Umsatzsteuer Newsletter 22/2011 - KMLZ

zehn Jahren (BFH, Urteil vom 28.11.2002, V R 3/01, BStBl.
II 2004, 665) und später von acht Jahren (BFH, Urteil vom
23.8.2007, V R 14/05, BStBl. II 2008, 165) ausreichen lassen.
Die Finanzverwaltung ist dem BFH gefolgt (vgl.
Abschn. 1.5 Abs. 3 UStAE). Das FG Baden-Württemberg hat
in einem rechtskräftigen Urteil eine Vermietung auf fünf
Jahre nicht für hinreichend gehalten (FG Baden-
Württemberg, Urteil vom 28.9.2004, 10 K 59/02, EFG 2004,
1833).
4. Entscheidung des EuGH und deren Analyse
Die Übereignung des Warenbestands und der Geschäftsausstattung
eines Einzelhandelsgeschäfts ist nach dem
EuGH-Urteil vom 10.11.2011, Rs. C-444/10 – Christel
Schriever, auch dann eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung,
wenn das Ladenlokal an den Erwerber auf unbestimmte
Zeit, allerdings aufgrund eines von beiden Parteien
kurzfristig kündbaren Vertrags, vermietet wird. Voraussetzung
ist jedoch, dass der Erwerber eine selbständige wirtschaftliche
Tätigkeit dauerhaft fortführen kann.
Maßgebend ist die Gesamtwürdigung der für das betreffende
Geschäft kennzeichnenden tatsächlichen Umstände. Die
Gesamtwürdigung hat sich dabei an dem Kriterium auszurichten,
dass der Erwerber die zuvor vom Verkäufer ausgeübte
Tätigkeit fortführen muss; hat der Erwerber die Absicht,
die betreffende Tätigkeit sofort abzuwickeln, scheidet eine
Geschäftsveräußerung aus. Für diese Gesamtwürdigung hat
der EuGH einige Aspekte herausgearbeitet:
a) Für den Fall, dass für eine wirtschaftliche Tätigkeit kein
besonderes Geschäftslokal oder kein Lokal mit einer für
die Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit notwendigen
festen Ladeneinrichtung erforderlich ist, kann eine
Geschäftsveräußerung auch ohne Übereignung der Immobilie
vorliegen (Rn. 27 des Urteils) .
b) Wenn die betreffende wirtschaftliche Tätigkeit in der
Nutzung einer untrennbaren Gesamtheit von beweglichen
und unbeweglichen Sachen besteht, muss der Erwerber
Besitz an dem Geschäftslokal erhalten (Rn. 28).
c) Etwas unklar sind die Ausführungen unter Rn. 29 des
Urteils. Hier heißt es: „Ebenso kann eine Vermögensübertragung
stattfinden, wenn das Geschäftslokal dem
Erwerber mittels eines Mietvertrags zur Verfügung gestellt
wird oder wenn er selbst über eine geeignete Immobilie
verfügt, in der er sämtliche übertragenen Sachen
verbringen und in der er die betreffende wirtschaftliche
Tätigkeit weiterhin ausüben kann.“ Es ist zunächst fraglich,
ob eine Übertragung der Immobilie unterbleiben
kann, wenn der Erwerber selbst über eine geeignete
Immobilie verfügt. Der EuGH spricht in der Rn. 29 nicht
von einer „Übertragung eines Gesamtvermögens“, sondern
lediglich von einer „Vermögensübertragung“.
Gleichwohl kann unseres Erachtens die Aussage des
EuGH nur dahingehend verstanden werden, dass die
Übertragung der Immobilie dann nicht notwendig ist,
wenn der Erwerber selbst über eine geeignete Immobilie
verfügt. Dabei ist zu beachten, dass dieser Weg nur
dann in Betracht kommt, wenn der Erwerber zur Fortführung
der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit nicht
über dasselbe Geschäftslokal verfügen muss, das dem
Veräußerer zur Verfügung stand (Rn. 28, 36). Wenn sich
zeigt, dass der Erwerber zur Fortführung der betreffenden
wirtschaftlichen Tätigkeit über dasselbe Geschäftslokal
verfügen muss, das dem Veräußerer zur Verfügung
stand, spricht nichts dagegen, dass ihm der Besitz durch
Abschluss eines Mietvertrags eingeräumt wird (Rn. 36).
Zusammenfassend lassen sich die Aspekte wie folgt grafisch
darstellen:
Stand:18.11.2011 | Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt | Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden | © küffner maunz langer zugmaier