerung bei der Identitätsfeststellung. Die vermutlich<br />
aus einem afrikanischen Staat stammende Person musste hierzu bei verschiedenen<br />
Botschaften vorgeführt werden.<br />
Zu Frage 4:<br />
Wo befinden sich die Personen aktuell, die in der<br />
Bundesrepublik verblieben sind und nicht bzw.<br />
noch nicht abgeschoben werden konnten<br />
Der aktuelle Aufenthaltsort der Personen, die in der Bundesrepublik Deutschland<br />
verblieben sind und nicht bzw. noch nicht abgeschoben werden konnten, wird<br />
statistisch nicht erfasst.<br />
Zu Frage 5:<br />
Wie hoch waren in dem genannten Zeitraum die<br />
Kosten für das Saarland für die Unterbringung der<br />
ausreisepflichtigen Ausländer in Ingelheim<br />
Für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Mai 2011 beliefen sich die<br />
Überlassungskosten für die 50 saarländischen Abschiebungshaftplätze in der<br />
Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige in Ingelheim auf 1.777.121 Euro.<br />
Zu Frage 6:<br />
Nein.<br />
Waren in Ingelheim im besagten Zeitraum auch<br />
Kinder/Jugendliche untergebracht (Auflistung mit<br />
Altersangabe, Geschlecht und Familienstand)<br />
- 4 -<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
11
Runder Tisch<br />
PM MIFKJF Runder Tisch Ingelheim konstituiert sich<br />
MINISTERIUM FÜR INTEGRATION, FAMILIE, KINDER,<br />
JUGEND UND FRAUEN<br />
Mainz, 10. August 2011<br />
Nr. " " 039<br />
Verantwortlich (i.S.d.P.)<br />
Astrid Eriksson<br />
Pressesprecherin<br />
Telefon 06131 16-5632<br />
Pressestelle@mifkjf.rlp.de<br />
Integration<br />
Runder Tisch Ingelheim konstituiert sich<br />
Die Arbeitsgruppe „Runder Tisch Ingelheim“ trifft sich am Freitag, den 12. August<br />
2011, zu ihrer konstituierenden Sitzung. Aufgabe dieses Gremiums ist es, die Bedingungen<br />
der Abschiebehaft und deren Vollzug zu überprüfen und Möglichkeiten aufzuzeigen,<br />
wie die Unterbringung - zur Zeit in der Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige<br />
(GfA) Ingelheim - unter humanitären Aspekten verbessert werden kann.<br />
„Endlich geht es los! Mit dem Runden Tisch Ingelheim gehen wir nach der Schließung<br />
der Landesunterkunft für Ausreisepflichtige in Trier, der LUfA, ein zweites wichtiges<br />
Projekt an, um die Lebensbedingungen von ausreisepflichtigen Menschen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
zu verbessern, Denn die Abschiebehaft ist für die Betroffenen eine große<br />
Belastung,“ sieht Integrationsministerin Irene Alt mit Spannung den Beratungen entgegen.<br />
Unter ihrer Federführung soll bis Ende 2012 ein Konzept erarbeitet werden,<br />
dass dann zeitnah umgesetzt werden soll.<br />
Grundlage für die Arbeit des Runden Tisches Ingelheim ist der Koalitionsvertrag von<br />
Bündnis 90/Die Grünen und der SPD: Darin legen sich die Koalitionspartner darauf<br />
fest, dass eine Arbeitsgruppe eine Vorschlag erarbeiten soll, wie unter rechtlichen,<br />
humanitären und Sicherheitsaspekten sowie unter Berücksichtigung der Folgekosten<br />
die Unterbringung von ausreisepflichtigen Menschen neugeordnet werden kann.<br />
„Ich bin überzeugt davon, dass es hier Spielräume für humanitäre Verbesserungen<br />
gibt. Ob die Einrichtung in Ingelheim hierfür der richtige Ort ist, werden wir ergebnisof-<br />
12 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
1/2
PM MIFKJF Runder Tisch Ingelheim konstituiert sich<br />
Runder Tisch<br />
fen beraten“, erklärte Irene Alt. „Fragen zum Vollzug der Abschiebehaft sind ein wichtiges<br />
Thema. Wir werden aber auch alle Möglichkeiten diskutieren, um im Rahmen<br />
der rechtlichen Gegebenheiten die Voraussetzung zu schaffen, dass Abschiebehaft<br />
nur als letztes Mittel angewendet wird.<br />
Dem Runden Tisch Ingelheim gehören die folgenden Teilnehmer an:<br />
Die Evangelischen Kirchen im Lande <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, das Katholische Büro Mainz -<br />
Kommissariat der Bischöfe <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, die Diakonie in Hessen und Nassau, der<br />
Caritasverband für die Diözese Mainz e.V., Amnesty International, der <strong>Arbeitskreis</strong><br />
<strong>Asyl</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, das Ministerium für Inneres und Europaangelegenheiten des<br />
Saarlandes, das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>,<br />
das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, der ASB-<br />
Kreisverband Bad Kreuznach, das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und<br />
Demografie <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, der Beauftragte der Landesregierung für Migration und<br />
Integration, die Arbeitsgemeinschaft der Beiräte für Migration und Integration <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>,<br />
die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände <strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong> und der Initiativausschuss für Migrationspolitik in <strong>Rheinland</strong> <strong>Pfalz</strong>.<br />
Die Arbeitsgruppe Runder Tisch Ingelheim tagt nicht-öffentlich.<br />
„Der Anspruch an diese Arbeitsgruppe ist hoch“, stellt Integrationsministerin Irene Alt<br />
fest. „Aber ich bin optimistisch, dass wir zu guten Ergebnissen kommen werden.“<br />
Derzeit leben 18 Menschen in der GfA Ingelheim (Stand: 9. August 2011), was ein<br />
historischer Tiefststand im zehnjährigen Bestehen der Einrichtung bedeutet. Insgesamt<br />
umfasst die GfA Ingelheim 152 Plätze, wovon <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 50 Plätze dem<br />
Saarland zur Verfügung stellt. Dies ist in einem Kooperationsvertrag geregelt.<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
2/2<br />
13
Runder Tisch<br />
PM MIFKJF Abschiebehaft auf dem Prüfstand<br />
MINISTERIUM FÜR INTEGRATION, FAMILIE, KINDER,<br />
JUGEND UND FRAUEN<br />
Mainz, 12. August 2011<br />
Nr. " " 040<br />
Verantwortlich (i.S.d.P.)<br />
Astrid Eriksson<br />
Pressesprecherin<br />
Telefon 06131 16-5632<br />
Pressestelle@mifkjf.rlp.de<br />
Integration<br />
Abschiebehaft auf dem Prüfstand: Runder Tisch Ingelheim nimmt<br />
die Arbeit auf<br />
Am Vormittag ist der Runde Tisch Ingelheim zu seiner konstituierenden Sitzung im<br />
Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen zusammengetreten.<br />
„Wir sind heute gut vorangekommen: Wir haben drei Arbeitsgruppen gebildet und deren<br />
Termine bis Ende des Jahres festgelegt. Im Dezember trifft sich dann der Runde<br />
Tisch Ingelheim zum nächsten Mal, um die ersten Ergebnisse der AGs zu diskutieren“,<br />
fasst Integrationsministerin Irene Alt die erste, zweistündige Beratung des Rundes<br />
Tisches Ingelheim zusammen. „Das Gesprächsklima war von Offenheit geprägt<br />
und ich habe den Eindruck, dass wir alle an einem Strang ziehen.“<br />
Aufgabe des Rundes Tisches Ingelheim ist es, die Bedingungen und den Vollzug der<br />
Abschiebehaft zu prüfen und Vorschläge zu entwickeln, wie die Lebensbedingungen<br />
der betroffenen Menschen unter humanitären Gesichtspunkten verbessert werden<br />
können. Dabei sollen auch rechtliche und Sicherheitsaspekte, sowie die Folgekosten<br />
berücksichtigt werden. „Wir haben dieses humanitäre Anliegen im Koalitionsvertrag<br />
festgeschrieben und ich bin froh, dass mit dem Runden Tisch Ingelheim heute eine<br />
Expertenrunde ihre Arbeit aufgenommen hat, die mit Sicherheit zu einer guten Lösung<br />
kommt,“ erklärt Integrationsministerin Irene Alt, die damit rechnet, dass ein Konzept<br />
bis Ende 2012 vorliegt. Dieses soll dann zeitnah umgesetzt werden.<br />
14 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
1/2
PM MIFKJF Abschiebehaft auf dem Prüfstand<br />
Runder Tisch<br />
Bei der heutigen konstituierenden Sitzung wurde festgelegt, dass sich der Runde<br />
Tisch Ingelheim unter Leitung von Integrationsministerin Irene Alt zu nicht-öffentlichen<br />
Beratungen trifft. Deren Inhalt wird vertraulich behandelt.<br />
Dem Runden Tisch Ingelheim gehören Vertreter der folgenden Institutionen, Verbände<br />
und Initiativen an: Die Evangelischen Kirchen im Lande <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, das Katholische<br />
Büro Mainz - Kommissariat der Bischöfe <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, die Diakonie in Hessen<br />
und Nassau, der Caritasverband für die Diözese Mainz e.V., Amnesty International,<br />
der <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, das Ministerium für Inneres und Europaangelegenheiten<br />
des Saarlandes, das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur <strong>Rheinland</strong>-<br />
<strong>Pfalz</strong>, der ASB-Kreisverband Bad Kreuznach, das Ministerium für Soziales, Arbeit,<br />
Gesundheit und Demografie <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, der Beauftragte der Landesregierung<br />
für Migration und Integration, die Arbeitsgemeinschaft der Beiräte für Migration und<br />
Integration <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> und der Initiativausschuss für Migrationspolitik in <strong>Rheinland</strong> <strong>Pfalz</strong>.<br />
Zur Zeit leben 16 Menschen in der GfA Ingelheim (Stand: 12. August 2011), was ein<br />
historischer Tiefststand im zehnjährigen Bestehen der Einrichtung bedeutet. Insgesamt<br />
umfasst die GfA Ingelheim 152 Plätze, wovon <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 50 Plätze dem<br />
Saarland zur Verfügung stellt. Dies ist in einem Kooperationsvertrag geregelt.<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
2/2<br />
15
Runder Tisch<br />
Caritas und Diakonie: Neukonzeption Ingelheim positives Signal<br />
Bericht ist auch im Internet abrufbar: www.caritas-bistum-mainz.de<br />
17. Juni 2011<br />
Caritas und Diakonie: Neukonzeption der Abschiebungshaft in Ingelheim<br />
positives Signal<br />
Verbesserungen im Koalitionsvertrag der neuen rheinland-pfälzischen Regierung begrüßt<br />
/ Bilanz zu Rechtshilfefonds: Inhaftierungen häufig rechtswidrig<br />
Frankfurt am Main / Mainz. Diakonie und Caritas begrüßen die geplanten Vorhaben der<br />
neuen Landesregierung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, die eine Überprüfung der Haftsituation in der<br />
Abschiebungshaft in Ingelheim vorsehen. „Die Überprüfung ist überfällig, denn Menschen,<br />
die sich nichts anderes zuschulden kommen lassen, als in Deutschland Zuflucht zu suchen,<br />
werden in der Abschiebungshaft in Ingelheim wie Kriminelle festgehalten“, sagte Pfarrer Dr.<br />
Wolfgang Gern, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks in Hessen und Nassau<br />
(DWHN). Im zukünftigen Vollzugskonzept sollten die humanitären Fragen gegenüber den<br />
Sicherheitsaspekten an Bedeutung gewinnen, so Gern.<br />
Domkapitular Hans-Jürgen Eberhardt vom Vorstand des Caritasverbandes für die Diözese<br />
Mainz, betonte, dass die Unterbringung und Betreuung in der Abschiebungshaft sich mehr<br />
an den Bedürfnissen der Inhaftierten orientieren müsse. Eberhardt: „Abschiebungshaft<br />
muss sich deutlich von der Strafhaft unterscheiden.“. Eberhardt und Gern verwiesen darauf,<br />
dass die Sozialverbände das Dialogangebot des Koalitionsvertrages im Blick auf die<br />
Abschiebungshaft gerne aufgreifen. „ Wir wollen den Prozess konstruktiv und kritisch begleiten“,<br />
sagte Wolfgang Gern.<br />
Bei der Auswertung des von Diakonie und Caritas ermöglichten Rechtshilfefonds für die Abschiebungshaft<br />
in Ingelheim für das Jahr 2010 fiel die Bilanz dagegen mehr als ernüchternd<br />
aus. „Nach wie vor werden viele Migranten und Flüchtlinge rechtswidrig bzw. rechtsfehlerhaft<br />
in der Abschiebungshaft in Ingelheim inhaftiert“, betonte Hans-Jürgen Eberhardt. Dies<br />
zeige sich leider häufig erst nach einer rechtlichen Intervention, die durch den Rechtshilfefonds<br />
von Diakonie und Caritas möglich wird, so der Domkapitular. Knapp 40 Prozent der<br />
Haftbeschlüsse von Insassen, die durch die Rechtsberatung betreut wurden, seien fehlerhaft<br />
gewesen, teilten DWHN und DiCV Mainz mit: Von den 55 Personen, deren Verfahren<br />
im Jahr 2010 bezuschusst wurden, seien 21 Personen aufgrund der rechtlichen Intervention<br />
freigelassen worden. „Dies ist absolut unverhältnismäßig. Dass sich daran in den letzten<br />
zehn Jahren nichts geändert hat, ist ein Skandal“, kritisierte Diakonie-Chef Wolfgang Gern.<br />
„Dublin II-Verordnung gehört auf Prüfstand“<br />
Beunruhigend ist laut DWHN und DiCV Mainz auch das starke Ansteigen der so genannten<br />
Dublin II-Fälle in der Beratung. Nach der Dublin II-Verordnung ist immer der Staat in Europa<br />
für die Durchführung des <strong>Asyl</strong>verfahrens zuständig, den der Flüchtling zuerst betreten<br />
hat. Elf der durch den Rechtshilfefonds bezuschussten Fälle hatten einen solchen Dublin<br />
II-Hintergrund.<br />
Die Betroffenen waren häufig erst nach jahrelangem Herumirren in verschiedenen europäischen<br />
Staaten in Deutschland angekommen. Hier wurden sie dann wegen illegaler Einreise<br />
verhaftet und landeten in Abschiebungshaft, wo die zuständigen Behörden alles daran<br />
setzten, das Erst-<strong>Asyl</strong>land ausfindig zu machen und die Menschen dahin wieder zurückzuschicken.<br />
16 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Caritas und Diakonie: Neukonzeption Ingelheim positives Signal<br />
Runder Tisch<br />
„Wir müssen feststellen, dass es nicht mehr darum geht, warum ein Mensch aus seiner<br />
Heimat flieht. Längst steht nur noch die Frage im Vordergrund, über welche Länder er geflohen<br />
ist, damit er dorthin wieder zurückgeschoben werden kann“, resümierte Diakonie-<br />
Vorstandsvorsitzender Dr. Wolfgang Gern. In vielen europäischen Staaten, wie in Italien,<br />
aber auch Ungarn oder Rumänien seien die Zustände für Flüchtlinge oft menschenunwürdig.<br />
Weil es keine einheitlichen und vor allen Dingen keine verbindlichen Standards im Verfahren<br />
und in der Unterbringung gibt, müsse die Dublin II-Verordnung grundlegend überdacht<br />
werden, so die Forderung der beiden Verbände.<br />
„Ein faires und Lasten verteilendes Verfahren ist dringend notwendig, im Sinne der betroffenen<br />
Menschen und im Hinblick auf die betroffenen EU-Staaten, insbesondere an den<br />
Außengrenzen“, fasste Domkapitular Hans-Jürgen Eberhardt die Forderungen der beiden<br />
Verbände zusammen.<br />
Das Diakonische Werk in Hessen und Nassau und der Diözesancaritasverband Mainz werden<br />
auch zukünftig gemeinsam ihren anwaltschaftlichen Auftrag ernst nehmen und sich für<br />
die Verbesserung der Situation von Menschen in der Abschiebungshaft bei den politisch<br />
Verantwortlichen einsetzen und Veränderungen anmahnen.<br />
Stichwort: Abschiebungshaft in Ingelheim<br />
Die Abschiebungshaft in Ingelheim existiert seit Mai 2001. Sie hat 152 Haftplätze, zurzeit sind dort etwa<br />
30 Männer und Frauen inhaftiert. Eine fünf Meter hohe Betonmauer trennt die Insassen von der Außenwelt.<br />
Durch die vergitterten Fenster in den Innengebäuden fällt der Blick auf dreifachen Stacheldraht.<br />
Stichwort: Rechtshilfefonds<br />
Mit dem Rechtshilfefonds werden Verfahren teilfinanziert, um die Verhängung von Abschiebungshaft zu<br />
überprüfen oder andere asyl- und ausländerrechtliche Schritte einzuleiten. Der Rechtshilfefonds wird<br />
von den Caritasverbänden Mainz, Limburg, Speyer und Trier und den Diakonischen Werken in Hessen<br />
und Nassau, der <strong>Pfalz</strong> und <strong>Rheinland</strong>-Westfalen-Lippe sowie aus Eigenmitteln und Spenden finanziert.<br />
Hinweis für Redaktionen:<br />
Gerne vermitteln wir Ihnen Interviews und Gespräche auch über Dublin II-Fälle mit unseren Mitarbeitern<br />
in der Abschiebungshaft in Ingelheim.<br />
Die Pressemitteilung wird zeitgleich vom Diakonischen Werk in Hessen und Nassau<br />
und vom Diözesancaritasverband Mainz verschickt.<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
17
Runder Tisch<br />
Allgemeine Zeitung: „Haftbedingungen verbessern“<br />
Allgemeine Zeitung vom 11. August 2011<br />
18 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Pressemeldung agarp, Initiativausschuss, AK <strong>Asyl</strong><br />
Demo Ingelheim<br />
Initiativausschuss<br />
für Migrationspolitik<br />
in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
Gemeinsame Pressemeldung:<br />
Abschiebehaft Ingelheim abschaffen<br />
Am Samstag, dem 3. September 2011 ab 14 Uhr findet in Ingelheim eine Demonstration<br />
gegen die Abschiebehaft in der Konrad-Adenauer-Straße statt. Anschließend gibt es ein<br />
Festival mit dem Musiker Heinz Ratz und weiteren Bands. Ein Bündnis aus Gruppen und<br />
Organisationen ruft zu der Demo auf und fordert: „Abschiebehaft abschaffen“ .<br />
Wir rufen dazu auf, sich an dieser Demonstration zu beteiligen.<br />
Seit 10 Jahren fordern wir die Schließung der Abschiebehaft in Ingelheim, der mit seinen 5<br />
Meter hohen Mauern und seinen verschärften Sicherheitsstandards alle Kriterien einer<br />
Hochsicherheitshaft erfüllt. Begründet wurden diese verschärften Maßnahmen mit der<br />
Einschätzung, Abschiebehäftlinge seien besonders gefährlich, da sie nichts zu verlieren<br />
hätten.<br />
Die Abschiebehäftlinge werden deshalb wie Schwerkriminelle behandelt. Ohne dass sie<br />
eine Straftat begangen haben, können sie bis zu 18 Monate inhaftiert werden,.<br />
Wir stellen fest: Die Abschiebehaft Ingelheim ist inhuman und völlig überdimensioniert.<br />
Aktuell sind weniger als 20 Menschen dort eingesperrt. Inhaftiert werden in Ingelheim<br />
immer wieder Menschen, die kurz vor einer Eheschließung stehen, die psychisch krank<br />
sind und aus einer Reihe weiterer Gründe aufgrund richterlicher Anordnungen später<br />
wieder aus der Haft entlassen werden müssen.<br />
Die Festung Ingelheim kann nicht durch einzelne Maßnahmen humanisiert werden.<br />
Allein die Schließung des Abschiebegefängnisses ist ein deutliches Zeichen für eine an<br />
humanitären Kriterien orientierte Flüchtlingspolitik in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />
Am 12. August hat auf Einladung der Integrationsministerin der „Runde Tisch Ingelheim“<br />
seine Arbeit aufgenommen. Wir erwarten, dass es hier bald erste Ergebnisse gibt: Es<br />
muss klar festgelegt werden, dass folgende Gruppen auf keinen Fall inhaftiert werden:<br />
Minderjährige, Schwangere, Behinderte, körperlich und psychisch Kranke, Traumatisierte,<br />
Menschen, die <strong>Asyl</strong> beantragen wollen, Personen, die kurz vor einer Eheschließung<br />
stehen, Flüchtlinge aus Ländern, in die nicht abgeschoben werden kann.<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> braucht keine Abschiebehaft in Ingelheim, wenn die Anordnung von<br />
Abschiebehaft konsequent vermieden wird, Härtefälle humanitär gelöst und Maßnahmen<br />
einer Rückkehr in Würde ausgebaut werden.<br />
Arbeitsgemeinschaft der Beiräte für Migration und Integration in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
Initiativausschuss für Migrationspolitik in <strong>Rheinland</strong> <strong>Pfalz</strong><br />
<strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
Flüchtlingsrat Mainz<br />
Kontakt: AK <strong>Asyl</strong> RLP, PF 2850, 55516 Bad Kreuznach, info@asyl-rlp.org, 0671/8459152<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
19
Demo Ingelheim<br />
Aufruf Grüne RLP: „Weil der Mensch ein Mensch ist“<br />
epage der Grünen <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>: Volltext Startseite<br />
http://gruene-rlp.<br />
LANDTAG THEMEN PARTEI PARLAMENT TERMINE<br />
01.09.2011 AKTUELLES FLÜCHTLINGSPOLITIK<br />
Weil der Mensch ein Mensch ist<br />
Der Landesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> ruft zur Teilnahme an der Demonstration<br />
auf:<br />
„Wir unterstützen die Initiative und rufen zu der<br />
Demonstration auf, weil es immer noch wichtig ist, hier<br />
Zeichen zu setzen. Diese Form der Unterkunft für<br />
Menschen in Abschiebehaft ist unzumutbar. Es trifft hier die<br />
Schwächsten der Gesellschaft, die meist schon unendliches Leid erfahren haben“ so Britta<br />
Steck Landesvorstandsprecherin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.<br />
„Mit der Schließung der LufA in Trier und der Initiierung des Runden Tisches Ingelheim<br />
haben wir schon große Erfolge verzeichnen können. Menschenrechte sind unteilbar.<br />
Menschen die bei uns Schutz suchen sollen ein Leben in Freiheit und menschenwürdigen<br />
Umständen führen können. Eine Kriminalisierung und Unterbringung in einem<br />
Hochsicherheitstrakt widerspricht eindeutig den christlichen Beteuerungen der<br />
Bundesregierung. Es ist an der Zeit, die positiven Ansätze europäischer Migrationspolitik<br />
endlich ernsthaft weiter zu entwickeln: Die Öffnung für legale Migration, eine starke<br />
Integrationspolitik und die Bekämpfung der Migrations- und Fluchtursachen in den<br />
Herkunftsländern. Dafür soll sich die Bundesregierung einsetzen“ unterstreicht<br />
Landesvorstandssprecher Uwe Diederichs-Seidel den Aufruf.<br />
„Und weil der Mensch ein Mensch ist - Weg mit dem Abschiebeknast!“<br />
Samstag, den 3. September 2011,<br />
Beginn: 14.00 Uhr,<br />
Treffpunkt: Bahnhof in Ingelheim.<br />
Veranstalter: Aktionsbündnis „Abschiebehaft abschaffen“<br />
Weitere Infos zur Demo finden sich hier!<br />
Teilen auf:<br />
RheinZeitung: „Gegen Abschiebepolitik marschiert“<br />
Demo Ingelheim<br />
aus der RheinZeitung vom 6.9.2011<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
21
Demo Ingelheim<br />
Allgemeine Zeitung: „Protest gegen Abschiebegefängnis“<br />
Protest gegen Abschiebegefängnis<br />
05.09.2011 - INGELHEIM<br />
Von Heinrich W. Hamann<br />
DEMONSTRATION 200 Menschen bekunden Solidarität mit Häftlingen<br />
Die diesjährige Aktion unter dem Motto „Weg mit dem Knast - Abschiebehaft abschaffen“ (in<br />
Ingelheim werden 16 Personen festgehalten) unterstützten laut Angaben der Initiatoren 30<br />
verschiedene Gruppen, Menschenrechtsverbände und die Grünen, denen die<br />
Abschaffungsforderungen schon lange Anliegen sind und die noch im Wahlkampf die Schließung der<br />
Ingelheimer Einrichtung angemahnt hätten: „Ein Land, das Ausreisepflichtige in einen Knast steckt,<br />
hat Integration und Humanität nicht verinnerlicht“.<br />
In einer „Ingelheimer Erklärung“, datiert vom 3. September und zu Beginn der Protestveranstaltung<br />
vor dem Ingelheimer Bahnhof verteilt, wird jedoch der Koalitionsvertrag mit einer abgeschwächten<br />
Aussage zitiert: „Wir werden alle Möglichkeiten prüfen, im Lichte humanitärer Aspekte<br />
Verbesserungen bei den Bedingungen der Unterbringung zu erzielen“.<br />
Festival vor Fünfmetermauern<br />
Die Erstunterzeichnenden, Multikulturelles Zentrum Trier, Terre des Hommes, Saarländischer<br />
Flüchtlingsrat, Antirassistische Gruppe Mainz, AntiFa Nierstein, unterstreichen in dem Papier, dass<br />
die Flüchtlingslobby Abschiebung und Abschiebehaft in keiner Weise toleriert und den mittlerweile<br />
einberufenen „Runden Tisch“ für ein Instrument hält, mit dem lediglich Haftverbesserungen erreicht<br />
werden sollen. Zudem seien bei seiner Besetzung kritische Gruppen deutlich unterrepräsentiert. Das<br />
Procedere „Runder Tisch“ ginge ihnen zu langsam voran, äußerten Demomitglieder . Weitere<br />
Protestveranstaltungen wurden angekündigt.<br />
Für die Ingelheimer Veranstaltung waren 300 bis 500 Teilnehmer angemeldet, die Polizei gibt die<br />
Teilnehmerzahl mit 200 an und verzeichnete keine besonderen Vorkommnisse. In der Mehrzahl<br />
jüngere Menschen waren bei Veranstaltungsbeginn vor Ort. Unter ihnen solche, die sich der AZ<br />
gegenüber zu ihrer Motivationslage und ihrem bisherigen Engagement äußerten. Zwei junge Männer<br />
gaben an, bisher an keiner Protestveranstaltung teilgenommen zu haben, Ingelheim sei für sie ein<br />
Forum, auf dem sie sich zu dem Thema informieren wollten. Zwei junge Männer, die sich unter einer<br />
schwarz-roten Fahne, wie sie von Anarcho-Kommunisten gezeigt wird, versammelt hatten, blieben<br />
stumm, waren partout nicht zu einem anonymen Statement zu überreden.<br />
„Es seien vermutlich Demonstranten, die schon einmal schlechte Erfahrungen mit den Medien oder<br />
der Polizei gemacht hätten“, meinte Rosemarie Löser vom Vorbereitungsbündnis. Ein<br />
Hundertdertschaftführer des massiven Polizeiaufgebotes inklusive Hubschrauber bezeichnete zu<br />
diesem Zeitpunkt die Eingreifschwelle zu dem Zeitpunkt als hoch.<br />
Uli Tomaschowski, Mitglied der Vorbereitungsgruppe, dankte den Teilnehmern für ihr Kommen und<br />
machte sie mit den Auflagen bekannt, unter denen sich der Protestmarsch durch Ingelheims<br />
Zentrum, zur Kreisverwaltung und vor die Mauern des Abschiebegefängnisses bewegen sollte.<br />
Rex Osa, Aktivist vom Flüchtinglingsforum „The Voice Refugee Forum“, eröffnete die Serie der<br />
Protestreden und schilderte seine Erfahrungen mit der repressiven <strong>Asyl</strong>politik in Deutschland. „Hope<br />
22 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Presseberichte<br />
Demo Ingelheim<br />
gets persecuted“, Hoffnung wird verfolgt, sagte der Schwarzafrikaner`, und „Menschen werden wie<br />
Tiere behandelt. Shame on the so called democratic system in the BRD, Schande über das so<br />
genannte demokratische System in der BRD.“<br />
Die Veranstaltung endete mit einem Festival vor den Fünfmetermauern und sollte den Insassen<br />
Solidarität signalisieren.<br />
© Verlagsgruppe Rhein-Main 2011<br />
Alle Rechte vorbehalten | Vervielfältigung nur mit Genehmigung der Verlagsgruppe Rhein-Main<br />
Demo gegen Abschiebehaft<br />
30.08.2011 - INGELHEIM<br />
(red). „Abschiebehaft abschaffen!“ Das fordert eine Demonstration am kommenden Samstag, 3.<br />
September, ab 14 Uhr. Ein Bündnis aus der Arbeitsgemeinschaft der Beiräte für Migration und<br />
Integration in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, dem Initiativausschuss für Migrationspolitik, dem Landes-<strong>Arbeitskreis</strong><br />
<strong>Asyl</strong> und dem Flüchtlingsrat Mainz fordert nach eigenen Angaben bereits seit zehn Jahren die<br />
Schließung der Abschiebehaft in Ingelheim. Diese erfülle mit ihren fünf Meter hohen Mauern und<br />
ihren verschärften Sicherheitsstandards „alle Kriterien einer Hochsicherheitshaft“. Begründet worden<br />
seien die verschärften Maßnahmen mit der Einschätzung, Abschiebehäftlinge seien besonders<br />
gefährlich, da sie nichts zu verlieren hätten. „Die Abschiebehäftlinge werden deshalb wie<br />
Schwerkriminelle behandelt. Ohne dass sie eine Straftat begangen haben, können sie bis zu 18<br />
Monate inhaftiert werden“, so das Bündnis. „Die Abschiebehaft Ingelheim ist inhuman und völlig<br />
überdimensioniert.“ Aktuell seien dort weniger als 20 Menschen eingesperrt. Allein die Schließung<br />
des Abschiebegefängnisses sei ein deutliches Zeichen für eine an humanitären Kriterien orientierte<br />
Flüchtlingspolitik in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>. Am 12. August hat auf Einladung der Integrationsministerin der<br />
„Runde Tisch Ingelheim“ seine Arbeit aufgenommen. Das Bündnis hofft hier schnell auf Ergebnisse.<br />
Im Anschluss an die Kundgebung gibt es ein Festival mit dem Musiker Heinz Ratz und weiteren<br />
Bands.<br />
Hunderte demonstrieren gegen Abschiebeknast - Startseite - ...<br />
http://www.rhein-zeitung.de/startseite_artikel,-Hunder<br />
stellen auto immobilien kleinanzeigen tiere ferienwohnungen inserieren<br />
© Verlagsgruppe Rhein-Main 2011<br />
Alle Rechte vorbehalten | Vervielfältigung nur mit Genehmigung der Verlagsgruppe Rhein-Main<br />
++ 14:10 Tod von Entwicklungshelfern weiter ungeklärt · Kabul<br />
++ 14:10 Schäuble: Regierung nach Karlsruher Urteil weiter handlungsfähig<br />
Startseite<br />
Hunderte demonstrieren gegen Abschiebeknast<br />
05.09.2011, 08:37 Uhr<br />
Ingelheim - Gegen ein Abschiebegefängnis in Ingelheim haben am Samstag mehrere hundert Menschen demonstriert. Nach einigen<br />
Redebeiträgen vor dem Ingelheimer Bahnhof und der Kreisverwaltung wollten die Teilnehmer am Nachmittag vor die Mauern des<br />
Gefängnisses ziehen, berichtete eine Sprecherin.<br />
Zu der Aktion hatte neben verschiedenen Menschenrechtsbündnissen auch der Landesverband der<br />
Grünen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> aufgerufen. Gefordert wird eine Schließung des<br />
Hochsicherheitsgefängnisses sowie eine Freilassung der 16 einsitzenden Flüchtlinge.<br />
ESSLING<br />
Im August hatte die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) bei einem Runden<br />
Tisch gesagt, sie rechne bis 2012 mit einem neuen Konzept für die Haftanstalt. Dazu wurden<br />
mehrere Arbeitsgruppen gebildet. An dem vertraulichen Treffen hatten unter anderem Vertreter von<br />
Kirchen, Menschenrechtsorganisationen und Ministerien teilgenommen.<br />
Demofotos<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
0 Empfehlen Senden<br />
23
Demo Ingelheim<br />
Presseberichte<br />
Protest gegen Abschiebepraxis<br />
02.09.2011 - INGELHEIM<br />
(red). Die rot-grüne Landesregierung plant die Lebensbedingungen von ausreisepflichtigen<br />
Menschen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> zu verbessern. Die „Arbeitsgruppe Runder Tisch Ingelheim“, die sich<br />
mit der Zukunft der Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige (GfA) in Ingelheim beschäftigt, hat<br />
Mitte August erstmals getagt (AZ-Bericht vom 13. August).<br />
Unabhängig von diesen Aktivitäten veranstaltet das von zahlreichen gesellschaftlichen Gruppen<br />
getragene „Aktionsbündnis Abschiebehaft Abschaffen!“ am Samstag, 3. September, eine<br />
Demonstration vor den Mauern des Abschiebegefängnisses. Im Anschluss findet ein Festival statt.<br />
Auftakt der Demo ist um 14 Uhr am Bahnhof in Ingelheim. Die Demonstration findet unter dem Motto<br />
„Weg mit dem Knast - Abschiebehaft abschaffen - Für globale Bewegungsfreiheit“ statt. Der zentrale<br />
Kritikpunkt des Protests ist die Abschiebepraxis in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, aber auch bundesweit.<br />
Forderung nach Schließung des Gefängnisses<br />
„Mit der Schließung des Trierer ,Ausreisezentrums‘, einer Abschiebeeinrichtung für Flüchtlinge,<br />
deren Identität als ungeklärt gilt, und der Aufhebung der Residenzpflicht für <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> wurden<br />
erste wichtige Schritte in die richtige Richtung getan. Als nächstes muss das Abschiebegefängnis<br />
geschlossen werden. Wir setzen uns ein für eine solidarische Gesellschaft, in der Platz für alle<br />
Menschen ist. Globale Bewegungsfreiheit, ein selbst bestimmtes Leben, freie Teilhabe an allen<br />
Lebensbereichen und gleiche Rechte für alle sind unsere Perspektive“, so Uli Tomaschowski,<br />
Mitglied der Vorbereitungsgruppe.<br />
Behinderungen für Verkehrsteilnehmer<br />
Laut Mitteilung der Stadtverwaltung Ingelheim beginnt die Demonstration im Bereich der unteren<br />
Bahnhofstraße im Stadtzentrum. Der Weg verläuft über Bahnhofstraße, Boehringer Straße, Untere<br />
Sohlstraße, Paul-Clemen-Straße, San-Pietro-Straße, links abbiegend in die Grundstraße, wieder<br />
links abbiegend in die Binger Straße, rechts abbiegend in die Konrad-Adenauer-Straße bis zur GfA.<br />
Die Polizei wird den Demonstrationszug begleiten. Der Verkehr wird um die von der Demonstration<br />
betroffenen Straßenabschnitte umgeleitet. Wo dies nicht möglich ist, ist mit längeren Wartezeiten zu<br />
rechnen.<br />
Demonstration gegen Abschiebegefängnis 3.9.2011 16:28<br />
Ingelheim (dpa/lrs) - Gegen ein Abschiebegefängnis in Ingelheim haben am<br />
© Verlagsgruppe Rhein-Main 2011<br />
Alle Rechte Samstag vorbehalten mehrere | Vervielfältigung hundert Menschen nur mit Genehmigung demonstriert. der Verlagsgruppe Nach einigen Rhein-Main Redebeiträgen<br />
vor dem Ingelheimer Bahnhof und der Kreisverwaltung wollten die<br />
Teilnehmer am Nachmittag vor die Mauern des Gefängnisses ziehen,<br />
berichtete eine Sprecherin. Zu der Aktion hatte neben verschiedenen Menschenrechtsbündnissen<br />
auch der Landesverband der Grünen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> aufgerufen. Gefordert<br />
wird eine Schließung des Hochsicherheitsgefängnisses sowie eine Freilassung der<br />
16 einsitzenden Flüchtlinge.<br />
Im August hatte die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) bei einem<br />
Runden Tisch gesagt, sie rechne bis 2012 mit einem neuen Konzept für die Haftanstalt. Dazu<br />
wurden mehrere Arbeitsgruppen gebildet. An dem vertraulichen Treffen hatten unter anderem<br />
Vertreter von Kirchen, Menschenrechtsorganisationen und Ministerien teilgenommen.<br />
24 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Allgemeine Zeitung: Interview mit Daniel Köbler<br />
Demo Ingelheim<br />
„Immer wieder ein bedrückendes Gefühl“<br />
28.07.2011 - INGELHEIM<br />
Von Beate Schwenk<br />
ABSCHIEBEGEFÄNGNIS Vorsitzender der Grünen-Landtagsfraktion verspricht humanere<br />
Lösung<br />
Über die Zukunft des Abschiebegefängnisses in der Konrad-Adenauer-Straße wird nicht erst seit<br />
gestern diskutiert. Seitdem der Themenkomplex im neuen, grün geführten Integrationsministerium<br />
angesiedelt ist, hat die Debatte über eine mögliche Schließung der „Gewahrsamseinrichtung für<br />
Ausreisepflichtige“ (GfA) aber spürbar Fahrt aufgenommen. Ministerin Irene Alt (Bündnis 90/Die<br />
Grünen) hat das Thema auf die politische Agenda gesetzt. Eine Arbeitsgruppe soll nun klären, wie<br />
es für die GfA weiter geht.<br />
Auch Daniel Köbler, der auf seiner Sommertour gestern in Ingelheim Station machte, ist die<br />
herrschende Abschiebepraxis ein Dorn im Auge. Der Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion war<br />
nicht zum ersten Mal in der Einrichtung. „Es ist immer wieder ein bedrückendes Gefühl“, so sein<br />
erstes Statement nach dem zweistündigen Rundgang. „Hier sitzen Menschen, die nichts getan<br />
haben, außer Schutz zu suchen.“ Die neue rot-grüne Landesregierung wolle versuchen, eine<br />
humanere Lösung zu finden als die Unterbringung in einem Gefängnis, versprach der Grüne.<br />
Die Einrichtung in der Konrad-Adenauer-Straße, die über 152 Plätze verfügt, ist zurzeit nicht einmal<br />
zu einem Fünftel belegt. Aktuell warten hier 25 Frauen und Männer auf ihre Abschiebung; streng<br />
gesichert durch meterhohe Mauern und durch Stacheldraht. Die Ingelheimer GfA ist die zentrale<br />
Abschiebeeinrichtung für <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> und für das Saarland, woher 13 der zurzeit 25<br />
Abschiebehäftlinge kommen. Wegen der grenzüberschreitenden Belegung werde man auch mit dem<br />
Saarland in Verhandlung treten, kündigte Köbler an. Zwar ist er sich bewusst, dass das Thema<br />
Abschiebehaft nur auf Bundesebene angegangen werden kann, bei der Frage der Unterbringung<br />
sieht er aber Spielräume. Als Beispiel nannte er Modelle aus dem Jugendstrafvollzug oder eine<br />
dezentrale Unterbringung wie dies neuerdings in Bayern praktiziert werde.<br />
Um die Möglichkeiten auszuloten, habe man einen Runden Tisch initiiert, der unter Leitung von<br />
Integrationsministerin Alt Konzepte entwickeln solle. Mit Ergebnissen sei aber frühestens in<br />
eineinhalb Jahren zu rechnen. Vor 2013 dürfte sich also an dem derzeitigen Status quo nicht viel<br />
ändern. Man werde freilich alles daran setzen, den Alltag der Menschen so erträglich wie möglich zu<br />
gestalten, betonte Köbler. Auch das Personal in der Einrichtung spiele hierbei eine wichtige Rolle.<br />
„Die Bediensteten machen eine gute Arbeit, und es ist keine einfache Arbeit“, konstatierte Köbler.<br />
Zugleich hob er das Engagement der verschiedenen Initiativen hervor, die sich in der Ingelheimer<br />
GfA engagieren.<br />
Oberstes Ziel müsse letztlich sein, Einrichtungen wie diese gänzlich überflüssig zu machen,<br />
bilanzierte Köbler. Die Politik müsse sich fragen, wie sie mit den Ursachen der Flüchtlingsströme<br />
umgehen wolle. „Wir haben eine gemeinsame Verantwortung“, erklärte der grüne Fraktionschef und<br />
gab zu bedenken, dass angesichts von Klimawandel, Kriegen und Hungersnöten in Zukunft noch mit<br />
viel mehr Flüchtlingen zu rechnen sei - sofern man die Ursachen nicht in den Griff bekomme.<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
25
gar der Demo Himmel Ingelheim sieht hinter Mauern anders Rhein-Zeitung: aus - Startseite „Sogar ... der Himmel http://www.rhein-zeitung.de/startseite_artikel,-Sogar-der-H<br />
sieht hinter Mauern anders aus“<br />
stellen auto immobilien kleinanzeigen tiere ferienwohnungen inserieren<br />
++ 13:20 Deutschlands Schulanfänger werden schlanker · Berlin<br />
++ 13:15 DAX: Kurse im XETRA-Handel am 7.09.2011 um 13:05 Uhr<br />
Startseite<br />
27.07.2011, 11:53 Uhr<br />
Sogar der Himmel sieht hinter Mauern anders aus<br />
Ingelheim - Die grüne Tür beeindruckt eigentlich nicht. Wäre sie nicht die Eintrittspforte zur "Gewahrsamseinrichtung für<br />
Ausreisepflichtige" in Ingelheim. Die Amtssprache verwirrt. Für Kritiker ist es schlicht der "Abschiebeknast" .<br />
Es ist ein Vormittag. Die Tür fällt leise hinter mir ins Schloss. Ein mulmiges Gefühl steigt in mir hoch.<br />
Gefängnisleiter Stefan Mollner wartet in seinem Büro auf mich. Es war kein Problem, mit ihm einen<br />
Besuch in der Gewahrsamseinrichtung zu vereinbaren. Man habe nichts zu verbergen.<br />
Blauer Himmel, triste Aussicht...<br />
HARRY BRAUN<br />
Das Handy und der Ausweis bleiben an der Pforte. Der Bedienstete öffnet mehrere Türen. Solche<br />
Situationen kenne ich aus Filmen. Jetzt bin ich live dabei. Er begleitet mich zu seinem Chef. Die<br />
komplette Schließanlage ist elektronisch gesichert, sagt er noch. Später erfahre ich, dass hier seit<br />
2001 keine Flucht mehr erfolgt ist. 152 Plätze stellt das Land <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> in der<br />
Gewahrsamseinrichtung in Ingelheim bereit. Wer hier hineinkommt, für den gilt zumeist nur eine<br />
Richtung: zum Flughafen und zur Abschiebung in das Heimatland. Oder die polizeiliche Eskorte in<br />
das Land, aus dem er nach Deutschland gelangte.<br />
50 Plätze sind in Ingelheim den "Ausreisepflichtigen" aus dem Saarland vorbehalten. Männer und<br />
Frauen, für die ein Richter die Haft angeordnet hat, kommen hierher, erläutert Mollner. Sei es zur<br />
Vorbereitung auf ihre Ausweisung, sei es, damit bei der geplanten Abschiebung nichts schief geht.<br />
Durchschnittlicher Verbleib: 38 Tage. Die "Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige" ist derzeit<br />
zu 30 Prozent belegt. Die Zahl sank vor einigen Jahren auf dieses Niveau.<br />
Aus dem Fenster in Mollners Büro fällt der Blick auf das Gelände. Rundum eine hohe Betonmauer.<br />
Zwischen zwei Basketballkörben werfen sich einige "Verwahrte" einen Ball zu. Mollner korrigiert mich,<br />
wenn ich "Häftlinge" sage. Sie nutzen den einstündigen Freigang. Ansonsten ist ihr Tag straff<br />
strukturiert, sagt er. Wecken um sechs. Um 22 Uhr werden sie wieder in den Zellen eingeschlossen.<br />
Am Vor- und Nachmittag gibt es ein paar Stunden, um Besuche zu empfangen oder sich beraten zu<br />
lassen. "Es gibt eine ökumenische Beratungsstelle." Der eigene Sozialdienst arbeitet mit dem<br />
medizinischen Personal des "Arbeiter-Samariter-Bundes" zusammen. Auch Vertreter von "Amnesty<br />
International" kommen regelmäßig vorbei. "Wir stellen auch die Kontakte nach außen her." Zum<br />
Anwalt, zur Familie. Die Besuchszeiten werden nicht reglementiert.<br />
Eine Stunde am Tag steht den in<br />
Ingelheim untergebrachten<br />
Männer und Frauen in<br />
Außenbereich zur freien<br />
Verfügung.<br />
HARRY BRAUN<br />
Blick durch die Gitter in die<br />
Gänge der Abschiebeeinrichtung.<br />
HARRY BRAUN<br />
Es ist kurz vor zehn Uhr. Der "Kiosk" hat geöffnet. Mollner führt mich durch den Hof dorthin. Ich sehe<br />
den blauen Himmel über Ingelheim. Drüben blicke ich in drei Gesichter. "So sehen sie aus", denke<br />
ich. Sie stehen schweigend vor dem provisorischen "Kiosk". Nur einzeln eintreten ist erlaubt.<br />
Hygieneartikel, Tabak und Telefonkarten sind die "Renner". "Es gibt sechs Euro Taschengeld pro<br />
Woche. Bei gemeinnützigen Tätigkeiten können sie sich etwas dazuverdienen." Putzen, Zellen<br />
streichen oder dem Hausmeister behilflich sein. Vorhin hat Mollner einen Teich gezeigt, den<br />
"Verwahrte" angelegt haben. Etwas weiter: ein Garten. Wer will, könne dort Gemüse anbauen.<br />
Mollner führt mich noch in eine Zelle. Sie wirkt kalt und karg. Später sagt er: "Unsere Standards<br />
gehören zu den besten in Deutschland. Der Betreuungsaufwand in Ingelheim muss sich nicht<br />
verstecken." Mag sein, denke ich, als sich nach knapp zwei Stunden die Tür am Ausgang hinter mir<br />
schließt. Der Himmel auf dieser Seite der Mauer sieht noch genauso aus und doch wirkt er auf mich<br />
ganz anders. Gregor Starosczyk-Gerlach<br />
Runder Tisch geplant<br />
Das könnte Sie auch interessieren<br />
0<br />
Empfehlen<br />
Senden<br />
Ermittler könnten Türkei zu Frühchentod einschalten<br />
Siegen - Nach dem Tod von drei frühgeborenen Säuglingen in Siegen prüft die Staatsanwaltschaft ein... mehr<br />
easyCredit Ratenkredit<br />
Wir bieten Ihnen günstige Konditionen, flexible Raten und ein großes Sicherheitspaket. mehr<br />
26 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
Säuglingstod: Kinderklinik Siegen hat Vermutung
taz: „Grüne Wahlversprechen auf der Kippe“<br />
Demo Ingelheim<br />
14.09.2011<br />
Grüne Wahlversprechen auf der Kippe<br />
RHEINLAND-PFALZ Flüchtlingslobby verlangt Auflösung des Abschiebeknastes. Rot-Grün beruft runden<br />
Tisch<br />
MAINZ taz Die Regierungspartei Bündnis 90/Die Grünen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> ist auf dem besten Weg, ihre<br />
bisherige Forderung nach Schließung des Abschiebegefängnisses in Ingelheim am Rhein zu revidieren. Das<br />
jedenfalls behaupten in der Flüchtlingsarbeit aktive Menschenrechtsorganisationen, darunter terre des<br />
femmes und der Saarländische Flüchtlingsrat.<br />
In einer "Ingelheimer Erklärung" werfen sie den Grünen vor, den "Abschiebeknast" nicht mehr - wie noch im<br />
Wahlkampf versprochen - abschaffen, sondern nur noch die Haftbedingungen verbessern zu wollen. Als<br />
Grund dafür vermuten sie Druck des Koalitionspartners SPD.<br />
"Die endgültige Schließung der Landeseinrichtung für den Vollzug der Abschiebehaft steht bei den Grünen<br />
weiter ganz oben auf der politischen Agenda", versichert dagegen der Fraktionschef der Grünen im rheinlandpfälzischen<br />
Landtag, Daniel Köbler. "Spätestens Ende 2015", so Köbler jetzt auf Nachfrage, werde das<br />
rheinland-pfälzische Abschiebegefängnis in Ingelheim Geschichte sein. Schließlich sei ja auch das<br />
"Ausreisezentrum" in Trier gleich nach der Konstituierung der rot-grünen Koalition zugesperrt worden. So war<br />
es vor der Wahl im März dieses Jahres auch versprochen worden.<br />
Die "Flüchtlingslobby" (Selbstbezeichnung) reibt sich vor allem an dem Begriff "ergebnisoffen": Mit diesem<br />
Wort umschrieb die rot-grüne Landesregierung den Arbeitsauftrag für einen runden Tisch zur Aufarbeitung der<br />
Problematik rund um den Abschiebeknast.<br />
Eine humane Abschiebehaft gäbe es jedoch nicht, sagen die unabhängigen Flüchtlingshilfeorganisationen.<br />
Aufgabe des runden Tisches, an dem inzwischen Vertreter von Regierungsstellen, Glaubensgemeinschaften,<br />
Verbänden und Vereinen Platz genommen haben, könne es deshalb nur sein, ausschließlich nach Wegen zur<br />
raschen Schließung des Abschiebegefängnisses zu suchen. Einer "ergebnisoffen" geführten Debatte dagegen<br />
werde man sich verweigern.<br />
Die Ingelheimer Gewahrsamseinrichtung hält 152 Haftplätze für Ausreisepflichtige vor, darunter 50 Plätze, die<br />
das Saarland in Anspruch nehmen kann. Aktuell sind dort allerdings weniger als 20 Zellen belegt.<br />
"Wir als Grüne Partei sehen keine Notwendigkeit, Menschen in Abschiebehaft zu nehmen", sagte auch die<br />
grüne Integrationsministerin Irene Alt am Dienstag im Gespräch mit der taz. Es gehe jetzt allerdings erst<br />
einmal darum, so schnell wie möglich "die Lebensbedingungen der dort eingesperrten Menschen unter<br />
humanitären Gesichtspunkten zu verbessern". Noch allerdings müsse das Land die Bundesgesetzgebung<br />
beachten und den Vollzug von Abschiebehaft garantieren, ergänzte Ministerin Alt abschließend.<br />
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT<br />
Aus dem Stand in die Ministerien<br />
Regieren geht über studieren: Diese Erfahrung in einem Bündnis mit der SPD - zitiert nach Joschka Fischer -<br />
müssen nun die Grünen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> machen. Bis zur Landtagswahl im März waren die Grünen noch<br />
nicht einmal im Landtag, dann sollten sie mit einem Ergebnis von 15,4 Prozent gleich mitregieren. Seither<br />
werden Grundsatzhaltungen neu kommuniziert und auch revidiert: beim Hochmoselübergang (einer<br />
gigantischen Autobahnbrücke), bei den Subventionen für den Flughafen Hahn und das Formel-1-Rennen auf<br />
dem Nürburgring, bei der Justizreform - und eben wie jetzt auch beim Abschiebegefängnis Ingelheim. Grün<br />
pur war gestern. (kpk)<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
27
Residenzpflicht<br />
Antrag SPD/Grüne für landesweite Bewegungsfreiheit<br />
LANDTAG RHEINLAND-PFALZ<br />
16. Wahlperiode<br />
Drucksache 16/215<br />
12. 08. 2011<br />
A n t r a g<br />
der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
Landesweite Bewegungsfreiheit für <strong>Asyl</strong>suchende – für ein modernes<br />
und aufgeschlossenes Aufenthaltsrecht<br />
I. Der Landtag stellt fest:<br />
Für <strong>Asyl</strong>bewerberinnen und -bewerber und Duldungsinhaberinnen und -inhaber<br />
ist der Aufenthalt in Deutschland in unterschiedlicher Weise räumlich beschränkt<br />
(Residenzpflicht). Für <strong>Asyl</strong>bewerberinnen und -bewerber besteht eine<br />
Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde. Durch eine landesrechtliche<br />
Regelung ist die Residenzpflicht jeweils auf den ehemaligen Regierungsbezirk<br />
ausgedehnt worden, weshalb in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> von einer beschränkten Mobilität<br />
gesprochen werden kann.<br />
Deutschland ist das einzige Land in der Europäischen Union, in dem eine Residenzpflicht<br />
existiert.<br />
Viele Flüchtlinge und <strong>Asyl</strong>suchende verletzen aus Unwissenheit die bestehende<br />
Regelung – nicht selten entstehen Verstöße aus dem Wunsch heraus, Familie oder<br />
Freundinnen und Freunde zu besuchen.<br />
Die Verletzung der Residenzpflicht kann im schlimmsten Fall in einer Gefängnisstrafe<br />
münden. Zudem zählen diese Vergehen als „Straftaten“, die als Ausländerkriminalität<br />
in der Kriminalitätsstatistik geführt werden mit der Folge, dass <strong>Asyl</strong>suchende<br />
und Flüchtlinge öffentlich von Teilen der Bevölkerung als kriminell<br />
dargestellt werden. Die Regelung zur räumlichen Beschränkung greift massiv in<br />
das Recht der allgemeinen Handlungsfreiheit ein und führt zu einer verstärkten<br />
Isolation von Schutzsuchenden in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />
II.<br />
Der Landtag begrüßt:<br />
Der Landtag begrüßt parlamentarische Initiativen auf Landes- und Bundesebene,<br />
die die Residenzpflicht abschaffen wollen sowie die Lockerung bzw. Aufhebung<br />
der Residenzpflicht in einigen Bundesländern.<br />
Im Zuge der Enquete-Kommission 15/2 „Integration und Migration in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>“,<br />
die sich eingehend und umfassend mit dem Thema <strong>Asyl</strong> und Zuwanderung<br />
beschäftigt hat, spricht sich der rheinland-pfälzische Landtag für eine<br />
grundsätzliche Aufhebung einer räumlichen Beschränkung für <strong>Asyl</strong>suchende<br />
und Flüchtlinge in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> aus.<br />
III. Vor diesem Hintergrund fordert der Landtag die Landesregierung auf,<br />
– <strong>Asyl</strong>bewerberinnen und -bewerbern das Recht auf Bewegungsfreiheit einzuräumen<br />
und auf Grundlage von § 58 Abs. 6 des <strong>Asyl</strong>verfahrensgesetzes eine<br />
Rechtsverordnung zu erlassen, die es <strong>Asyl</strong>suchenden erlaubt, sich im gesamten<br />
Land <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> vorübergehend aufzuhalten;<br />
– die Ausländerbehörden auf die grundsätzliche Gebührenfreiheit der Verlassenserlaubnisse<br />
hinzuweisen;<br />
b. w.<br />
28 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
Druck: Landtag <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, 12. August 2011
Antrag SPD/Grüne für landesweite Bewegungsfreiheit<br />
Residenzpflicht<br />
Drucksache 16/215<br />
Landtag <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> − 16. Wahlperiode<br />
– in den Dialog mit dem Saarland, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg<br />
und Hessen zu treten, um eine gemeinsame Regelung herbeizuführen, die es<br />
den <strong>Asyl</strong>suchenden und Flüchtlingen gestattet, sich vorübergehend im jeweils<br />
anderen Bundesland aufzuhalten;<br />
– sich ferner im Bundesrat für eine stärkere Harmonisierung der Regelungen<br />
über die räumliche Beschränkung für <strong>Asyl</strong>bewerberinnen und <strong>Asyl</strong>bewerber<br />
und Geduldete einzusetzen und eine Bundesratsinitiative zur Aufhebung der<br />
Residenzpflicht für <strong>Asyl</strong>begehrende einzubringen.<br />
Für die Fraktion<br />
der SPD:<br />
Barbara Schleicher-Rothmund<br />
Für die Fraktion<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:<br />
Nils Wiechmann<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
29
Residenzpflicht<br />
Verordnung MIFKJF: Vorgriffsregelung Residenzpflicht<br />
30 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Verordnung MIFKJF: Vorgriffsregelung Residenzpflicht<br />
Residenzpflicht<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
31
Residenzpflicht<br />
Verordnung MIFKJF: Vorgriffsregelung Residenzpflicht<br />
32 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
AK <strong>Asyl</strong> begrüßt Beschluss des Landtags zum Thema Residenzpflicht<br />
Residenzpflicht<br />
AK <strong>Asyl</strong> RLP – Postfach 2851 – 55516 Bad Kreuznach<br />
An die<br />
Presse und Medien<br />
<strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong> RLP<br />
Postfach 2851<br />
55516 Bad Kreuznach<br />
Tel.: 06 71 - 8 45 91 52<br />
Fax: 06 71 - 8 45 91 54<br />
eMail: info@asyl-rlp.org<br />
Web: www.asyl-rlp.de<br />
Datum: 19. 8. 2011<br />
Presseinformation:<br />
AK ASYL begrüßt Beschluss des Landtags zum Thema Residenzpflicht<br />
Der AK ASYL <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> begrüßt ausdrücklich den gestrigen Beschluss des<br />
Landtags <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, die Residenzpflicht für <strong>Asyl</strong>suchende auf das gesamte<br />
Bundesland zu erweitern.<br />
Damit wird zumindest teilweise unsere seit zwanzig Jahren erhobene Forderung<br />
einer Abschaffung der Residenzpflicht erfüllt.<br />
„Mit der Erweiterung der Bewegungsfreiheit von <strong>Asyl</strong>suchenden auf das<br />
Bundesland ist ein wichtiger Schritt getan“, so Siegfried Pick vom AK ASYL.<br />
Aber Flüchtlingen wird es weiterhin verwehrt, Freunde und Verwandte, sowie<br />
religiöse und politische Versammlungen auerhalb des Bundeslandes zu besuchen.<br />
Auch die Arbeitsaufnahme in benachbarten Bundesländern bleibt<br />
genehmigungspflichtig.<br />
„Die Residenzpflicht ist eine Maßnahme, die Flüchtlinge schikaniert und sie aus<br />
der Gesellschaft ausgrenzt. Sie verletzt das Menschenrecht auf<br />
Bewegungsfreiheit“.<br />
„Wir fordern deswegen weiterhin nachdrücklich, die Residenzpflicht aus dem<br />
Gesetz zu streichen“. Dies ist aber Bundesangelegenheit, es muss das<br />
<strong>Asyl</strong>verfahrensgesetz geändert werden.<br />
„Die Landesregierung muss hier umgehend eine Bundesratsinitiative starten“,<br />
fordert der AK ASYL <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />
Bis dahin muss es mit den benachbarten Bundesländern pragmatische Lösungen<br />
geben.<br />
S. Pick<br />
Koordinierungsgruppe:<br />
Behrouz Asadi, Flüchtlingsrat Mainz; Manfred Asel Flüchtlingsbeauftragter des<br />
Diakonischen Werkes <strong>Pfalz</strong>, Speyer; Siegfried Pick, Pfarrer für Ausländerarbeit, Bad<br />
Kreuznach,; Jürgen Pirrong, Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises, Beauftragter für<br />
Migration und Integration; Bärbel Liss-Gul, Diakonisches Werk Koblenz; Pierette<br />
Onangolo, AWO <strong>Rheinland</strong>; Kirsten Liebmann, Diakonisches Werk im Kirchenkreis<br />
Altenkirchen; Bernd Drüke, Flüchtlingsrat Mainz; Uli Sextro, Diakonisches Werk Mainz-<br />
Bingen<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
Bankverbindung:<br />
Konto-Nr.: 75 Ev. Verwaltungsamt<br />
BLZ: 560 501 80 Sparkasse Rhein-Nahe<br />
- Spendenbescheinigung möglich -<br />
33
Residenzpflicht<br />
PM MIFKJF: „Residenzpflicht nicht mehr zeitgemäß“<br />
MINISTERIUM FÜR INTEGRATION,<br />
FAMILIE, KINDER, JUGEND UND FRAUEN<br />
Mainz, 19.08.2011<br />
Nr. 043<br />
Verantwortlich (i.S.d.P.)<br />
Astrid Eriksson<br />
Pressesprecherin<br />
Telefon 06131 16-5632<br />
Pressestelle@mifkjf.rlp.de<br />
Integration<br />
Ministerin Irene Alt: „Wir wollen Bewegungsfreiheit für <strong>Asyl</strong>suchende<br />
- Residenzpflicht ist nicht mehr zeitgemäß!“<br />
Integrationsministerin Irene Alt hat sich vor dem Landtag dafür ausgesprochen, Menschen<br />
mit laufendem <strong>Asyl</strong>verfahren landesweite Bewegungsfreiheit zu erlauben. Damit<br />
unterstützte sie im Namen der Landesregierung einen entsprechenden Antrag der<br />
Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD zur Änderung der sogenannten<br />
Residenzpflicht. Dieser Antrag wurde gestern Abend mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen<br />
mehrheitlich angenommen. „Die Residenzpflicht ist - so wie sie jetzt geregelt<br />
ist - nicht mehr zeitgemäß! <strong>Asyl</strong>bewerber sollen sich nach Auffassung der Landesregierung<br />
in Zukunft frei im ganzen Land bewegen dürfen. Denn dieses rotgrüne<br />
Bündnis steht zu dem erklärten Ziel, die Aufnahmebedingungen von Flüchtlingen zu<br />
verbessern und sie von unnötigen Restriktionen zu befreien“, begründet Irene Alt ihre<br />
Haltung. „Insgesamt würden von der angestrebten Neuregelung etwa 1.700 Menschen<br />
profitieren.“<br />
Derzeit dürfen sich <strong>Asyl</strong>suchende, deren Verfahren noch läuft, im Gebiet des ehemaligen<br />
Regierungsbezirks in dem ihre Kommune liegt, frei bewegen. Damit sind sie<br />
schlechter gestellt als Menschen mit abgelehntem <strong>Asyl</strong>verfahren, die im Besitz einer<br />
Duldung sind. Denn sie dürfen sich innerhalb der Landesgrenzen frei bewegen, da<br />
eine Duldung räumlich lediglich auf das Landesgebiet beschränkt ist. „Dies ist ein<br />
Wertungswiderspruch, den wir beseitigen wollen“, so Integrationsministerin Irene Alt.<br />
34 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
1/2
PM MIFKJF: „Residenzpflicht nicht mehr zeitgemäß“<br />
Residenzpflicht<br />
Irene Alt weist darauf hin, dass die Bundesregierung nach einer Änderung des <strong>Asyl</strong>verfahrensgesetzes<br />
den Bundesländern die Möglichkeit gibt, die Bewegungsfreiheit<br />
von <strong>Asyl</strong>bewerbern auf das jeweilige ganze Land auszuweiten. Die Bundesländer<br />
Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein haben<br />
entsprechende Rechtsverordnungen erlassen und nutzen diese Option bereits. Baden-Württemberg<br />
will genauso wie <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> diesem Beispiel folgen.<br />
„Die Landesregierung bittet die Ausländerbehörden schon jetzt, Anträge auf eine sogenannte<br />
Verlassenserlaubnis großzügig zu behandeln und die Erlaubnisse gebührenfrei<br />
zu erteilen“, so die Ministerin weiter. Mit Blick nach Berlin kritisiert sie: „Der<br />
Bund drückt sich beim Thema Residenzpflicht um seine poltische Verantwortung, hier<br />
selbst bundesweit für klare Verhältnisse zu sorgen. Stattdessen bekommen wir jetzt<br />
Landeslösungen, die zwangsläufig zu einer Rechtszersplitterung führen, die keiner<br />
will.“ Die Landesregierung wird sich deshalb gemeinsam mit anderen Bundesländern<br />
für die Abschaffung der Residenzpflicht für <strong>Asyl</strong>bewerberinnen und <strong>Asyl</strong>bewerber einsetzen<br />
und eine entsprechende Initiative im Bundesrat einbringen.<br />
In einem zweiten Schritt möchte die Landesregierung Gespräche mit benachbarten<br />
Bundesländern aufnehmen, um länderübergreifende Lösungen zu diskutieren. Integrationsministerin<br />
Irene Alt: „Ballungsgebiete nehmen auf Landesgrenzen keine Rücksicht.<br />
So wäre es schon bei der Jobsuche im Rhein-Main-Gebiet oder im Rhein-<br />
Neckar-Raum eine riesige Hilfe, wenn die Betroffenen ohne Probleme ins Nachbarland<br />
fahren könnten. Aber ich sehe auch keinen triftigen Grund, warum eine <strong>Asyl</strong>bewerberfamilie<br />
aus Mainz nicht in den Frankfurter Zoo fahren darf, ohne dafür eine Genehmigung<br />
einholen zu müssen.“<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
2/2<br />
35
Residenzpflicht<br />
RheinZeitung: „<strong>Asyl</strong>: Bracht-Zitat empört Rot-Grün“<br />
Rhein-Zeitung, 20. August 2011<br />
36 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Süddeutsche: „Undiplomatische Vertretung der Heimatlosen“<br />
25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />
Aus Copyrightgründen können wir diesen Artikel nicht veröffentlichen.<br />
Sie finden diesen Artikel unter:<br />
http://www.sueddeutsche.de/politik/jahre-pro-asyl-undiplomatische-vertretung-der-heimatlosen-1.1138571<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
37
25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />
Süddeutsche: „Undiplomatische Vertretung der Heimatlosen“<br />
38 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Süddeutsche: „Undiplomatische Vertretung der Heimatlosen“<br />
25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
39
Debatte Recht auf <strong>Asyl</strong>: Die Barbaren sind da - taz.de<br />
25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />
http://www.taz.de/Debatte-Recht-auf-<strong>Asyl</strong>/!77620/<br />
taz: „Die Barbaren sind da“<br />
07.09.2011 16 Kommentare<br />
DEBATTE RECHT AUF ASYL<br />
Die Barbaren sind da<br />
In der EU wird das Recht auf <strong>Asyl</strong> immer weiter eingeschränkt. Und was machen wir Wir<br />
sehen dem Abbau dieses Grundrechts zu. Das sagt viel über uns aus.<br />
VON ILIJA TROJANOW<br />
Keine Gnade: tunesische Flüchtlinge an Italiens Küste.<br />
Bild: reuters<br />
Und ich sage euch, wenn ein Verlorener zu euch kommt, gewährt ihm Zuflucht, nehmt ihn auf,<br />
verköstigt ihn, lasst ihn teilhaben an der Wärme eures Herdes und eures Herzens …<br />
Etwa so oder so ähnlich, jeweils unterschiedlich beschworen, im Kern aber gleich, wird seit<br />
Menschengedenken das Prinzip formuliert, das bei Homer die Barbaren von den Zivilisierten<br />
trennt: das <strong>Asyl</strong>, laut Ovid der ruhmreichste Akt der Menschlichkeit. Flüchtende müssen in Frieden<br />
empfangen werden, müssen Schutz erhalten, egal ob es sich um Benachteiligte oder<br />
Unterdrückte, um Verbannte oder Geächtete, um geflohene Sklaven oder ausgerissene<br />
Gefangene handelt.<br />
Das <strong>Asyl</strong> birgt die letzte Hoffnung für all jene, die jede Aussicht auf Gerechtigkeit verloren haben;<br />
das <strong>Asyl</strong> verkündet: Es gibt ein Leben nach der Niederlage, nach dem Untergang.<br />
Was sagt es also über unsere Gesellschaft aus, dass in der Europäischen Union das Recht auf<br />
<strong>Asyl</strong> nur noch eingeschränkt gilt und wir dem Abbau dieses Grundrechts über die vergangenen<br />
Jahre und Jahrzehnte hinweg lethargisch zusahen<br />
Wir stöhnen, während andere die Last tragen<br />
44 Millionen Menschen sind gegenwärtig auf der Flucht. Während ihre Zahl weltweit zunimmt,<br />
nimmt sie in Europa ab. Die Entwicklungsländer beherbergen vier Fünftel aller Flüchtlinge. Nur<br />
zwei Prozent der Menschen, die im ersten Halbjahr dieses Jahres aus Libyen geflohen sind,<br />
haben den Weg nach Europa eingeschlagen. Mit anderen Worten: Wir stöhnen, während andere<br />
die Last tragen.<br />
Allein im Frühjahr dieses Jahres sind mehr als 1.500 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken. Das ist<br />
ein Skandalon, dessen schmerzliche Konturen man in abstrakten Diskursen auflösen kann, ohne<br />
dass sich dadurch etwas an der Verwerflichkeit der Zustände ändern würde.<br />
Wir führen gerne Wörter wie Menschenrechte ("Die Würde des Menschen ist unantastbar") im<br />
Mund, wir haben es uns in Nischen der Humanität gemütlich gemacht; was unser System und<br />
unser Wirken verwerflich macht, blenden wir aus, rationalisieren es weg. Könnten wir<br />
gemeinschaftlich in den Spiegel schauen, würden wir das Zerrbild einer Gesellschaft erkennen,<br />
die sich von dem Gedanken der Solidarität und Empathie zunehmend verabschiedet.<br />
Liegt es daran, dass wir den Flüchtling nicht am heimischen Herd empfangen und nicht in unserer<br />
40 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
1 von 2 09.09.11 12:14
taz: „Die Barbaren sind da“<br />
batte Recht auf <strong>Asyl</strong>: Die Barbaren sind da - taz.de<br />
25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />
http://www.taz.de/Debatte-Recht-auf-<strong>Asyl</strong>/!77620/<br />
Kirche beherbergen, weil wir ihn gar nicht zu Gesicht bekommen, weil er aufgefangen wird, bevor<br />
er uns erreichen kann Liegt es also daran, dass Schutzgeber und Flüchtling kaum mehr<br />
aufeinandertreffen und unsere Reflexe und Instinkte nicht wirken können Wenn zwei Menschen<br />
sich jenseits behördlicher Strukturen begegnen, öffnen sich meist die Schranken der<br />
Voreingenommenheit, der Ignoranz. Man sieht den anderen, sieht ihn wirklich und erkennt mit<br />
einem Blick in der Differenz zwischen zwei Leben schmerzhafte Unterschiede. Solche<br />
Begegnungen entlarven die brüchige Beschaffenheit des Wortes "Mitmensch".<br />
Berüchtigte Sperranlagen<br />
Es gibt Ungerechtigkeiten, die von einem einzelnen Foto eingefangen werden können - links<br />
Kinder im Schwimmbecken, rechts Frauen mit Kanistern vor einer Wasserpumpe -, doch für das<br />
Aufeinanderprallen von Flüchtlingen und Alteingesessenen braucht es viel mehr als ein Bild, weil<br />
es nicht unmittelbar stattfindet. Das Versagen der <strong>Asyl</strong>politik und der zivilisierten moralischen<br />
Impulse erkennt man an den Mauern und Zäunen, die weltweit errichtet werden.<br />
Manche sind berühmt und berüchtigt, wie die Sperranlagen (759 km lang) zwischen Israel und<br />
dem Westjordanland oder der Zaun zwischen den USA und Mexiko (1.078 km lang), andere<br />
weniger, wie etwa die 4.000 Kilometer lange Barriere zwischen Indien und Bangladesch, und<br />
wiederum andere sind erst in Planung, wie der 206 Kilometer lange Grenzzaun zwischen<br />
Griechenland und der Türkei. Diese Trennungen leisten Ghettoisierungen Vorschub, und das<br />
Ghetto ist bekanntlich die Brutstätte von Ressentiments und Vorurteilen, und zwar auf beiden<br />
Seiten der Mauer.<br />
Zudem geht von jedem Flüchtling eine Irritation aus, denn so machtlos und entrechtet er ist, so<br />
sehr beunruhigt er uns, indem er die Ordnungsmuster unseres gesellschaftlichen Alltags infrage<br />
stellt. "Lieber nicht einmischen", sind wir geneigt zu denken. Wir wissen zwar einiges, denn die<br />
Medien berichten doch immer wieder punktuell aus den Vorhöfen der Hölle an unseren Grenzen,<br />
und doch wollen wir diese Einblicke in eine unvorstellbare Verzweiflungslandschaft wie so vieles<br />
andere nicht wahrhaben.<br />
Die Verzweiflungslandschaft<br />
Wir nehmen es hin, weil wir glauben, dass es gegenwärtig anders nicht sein kann. Die Not der<br />
Flüchtlinge ertragen wir mit großer Abgeklärtheit. Das dürfte nicht sein, aus vielerlei Gründen, von<br />
denen vielleicht keiner schwerwiegender ist als die begründete Sorge, dass wir dadurch selbst<br />
Schaden nehmen könnten. Die Unmenschlichkeit, die wir dulden, entmenschlicht uns selbst.<br />
Dies früh erkannt zu haben und von Anfang an für ein Menschenrecht auf <strong>Asyl</strong> gekämpft zu haben<br />
ist das große Verdienst der Organisation Pro <strong>Asyl</strong>, die diese Woche ihr 25-jähriges Jubiläum feiert.<br />
So verroht sind inzwischen die behördlichen und paramilitärischen Gepflogenheiten, dass diese<br />
NGO für die Einzelfallprüfung für minimale rechtliche Standards kämpfen muss.<br />
Die Mitarbeiter mussten als Journalisten und Detektive tätig werden, vor allem in Griechenland, wo<br />
die Recherchen von Pro <strong>Asyl</strong> unzumutbar menschenverachtende Zustände in den dortigen<br />
Auffanglagern detailliert dokumentiert haben, was wiederum entscheidend das Urteil des<br />
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 21. Januar 2011 beeinflusste, die<br />
Abschiebung von <strong>Asyl</strong>bewerbern von Belgien nach Griechenland als Verletzung der Europäischen<br />
Menschenrechtskonvention (EMRK) zu verurteilen.<br />
Es wäre schöner, wir bräuchten eine Organisation wie Pro<br />
<strong>Asyl</strong> nicht, aber solange Flüchtlinge als vogelfrei gelten und kaum jemand sich um ihren Schutz<br />
kümmert, ist es wunderbar, dass es Pro <strong>Asyl</strong> gibt.<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
41
25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />
Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />
PRO ASYL wird 25:<br />
Kommentar von Herbert Leuninger, Pfarrer, Gründungsmitglied<br />
und langjähriger Sprecher von PRO ASYL<br />
01.09.2011<br />
Dieser Beitrag wurde der Publikation "Forum Migration September 2011" entnommen.<br />
Herbert Leuninger<br />
Eine Bewegung entsteht von unten<br />
Es war höchste Zeit, als PRO ASYL am 8. September 1986 in Frankfurt/Main gegründet wurde.<br />
So waren damals z.B. im Aufnahmelager für Flüchtlinge bei Frankfurt von der Hessischen<br />
Landesregierung Zelte für die Unterbringung neu ankommender <strong>Asyl</strong>bewerber aufgestellt<br />
worden. Sie sollten der Abschreckung dienen und die Botschaft vermitteln: Wir können keine<br />
weiteren Flüchtlinge aufnehmen. Der Hintergrund für solche und ähnliche Maßnahmen war:<br />
Die ursprünglich positive Einstellung gegenüber Flüchtlingen hatte sich seit geraumer Zeit<br />
verändert. Bislang waren sie, vor allem, wenn sie aus dem kommunistischen Machtbereich<br />
kamen, willkommen. Galten sie doch als Beweis dafür, dass der freiheitliche Westen den Diktaturen<br />
des Ostens überlegen war. Als aber immer mehr Flüchtlinge auch aus den Krisenländern<br />
Afrikas und Asiens und nicht zuletzt aus der Türkei in der Bundesrepublik <strong>Asyl</strong> begehrten,<br />
drehte sich der Wind.<br />
Dabei setzte sich in den Köpfen vieler Politiker der Gedanke fest, die Bundesrepublik habe<br />
ein zu großzügiges <strong>Asyl</strong>recht und eine zu üppige Sozialfürsorge. Daraus wurde gefolgert, man<br />
müsse das <strong>Asyl</strong>recht einschränken und alles tun, um Deutschland für Flüchtlinge weniger<br />
attraktiv erscheinen zu lassen. So kam es innerhalb weniger Jahre zu Änderungen von Gesetzen<br />
und Verordnungen, bis hin zu einem massiven Eingriff in das Grundgesetz. Dabei ging es<br />
vor allem darum, die Attraktivität der Bundesrepublik als <strong>Asyl</strong>land zu vermindern. Begriffe wie<br />
„Wirtschaftsflüchtling" oder noch schlimmer „<strong>Asyl</strong>schnorrer" und „Scheinasylant“ gingen in den<br />
politischen Sprachgebrauch ein.<br />
42 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />
25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />
Als dennoch die Zahl der Flüchtlinge aus aller Welt immer größer wurde, traten weitere Einschränkungen<br />
in Kraft. Die Unterbringung der <strong>Asyl</strong>suchenden erfolgt überall im Land nicht<br />
mehr in normalen Wohnungen, sondern in sogenannten Gemeinschaftsunterkünften oder Lagern.<br />
Das galt nicht nur vorübergehend, sondern für die ganze Dauer des <strong>Asyl</strong>verfahrens. Das<br />
aber konnte sich über Jahre erstrecken.<br />
Weitere Maßnahmen der Abschreckung waren die Einführung eines Arbeitsverbotes, die Umstellung<br />
von Geldleistungen auf Sachleistungen wie Lebensmittelpakete oder Gemeinschaftsverpflegung.<br />
Hilfen in besonderen Lebenslagen und die medizinische Versorgung wurden<br />
reduziert. In manchen Ländern gab es keine Schulpflicht für die Kinder von <strong>Asyl</strong>bewerbern.<br />
Ausländer, die einen <strong>Asyl</strong>antrag gestellt hatten, durften den Bezirk der Ausländerbehörde, dem<br />
sie zugewiesen waren, nur im Ausnahmefall und dann mit amtlicher Erlaubnis verlassen. Abgelehnten<br />
<strong>Asyl</strong>bewerbern drohten Ausweisung und Abschiebung.<br />
Diese diskriminierende Behandlung von ausländischen Flüchtlingen löste bei unzähligen<br />
Bürgerinnen und Bürgern, die durch unmittelbare Kontakte davon Kenntnis erhielten, eine<br />
erhebliche Betroffenheit aus. So wurden immer mehr Menschen unruhig über die Behandlung<br />
von Flüchtlingen in ihrem Wohn- oder Lebensbereich, vielleicht sogar in ihrer unmittelbaren<br />
Nachbarschaft. Am Anfang der Kontakte mit Flüchtlingen stand zumeist die Bereitschaft, ihnen<br />
bei den Behörden und auf Ämtern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Gerade der Schutz vor<br />
Abschiebungen entwickelte sich dabei als besonderer Schwerpunkt des Einsatzes. Dies war<br />
in den meisten Fällen mit dem Wunsch verbunden, sich mit Gleichgesinnten zusammen zu<br />
schließen und an die Öffentlichkeit zu gehen. Ein großer Bedarf an Hintergrundinformationen<br />
entstand, wie er durch die Medien nicht abgedeckt werden konnte. So entstand eine eindrucksvolle<br />
Bürgerrechtsbewegung, und zwar völlig eigenständig und von unten her.<br />
Dieser Prozess vollzog sich ähnlich wie bei den anderen neuen sozialen Bewegungen wie der<br />
Friedens-, der Umwelt-, der Frauen- und der Dritte-Welt-Bewegung, auf verschiedenen Ebenen.<br />
Die Vernetzung begann auf der Ortsebene, insofern dort Gruppen entstanden, die sich<br />
häufig mit Hilfsorganisationen und auch Kirchengemeinden verbündeten. Die nächst höhere<br />
Ebene der Zusammenarbeit waren dann Städte und Kreise. Schließlich schlossen sich die<br />
diversen Initiativen auf Landesebene zu Flüchtlingsräten zusammen. Jetzt ging es um den<br />
Informationsaustausch über die in den verschiedenen Bundesländern auftretenden Aufgaben<br />
und Probleme. Es galt öffentliche Aktivitäten in die Wege zu leiten, Appelle miteinander abzustimmen<br />
und sich vor allem in die politischen Entscheidungsprozesse einzumischen.<br />
Schwerpunkt des Einsatzes für Flüchtlinge ist eine ständige Auseinandersetzung mit den Behörden<br />
um Bleibe-, ja um Lebensrechte von Menschen, die in der Bundesrepublik Zuflucht gesucht<br />
haben. Dabei - und das gilt für die ganze Republik - gewinnt der Schutz vor Abschiebungen<br />
eine herausragende Bedeutung. Immer öfter werden nach Ausschöpfung aller rechtlichen<br />
Möglichkeiten Formen des sogenannten Kirchenasyls gewährt, das in vielen Fällen erfolgreich<br />
ist. Aber gerade ein Kirchenasyl macht deutlich, dass es bei dem Engagement für Flüchtlinge<br />
um einen sehr persönlichen Einsatz geht. Es entstehen Bindungen an das Schicksal anderer,<br />
ursprünglich fremder Menschen. Freundschaften entstehen mit der Bereitschaft, Mitmenschen<br />
in einem schweren, von vielen Leiden bestimmten Kampf um Leben und Menschenwürde zu<br />
unterstützen.<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
43
25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />
Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />
Das Dach auf Bundesebene<br />
Für diese neuartige und vielseitige Bewegung fehlte dann aber über die Länderebene hinaus<br />
so etwas wie ein Dach auf Bundesebene. Nicht zuletzt deswegen war PRO ASYL gegründet<br />
worden. Es gab zwar schon einige Flüchtlingsräte auf der Landesebene, aber noch keinen<br />
bundesweiten Flüchtlingsrat als nationalen Vernetzungsknoten. Hier wollte PRO ASYL provisorisch<br />
einspringen, bis von unten herauf über die Länderebene und auf demokratische Weise<br />
eine Bundesvertretung der Flüchtlingsinitiativen entstehen würde. Genau dies war vom Ansatz<br />
her ein ziemlich heikles Unternehmen, auf das sich die 15 Gründungsmitglieder aus den verschiedenen<br />
Menschenrechts- und Wohlfahrtsorganisationen eingelassen hatten. Dabei hatten<br />
sie weder einen Auftrag von ihren Verbänden her, geschweige denn von der Basis. Immerhin<br />
bekundete der Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Bonn ein<br />
besonderes Interesse an dieser Gründung. Dennoch war durchaus die Frage zu stellen, und<br />
sie wurde anfangs auch deutlich gestellt, mit welcher Rechtfertigung PRO ASYL eigentlich angetreten<br />
sei. Die Frage war deswegen so delikat, weil das Selbstverständnis in der Flüchtlingssolidarität<br />
mindestens ebenso demokratisch und autonom geprägt war wie in anderen Bereichen<br />
der neuen sozialen Bewegungen. Daher war es anfangs noch keineswegs ausgemacht,<br />
dass die Solidaritätsgruppen und Flüchtlingsräte PRO ASYL überhaupt akzeptieren würden.<br />
Da PRO ASYL einerseits seine prinzipielle Vorläufigkeit herausstellte und die Landesflüchtlingsräte<br />
bei PRO ASYL immer größere Bedeutung gewannen, verloren sich die anfänglich<br />
vorhandenen und durchaus verständlichen Vorbehalte gegenüber PRO ASYL immer mehr.<br />
Ein großes gegenseitiges Vertrauen machte es möglich, dass PRO ASYL, ohne komplizierte<br />
und langwierige Abstimmungsprozesse in die Öffentlichkeit gehen konnte. Die Akzeptanz von<br />
PRO ASYL in weiten Teilen der Medienlandschaft und vor allem bei der weiterhin autonom<br />
handelnden Basis machten PRO ASYL zu einer wichtigen Stimme für die Anliegen der Flüchtlinge.<br />
Die rechtliche Ausrichtung der Arbeit der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft waren der Artikel<br />
16 des Grundgesetzes, die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention.<br />
Durch eine gezielte Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, durch gründliche<br />
Information, durch Kampagnen und die Zusammenarbeit mit anderen Bürgerrechtsorganisationen<br />
wollte PRO ASYL beitragen, dass die Rechte für Flüchtlinge nicht abgebaut, sondern den<br />
heutigen Bedingungen entsprechend durchgesetzt wurden. Eines der Ziele war die Einführung<br />
eines jährlichen Tages des Flüchtlings. Der erste konnte bereits im Rahmen der Woche der<br />
ausländischen Mitbürger am 3.Oktober 1986 und zwar mit einer beachtlichen Beteiligung stattfinden.<br />
Bereits im Herbst 1988 wurde zur Unterstützung von PRO ASYL der Förderverein PRO ASYL<br />
e.V. gegründet. Sein Ziel ist es, sich für den Schutz von Flüchtlingen und politisch Verfolgten<br />
einzusetzen. Der Verein, dessen Mitglieder einen Mitgliedsbeitrag aufbringen müssen, sammelt<br />
Spenden und leitet diese an die Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL und an andere Flüchtlingsinitiativen<br />
weiter. Damit soll dann eine soziale, kulturelle und politische Bildungsarbeit<br />
ermöglicht werden.<br />
Die Flüchtlingssolidarität vor Ort, die Flüchtlingsräte auf Landes- und PRO ASYL auf der Bundesebene<br />
wurden Teil der größeren, mittlerweile europäischen und internationalen Menschenrechtsbewegung:<br />
Dazu gehörte die Mitarbeit im Europäischen Flüchtlingsrat, die Zusammenarbeit<br />
mit dem Forum Menschenrechte, mit dem Deutschen Frauenrat, mit der National Coalition,<br />
dem Zusammenschluss von mittlerweile 100 Kinderschutzorganisationen und –initiativen, dem<br />
es um die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention ging. Auch die Beteiligung bei der globalisierungskritischen<br />
Organisation ATTAC gehörte zum Spektrum intensiv gepflegter Zusam-<br />
44 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />
25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />
menarbeit. Eine ganz besondere Rolle spielte für PRO ASYL naturgemäß die Kirchenasylbewegung<br />
mit ihrem Einsatz gegen unmenschliche Abschiebungen.<br />
Die größere Beachtung, die die Themen Flüchtlinge und Fremdenfeindlichkeit bei den Gewerkschaften<br />
gefunden haben, hatte auch für die Zusammenarbeit mit PRO ASYL Konsequenzen.<br />
Das galt für den Deutschen Gewerkschaftsbund als Zusammenschluss aller Einzelgewerkschaften<br />
auf Bundes- und Bezirksebene wie auch etwa für die Industriegewerkschaft Metall,<br />
die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft und die Gewerkschaft der Polizei. Dabei<br />
stellten die mächtigen Organisationen ihre früheren Bedenken zurück, mit Bürgerrechtsbewegungen<br />
wie etwa PRO ASYL, die vom Organisationsgrad, von der Struktur und den Mitgliederzahlen<br />
mit den Gewerkschaften so vergleichbar waren wie der Elefant und die Maus, zu<br />
kooperieren.<br />
Die Demontage des Grundrechts auf <strong>Asyl</strong><br />
Nach der deutschen Wiedervereinigung kommt es mit Beginn der 90er Jahre zu einer Eskalation<br />
fremdenfeindlich motivierter Gewalttaten. Menschen werden auf offener Straße überfallen,<br />
Wohnungen von Ausländern und <strong>Asyl</strong>bewerbern in Brand gesteckt. 1992 werden nach offiziellen<br />
Angaben 17 Menschen Todesopfer rechtsextremistischer Gewalttaten.<br />
Am 20. September 1991 greifen in Hoyerswerda Rechtsextremisten ein <strong>Asyl</strong>bewerberwohnheim<br />
an, wobei etwa 30 Menschen verletzt werden. Im August 1992 kommt es in Rostock zu<br />
schweren, gewalttätigen Ausschreitungen gegen Ausländer: Am 24. August zünden rechtsextremistische<br />
Jugendliche nachts einen Wohnblock an, in dem hauptsächlich Vietnamesen leben<br />
und erhalten dafür von umstehenden erwachsenen Sympathisanten Beifall. Von der Polizei<br />
werden sie nicht behindert. Die ausländerfeindlichen Brandanschläge lösen weltweit ebenso<br />
wie bei der Mehrheit der deutschen Bevölkerung Entsetzen aus. Am 8. November 1992 demonstrieren<br />
in Berlin etwa 350.000 Menschen gegen Ausländerhass und Fremdenfeindlichkeit.<br />
In vielen Städten bekunden die Menschen mit Lichterketten ihre Solidarität mit den Ausländern.<br />
Zu solchen Kundgebungen kommt es auch nach den Brandanschlägen in Mölln, am 22./23.<br />
November 1992 auf von Personen türkischer Herkunft bewohnte Häuser, drei Türkinnen sterben.<br />
In diesem Klima wird die Diskussion um das Grundrecht auf <strong>Asyl</strong> in unserer Verfassung immer<br />
hitziger. Um die wachsende Zahl von <strong>Asyl</strong>bewerbern zu begrenzen, will die Koalition aus CDU/<br />
CSU und FDP das Grundrecht auf <strong>Asyl</strong> in der Verfassung ändern.<br />
Für PRO ASYL war dies wohl die größte Herausforderung seit Bestehen. Der Widerstand gegen<br />
eine Grundrechtsänderung wuchs in der Bürgerrechtsbewegung. Immer mehr Menschen<br />
wurden durch die öffentliche Diskussion, an die sich PRO ASYL mit allen zu Gebot stehenden<br />
friedlichen Mitteln beteiligte, aufmerksam auf die Flüchtlingsfrage. Immer mehr Menschen<br />
nahmen an Demonstrationen teil, unterstützten Kampagnen und stellten sich auf die Seite der<br />
Flüchtlinge.<br />
Auf dem Höhepunkt dieser Auseinandersetzung fand am 3. Oktober 1992 eine Großdemonstration<br />
im Bonner Hofgarten gegen Rassismus und für das Grundrecht auf <strong>Asyl</strong> mit weit über<br />
100.000 Menschen statt. Sie war organisiert worden vom Bonner Netzwerk Friedenskooperative.<br />
U.a. traten die „Toten Hosen" aus Düsseldorf auf. Gerade von einer Welttournée zurückgekehrt,<br />
waren sie schockiert darüber, dass inzwischen Molotowcocktails und Baseballschläger<br />
das Verhältnis zu Ausländern und Flüchtlingen prägte. Mit den Toten Hosen hat sich übrigens<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
45
25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />
Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />
im Laufe der Zeit eine ausgezeichnete Zusammenarbeit entwickelt bis zu einer gemeinsamen<br />
CD und einem Link auf deren homepage, über der das Logo des skelettierten Bundesadlers<br />
schwebte. Bei der Demo war dem Sprecher von PRO ASYL das Schlusswort und zwar nach<br />
dem fulminanten Auftritt des Sängers Herbert Grönemeyer zugefallen. Mit knappen Sätzen<br />
wurde der bundesdeutsche Verfassungsschutz auf´s Korn genommen. Dieser kümmere sich<br />
um alles andere, nur nicht um die Verfassung. Deswegen seien wir als Bürgerinnen und Bürger<br />
unmittelbar aufgerufen. Stakkato brüllte der Sprecher ins Mikrofon: „Wir - sind – der – Verfassungsschutz!".<br />
Einen Monat später versammelten sich wieder zahlreiche Demonstranten unter Beteiligung<br />
von PRO ASYL vor der Beethovenhalle. Hier fand der außerordentliche Parteitag der SPD zum<br />
<strong>Asyl</strong>recht statt. In der Beethovenhalle sprach unter u.a. Erhard Eppler, langjähriger Vorsitzenden<br />
der Grundwertekommission der SPD (1973-1992). Was der an flüchtlingsabwehrenden<br />
Bemerkungen von sich gab, löste manches ratlose Kopfschütteln aus. Nach ursprünglicher Ablehnung<br />
und heftigen innerparteilichen Kontroversen stimmte aber auch die SPD einer Grundgesetzänderung<br />
zu. Auch die Kirchen signalisierten ihr Einverständnis.<br />
Für PRO ASYL durfte und konnte es keine Änderung eines Grund- und Menschenrechts gehen.<br />
So lauteten auch die Argumente entsprechend:<br />
Im Grundgesetz stehen vier Worte wie gemeißelt: »Politisch Verfolgte genießen <strong>Asyl</strong>recht«.<br />
Damit erhielt der staatliche Schutz des Flüchtlings Verfassungsrang. Es war für ihn ein individuelles<br />
Grundrecht, das er bis zum Bundesverfassungsgericht einklagen konnte. Hintergrund<br />
war nicht nur die Vorstellung von der grundsätzlich gleichen Würde jedes Menschen und<br />
seiner Schutzwürdigkeit. Noch stärker war dieser Artikel eine historische Errungenschaft. Er<br />
wurde ohne Einschränkung und Vorbehalt in die bundesdeutsche Verfassung aufgenommen<br />
und zwar in den Grundrechtsteil, der über jede tagespolitische Veränderung erhaben war.<br />
Die Eltern des Grundgesetzes haben seinerzeit mit diesem Artikel eine moralische Konsequenz<br />
aus der nationalsozialistischen Diktatur ziehen wollen. Es war eine Art Dank an die<br />
Völkergemeinschaft für die Aufnahme Hunderttausender Flüchtlinge aus Hitlerdeutschland.<br />
Gleichzeitig war es aber auch die endgültige Absage an Diktatur, Diskriminierung, Folter,<br />
Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung von Menschen in Deutschland. Letztlich war es ein<br />
Protest gegen jedwede Gewaltherrschaft, wo immer sie in der Welt künftig auch ausgeübt werden<br />
sollte. Die Bundesrepublik hat mit diesem Artikel in Sachen Menschenrechte einen neuen<br />
Standard gesetzt. Der Staat sieht sich nicht nur im Sinne internationaler Menschenrechtskonventionen<br />
verpflichtet, Flüchtlinge aufzunehmen und zu schützen. Er gestaltet ihre Aufnahme<br />
zu einem Recht, das mit allen Rechtsweggarantien versehen ist.<br />
Im politischen Diskurs über das Grundrecht auf <strong>Asyl</strong> spielten solche Überlegungen kaum eine<br />
Rolle. Schließlich war es dem politischen Dauerfeuer gelungen, der Öffentlichkeit, auch der<br />
kirchlichen, zu vermitteln, man wolle ja das Grundrecht nicht antasten, sondern es nur vor<br />
Missbrauch schützen. Dabei ging es nur noch darum, die Bundesrepublik möglichst weitgehend<br />
zu entpflichten, Flüchtlinge aufzunehmen.<br />
Dann kommt der 26. Mai 1993, der Tag der Grundgesetzänderung. Eine riesige Menge blockiert<br />
den Bonner Bundestag. Die Abgeordneten erreichen nur per Schiff vom Rhein aus den<br />
Bundestag. PRO ASYL hat aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit nicht zur Blockade aufgerufen,<br />
aber ein symbolisches Spektakel vorgesehen. Zwei Schauspieler sollen als <strong>Asyl</strong>bewerber<br />
mit dem Fallschirm aus einem Kleinflugzeug abspringen und auf dem Flugplatzgelände Bonn-<br />
Hangelar vor einem „Beamten“ mit Schreibtisch ihren <strong>Asyl</strong>antrag stellen. Damit soll den Medien<br />
etwas zur Veranschaulichung der Grundgesetzänderung angeboten werden. Das Wochen-<br />
46 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />
25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />
blatt DIE ZEIT hatte unter den Worten des Jahres 1992 die PRO ASYL-Aussage aufgeführt,<br />
Flüchtlinge könnten künftig in der Bundesrepublik nur noch einen <strong>Asyl</strong>antrag stellen, wenn sie<br />
mit dem Fallschirm absprängen. Für das Happening liegt die behördliche Genehmigung vor.<br />
Offensichtlich ist aber das Bundesinnenministerium dagegen. Zwei Fahrzeuge des Bundesgrenzschutzes<br />
blockieren die Startbahn. Das ist Rechtsstaatlichkeit „pur"!<br />
Wichtigste Konsequenz der Änderung des <strong>Asyl</strong>rechts ist der Verlust des grundgesetzlichen<br />
<strong>Asyl</strong>schutzes für Flüchtlinge, die auf dem Landwege über ein Nachbarland einreisen. Sie werden<br />
zu "sicheren Drittstaaten" erklärt, in denen ein politischer Flüchtling auf Grund der Genfer<br />
Flüchtlingskonvention grundsätzlich bereits ausreichenden Schutz genießen kann.<br />
Die Hoffnung, das Bundesverfassungsgericht könne diese Grundgesetzänderung für ungültig<br />
erklären, erfüllte sich nicht. Am 14. Mai 1996 stellte es fest, dass mit der Änderung der Verfassung<br />
die Garantie eines Grundrechts auf <strong>Asyl</strong> für politisch Verfolgte aufrechterhalten worden<br />
sei. Gelichzeitig sei aber auch eine Grundlage für eine europäische Gesamtregelung geschaffen<br />
worden.<br />
Im Schatten der Grundgesetzänderung wurde aber auch das sogenannte <strong>Asyl</strong>bewerberleistungsgesetz<br />
verabschiedet. Während bisher die Leistungen der Sozialhilfe für <strong>Asyl</strong>bewerber<br />
durch das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geregelt waren, wird nun für diesen Personenkreis<br />
ein eigenes Gesetz geschaffen. Dabei ist eine deutliche Absenkung der bisherigen Leistungen<br />
für <strong>Asyl</strong>bewerber vorgesehen. Damit wird eine bestimmte Gruppe von Menschen aus der allgemeinen<br />
Sozialfürsorge ausgegrenzt und zwar zum Zwecke der Abschreckung und der Kostenersparnis.<br />
Vergleichbares geschah unter Hitler mit der jüdischen Bevölkerung.<br />
Am 5. Juni 1993 fand in Solingen, auch hier unter der Beteiligung von PRO ASYL, eine Kundgebung<br />
statt. Fünf türkische Frauen und Mädchen waren dem Brandanschlag von Rechtsextremen<br />
zum Opfer gefallen. "Die Flammen von Solingen beleuchten gespenstisch eine gescheiterte<br />
Ausländer- und <strong>Asyl</strong>politik!" hatten Heiko Kauffmann, damals noch Inlandsreferent des<br />
Kinderhilfswerks terre des hommes und PRO ASYL in einer gemeinsamen Stellungnahme zum<br />
Solinger Mord- und Brandanschlag erklärt und gemeint: Es sei zu befürchten gewesen, dass<br />
der jüngste <strong>Asyl</strong>beschluss des Bundestages in der rechten Szene als Signal für eine Art ethnischer<br />
Säuberung Deutschlands verstanden würde.<br />
Aktionsfeld Europa<br />
Aber nicht genug mit den Veränderungen des <strong>Asyl</strong>schutzes in Deutschland. Die Bundesregierung<br />
konzentriert sich jetzt auf weitere Einschränkungen im Rahmen der Europäischen Union.<br />
Damit stellt sich auch für PRO ASYL die Aufgabe, den eigenen Blick stärker auf Europa zu<br />
richten. Das geschieht vor allem durch die Mitarbeit im Europäischen Flüchtlingsrat (ECRE).<br />
Dies war ein Zusammenschluss von Flüchtlingsorganisationen aus den verschiedensten Ländern<br />
Europas. Ihre Aktivitäten, die auf die EU hin ausgerichtet waren, wurden von London aus<br />
koordiniert. ECRE stand dabei immer in engem Kontakt mit dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars<br />
der Vereinten Nationen in Genf. Diese Zusammenarbeit von PRO ASYL mit ECRE<br />
hat nicht nur den eigenen Horizont und den der <strong>Asyl</strong>initiativen nachhaltig verändert, sondern im<br />
Grunde auch das Wirkungsfeld für Kampagnen und Initiativen bis an die Grenzen der Europäischen<br />
Union und darüber hinaus erweitert.<br />
In diesem Zusammenhang spielte das Schengener Abkommen eine entscheidende Rolle. Es<br />
wurde am 14. Juni 1985 in der luxemburgischen Stadt Schengen beschlossen. Zentrales Anlie-<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
47
25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />
Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />
gen war die Schaffung eines Europas ohne Binnengrenzen. Dass dies gelang, war sicher ein<br />
großer politischer Erfolg. Bei der Feier von 25 Jahre Schengen im vergangenen Jahr machte<br />
PRO ASYL allerdings auch auf die hässliche Kehrseite der Freizügigkeit im Schengenland, das<br />
mittlerweile 25 europäische Staaten umfasst, aufmerksam. Die Freizügigkeit ist teuer erkauft<br />
worden. Schengen war nicht die Geburtsstunde zur Öffnung der Binnengrenzen Europas, sondern<br />
der Startschuss zum Ausbau verschärfter Abschottung an den Außengrenzen. Motor dieser<br />
Entwicklung war Deutschland. Die Abwehr von Flüchtlingen und Migranten an den Grenzen<br />
des Schengen-Raumes bzw. der EU nahm immer mehr fast militärische Züge an. Über<br />
15.000 Flüchtlinge und Migranten – mehr als 10.000 allein im Mittelmeer und Atlantik - starben<br />
in den letzten zwei Jahrzehnten an den hochgerüsteten europäischen Außengrenzen.<br />
Schengen steht nämlich auch für die Einführung des Visumzwangs für inzwischen 135 Länder.<br />
Darunter sind vor allem Staaten, aus denen Menschen fliehen. Das tausendfache Sterben vor<br />
den Toren Europas ist untrennbar mit der Visumspflicht, dem „schärfsten Schwert des Ausländerrechtes“<br />
- O-Ton des früheren Bundesinnenministers Manfred Kanther (CDU) - verbunden.<br />
Schutzsuchenden wird der rettende Fluchtweg auf europäisches Territorium und damit der<br />
Zugang zu einem <strong>Asyl</strong>verfahren möglichst versperrt.<br />
Schengen bedeutet die nahezu lückenlose High Tech-Überwachung an den europäischen<br />
Außengrenzen und den Export von Abschottungstechnologien in die Nachbarregionen, um<br />
Flüchtlinge bereits weit vor Europas Grenzen zu stoppen. Die europäischen Abwehrmaßnahmen<br />
finden heute bereits in internationalen Gewässern im Mittelmeer und im Atlantik statt.<br />
Tausende Bootsflüchtlinge wurden seit 2006 von EU-Mitgliedstaaten gemeinsam mit der europäischen<br />
Grenzagentur FRONTEX völkerrechtswidrig abgefangen und zurückverfrachtet in<br />
west- und nordafrikanische Transitstaaten.<br />
Das Desaster von Griechenland und Nordafrika<br />
Im November 2010 hat PRO ASYL eine Presseerklärung vom 25.11.2010 über die Lage von<br />
Flüchtlingen in Griechenlands mit der Überschrift verbreitet: Die Würde des Menschen wird mit<br />
Füßen getreten. Bei einer Erkundungsreise in das krisengeschüttelte EU-Land stießen PRO<br />
ASYL und Tom Koenigs, der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte<br />
und humanitäre Hilfe, auf völlig überfüllte Haftlager, in denen selbst Familien mit Kindern und<br />
unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert<br />
sind. Eine wochenlange Inhaftierung unter Bedingungen, wo sich Menschen noch nicht einmal<br />
niederlegen können, um zu schlafen, ist menschenverachtend. Die Haftbedingungen stellten<br />
einen Verstoß gegen die europäische Menschenrechtskonvention dar: „Niemand darf der Folter<br />
oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden“.<br />
Schon früher hatte PRO ASYL feststellen müssen, dass es in Griechenland kein funktionierendes<br />
<strong>Asyl</strong>system gab und das Land sich weder fähig noch willens erwies, die vielen Flüchtlinge<br />
angemessen zu versorgen und ihre <strong>Asyl</strong>anträge zu bearbeiten.<br />
Statt einer weiteren Abschottung der Grenzen setzte sich PRO ASYL für ein Sofortprogramm<br />
in Deutschland und anderen europäischen Staaten zur Unterstützung von Flüchtlingen in dem<br />
überforderten Griechenland ein. Dazu gehören insbesondere die Aufnahme von unbegleiteten<br />
Flüchtlingskindern und Familien mit Kindern, die sich z.Zt. in Griechenland aufhalten. Außerdem<br />
forderte PRO ASYL eine Revision der Dublin II-Verordnung und eine europäische Gesamtlösung<br />
für den Schutz von Flüchtlingen. Hintergrund der Misere In Griechenland ist die in<br />
der Union geltende Dublin II – Verordnung. Darin ist geregelt, dass jeder <strong>Asyl</strong>suchende nur einen<br />
<strong>Asyl</strong>antrag innerhalb der Europäischen Union stellen darf, und zwar in dem Land, welches<br />
48 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />
25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />
er nach seiner Ankunft in Europa als erstes betritt. Stellt er einen <strong>Asyl</strong>antrag in einem anderen<br />
Land, kann er in das Einreiseland zurück geschoben werden.<br />
Bei einem kürzlichen Rundfunkgespräch im Deutschlandfunk setzt sich der Europareferent<br />
von PRO ASYL, Karl Kopp, mit der Seeblockade der EU im Mittelmeer gegenüber Flüchtlingen<br />
aus Nordafrika auseinander. In den letzten Wochen sind dort wenigstens 1.800 Menschen<br />
zwischen Libyen und Italien ertrunken. Kopp fragt: Wieso wird heute nicht jedes seeuntaugliche<br />
Boot, das etwa in Libyen mit Flüchtlingen startet, als in Seenot befindlich eingestuft<br />
Wieso fahren andere Schiffe an den überladenen Booten vorbei Wieso müssen Überlebende<br />
berichten, dass Militär- und Zivilschiffe vorbeigefahren sind, weggeschaut haben und keine<br />
Rettung eingeleitet haben Kopp, selbst über 20 Jahre im Flüchtlingsbereich tätig, konnte es<br />
sich bislang nicht vorstellen, dass man Menschen wochenlang auf dem Mittelmeer treiben, sie<br />
verdursten und sterben lässt, ohne einen Rettungsversuch zu machen. Kopp betrachtet dies<br />
als den größten Menschenrechtsskandal in der europäischen Flüchtlingspolitik. Konkret müsste<br />
Europa dafür sorgen, dass u.a. eritreische, somalische und sudanesische Flüchtlinge, die<br />
zu Tausenden in den Flüchtlingslagern Tunesiens dahinvegetieren, in der EU aufgenommen<br />
würden, so dass sie nicht auf seeuntauglichen Schiffen ihr Leben riskieren müssten.<br />
Die Frage, ob eine andere Flüchtlingspolitik nicht nach einer besseren Entwicklungspolitik ruft,<br />
zeigt einer Flüchtlingsorganisation wie PRO ASYL die Grenzen ihres Einflusses. Resigniert<br />
stellt Karl Kopp in dem Interview fest: Alle bisherigen Konzepte der EU seien gescheitert, sie<br />
hätten nur zu einem moralischen Bankrott geführt. Man habe die Diktatoren wie etwa Gaddafi<br />
unterstützt, habe ihnen viel Geld in die Hand gegeben für Flucht- und Migrationskontrolle, und<br />
habe sich dabei nicht um die Menschenrechte gekümmert.<br />
Für PRO ASYL gibt es nach 25 Jahren keinen Grund zu jubilieren. Die Europäische Union<br />
lässt Flüchtlinge im Mittelmeer, aber auch im Atlantik versinken und versenkt damit die Grundlagen<br />
einer Gemeinschaft, die sich den Menschenrechten verpflichtet fühlt. PRO ASYL ist es<br />
über ein Vierteljahrhundert hinweg nicht gelungen, sich gleichsam überflüssig zu machen.<br />
Damit besteht für die bundesweite Arbeitsgemeinschaft und die mit Flüchtlingen solidarischen<br />
Menschen und Organisationen aller Grund, weiterzumachen, und zwar auf unabsehbare Zeit.<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
49
Meldepflicht<br />
Caritas begrüßt Einschränkung der Übermittlungspflichten<br />
Caritas begrüßt Einschränkung der Übermittlungspflichten<br />
Neue Perspektive für Kinder und Jugendliche in der Illegalität<br />
Berlin, 08. Juli 2011. Der Deutsche Caritasverband (DCV) begrüßt die heutige Entscheidung<br />
des Bundestages, Kindern und Jugendlichen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität den Schulbesuch<br />
zu erleichtern. „Endlich bekommen diese Kinder und Jugendlichen eine Perspektive“,<br />
so Caritas-Präsident Peter Neher.<br />
Bisher waren alle öffentlichen Bildungs- und Erziehungseinrichtungen verpflichtet, die Ausländerbehörden<br />
zu informieren, wenn sie von Menschen erfuhren, die illegal in Deutschland<br />
leben. Diese sogenannte Übermittlungspflicht führte bei den betroffenen Kindern und deren<br />
Eltern zu erheblichen Unsicherheiten. Viele der betroffenen Kinder und Jugendlichen gingen<br />
beispielsweise aus Angst vor Aufdeckung des fehlenden Aufenthaltsstatus nicht zur Schule.<br />
„Seit Jahren hat die Caritas gefordert, dass Bildungseinrichtungen von dieser Übermittlungspflicht<br />
ausgenommen werden“, betont Neher. Es sei erfreulich, dass diese Regelung jetzt nicht<br />
nur für Schulen, sondern auch für Kindergärten, Kindertagesstätten und kinder- und jugendtherapeutische<br />
Einrichtungen gelten soll.<br />
„Die betroffenen Kinder und Jugendlichen haben selbst keinen Einfluss auf ihre Lebenssituation.<br />
Wenn ihnen auf Dauer der Zugang zu Bildung verweigert wird, hat dies gravierende<br />
Auswirkungen auf ihre Chancen im Leben“, so Neher. Somit habe der Bundestag einen längst<br />
fälligen Schritt getan.<br />
Die Übermittlungspflichten öffentlicher Stellen waren als Instrument der internen Migrationskontrolle<br />
gedacht gewesen. Tatsächlich erfüllen sie diese Aufgabe nur in seltenen Fällen. Vielmehr<br />
führen sie dazu, dass Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität den Kontakt mit<br />
öffentlichen Stellen meiden, um nicht entdeckt zu werden und so einer drohenden Ausweisung<br />
zu entgehen. Dies führt dazu, dass die Übermittlungspflichten den Betroffenen faktisch den<br />
Zugang zu elementaren Lebensbereichen wie z. B. Gesundheitsversorgung, Rechtsschutz und<br />
auch Bildung verwehren. Auch hier muss der Gesetzgeber noch eine Lösung finden.<br />
Kontakt: Tobias Mohr, Referent Migration und Integration, Telefon: 0761 200475, E-Mail: tobias.mohr@caritas.de<br />
50 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
SWR: „Erleichterung für Kinder von illegalen Migranten“<br />
Meldepflicht<br />
Erleichterung für Kinder von illegalen Migranten - SWR Inter...<br />
http://www.swr.de/international/de/-/id=233334/vv=print/pv=...<br />
Druckversion<br />
Schule<br />
Erleichterung für Kinder von illegalen Migranten<br />
Schulen müssen Kinder von Zuwanderern ohne Aufenthaltsstatus künftig nicht mehr an die<br />
Ausländerbehörden melden. Der Bundestag beschloss eine entsprechende EU-Richtlinie.<br />
In Deutschland gibt es eine Meldepflicht für die Öffentlichen<br />
Stellen. Diese Pflicht wird nun für Schulen und<br />
Kinderbetreuungseinrichtungen aufgehoben. Einwanderer, die<br />
ohne Papiere in Deutschland, konnten ihre Kinder aus Angst<br />
vor einer Abschiebung nicht in die Schule schicken. Experten<br />
schätzen die Zahl der illegalen ins Land eingewanderten<br />
Menschen auf mehrere hunderttausend.<br />
Kinder von illegalen Einwanderern<br />
können ohne Angst eine Schule<br />
besuchen<br />
Unterschiedliche Reaktionen aus der Politik<br />
Die Grünen und die Linksfraktion lehnten den Antrag ab, weil<br />
er ihnen nicht weit genug geht. Die SPD enthielt sich der<br />
Stimme. Der gut gemeinte Schritt werde wegen<br />
inkonsequenter Regelungen "ins Leere laufen", sagte der<br />
Migrations-Experte der grünen Fraktion, Josef Winkler.<br />
´Kritiker bemängeln, dass bei Krankheiten, Schwangerschaften und Unfällen die Ärzte ihrer Meldepflicht<br />
nachkommen müssten. So besteht für Menschen ohne Papiere und damit für ihre Kinder das Risiko<br />
entdeckt zu werden. Aber auch für Ärzte, die verpflichtet seien Menschen überhaupt zu helfen.<br />
Kirchen: Beschluss umsetzen ohne weitere Hürden<br />
Die Kirchen und Flüchtlingsorganisationen hatten seit Jahren gefordert, die Übermittlungspflichten<br />
abzuschaffen. Der Vorsitzende der Migrationskommission der Bischofskonferenz, Bischof Norbert Trelle,<br />
rief die Bundesländer auf, den Schulbesuch "statusloser Kinder" nun auch praktisch zu ermöglichen. So<br />
sei sicherzustellen, dass sie bei der Anmeldung keine behördlichen Bescheinigungen vorlegen müssten.<br />
Der Deutsche Caritasverband (DCV) würdigte ebenfalls den Bundestagsbeschluss. „Endlich bekommen<br />
diese Kinder und Jugendlichen eine Perspektive“, so DCV-Präsident Peter Neher. (epd/KNA/SWR<br />
International)<br />
Letzte Änderung am: 08.07.2011, 14.52 Uhr<br />
URL: http://www.swr.de/international/de/-/id=233334/nid=233334/did=8295708/zkopml/index.html<br />
Der SWR ist Mitglied der ARD Sitemap | Impressum | Datenschutz | © SWR 2011<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
51
Erlasse<br />
MIFKJF: Bildungs- und Teilhabepaket <strong>Asyl</strong>bewerber<br />
52 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
MIFKJF: Bildungs- und Teilhabepaket <strong>Asyl</strong>bewerber<br />
Erlasse<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
53
Erlasse<br />
Justizministerium SH: Aussetzung Abschiebungen Jemen<br />
54 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Justizministerium SH: Aussetzung Abschiebungen Jemen<br />
Erlasse<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
55
Rechtssprechung<br />
Urteile des VG Trier<br />
Rechtssprechung<br />
VG Trier: Verfolgung bei Verstoß gegen Ein-Kind-Politik<br />
Urteil vom 23.03.2011 -5 K 1181/10.TR - (6 S., M18576)<br />
Flüchtlingsanerkennung einer Mutter von zwei Kindern, da in China beachtlich wahrscheinliche<br />
Gefahr einer Nötigung zur Zwangssterilisation wegen Verstoßes gegen die Ein-Kind-Politik<br />
besteht.<br />
VG Trier: Zur Begründung eines Dublin-Bescheids<br />
Urteil vom 18.05.2011 - 5 K 198/11. TR - (8 S., M18604)<br />
Aufhebung eines Dublin-Bescheids, da dieser nicht ausreichend begründet ist (Beginn und<br />
Ende der Überstellungsfrist werden nicht mitgeteilt).<br />
VG Trier: Krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot<br />
Urteil vom 28.7.2011 - 5 K 396/11.TR - (12 S., M18873)<br />
gemäß §60 Abs. 7 S. 1 AufenthG (arterielle Hypertone, Adopositas) wegen fehlender Finanzierbarkeit<br />
der erforderlichen Medikamente (vgl. zur selben Entscheidung nachfolgenden Fall).<br />
VG Trier: Flüchtlingsanerkennung im <strong>Asyl</strong>folgeverfahren wegen Exilpolitik.<br />
Urteil vom 21.6.2011 - 1 K 457/11.TR - (11 S. M18805)<br />
Kein Ausschluss wegen subjektiver Nachfluchtgrüne (§28 Abs.2 <strong>Asyl</strong>VfG)<br />
56 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
PM MIFKJF: „Der etwas andere erste Schultag“<br />
Verschiedenes<br />
MINISTERIUM FÜR INTEGRATION, FAMILIE, KINDER,<br />
JUGEND UND FRAUEN<br />
Mainz, 5. August 2011<br />
Nr. 034<br />
Verantwortlich (i.S.d.P.)<br />
Astrid Eriksson<br />
Pressesprecherin<br />
Telefon 06131 16-5632<br />
Pressestelle@mifkjf.rlp.de<br />
Integration<br />
Der etwas andere erste Schultag – ein Projekt auf Erfolgskurs<br />
Mainz, 5. August 2011 __ Kinder von <strong>Asyl</strong>bewerbern haben in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> ab<br />
dem ersten Tag die Möglichkeit, sich auf den Besuch einer Kindertagesstätte oder<br />
Schule vorzubereiten. Das Projekt „Fit für Kita und Schule“ nimmt die Kinder in der<br />
Aufnahmeeinrichtung für <strong>Asyl</strong>begehrende (AfA) Trier an die Hand und bietet nicht nur<br />
Sprachunterricht, sondern auch führt sie auch an die hier üblichen Lebens- und Lernformen<br />
heran. Nach ihrer Ankunft in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> leben <strong>Asyl</strong>bewerber mit ihren<br />
Familien zunächst maximal drei Monate lang in der AfA Trier, bevor sie dann in eine<br />
Kommune umziehen, wo die Kinder reguläre Kindertagesstätten, beziehungsweise<br />
Schulen besuchen.<br />
Viele dieser Kinder haben in ihren Heimatländern und auf der Flucht traumatische Erfahrungen<br />
gemacht, sie haben Angehörige verloren oder sind von diesen getrennt<br />
worden. „Neben der Vermittlung von schulischem Wissen möchten wir deshalb den<br />
Kindern einen Raum anbieten, wie sie sich aufgehoben und sicher fühlen,“ erklärt<br />
Staatssekretärin Margit Gottstein. „Kinder sind neugierig und sie wollen ihre Umgebung<br />
erkunden und lernen. Das wollen wir ihnen vom ersten Tag an ermöglichen.“<br />
Der Sozialdienst der AfA bietet das Projekt „Fit für Kita und Schule“ bereits seit März<br />
2009 an und bindet auch die Eltern in seine Arbeit ein. Dadurch soll einerseits die<br />
Kommunikation zwischen Eltern und Kindern gefördert werden und andererseits der<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
1/2<br />
57
Verschiedenes<br />
PM MIFKJF: „Der etwas andere erste Schultag“<br />
Dialog zwischen Eltern und Schule, beziehungsweise Kindertagesstätte. Die Teilnahme<br />
ist freiwillig.<br />
„In jedem Land dieser Erde gelten andere Regeln und Gepflogenheiten in Kindergarten<br />
und Schule. Daher ist es enorm wichtig, den Familien das hier übliche System zu<br />
erklären, damit sie sich darin zurechtfinden,“ so Staatssekretärin Margit Gottstein. „Die<br />
gute Resonanz auf „Fit für Schule und Kita“ gibt uns Recht: die Kinder und Jugendlichen<br />
sind begeistert dabei, sie sind hochmotiviert zu lernen und dementsprechend mit<br />
Feuereifer dabei.“<br />
58 2/2<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Auszüge Bericht „Vollzugsdefizite“ der AG Rück<br />
Verschiedenes<br />
Auszug aus dem Bericht Vollzugsdefizite der „AG Rück“<br />
Der Vollständige Bericht findet sich unter: http://tinyurl.com/Bericht-AGRueck<br />
Trier<br />
Clearingstelle<br />
Vollzugsdefizite<br />
Ein Bericht über die Probleme bei der praktischen Umsetzung von ausländerbehördlichen<br />
Ausreiseaufforderungen<br />
Trier, im April 2011<br />
Vorbemerkung:<br />
Angestoßen durch die wechselseitige Diskussion zwischen dem Bundesamt für Migration und<br />
Flüchtlinge (BAMF) und den Ländern über die jeweils verbesserungsbedürftige Erfüllung der<br />
Aufgaben mit Bezug auf die Rückführungspraxis wurde die bestehende Unterarbeitsgruppe<br />
(UAG) BAMF-Länder von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Rückführung (AG Rück) beauftragt,<br />
innerhalb dieser UAG entsprechende Praxisfragen und Erfahrungen aufzuarbeiten.<br />
Die UAG setzte sich aus Vertretern oberster Landesbehörden (Mitglieder der AG Rück) und<br />
Clearingstellen der Länder BW, BY, BE, HH, NI, NRW und RP und Vertretern der Bundespolizei<br />
(BPol) (BMI -BI2- und BPolP) zusammen. Die Federführung oblag dem Vorsitz der Clearingstellentagung<br />
Passersatzbeschaffung.<br />
Die Existenz von Vollzugsdefiziten ist nicht zu leugnen. Eine Auswertung des Ausländerzentralregisters<br />
beispielsweise für die Jahre 2009 und 2010 ergibt bei den abgelehnten <strong>Asyl</strong>bewerbern<br />
ohne die Zahlen für Iran, Irak und Afghanistan (weil dorthin keine nennenswerten Rückführungen<br />
erfolgen) folgendes Bild:<br />
In den beiden genannten Jahren erhielten insgesamt 26.764 (2009 = 10.376 und 2010 =<br />
16.388) Personen nach negativ abgeschlossen <strong>Asyl</strong>verfahren eine Ausreiseaufforderung mit<br />
einer Frist zur freiwilligen Ausreise innerhalb von 2 Wochen oder innerhalb eines Monats mit<br />
Abschiebungsandrohung für den Fall der Nichtbefolgung der Ausreisepflicht. Davon sind zum<br />
Stand 28.02.2011 von den Personen aus 2009 = 680 (6,6%) und aus 2010 = 1.495 (9,1%)<br />
Personen mit Fortzug ins Ausland registriert und 2009 = 974 (9,4%) und 2010 = 930 (5,7%)<br />
Personen als abgeschoben registriert. Eine nachweisliche Beendigung des Aufenthaltes durch<br />
Ausreise oder Abschiebung hat demnach in 2009 lediglich in einer Größenordnung von 15,9%<br />
und in 2010 von 14,8% stattgefunden.<br />
Die UAG hat in dem nachstehenden Bericht versucht, die wesentlichen Vollzugsprobleme aus<br />
Sicht der Praxis zu definieren und darzustellen, diese soweit wie möglich und nötig mit Zahlen<br />
und Fakten zu versehen (überwiegend nur als partielle Hinweise, weil hier ein bundesweites<br />
Datenmaterial zumeist nicht existiert) und Vorschläge zur Lösung oder Verbesserung der besprochenen<br />
Problemfelder zu beschreiben.<br />
....<br />
Die in der Praxis festzustellende unzureichende Umsetzung ist neben den bereits genannten<br />
Problemfeldern aber auch zu einem nicht geringen Teil Ergebnis politischen und gesellschaftlichen<br />
Einflusses oder Verhaltens, der hier vorab beschrieben werden soll:<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
59
Verschiedenes<br />
Auszüge Bericht „Vollzugsdefizite“ der AG Rück<br />
Teil A - Einflussnahme von politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
auf den Abschiebungsvollzug<br />
Natürlich kann nicht jede Rückkehrentscheidung auch vollzogen werden. Dass die Zahl der<br />
tatsächlich Rückgeführten aber derart eklatant von der Anzahl der getroffenen Rückführungsentscheidungen<br />
abweicht, liegt nicht nur an den getroffenen Bleiberechtsentscheidungen (z.B.<br />
aus humanitären Gründen) oder an den mehr oder weniger dauerhaften Vollzugshindernissen<br />
(siehe Teil B), sondern ist auch auf die von der Politik bzw. den Politikern gesetzten und auf die<br />
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zurück zu führen.<br />
Als gesellschaftspolitische Entwicklungen ist zu verzeichnen, dass man sich sowohl im Einzelfall<br />
als auch gruppenbezogen immer häufiger und stärker gegen die zwangsweise Beendigung<br />
der Aufenthalte ausreisepflichtiger Ausländer wendet. Interessierte Kreise haben es verstanden,<br />
ein funktionierendes länderübergreifendes Netzwerk aufzubauen, mit dem auf allen<br />
Ebenen in ihrem Sinne Einfluss ausgeübt wird. Sehr gute Kontakte zu Printmedien und auch<br />
zu TV-Sendern werden genutzt, um behördliches Handeln zu desavouieren und als inhuman<br />
anzuprangern. Die Berichterstattung ist vielfach tendenziös und schreckt auch vor der Verbreitung<br />
gezielter Unwahrheiten nicht zurück. Behördliche Bestrebungen um Klarstellung werden<br />
ignoriert. Eine objektive Berichtserstattung findet nur selten statt. Von der bereits seit langem<br />
bestehenden Verpflichtung zur Ausreise nach langjährigen stets abschlägig verlaufenden und<br />
zum wiederholten Male durchgeführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch alle Instanzen<br />
wird ebenso wenig berichtet, wie von der Tatsache, dass eine Aufenthaltsbeendigung zunächst<br />
vielfach an dem Verhalten des Betroffenen scheiterte. Rechtsstaatliches Verwaltungshandeln<br />
wird hier unter dem Deckmantel vermeintlicher Humanität als etwas „Anrüchiges“<br />
betrachtet. In keinem anderen Rechtsgebiet ist eine vergleichbare Positionierung festzustellen.<br />
Es käme z.B. niemand ernsthaft auf die Idee, jemanden der 10 Jahre lang erfolgreich Steuern<br />
oder Sozialabgaben hinterzogen hat, aus „humanitären Gründen“ eine Steuerlass zu gewähren<br />
oder jemandem nach 10 Jahren unfallfreien Fahrens ohne Fahrerlaubnis allein aus dieser<br />
Tatsache eine Fahrerlaubnis zu gewähren.<br />
....<br />
Die getroffenen Feststellungen und Entscheidungen in den vorangegangenen asyl- und ausländerrechtlichen<br />
wie auch gerichtlichen Verfahren werden bei den Interventionen im laufenden<br />
Abschiebungsvollzug auch in der öffentlichen Wahrnehmung meist völlig ausgeblendet. In<br />
den Vordergrund werden nur noch die Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet die damit unterstellte<br />
faktische Integration, eine behauptete Perspektivlosigkeit bzw. die schlechteren Lebensbedingungen<br />
im Heimatland gestellt. Jede Form von Restriktion zur Herstellung der Ausreisebereitschaft<br />
oder zur Erfüllung der dem Ausländer obliegenden gesetzlichen Verpflichtungen wird als<br />
menschenunwürdig oder gar als menschenrechtsverletzend gebrandmarkt, um dadurch unter<br />
Berufung auf ein quasi höheres Recht die Rechtmäßigkeit jedes Verwaltungshandelns zu desavouieren<br />
und ein moralisches Widerstandsrecht zu begründen.<br />
In diesem Spannungsfeld - nämlich zwischen der Umsetzung gesetzlicher und gerichtlich<br />
bestätigter Ausreiseentscheidungen - und gegenläufiger Tendenzen in Politik und Gesellschaft,<br />
Gnade vor Recht im Einzelfall oder auch gruppenbezogen walten zu lassen - bewegt sich die<br />
Arbeit der Ausländerbehörden. Die Kluft zwischen rechtmäßigem Verwaltungshandeln und<br />
(gesellschafts-)politischen Ansprüchen und Erwartungen vergrößert sich zunehmend. Die Mitarbeiter<br />
der Ausländerbehörden müssen zunehmend konstatieren, dass sich Ausreiseverpflichtungen<br />
allenfalls noch bei Straftätern und/oder Terrorverdächtigen mit dem gebotenen Rückhalt<br />
durchsetzen lassen.<br />
60 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011
Auszüge Bericht „Vollzugsdefizite“ der AG Rück<br />
Verschiedenes<br />
Nach den Erfahrungen der Praxis tut sich die Politik oft schwer damit, Rückführungsentscheidungen<br />
offensiv zu vertreten, da dadurch in der öffentlichen Meinung ein zumeist negatives<br />
Image entstehen könnte. Stattdessen werden im Gefolge des medialen „mainstreams“ regelmäßig<br />
Integrations- und Legalisierungsdiskussionen geführt, ohne die Öffentlichkeit auf die<br />
Problematik der selbstverschuldeten Abschiebungshindernisse und die notwendigen ordnungsrechtlichen<br />
Konsequenzen hinzuweisen.<br />
....<br />
Je nach politischer Konstellation der regierenden Parteien werden die Hürden für die Ausländerbehörden<br />
beim Vollzug oft durch interne Weisungen und entsprechende Erlassregelungen<br />
über bspw. besondere Prüfungsvorgaben höher und höher gehangen und dadurch aufenthaltsbeendende<br />
Maßnahmen immer mehr erschwert.<br />
Es ist aber nicht nur die Landes- und Bundespolitik, deren Unterstützung bei der Rückführung<br />
vielfach vermisst wird. Allgemein bekannt ist auch die Einflussnahme durch die Lokalpolitik auf<br />
kommunaler Ebene. Da gibt es den Bürgermeister oder Landrat, der wegen des drohenden<br />
Imageschadens aber auch angesichts nahender Kommunalwahlen in den Medien nicht in Verbindung<br />
mit Abschiebungen gebracht werden möchte oder aus eigener politischer Anschauung<br />
dem Abschiebungsvollzug seiner Ausländerbehörde den Rückhalt versagt. Landes- wie Kommunalpolitiker<br />
brechen eingeleitete Vollzugsmaßnahmen bei entsprechendem Druck immer<br />
wieder in letzter Minute ab, um den Aufenthalt rechtsgrundlos weiter zu dulden, wohl wissend,<br />
dass die Aufsichtsbehörden regelmäßig nicht einschreiten. Betrachtet man die Kostenseite<br />
dieses Verhaltens, stellen die entstandenen Flug- Stornokosten noch den geringsten Anteil dar.<br />
Dabei ist es durchaus zu begrüßen, dass das weiterentwickelte Aufenthaltsrecht in humanitär<br />
schwierig gelagerten Fällen gute Lösungsmöglichkeiten bietet. Mit Sorge wird allerdings die<br />
Tendenz betrachtet, ein Aufenthaltsrecht allein aufgrund einer bestimmten Aufenthaltsdauer<br />
im Bundesgebiet zu gewähren und die dafür notwendigen Integrationsleistungen immer mehr<br />
zu relativieren. Es besteht die Gefahr, dass die Gewährung eines Aufenthaltsrechts nicht mehr<br />
von der Einhaltung bestimmter Regeln abhängt, sondern sich diese Regeln umgekehrt an der<br />
Verweigerungshaltung des zur Ausreise verpflichteten Ausländers orientieren. Dies führt letztlich<br />
dazu, dass der gesetzestreue Ausländer, der seiner Ausreiseverpflichtung nach Abschluss<br />
eines rechtstaatlichen Verfahrens nachkommt, der Dumme ist.<br />
Um prekären Vollzugsmaßnahmen aus dem Weg zu gehen wird vielfach von den humanitären<br />
Lösungsmöglichkeiten in fragwürdiger Weise Gebrauch gemacht. Die Fallkonstellationen, in<br />
denen humanitäre Lösungen zum Tragen kommen, sind für die Ausländerbehörden kaum noch<br />
berechenbar. Oft wird ein humanitäres Aufenthaltsrecht nur gewährt, um den Vorgang abzuschließen.<br />
Bei den ausreisepflichtigen Ausländern wie auch in der Öffentlichkeit verfestigt sich<br />
der Eindruck, dass der Vollzug nur lange genug verhindert werden muss, um in den Genuss<br />
eines Bleiberechts zu kommen. Es herrscht demzufolge mittlerweile vielfach der Eindruck vor,<br />
dass die Ausländerbehörden nach freiem Ermessen über Aufenthaltsgewährung entscheiden<br />
könnten und man nur genügend Druck machen muss, um zu einem positiven Ergebnis zu<br />
kommen.<br />
<strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011<br />
61
Termine<br />
Termine<br />
30.09.2011 Internationaler Tag des Flüchtlings<br />
„Europas Außengrenzen – Mauern verletzen Flüchtlingsrechte“<br />
mehr unter http://interkulturellewoche.de/Tag des Fluechtlings.html<br />
http://www.proasyl.de/de/themen/downloads/fluechtlingstag-hefte/<br />
25.10.2011 Gemeinsame Tagung des BAMF und der Diakonie <strong>Rheinland</strong>-Westfalen-Lippe<br />
„Kinder und Jugendliche auf der Flucht – Perspektiven in Deutschland“<br />
in Bad Münster am Stein - Ebernburg Anmeldung bis spätestens 29.9.2011 bei:<br />
Diakonie <strong>Rheinland</strong>-Westfalen-Lippe e.V.<br />
Herrn Stefan Horn<br />
Telefon 0211 6398-375<br />
E-Mail s.horn@diakonie-rwl.de<br />
10.11.2011 Plenum des <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Asyl</strong> in Bad Kreuznach<br />
weitere Informationen folgen in einem Rundschreiben<br />
Der <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> ist eine regemäßig (4-5 mal jährlich) erscheinende Broschüre,<br />
in der alle relevanten Urteile, Erlasse, wichtige Informationen und ähnliches rund um<br />
das Thema <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> abgedruckt sind.<br />
Gegen eine Unkosten-Pauschale von 30€ im Jahr können Sie sich den <strong>Infodienst</strong> bestellen.<br />
Porto und Verpackung ist in dem Betrag schon eingerechnet.<br />
62 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011