ZUKUNFT GEIST
Berufsperspektiven für Studierende der Geistes- und Kulturwissenschaften
Berufsperspektiven für Studierende der Geistes- und Kulturwissenschaften
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>ZUKUNFT</strong> <strong>GEIST</strong><br />
32<br />
© Janine Guldener<br />
KREATIV STATT<br />
KONFORM<br />
INTERVIEW: CONSTANZE ALPEN<br />
JULIA BEERHOLD ABSOLVIERTE PARALLEL ZU IHREM STUDIUM EINE<br />
SCHAUSPIELAUSBILDUNG. IN IHREN HEUTIGEN TÄTIGKEITEN ALS<br />
SCHAUSPIELERIN UND VORSTANDMITGLIED DES BUNDESVERBAND<br />
SCHAUSPIEL KOMMEN IHR BEIDE AUSBILDUNGSWEGE ZU GUTE.<br />
Viele junge Menschen Mit meinen Studienfächern war ich zwar<br />
träumen von einer gut ausgelastet, aber irgendwie war ich<br />
Karriere beim Film. Bei mir sicher, dass das noch nicht alles sein<br />
Ihrer Studienwahl war konnte. Also habe ich beschlossen einen<br />
dies jedoch noch gar Teil meines Studiums in Madrid zu absolvieren,<br />
was auch der Romanistik sehr zu<br />
nicht geplant. Wie haben Sie sich für<br />
Ihre Studienfächer entschieden? Gute kam.<br />
Nach dem Abitur stand ich vor dem Problem,<br />
dass ich zu viele Themen spannend<br />
fand. Zuerst hab ich mich für ein Studium Wie haben Sie das Studium in Spanien<br />
erlebt?<br />
im Bereich Regie interessiert, aber da haben<br />
mir die Hochschulen nicht sonderlich Im Vergleich zum Studium in Köln, kam<br />
zugesagt. Letztlich hab ich mich dann mir die Universität in Madrid sehr verschult<br />
vor. Es gab viel Frontalunterricht,<br />
für Theater-, Film- und- Fernsehwissenschaft,<br />
Kunstgeschichte, und Romanistik wenig Diskussion und zu wenig Raum für<br />
eingeschrieben. Da das Studium erst im kritische Reflexion. Aber mir ist in dieser<br />
Herbst begann und ich nicht so lange Zeit sehr bewusst geworden, dass gerade<br />
warten wollte, habe ich bereits im Sommer<br />
ein Fernstudium zur Übersetzerin für rer Universitäten und nicht zuletzt auch<br />
letzteres ein wesentliches Merkmal unse-<br />
Spanisch angefangen. Mit der Arbeit als unserer Demokratie ist. Dadurch habe<br />
Übersetzerin konnte ich mein Hochschulstudium<br />
gut finanzieren, aber mir war gelernt.<br />
ich das Studium in Köln sehr schätzen<br />
schnell klar, dass ich in dem Beruf nicht In anderen Bereichen gibt es in Spanien<br />
glücklich würde. Daher habe das Übersetzen<br />
nach Studienende aufgegeben. land ist es fast undenkbar, eine<br />
hingegen deutliche Vorteile. In Deutsch-<br />
vernünftige<br />
Arbeit zu bekommen, ohne eine<br />
entsprechende Ausbildung absolviert zu<br />
haben. In Spanien ist das keine Seltenheit.<br />
Das ist dort viel flexibler.<br />
Neben dem Studium an der Universität<br />
haben Sie in Madrid zusätzlich<br />
eine Schauspielschule besucht und<br />
dadurch Ihre Karriere gestartet. Wie<br />
beschreiben Sie diesen Weg?<br />
Ich fühlte mich auch in Madrid immer<br />
noch etwas auf der Suche und kam dann<br />
auf die Idee, mich zusätzlich an einer<br />
Schauspielschule zu bewerben. Was ich<br />
dort gelernt habe, hat mich total gepackt<br />
und begeistert. Mein Studium wollte ich<br />
aber keinesfalls aufgeben, sondern sah<br />
es im Gegenteil als sinnvolle Ergänzung.<br />
Daher ging ich nach Abschluss der Schauspielschule<br />
zurück<br />
nach Köln, um hier<br />
mein Studium abzuschließen.<br />
Nach<br />
einiger Zeit im spanischen<br />
Bildungssystem<br />
konnte ich<br />
unseres viel mehr<br />
schätzen, so dass<br />
es mir noch mehr<br />
Freude bereitet hat<br />
als zuvor. Aber die<br />
Begeisterung für<br />
die Schauspielerei<br />
blieb und daher<br />
bemühte ich mich<br />
parallel um meine<br />
ersten Rollen. Ich<br />
bekam zunächst<br />
eine Rolle am<br />
Theater, wechselte aber nach einem Jahr<br />
zum Fernsehen. Dort wurde ich für eine<br />
Serie engagiert. Heute spiele ich in Serien<br />
und in Filmen und kann für mich sagen,<br />
meinen Traumberuf gefunden zu haben.<br />
Dennoch ist es nicht leicht als Schauspielerin<br />
sein Geld zu verdienen. Gerade<br />
Frauen haben es da extrem schwer und<br />
daher ist der Aufbau eines Netzwerks<br />
unerlässlich. Mit Ehrgeiz, starken Nerven<br />
und Durchhaltevermögen ist das aber<br />
durchaus zu schaffen.<br />
Sie sind aber nicht nur Schauspielerin,<br />
sondern auch noch Vorstandsmitglied<br />
im Bundesverband Schauspiel. Was<br />
bedeutet dieses zusätzliche Standbein<br />
für Sie?<br />
Es ist großartig zu sehen, was wir in recht<br />
kurzer Zeit erreicht haben und dass unter<br />
Schauspielern wirklich eine Gemeinschaft<br />
und ein Netzwerk besteht. Es allerdings<br />
sehr arbeits- und zeitintensiv. Die Verbandsarbeit<br />
ist im Grunde ein zweiter<br />
Vollzeitjob. Das hätte ich zu Beginn nicht<br />
gedacht.<br />
Bei der Gründung war ich recht skeptisch,<br />
weil ich nicht gedacht habe, dass sich<br />
genug Leute engagieren. Aber die berufliche<br />
Situation für Schauspieler*innen<br />
ist sehr problematisch und da ist es gut,<br />
dass es eine Gruppe von Leuten gegeben<br />
hat, die Strategien entwickelt haben, aus<br />
dem Verband eine einflussreiche Gewerkschaft<br />
zu machen, anstatt nur zu lamentieren.<br />
Das hat natürlich nur funktioniert,<br />
weil sie die Leute überzeugt haben und<br />
sich immer mehr Schauspieler*innen angeschlossen<br />
haben. So bin ich auch dazu<br />
kommen und war dann auch recht schnell<br />
im Vorstand. Heute engagiere mich mit<br />
ganz viel Herzblut für den Bundesverband<br />
Schauspiel und diese Tätigkeit ist mir so<br />
wichtig, dass ich bereit bin, meine Freizeit<br />
auf ein Minimum zu reduzieren.<br />
Kommt Ihnen Ihr geisteswissenschaftliches<br />
Studium bei der Verbandsarbeit<br />
zu Gute?<br />
Ja, das tut es in jedem Fall! Wir kümmern<br />
uns um die Verbesserung der beruflichen<br />
Situation von Schauspieler*innen und<br />
waren dabei schon sehr erfolgreich. Es<br />
kommt dabei vor allem darauf an, dass<br />
man sich die Themen intensiv erarbeiten<br />
kann. Da die Arbeit immer im Team stattfindet,<br />
ist das Zwischenmenschliche sehr<br />
wichtig. Mit vielen verschiedenen Menschen<br />
an einem Projekt zu arbeiten, kann<br />
extrem schwierig sein, vor allem, wenn es<br />
anfängt stressig und belastend zu werden.<br />
Hierbei sehe ich mich als Geisteswissenschaftlerin<br />
im Vorteil, weil ich zum<br />
einen gelernt habe, mich selbstständig<br />
in neue Themen einzuarbeiten und zum<br />
anderen in den Seminaren immer wieder<br />
mit neuen Leuten<br />
zusammen arbeiten<br />
musste. Nicht<br />
zuletzt lernen Geisteswissenschaftler*innen<br />
über<br />
den Tellerrand zu<br />
gucken und die<br />
Dinge zu hinterfragen.<br />
Das ist sehr<br />
hilfreich für die<br />
Verbandsarbeit.<br />
Welche Tätigkeiten<br />
haben Sie<br />
dort genau?<br />
Wir bekommen<br />
viel Einblick in<br />
die Kulturpolitik.<br />
Beispielsweise haben wir uns für eine<br />
korrekte Sozialversicherung während<br />
der Dreharbeiten eingesetzt und die Beantragung<br />
von Arbeitslosengeld I für<br />
Schauspieler*innen möglich gemacht.<br />
Da wir häufig nur kurzzeitig bei den Produktionsfirmen<br />
angestellt sind, war dies<br />
bis dato nicht gegeben und in der Folge<br />
für viele von uns regelmäßig Hartz IV bedeutete.<br />
Die Beschäftigungsarten haben<br />
sich geändert, viele Arbeitnehmer*innen<br />
arbeiten mal auf Rechnung und mal im<br />
33