WebAmbulanz 6. Studienjahr / Dr. Martina Scharitzer ...
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<strong>WebAmbulanz</strong> <strong>6.</strong> <strong>Studienjahr</strong> / <strong>Dr</strong>. <strong>Martina</strong> <strong>Scharitzer</strong><br />
Kurzbeschreibung: Augen<br />
Titel: Kind mit Strabismus links?<br />
AUFLÖSUNG<br />
Aufgrund des akuten Exophtalmus und Strabismus wurde ein Schädel CT<br />
durchgeführt. Es könnte auch primär eine MRT durchgeführt werden, da diese viel<br />
sensitiver aufgrund der multiplanaren Darstellungsweise die vordere Sehbahn<br />
abbilden kann. Allerdings sind MRT Geräte in der Regel nicht so rasch verfügbar wie<br />
CT Geräte, weswegen in der Routineabklärung bzw bei unklarer Symptomatik nach<br />
wie vor das CT an erster Stelle steht. Dabei zeigte sich eine spindelförmige<br />
Auftreibung des linken Nervus opticus intrabulbär mit einem maximalen QDM von<br />
1,4cm. Nach Kontrastmittelgabe konnte ein kräftiges Enhancement nachgewiesen<br />
werden. Der Canalis opticus war im Seitenvergleich links etwas erweitert. (siehe CT<br />
Knochenfenster).<br />
Eine daraufhin durchgeführte MRT bestätigte die spindelförmige Auftreibung des<br />
intraorbitalen Abschnittes des linken Nervus opticus, wobei dieser von der<br />
Raumforderung nicht abgrenzbar war.<br />
Die Echographie der linken Orbita zeigte einen retrobulbär gelegenen Tumor, der<br />
den linken Nervus opticus völlig umscheidet.<br />
Differentialdiagnosen:<br />
• Opticusgliom<br />
• Opticusmeningeom (wegen fehlender Verkalkungen sehr untypisch,<br />
betrifft eher Frauen im mittleren Lebensalter, selten Ausdehnung durch<br />
Canalis opticus)<br />
• Neuritis nervi optici (geringere Raumforderung).<br />
• Sehr selten: lokale Ausbreitung eines Retinoblastoms, Lymphom (bei<br />
allerdings sonst generalisierter Erkrankung)<br />
• Endokrine Orbitopathie: Auftreibung der extraconalen<br />
Augenmuskeln, der Sehnerv nicht betroffen<br />
• Lymphangiom: auch bei Kindern, allerdings lobulierte Läsion mit<br />
Randenhancement.<br />
Verlauf: Aufgrund der diagnostisch eindeutigen Zuordnung zu einem Opticusgliom<br />
links wurde eine Chemotherapie begonnen. Unter Chemotherapie zeigte sich keine<br />
Größenveränderung des Tumors, woraufhin die Therapieeinstellung beschlossen<br />
wurde. Die jährlichen Kontrollen (derzeit bis 6 Jahre nach Diagnosestellung) zeigen<br />
keinerlei Größenwachstum der Läsion.<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Martina</strong> <strong>Scharitzer</strong> – Webambulanz 0<strong>6.</strong>0<strong>6.</strong>2011 1
Das Optikusgliom ist eine Erkrankung der Kindheit, die in 75% der Fälle innerhalb<br />
der ersten 10 Lebensjahre auftritt. Der Tumor wächst langsam, bei fortgeschrittener<br />
Ausdehnung finden sich Zwischenhirnsymptome wie Diabetes insipidus, Über- oder<br />
Untergewicht, Störungen der Sexualreifung oder ein obstruktiver Hydrozephalus.<br />
1/3 der Patienten mit Optikusgliomen haben als Grunderkrankung eine<br />
Neurofibromatose Typ I. Histologisch ist das kindliche Optikusgliom meist ein<br />
pilozytisches Astrozytom WHO Grad I.<br />
Trotz einzelner Fallbeschreibungen einer malignen Entartung besteht praktisch kein<br />
Entartungsrisiko. Eine chronische Progression des Tumors ist in 20-25% der Fälle zu<br />
beobachten. Jahrelange Stillstandphasen oder gar Regression des Tumors sind<br />
möglich. Bei Progression und drohender intrakranieller Ausbreitung wird die<br />
chirurgische Resektion erwogen, wobei das Hauptziel die Schonung des Chiasma<br />
opticums ist. Die Chemotherapie kommt vor allem bei Kindern unter 5 Jahren als<br />
Alternative zur Strahlentherapie zur Anwendung.<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Martina</strong> <strong>Scharitzer</strong> – Webambulanz Augen 2