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Lechts und Rinks gegen Juden und Israel<br />
№ 6 Dezember 2014 JÜDISCHE RUNDSCHAU<br />
Antisemiten, Wirrköpfe,<br />
rechte und linke Israel-Hasser von<br />
Oktober bis November 2014<br />
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Von Anton Maegerle<br />
Am 15. Oktober, dem 150. Verhandlungstag<br />
gegen die neonazistische<br />
Terrorbande Nationalsozialistischer<br />
Untergrund (NSU) vor dem Münchner<br />
Oberlandesgericht, wurde thematisiert,<br />
dass der damals 19-jährige<br />
Uwe Böhnhardt im April 1996 auf einer<br />
Autobahnbrücke nahe Jena einen<br />
antisemitisch motivierten Puppentorso<br />
aufgehängt hat. Auf der Puppe<br />
waren Davidsterne mit der Aufschrift<br />
»Jude« aufgenäht. Die Figur war<br />
mit einem Karton verkabelt auf dem<br />
»Vorsicht Bombe« stand. Die Polizei<br />
beschoss den vermeintlichen Sprengkörper<br />
mit Wasserwerfern, um ihn zu<br />
zerstören. Die Autobahn musste dazu<br />
drei Stunden gesperrt werden.<br />
Der 70-jährige Dirk Helms, einer von<br />
zwei Sprechern des schleswig-holsteinischen<br />
Kreisverbandes Stormarn<br />
der rechtspopulistischen Alternative<br />
für Deutschland (AfD), führte am<br />
16. Oktober in einem Vortrag in Stockelsdorf<br />
(Kreis Ostholstein) aus,<br />
dass im Konzentrationslager Dachau<br />
erst im Nachhinein von den Alliierten<br />
Gaskammern eingerichtet worden<br />
seien – um zu täuschen. Die Alliierten<br />
hätten eine »erbarmungslose Propaganda«<br />
betrieben. Außerdem sei der<br />
Beginn des Zweiten Weltkrieges entgegen<br />
der Forschungsmeinung nicht<br />
von Hitler geplant gewesen. Die AfD-<br />
Veranstaltung trug den Titel: »Deutsche<br />
Selbstwahrnehmung«. Der<br />
Kreis verband Stormarn ist mit 110<br />
Mitgliedern der zahlenmäßig stärkste<br />
der AfD in Schleswig-Holstein.<br />
Beim Fußballspiel zwischen dem Fußballverein<br />
Waldhof Mannheim gegen<br />
Kickers Offenbach am 19. Oktober im<br />
hessischen Offenbach brüllten Hooligans<br />
des SV Waldhof von der Tribüne<br />
Richtung Gegner: »Judenschweine,<br />
Judenpack«. Anhänger des SV Waldhof<br />
ist der bundesweit bekannte<br />
Neonazi-Hooligan Christian Hehl,<br />
Stadtrat der NPD im Mannheimer<br />
Gemeinderat.<br />
Albrecht Fürst zu Castell-Castell, Ehrensenator<br />
der Universität Würzburg,<br />
hat Teilen des deutschen Adels eine<br />
antisemitische Haltung vorgeworfen.<br />
Auf dem Dekanatskirchentag des<br />
Evangelisch-Lutherischen Kirchenbezirks<br />
Lohr am Main in Gemünden<br />
(Landkreis Main-Spessart) am 19. Oktober<br />
forderte er die Aufarbeitung der<br />
Vorgänge in der NS-Zeit. Auf Anfrage<br />
des Bayerischen Rundfunks fügte er<br />
hinzu, man höre den Antisemitismus<br />
in Bemerkungen und <strong>Ein</strong>stellungen.<br />
Das sei ein Problem der gesamten<br />
christlichen Gesellschaft, auch heute<br />
noch. »Es geht nicht immer nur um<br />
einen aktiven, einen kämpferisch militanten<br />
Antisemitismus. Es geht auch<br />
um mangelnde Anerkennung und Zuneigung.«<br />
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Die israelische Marine will zwei neue<br />
Korvetten aus deutscher Produktion<br />
kaufen. Die Bundesrepublik Deutschland<br />
unterstützt die israelische Aufrüstung<br />
mit 300 Millionen Euro.<br />
Den Rüstungsdeal kommentierte das<br />
rechtsextreme Internetportal »Altermedia«<br />
mit den Worten: »Und wieder<br />
wird diese kleine atomare Schurkenstaat<br />
mittels enormer deutscher<br />
Steuergelder weiter aufgerüstet.« Weiter<br />
wurde gehetzt: »Für unsere eigenen<br />
Rentner ist kein Geld vorhanden,<br />
aber ein agressiver Schurkenstaat wird<br />
von der BRD dermaßen bezuschusst.<br />
Es ist eine Schande und ein Skandal.«<br />
(Fehler im Original)<br />
Im Oktober antwortete die Bundesregierung<br />
auf die Kleine Anfrage<br />
der Partei »Die Linke« zum Thema<br />
»Umgang der Bundeswehr mit Neonazis<br />
in ihren Reihen«. Aufgelistet<br />
sind in der Antwort Meldungen über<br />
rechtsextreme Betätigungen von Soldaten<br />
in den Jahren 2012/13. Auch<br />
antisemitische Vorkommnisse wurden<br />
erfasst. Hier eine Auswahl: Am<br />
3. August 2012 tätigte ein Soldat<br />
vor anderen in der Kaserne im niedersächsischen<br />
Luttmersen: »›Das<br />
schaut aus, als wäre das der Weg zur<br />
Gaskammer‹, als ein Kamerad syrisch/libanesischer<br />
Herkunft einen<br />
langen Flur entlang lief.« Am 17. August<br />
wurde ein Beschuldigter in der<br />
Kaserne im rheinland-pfälzischen<br />
Germersheim während einer Schießausbildung<br />
durch einen in der Laufbahn<br />
der Mannschaften befindlichen<br />
Soldaten befragt, warum man bei der<br />
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Schießübung auf den in der Anzeige<br />
dargestellten Bauern schießen muss.<br />
Darauf erwiderte der Soldat sinngemäß:<br />
»Keine Ahnung, vielleicht ist er<br />
Jude«. Am 30. September 2013 sagte<br />
ein Soldat in der Kaserne im badenwürttembergischen<br />
Hardheim, »dass<br />
das Elend in Deutschland mit den<br />
Geldjuden zusammenhänge und es<br />
den Holocaust nie gegeben hätte (…)<br />
Ich bin davon überzeugt, dass keine<br />
6 Millionen Juden in Vernichtungslagern<br />
ums Leben gekommen sind (…)<br />
Den Holocaust hat es nie gegeben.«<br />
Am 23. Oktober 2013 gab ein Soldat<br />
in einer Hamburger Kaserne kund:<br />
»Wir haben noch zu wenig Juden<br />
vergast, es seien immerhin noch welche<br />
übrig.«<br />
AfD-Spitzenkandidatin in Sachsen Frauke Petry am 25. August 2014 auf einer Wahlkundgebung in Dresden<br />
Am Abend des 1. November hat eine<br />
Gruppe Jugendlicher einen 37-jährigen<br />
US-amerikanischen Touristen im<br />
Kölner Hauptbahnhof ausgeraubt und<br />
als »jüdischen Bastard« beschimpft.<br />
Das Opfer trug einen Davidstern an<br />
seiner Halskette.<br />
In der Nacht zum 2. November wurde<br />
auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers<br />
Dachau das historische<br />
Tor mit dem Schriftzug »Arbeit<br />
macht frei« gestohlen.<br />
Anfang November diskutierten Literaturnobelpreisträger<br />
Günter Grass<br />
und der Sozialphilosoph Oskar Negt<br />
bei einem Intellektuellengipfel an der<br />
Universität Hannover. Grass polterte,<br />
als es um sein umstrittenes Israel-<br />
Gedicht ging; der Antisemitismus-<br />
Vorwurf sei »wohlfeil«. Weiter führte<br />
Grass, der als einer der bedeutendsten<br />
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deutschsprachigen Autoren der Gegenwart<br />
gilt, aus: Die Verantwortung<br />
der Deutschen für den Völkermord<br />
an den Juden werde »auf dem Rücken<br />
der Palästinenser ausgetragen«,<br />
deren »Boden vereinnahmt« und deren<br />
»Dörfer plattgemacht« würden<br />
von Israel, einem »unkontrollierten<br />
Atomstaat, so unkontrolliert wie Pakistan.«<br />
Die Staatsanwaltschaft Cottbus ermittelt<br />
gegen den AfD-Kreisvorsitzenden<br />
Jan-Ulrich Weiß aus der Uckermark<br />
wegen einer antisemitischen Karikatur.<br />
Gegen den 39-Jährigen besteht<br />
der Verdacht der Volksverhetzung.<br />
Weiß hatte die Karikatur auf seiner<br />
Facebook-Seite veröffentlicht.<br />
Mitglieder der Neonazi-Partei »Die<br />
Rechte«, einer NPD-Abspaltung,<br />
störten am 9. November in Dortmund-Dorstfeld<br />
eine Versammlung<br />
am jüdischen Mahnmal. Skandiert<br />
wurden Parolen wie »Nie wieder Israel«<br />
und »Wer gedenkt den deutschen<br />
Opfern?«. In der Nähe des<br />
Kundgebungsortes hatten die Neonazis<br />
Wecker versteckt.<br />
Ebenfalls am 9. November sollte auf<br />
<strong>Ein</strong>ladung von Bundestagsabgeordneten<br />
der Partei »Die Linke« um Inge<br />
Höger und Annette Groth eine Veranstaltung<br />
über die »Kriegsverbrechen<br />
Israels« in der Berliner Volksbühne<br />
stattfinden. Nach Interventionen, unter<br />
anderem von Bundestagsvizepräsidentin<br />
Petra Pau (Die Linke), wurde<br />
die Veranstaltung von der Leitung der<br />
Volksbühne abgesagt. Die Israel-Hasser<br />
Max Blumenthal (USA) und der