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Wesen und Struktur der Globalisierung. Eine ... - Peter Gerdsen

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Neue Naturwissenschaft<br />

Die am Ausgang des Mittelalters sich ereignende Wissenschaftliche Revolution brachte eine »Neue<br />

Naturwissenschaft« hervor, die hinsichtlich Allgemeingültigkeit <strong>und</strong> Präzision ihrer Ergebnisse bisher<br />

ohne Beispiel war <strong>und</strong> die daher weit in an<strong>der</strong>e Wissenschaftsgebiete hineinstrahlte. Dabei entstanden<br />

neue Formen des Denkens, die auch für das <strong>Globalisierung</strong>sgeschehen maßgebend sind. Die Entstehung<br />

dieser neuen Formen wird hier in geraffter Weise geschil<strong>der</strong>t; denn sie ist an an<strong>der</strong>er Stelle 4<br />

ausführlich dargestellt <strong>und</strong> würde den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen.<br />

Charakteristisch für die neue Naturwissenschaft ist eine gr<strong>und</strong>legende Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Bewußtseinsverfassung.<br />

Der Mensch entzieht sich <strong>der</strong> Umarmung durch die Welt <strong>und</strong> zieht einen Trennungsstrich<br />

zwischen sich als erkennendem Subjekt <strong>und</strong> ihm gegenübertretenden, von ihm zu erkennenden<br />

Objekten. Dabei wird <strong>der</strong> Mensch zum Subjekt eines »reinen« Denkens. Alles Seelische, also<br />

alle Emotionen, Sympathien <strong>und</strong> Antipathien werden zum Schweigen gebracht. Damit findet gleichzeitig<br />

eine Entpersönlichung <strong>und</strong> eine Ernüchterung statt. Die Methode <strong>der</strong> Erkenntnisgewinnung ist<br />

charakterisiert durch das Zusammenwirken Theorie, Hypothese <strong>und</strong> Experiment sowie durch Einführung<br />

<strong>der</strong> Mathematik <strong>und</strong> <strong>der</strong> Erkenntnisgegenstand war die materielle Welt. Die Notwendigkeit <strong>der</strong><br />

Einführung <strong>der</strong> Mathematik in die neue Naturwissenschaft war zwangsläufig mit einer Quantifizierung<br />

des Erkenntnisgegenstandes verb<strong>und</strong>en. Im Gefolge <strong>der</strong> Quantifizierung ergaben sich automatisch<br />

eine Entqualifizierung <strong>und</strong> Bedeutungsentleerung.<br />

Dem Denken <strong>der</strong> Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> mathematischen Naturwissenschaft folgen<strong>der</strong> Sachverhalt zugr<strong>und</strong>e:<br />

Der Mensch ist so in <strong>der</strong> Welt gestellt, daß die Wirklichkeit <strong>der</strong> Welt für ihn zerlegt wird in einen<br />

sinnlichen, beobachtbaren <strong>und</strong> einen begrifflichen Anteil. Der Wirklichkeit teilhaftig wird <strong>der</strong> Mensch,<br />

wenn sich in seinem Bewußtsein diese beiden Anteile wie<strong>der</strong> zusammenfügen. Zueinan<strong>der</strong> haben<br />

diese beiden Anteile eine natürliche Adhäsion, so daß sich zu dem durch die Sinne beobachteten Anteil<br />

durch Intuition <strong>der</strong> dazugehörige begriffliche Anteil einfindet.<br />

Philosophische Umdeutung <strong>der</strong> Naturwissenschaft<br />

Als die im Zuge <strong>der</strong> »Wissenschaftlichen Revolution« entstandenen mathematischen Naturwissenschaften<br />

ihren Siegeszug antraten, gerieten sie in die Sphäre des philosophischen Denkens. Dabei entstand<br />

die Auffassung, die Methoden <strong>der</strong> Wissenschaft seien nichts an<strong>der</strong>es als Werkzeuge, gewissermaßen<br />

»Instrumente des Denkens». Instrumente aber kann man, wenn sie sich an einem bestimmten<br />

Kreis von Objekten bewährt haben, probeweise an einem an<strong>der</strong>en Gegenstandsbereich zum Einsatz<br />

bringen. Mit dieser instrumentellen Deutung <strong>der</strong> naturwissenschaftlichen Methode vollzog sich aber<br />

ein folgenschwerer Irrtum.<br />

Den »Erkenntnisgegenstand«, <strong>der</strong> sich auf die unbelebte materielle Welt bezog, wurde auf die Welt<br />

des Lebens <strong>und</strong> des Menschen übertragen. Man übersah dabei jedoch, daß die Methode bei dem Objekt<br />

eine Entqualifizierung, Bedeutungsentleerung <strong>und</strong> Sinnentleerung hervorruft, also letzlich das<br />

Objekt auf das Materielle reduziert. Wie sollte es auch an<strong>der</strong>s sein bei einer Methode, die für die Erforschung<br />

<strong>der</strong> materiellen Welt ersonnen wurde. Als sich die Wissenschaft die Brille <strong>der</strong> naturwissenschaftlichen<br />

Methode aufsetzte, erblickte sie selbstverständlich nichts als reine Materie.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> philosophischen Umdeutung <strong>der</strong> neuen Naturwissenschaft wurde auch <strong>der</strong>en charakterischer<br />

Denkprozeß verflacht. Das intuitive Denken wurde durch das schlußfolgernde Verstandesdenken,<br />

wie es aus <strong>der</strong> mittelalterlichen Scholastik überliefert war, ersetzt.<br />

<strong>Struktur</strong>elle Gewalt <strong>und</strong> Verlust <strong>der</strong> Identität<br />

Nun geht es darum, die aus den Denkformen sich ergebenden Konsequenzen zu untersuchen. Dabei<br />

zeigt sich, daß sich die mannigfachen Ausprägungen <strong>der</strong> Konsequenzen <strong>der</strong> <strong>Globalisierung</strong>sbewegung<br />

in zwei Begriffe einordnen lassen: ›<strong>Struktur</strong>elle Gewalt‹ <strong>und</strong> ›Verlust <strong>der</strong> Identität‹.<br />

4 <strong>Gerdsen</strong>, <strong>Peter</strong>: Wie die Naturwissenschaften zum F<strong>und</strong>ament des Materialismus <strong>und</strong> Atheismus wurden - <strong>Eine</strong> wissenschaftstheoretische<br />

Orientierung, Professorenforum-Journal 2009 Vol. 10, No. 1.<br />

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