âJugendhilfe - WÃ¤chteramt â Garantenstellungâ

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Kunkel: „Jugendhilfe – Wächteramt – Garantenstellung“ Seite 12 D. Begrenzungen des Handelns I. Zuständigkeit Das Wächteramt ist ein solches des Staates (Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG), das § 1 Abs. 2 S. 2 SGB VIII für den Träger der öffentlichen Jugendhilfe konkretisiert. Sich daraus ergebende Handlungspflichten können aber zunächst nur für solche Handlungen bestehen, für die der Träger sachlich und örtlich und der einzelne Mitarbeiter funktionell (nach Geschäftsverteilung) zuständig ist. Dies folgt aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20, 28 GG). So muss beispielsweise der Mitarbeiter Hilfe zur Erziehung (§ 27 SGB VIII) leisten, das Familiengericht anrufen (§ 50 Abs. 3 SGB VIII), das Kind aus einer fremden Familie herausnehmen (§ 43 SGB VIII), ein Kind in Obhut nehmen (§ 42 SGB VIII), der nach der Geschäftsverteilung für dieses Kind funktionell zuständig und dessen Anstellungsträger für diese Aufgabe sachlich und örtlich zuständig ist. Ebenso hat der Amtsvormund nur die Aufsichtspflicht für das Kind, für das ihm als Real-Vormund die Vormundschaft übertragen worden ist. Aus dem gesetzlichen Wächteramt ergibt sich aber unmittelbar die Nebenpflicht, bei eigener Unzuständigkeit den zuständigen Träger oder innerhalb des zuständigen Trägers den zuständigen Mitarbeiter zu informieren. Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG ist insoweit zugleich Aufgaben-, Befugnis- und Verpflichtungsnorm. Hat der öffentliche Träger die Erfüllung einer Aufgabe auf einen freien Träger übertragen, bleibt er als sachlich und örtlich zuständiger Träger der öffentlichen Jugendhilfe für den Fall verantwortlich. Ihn trifft die Gewährleistungspflicht aus § 79 Abs. 2 SGB VIII, die bei Auffälligkeiten des Kindes zu einer Überwachungspflicht der Aufgabenerfüllung durch den freien Träger wird. Nur in diesem rechtlichen Rahmen ist der freie Träger selbständig bei der fachlichen Durchführung der Aufgabe (§ 4 Abs. 2 SGB VIII). Vergleichbar der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG unterliegt der freie Träger einer Art Rechtsaufsicht, aber nicht der Fachaufsicht durch den öffentlichen Träger. Nur innerhalb des freien Trägers ist die einzelne Mitarbeiterin der Fachaufsicht ihrer Vorgesetzten unterworfen. Vernachlässigt die Vorgesetzte ihre Pflicht zur Fachaufsicht, ist dies zugleich eine Verletzung der Aufsichtspflicht für das Kind aus der vertraglichen Aufgabenübertragung.
Kunkel: „Jugendhilfe – Wächteramt – Garantenstellung“ Seite 13 Zuständigkeit für Handlungspflicht bei Garantenstellung Wächteramt Abwendung unmittelbarer Gefahr für Kind Garantenstellung Handlungspflichten bei eigener Zuständigkeit (sachlich, örtlich, funktionell) für Aufgabenerfüllung nach § 2 SGB VIII ohne eigene Zuständigkeit Informationspflicht durch öffentlichen Träger selbst Übertragung auf freien Träger Gewährleistungspflicht Überwachungspflicht Abbildung: 3 II. Datenschutz Die Übermittlung eines Datums von einem unzuständigen Träger an den zuständigen oder innerhalb des Trägers von einer unzuständigen Stelle an die zuständige ist zulässig gem. § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X i.V.m. § 61 Abs. 1 SGB VIII. Handelt es sich um ein besonders anvertrautes Datum i.S.d. § 65 SGB VIII, ist die Einwilligung der anvertrauenden Person notwendig; ohne diese ist die Weitergabe an das Familiengericht gem. § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VIII zulässig, im Übrigen ist eine Weitergabe bei rechtfertigendem Notstand gem. § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VIII möglich und wegen der Handlungspflicht aus dem Wächteramt auch notwendig. Auch eine Weitergabe an die Polizei kann unter diesen Voraussetzungen zulässig und geboten sein 12 . Diese Datenschutzregelungen gelten auch für den Träger der freien Jugendhilfe, wenn er eine Aufgabe für den öffentlichen Träger erfüllt (§ 61 Abs. 4 SGB VIII). 12 Vgl. hierzu Kunkel, NDV 1992, 87.
Seite 1 und 2: Kunkel: „Jugendhilfe - Wächteram
Seite 11: Kunkel: „Jugendhilfe - Wächteram

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