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Infodienst #89 - Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz

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25 Jahre Pro<strong>Asyl</strong><br />

Kommentar von Herbert Leuninger aus Forum Migration<br />

im Laufe der Zeit eine ausgezeichnete Zusammenarbeit entwickelt bis zu einer gemeinsamen<br />

CD und einem Link auf deren homepage, über der das Logo des skelettierten Bundesadlers<br />

schwebte. Bei der Demo war dem Sprecher von PRO ASYL das Schlusswort und zwar nach<br />

dem fulminanten Auftritt des Sängers Herbert Grönemeyer zugefallen. Mit knappen Sätzen<br />

wurde der bundesdeutsche Verfassungsschutz auf´s Korn genommen. Dieser kümmere sich<br />

um alles andere, nur nicht um die Verfassung. Deswegen seien wir als Bürgerinnen und Bürger<br />

unmittelbar aufgerufen. Stakkato brüllte der Sprecher ins Mikrofon: „Wir - sind – der – Verfassungsschutz!".<br />

Einen Monat später versammelten sich wieder zahlreiche Demonstranten unter Beteiligung<br />

von PRO ASYL vor der Beethovenhalle. Hier fand der außerordentliche Parteitag der SPD zum<br />

<strong>Asyl</strong>recht statt. In der Beethovenhalle sprach unter u.a. Erhard Eppler, langjähriger Vorsitzenden<br />

der Grundwertekommission der SPD (1973-1992). Was der an flüchtlingsabwehrenden<br />

Bemerkungen von sich gab, löste manches ratlose Kopfschütteln aus. Nach ursprünglicher Ablehnung<br />

und heftigen innerparteilichen Kontroversen stimmte aber auch die SPD einer Grundgesetzänderung<br />

zu. Auch die Kirchen signalisierten ihr Einverständnis.<br />

Für PRO ASYL durfte und konnte es keine Änderung eines Grund- und Menschenrechts gehen.<br />

So lauteten auch die Argumente entsprechend:<br />

Im Grundgesetz stehen vier Worte wie gemeißelt: »Politisch Verfolgte genießen <strong>Asyl</strong>recht«.<br />

Damit erhielt der staatliche Schutz des Flüchtlings Verfassungsrang. Es war für ihn ein individuelles<br />

Grundrecht, das er bis zum Bundesverfassungsgericht einklagen konnte. Hintergrund<br />

war nicht nur die Vorstellung von der grundsätzlich gleichen Würde jedes Menschen und<br />

seiner Schutzwürdigkeit. Noch stärker war dieser Artikel eine historische Errungenschaft. Er<br />

wurde ohne Einschränkung und Vorbehalt in die bundesdeutsche Verfassung aufgenommen<br />

und zwar in den Grundrechtsteil, der über jede tagespolitische Veränderung erhaben war.<br />

Die Eltern des Grundgesetzes haben seinerzeit mit diesem Artikel eine moralische Konsequenz<br />

aus der nationalsozialistischen Diktatur ziehen wollen. Es war eine Art Dank an die<br />

Völkergemeinschaft für die Aufnahme Hunderttausender Flüchtlinge aus Hitlerdeutschland.<br />

Gleichzeitig war es aber auch die endgültige Absage an Diktatur, Diskriminierung, Folter,<br />

Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung von Menschen in Deutschland. Letztlich war es ein<br />

Protest gegen jedwede Gewaltherrschaft, wo immer sie in der Welt künftig auch ausgeübt werden<br />

sollte. Die Bundesrepublik hat mit diesem Artikel in Sachen Menschenrechte einen neuen<br />

Standard gesetzt. Der Staat sieht sich nicht nur im Sinne internationaler Menschenrechtskonventionen<br />

verpflichtet, Flüchtlinge aufzunehmen und zu schützen. Er gestaltet ihre Aufnahme<br />

zu einem Recht, das mit allen Rechtsweggarantien versehen ist.<br />

Im politischen Diskurs über das Grundrecht auf <strong>Asyl</strong> spielten solche Überlegungen kaum eine<br />

Rolle. Schließlich war es dem politischen Dauerfeuer gelungen, der Öffentlichkeit, auch der<br />

kirchlichen, zu vermitteln, man wolle ja das Grundrecht nicht antasten, sondern es nur vor<br />

Missbrauch schützen. Dabei ging es nur noch darum, die Bundesrepublik möglichst weitgehend<br />

zu entpflichten, Flüchtlinge aufzunehmen.<br />

Dann kommt der 26. Mai 1993, der Tag der Grundgesetzänderung. Eine riesige Menge blockiert<br />

den Bonner Bundestag. Die Abgeordneten erreichen nur per Schiff vom Rhein aus den<br />

Bundestag. PRO ASYL hat aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit nicht zur Blockade aufgerufen,<br />

aber ein symbolisches Spektakel vorgesehen. Zwei Schauspieler sollen als <strong>Asyl</strong>bewerber<br />

mit dem Fallschirm aus einem Kleinflugzeug abspringen und auf dem Flugplatzgelände Bonn-<br />

Hangelar vor einem „Beamten“ mit Schreibtisch ihren <strong>Asyl</strong>antrag stellen. Damit soll den Medien<br />

etwas zur Veranschaulichung der Grundgesetzänderung angeboten werden. Das Wochen-<br />

46 <strong>Infodienst</strong> <strong>Asyl</strong> in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, September 2011

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