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Konflikte bei der Standortentwicklung belasteter ... - Optirisk.de

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<strong>Konflikte</strong> <strong>bei</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Standortentwicklung</strong> <strong>belasteter</strong> Grundstücke und<br />

Lösungsansätze zu <strong><strong>de</strong>r</strong>en Beseitigung (Mo<strong>de</strong>llstudie)<br />

Kersten Roselt<br />

Dr. Kersten Roselt<br />

Projektleiter OPTIRISK<br />

JENA-GEOS ® -Ingenieurbüro GmbH<br />

Saalbahnhofstraße 25c<br />

07743 Jena<br />

Tel.: +49 (0)3641 4535-13<br />

Fax: +49 (0)3641 442806<br />

E-Mail: roselt@jena-geos.<strong>de</strong><br />

1 Einführung<br />

Eine Eindämmung <strong>de</strong>s extensiven Flächenverbrauches in Deutschland wie auch in an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Industrielän<strong><strong>de</strong>r</strong>n for<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

neben schonen<strong>de</strong>m Umgang mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ressource Bo<strong>de</strong>n vornehmlich die Revitalisierung von Brachflächen im<br />

Innenbereich. Da<strong>bei</strong> stellen in zahlreichen Fällen die im Zusammenhang mit einem Kontaminationsverdacht stehen<strong>de</strong>n<br />

Probleme entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Entwicklungshemmnisse solcher Flächen dar.<br />

Die Autoren <strong>de</strong>s hier vorgestellten Projektes OPTIRISK registrierten in zahlreichen Fällen, dass konkrete<br />

Nachnutzungsabsichten oft angesichts hoher Aufbereitungskosten fallen gelassen wur<strong>de</strong>n, die im Ergebnis nun<br />

durchgeführter Untersuchungen bekannt wur<strong>de</strong>n. Umgekehrt führten Altlastenuntersuchungen und -bewertungen zu<br />

keiner Ergebnisumsetzung, d.h. Sanierung, wenn keine konkrete Standortnachnutzung vorgesehen war, sich<br />

<strong>bei</strong>spielsweise kein Interessent für die mit <strong>de</strong>m ‚Altlastenmakel’ behaftete Fläche fand.<br />

Dem extensiven Flächenverbrauch stehen bun<strong>de</strong>sweit 128 000 ha vorgenutzte Standorte (sog. ‚brownfields’)<br />

gegenüber, für die gewerbliche Investoren gesucht wer<strong>de</strong>n (Burmeier et al. 2000). Das Vorhaben OPTIRISK im<br />

Rahmen <strong>de</strong>s REFINA-Projektes hat sich zum Ziel gesetzt, die Revitalisierungschancen solcher Grundstücke zu erhöhen.<br />

Angeregt durch die langjährige praktische Bear<strong>bei</strong>tung von innerstädtischen Industrie- und Gewerbegrundstücken<br />

und Militärliegenschaften im Zusammenhang mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Privatisierung ost<strong>de</strong>utscher Unternehmen haben die Autoren<br />

Grundlagen für einen integralen Bewertungsansatz entworfen. Er dient <strong><strong>de</strong>r</strong> finanziellen Konkretisierung <strong>de</strong>s altlastenund<br />

abfallrechtlichen Inanspruchnahme- und Investitionsrisikos, um angeblich unkalkulierbare monetäre Risiken <strong>bei</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Neu-Nutzung von brownfields auszuschalten.<br />

2 Methodischer Ansatz<br />

Die I<strong>de</strong>ntifizierung und Monetarisierung <strong>de</strong>s Altlastenrisikos soll im Rahmen dieses Projektes gezielt dahin führen,<br />

kostenoptimale und gleichzeitig risikoarme Nachnutzungen auf einem abgestimmten Sanierungsniveau vorzunehmen,<br />

wo<strong>bei</strong> die höchste Effektivität durch die gleichzeitige Sanierung und Flächenneuentwicklung/Investition erreicht wird.<br />

Anzustreben ist da<strong>bei</strong>, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> finanzielle Umfang einer Sanierung <strong>de</strong>n Marktwert eines unbelasteten<br />

Vergleichsgrundstückes nicht signifikant überschreitet. Die Erfahrungen zeigen, dass nicht alle nachgewiesenen<br />

Belastungen eines Grundstückes <strong><strong>de</strong>r</strong>art eine Gefahr für die Umwelt darstellen, dass ihre Beseitigung nach<br />

bo<strong>de</strong>nschutzrechtlichen Bedingungen zwingend erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich wäre. Daraus ist abzuleiten, dass eine planungsrechtlich<br />

zulässige <strong>Standortentwicklung</strong> im Rahmen eines Flächenrecyclings auch auf altlastenbehafteten Grundstücken<br />

marktwirtschaftlich und ökologisch vertretbar erfolgen kann. Da<strong>bei</strong> sind die nachfolgend näher behan<strong>de</strong>lten Punkte von<br />

Be<strong>de</strong>utung.<br />

Hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> bo<strong>de</strong>nschutzrechtlichen Belange <strong>bei</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Revitalisierung wird im Projekt <strong><strong>de</strong>r</strong> Umsetzung <strong>de</strong>s<br />

Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gem. Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG prioritäre Beachtung gewidmet. Dessen<br />

Anwendung auf die behördliche Inanspruchnahme <strong>bei</strong> festgestellten schädlichen Bo<strong>de</strong>nverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong>bei</strong>spielsweise<br />

be<strong>de</strong>utet, dass eine solche verhältnismäßige Sanierungsoption nur in einer angemessenen Verringerung <strong>de</strong>s<br />

Beeinträchtigungsgra<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Bo<strong>de</strong>nfunktion bestehen kann. Hierfür wur<strong>de</strong> ein Algorithmus in Form eines<br />

risikobasierten Prüfsystems zur Ermittlung <strong>de</strong>s Inanspruchnahme- bzw. Haftungsrisikos entwickelt. Das System basiert<br />

auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Kombination <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>bei</strong><strong>de</strong>n für das Altlastenrisiko prioritären Risikofaktoren ‚Betroffenheit’ und ‚Sensibilität /<br />

Vulnerabilität und <strong><strong>de</strong>r</strong>en 4-stufiger Graduierung. Diese <strong>bei</strong><strong>de</strong>n Risikofaktoren spannen die maßgebliche Risikoebene<br />

auf, die sich grafisch als Prüfungs- bzw. Entscheidungsmatrix für die Ableitung von Sanierungsmaßnahmen darstellen<br />

lässt (Prinzipdarstellung siehe Abb.1).<br />

1


Abb. 1 Prinzipdarstellung für die I<strong>de</strong>ntifizierung ökologischer Risiken eines Standortes<br />

Legen<strong>de</strong>:<br />

nutzungsspezifische Sensibilitäts-/Vulnerabilitätsgra<strong>de</strong>: 0 - robust, 1 - gering sensibel, 2 - sensibel, 3 - höchst sensibel<br />

schutzgutspezifische Betroffenheitsgra<strong>de</strong>: 0 - nicht betroffen, 1 - geringfügig betroffen, 2 - betroffen, 3 - außer Funktion<br />

Mit dieser Matrix wird das Altlastenrisiko in 6 Risikoklassen (von ‚kein Risiko’ bis ‚sehr hohes Risiko’ bzw. ‚akute<br />

Gefahr’ bzw.) zerlegt, die im Schema diagonal angeordnete Dominanzfel<strong><strong>de</strong>r</strong> bil<strong>de</strong>n. Die praktische Umsetzung dieser<br />

risikobasierten Prüfung erfolgt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Weise, dass mit Hilfe <strong>de</strong>s dargestellten grafischen Prüf- bzw.<br />

Entscheidungsschemas für je<strong>de</strong> Altlast eine Risikoeinstufung nach schutzgutspezifischen Maßstäben vorgenommen<br />

wird. An Hand von Prüfkriterien wird je<strong>de</strong>m standortrelevanten Schutzgut eine Position in <strong><strong>de</strong>r</strong> betreffen<strong>de</strong>n Prüfmatrix<br />

zugewiesen. Im Ergebnis dieser Prozedur fällt das Schutzgut in das Dominanzfeld einer <strong><strong>de</strong>r</strong> 6 Risikostufen.<br />

Die kompartimentsbezogenen standortspezifischen Sensibilitäts-/Vulnerabilitätsgra<strong>de</strong> und die jeweiligen<br />

schutzgutspezifischen Betroffenheitsgra<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n für die bo<strong>de</strong>n- und gewässerschutzbezogenen Aspekte im Projekt<br />

<strong>de</strong>tailliert erläutert. Bo<strong>de</strong>nschutzbezogene Schutzgüter sind die standortrelevanten Bo<strong>de</strong>nfunktionen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Betroffenheit und Sensibilität / Vulnerabilität für je<strong>de</strong>n zu bewerten<strong>de</strong>n Standort zu <strong>de</strong>finieren und zu graduieren sind.<br />

Gewässerschutzbezogene Schutzgüter sind die standortrelevanten Gewässer in Form <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen von bo<strong>de</strong>nbürtigen<br />

Schadstoffen erreichbaren Oberflächengewässer und Grundwasservorkommen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Betroffenheit und Sensibilität /<br />

Vulnerabilität ebenfalls standortbezogen <strong>de</strong>finiert und graduiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Definition und Graduierung muss nach möglichst objektiven Maßstäben vorgenommen wer<strong>de</strong>n. Dazu wer<strong>de</strong>n<br />

von <strong>de</strong>n Autoren die jeweils adäquaten Kriterien entwickelt und zugeordnet. Wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> rechtlichen Relevanz <strong>de</strong>s<br />

Altlastenrisikos als Inanspruchnahmerisiko leiten die Autoren die Kriterien daher direkt aus <strong>de</strong>n Strukturen <strong>de</strong>s<br />

Bo<strong>de</strong>nschutzrechts und <strong>de</strong>s Gewässerschutzrechts ab.<br />

Die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen ist von <strong><strong>de</strong>r</strong> Position <strong>de</strong>s Sanierungsobjekts im dargestellten Schema<br />

abhängig. Verhältnismäßig ist es in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel immer, akute Gefahren (‚sehr hohes Risiko’) zu beheben sowie hohe und<br />

auch mittlere Risiken zu min<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Unverhältnismäßig ist es, Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen innerhalb <strong>de</strong>s Niedrig-Risiko-Bereichs<br />

vorzunehmen. Aus diesen Ableitungen ergibt sich als allgemeines Sanierungsziel für die hier in Re<strong>de</strong> stehen<strong>de</strong>n<br />

urbanen Standorte die Erreichung eines geringen Risikos für gewerbliche und eines sehr geringen Risikos für Wohn-<br />

Nachnutzungen.<br />

Für eine Kostenermittlung, d.h. Monetarisierung, wird die jeweilige technische Maßnahme o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Maßnahmekombination zur Erreichung <strong>de</strong>s Sanierungszieles in Kostengruppen aufgeglie<strong><strong>de</strong>r</strong>t, wo<strong>bei</strong> dies in Anlehnung<br />

an DIN 276 ausführungsorientiert entsprechend <strong>de</strong>m Niveau für eine Kostenschätzung erfolgen sollte. Die erste Ebene<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Kostenglie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung wird nach herstellungsmäßigen Gesichtspunkten unterteilt. Hierfür kann die Glie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung in<br />

Leistungsbereiche entsprechend <strong>de</strong>m Standardleistungsbuch für das Bauwesen (StLB) o<strong><strong>de</strong>r</strong> ähnlichen Katalogen<br />

verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. In die zweite, meist für die Kostenschätzung genügend genaue Glie<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsebene gelangt man <strong>bei</strong><br />

ausführungs- o<strong><strong>de</strong>r</strong> gewerkeorientierten Strukturen z. B. entsprechend <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergabe und Vertragsordnung für<br />

Bauleistungen VOB Teil C (DIN 18299 ff.). Die schließlich ermittelte Summe stellt <strong>de</strong>n ‚Grundstücksmin<strong><strong>de</strong>r</strong>wert’ dar,<br />

2


wo<strong>bei</strong> es sich um die altlastenbezogenen Kosten han<strong>de</strong>lt, die <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundstückswertermittler in seinem Gutachten in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Regel als unbekannte Größe angibt.<br />

Eine weitere wesentliche Größe, die <strong>bei</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Standortentwicklung</strong> beachtet wer<strong>de</strong>n muss, stellt das Investitionsrisiko<br />

dar. Darunter wer<strong>de</strong>n die Kosten verstan<strong>de</strong>n, die sich über ein Inanspruchnahmerisiko hinaus aus<br />

Umweltschutzverpflichtungen im Zusammenhang mit künftigen Nutzungen ergeben. Einfachstes Beispiel ist <strong><strong>de</strong>r</strong> so<br />

genannte ‚kontaminationsbedingte Mehraufwand’, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich aus abfallrechtlichen Verpflichtungen - nicht aus<br />

gefahrenrelevanten Tatbestän<strong>de</strong>n - ergibt. Somit ist das Investitionsrisiko auf die ökologischen Kosten-Auswirkungen<br />

standortspezifischer realer Investitionsabsichten ausgerichtet. Im Ergebnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfahrungen <strong>de</strong>s Autors stellen<br />

Investitionsrisiken <strong><strong>de</strong>r</strong> Höhe nach oft weitaus größere Risiken als die <strong><strong>de</strong>r</strong> Inanspruchnahme dar.<br />

Ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Standort bezüglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Belastung <strong>de</strong>s Untergrun<strong>de</strong>s und existieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Abfälle hinreichend erfasst bzw.<br />

erkun<strong>de</strong>t, kann für ein geplantes o<strong><strong>de</strong>r</strong> entworfenes städtebauliches Nachnutzungskonzept das Investitionsrisiko ebenfalls<br />

hinreichend genau monetarisiert wer<strong>de</strong>n. Ergebnis einer solchen Kostenanalyse ist erfahrungsgemäß jedoch oft, dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Investor angesichts <strong><strong>de</strong>r</strong> ermittelten Summe von einer Umsetzung seines Konzeptes Abstand nimmt, wenn ihm nicht<br />

mittels diverser För<strong><strong>de</strong>r</strong>instrumente die Steine aus <strong>de</strong>m Weg geräumt wer<strong>de</strong>n.<br />

Anliegen von OPTIRISK jedoch ist, aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Kenntnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Inanspruchnahme- und Investitionsrisiken heraus das<br />

städtebauliche Konzept <strong><strong>de</strong>r</strong>art zu optimieren, dass die Kosten für die Beseitigung <strong><strong>de</strong>r</strong>selben gering möglichst gehalten<br />

wer<strong>de</strong>n, ohne dass da<strong>bei</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> bauliche Entwurf <strong><strong>de</strong>r</strong>art verzerrt wird, dass er seine funktionale und ästhetische Funktion<br />

verliert.<br />

Zur Ver<strong>de</strong>utlichung <strong><strong>de</strong>r</strong> umweltrelevanten Sachverhalte wer<strong>de</strong>n Risikoprognosemo<strong>de</strong>lle entwickelt. Mit 3-<br />

dimensionalen Darstellungen bzw. Profil- und Kartenkonstruktionen wer<strong>de</strong>n alle bis zu diesem Zeitpunkt bekannten<br />

Standortsituationen dargestellt, aus <strong>de</strong>nen Haftungs- und Investitionsrisiken abzuleiten sind. Sie wird stichtagsbezogen<br />

erar<strong>bei</strong>tet. Aus ihnen sind die monetären Aufwendungen aus ökologischen Grün<strong>de</strong>n zur planungsrechtlich zulässigen<br />

Entwicklung und Nachnutzung eines Grundstückes ableitbar.<br />

Abb. 2 Schematische Darstellung eines Risikoprognosemo<strong>de</strong>lls<br />

Es fin<strong>de</strong>n alle bewertungsrelevanten, organoleptisch feststellbaren und technisch-analytisch belegten Ergebnisse<br />

Eingang. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Karte erfolgt die Zuordnung dieser Ergebnisse zu Verpflichtungstypen und Belastungskategorien.<br />

3


3 Anwendung<br />

Ergebnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Algorithmusanwendung für das Haftungsrisiko sind abgeleitete erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche und verhältnismäßige<br />

Maßnahmen zur Erreichung <strong>de</strong>s min<strong>de</strong>st hinnehmbaren Zustan<strong>de</strong>s für die jeweils planungsrechtlich zulässige<br />

Nachnutzung (‚Sollzustand mit hinnehmbarem Restrisiko’) an mehreren Mo<strong>de</strong>llstandorten. Damit kann für <strong>de</strong>n<br />

jeweiligen Standort <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n, was aus umweltschutzfachlichen Grün<strong>de</strong>n getan wer<strong>de</strong>n muss, um Gefahren zu<br />

beseitigen und da<strong>bei</strong> die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Die Abbildung 3 zeigt das Ergebnis am Beispiel <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bo<strong>de</strong>nfunktionen an einem konkreten Mo<strong>de</strong>llstandort. Für die hier beabsichtigte gewerbliche Nachnutzung wird die<br />

Erreichung eines Zustan<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> Klasse ‚geringes Risiko’ als verhältnismäßiges Sanierungsziel eingestuft, für eine<br />

Nachnutzung als Wohngebiet wäre ein sehr geringes Risiko zu erreichen. Konkret be<strong>de</strong>utet dies für <strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>llstandort,<br />

dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Zustand <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nfunktionen 1c und 3d um eine Risikoklasse verbessert wer<strong>de</strong>n muss, um <strong>de</strong>m<br />

Umweltanspruch <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachnutzung und <strong>de</strong>m Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerecht zu wer<strong>de</strong>n.<br />

Abb. 3 Synopsis <strong><strong>de</strong>r</strong> Einstufung <strong><strong>de</strong>r</strong> 8 Bo<strong>de</strong>nfunktionen und Ableitung eines Sanierungszieles (=Verringerung <strong>de</strong>s<br />

Betroffenheitsgra<strong>de</strong>s) für <strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>llstandort C im Projekt OPTIRISK<br />

Legen<strong>de</strong>:<br />

: Bo<strong>de</strong>nfunktion<br />

rote Linie: verhältnismäßiges Sanierungsziel für eine gewerbliche Nachnutzung<br />

Anhand <strong><strong>de</strong>r</strong> vorliegen<strong>de</strong>n Daten wur<strong>de</strong>n für <strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>llstandort horizontbezogene Risikoprognosekarten erar<strong>bei</strong>tet.<br />

In einem standortbezogenem GIS wer<strong>de</strong>n Inanspruchnahme- und Investitionsrisiken für relevante Bo<strong>de</strong>n‚scheiben’<br />

dargestellt: <strong>bei</strong>spielsweise für die Scheibe von 0 – 1,0m Tiefe (Flachgründungen), für die Scheibe 1,0m Tiefe bis zum<br />

Grundwasserspiegel und für Gründungstiefen innerhalb <strong>de</strong>s Grundwasserhorizontes.<br />

4


Abb. 4 Beispiel für eine Risikoprognosekarte <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llstandortes C, hier für die Scheibe von 1,0 bis 2,0m unter Gelän<strong>de</strong>.<br />

Legen<strong>de</strong>:<br />

rot: Inanspruchnahmerisiko, Entsorgungskosten 80 €/m 3<br />

gelb: Investitionsrisiko mit Entsorgungskosten von 36 €/m 3<br />

dunkelgrün: Investitionsrisiko mit Entsorgungskosten von 26 €/m 3<br />

hellgrün: Investitionsrisiko mit Entsorgungskosten von 18 €/m 3 , auch gesicherter Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>einbau möglich<br />

Anhand <strong><strong>de</strong>r</strong> räumlichen Verbreitung <strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong>de</strong>n Scheiben dargestellten Risiken und <strong>de</strong>n damit verbun<strong>de</strong>nen Kosten<br />

für ihre Behebung können im GIS kostenoptimierte Gebäu<strong>de</strong>standorte und Gründungstiefen ermittelt wer<strong>de</strong>n. Somit<br />

können städtebauliche Entwürfe für <strong>de</strong>n Standort nicht nur hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Kosten für die Beseitigung ökologischer<br />

Lasten bewertet wer<strong>de</strong>n, es können auch städtebauliche Projekte <strong><strong>de</strong>r</strong>art optimiert wer<strong>de</strong>n, dass die Kosten für die<br />

Behandlung umweltrelevanter Sachverhalte <strong>de</strong>utlich sinken.<br />

Für die vier im Projekt OPTIRISK untersuchten Mo<strong>de</strong>llstandorte gelang es, diesen Kostenanteil für die jeweiligen<br />

Investitionsprojekte um 31 bis 84 %, in <strong>de</strong>n Einzelfällen jeweils zumin<strong>de</strong>st um mehrere 100 T€ zu senken.<br />

Als wirksame Kostenfaktoren erwiesen sich da<strong>bei</strong>:<br />

- Ausnutzung von Bo<strong>de</strong>nsanierungs-Baugruben für neue Unterkellerungen<br />

- weitgehen<strong>de</strong> Vermeidung tieferer Eingriffe in <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n im Bereich verbreiteter Investitionsrisiken<br />

- kontrollierter Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>einbau gering belasteten Bo<strong>de</strong>naushubs und Recyclingmaterials<br />

- Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierung und <strong><strong>de</strong>r</strong> Neuinvestition in einem Zuge.<br />

4 Ergebnisse<br />

Kostenbelastungen, die durch die Beseitigung <strong>de</strong>s Inanspruchnahmerisikos entstan<strong>de</strong>n sind, können durch<br />

Optimierungen <strong>de</strong>s städtebaulichen Konzeptes teilweise wie<strong><strong>de</strong>r</strong> aufgehoben wer<strong>de</strong>n. Dies erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t jedoch eine<br />

Einbeziehung <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlastenproblematik in die Frühphase <strong><strong>de</strong>r</strong> städtebaulichen Abwägungs- und Planungsprozesse. Die<br />

auf dieser Basis entwickelten Integrierten <strong>Standortentwicklung</strong>skonzepte ermöglichen eine Optimierung <strong>de</strong>s<br />

Investitionsbedarfes mit <strong>de</strong>m Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Reaktivierungschancen ökologisch <strong>belasteter</strong> Grundstücke.<br />

Optimierungs- bzw. Einsparpotenziale sind <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n städtebaulich anspruchsvolleren Entwicklungskonzepten am<br />

größten, die auch mit <strong>de</strong>n umfänglichsten Eingriffen in <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n verbun<strong>de</strong>n sind. Grenzen wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m<br />

Optimierungsanliegen durch die Sanierungspflicht <strong>bei</strong> umweltrelevanten Gefahrentatbestän<strong>de</strong>n (Haftungs- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Inanspruchnahmerisiko) sowie <strong>de</strong>m Umstand gesetzt, dass eine Flächenneuentwicklung nicht nur nach rein<br />

ökonomischen und funktionalen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch ästhetischen Gesichtspunkten erfolgt.<br />

Weiteres Ergebnis <strong><strong>de</strong>r</strong> aufgezeigten Metho<strong>de</strong> ist die erreichte Transparenz hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> standortspezifischen<br />

umweltrelevanten Sachverhalte, die <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n beteiligten Akteuren oft zu einer Relativierung <strong>de</strong>s vermeintlichen<br />

‚Altlastenmakels’ führt.<br />

5


Zusammenfassung<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Revitalisierung altlastenbehafteter Brachflächen im Innenbereich stellt oft die fehlen<strong>de</strong> Transparenz und die<br />

Höhe bzgl. <strong><strong>de</strong>r</strong> Kosten für die Beseitigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Inanspruchnahme- und <strong><strong>de</strong>r</strong> Investitionsrisiken ein entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s<br />

Hemmnis dar. Im Rahmen <strong>de</strong>s Projektes OPTIRISK wird diese Transparenz verbessert sowie kostenoptimale und<br />

gleichzeitig risikoarme Nachnutzungen auf einem abgestimmten Sanierungsniveau entwickelt. Dies setzt das<br />

Zusammenwirken von Altlastenfachleuten und Städteplanern voraus.<br />

Zunächst wur<strong>de</strong> ein Algorithmus zur Ermittlung <strong>de</strong>s Inanspruchnahmerisikos entwickelt. Das System basiert auf<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Kombination <strong><strong>de</strong>r</strong> prioritären Risikofaktoren „Betroffenheit“ und „Sensibilität / Vulnerabilität“ und <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Graduierung. Anhand <strong><strong>de</strong>r</strong> Position <strong>de</strong>s Sanierungsobjektes in diesem Schema ist die Erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lichkeit von Maßnahmen<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Verhältnismäßigkeit ableitbar. Die Monetarisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> technischen Maßnahmen erfolgt in einer<br />

Kostenglie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung nach ausführungsorientierten Gesichtspunkten in Anlehnung an DIN 276.<br />

Profun<strong>de</strong> Kenntnisse und altlastenfachlicher Sachverstand zum Kontaminationsstatus <strong>de</strong>s jeweiligen Standortes<br />

gestatten es, neben <strong>de</strong>m Inanspruchnahmerisiko auch die Investitionsrisiken in einem Risikoprognosemo<strong>de</strong>ll räumlich<br />

darzustellen. Eine solche dreidimensionale Übersicht zum Standortuntergrund schafft die Möglichkeit, die bauliche<br />

Neuinvestition so anzuordnen, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Kostenaufwand für die Behandlung umweltrelevanter Sachverhalte minimiert<br />

wird. Da<strong>bei</strong> ist jedoch <strong><strong>de</strong>r</strong> städtebaulich-ästhetische Anspruch <strong>de</strong>s Projektes zu berücksichtigen. An 4 Mo<strong>de</strong>llstandorten<br />

gelang es, <strong>de</strong>n Kostenaufwand <strong>de</strong>utlich zu senken. Die höchste Effektivität wird da<strong>bei</strong> durch die gleichzeitige Sanierung<br />

und Flächenneuentwicklung/Investition erreicht.<br />

Mit Integrierten <strong>Standortentwicklung</strong>skonzepten kann in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frühphase <strong>de</strong>s städtebaulichen Planungsprozesses eine<br />

Optimierung <strong>de</strong>s Investitionsbedarfes und damit eine Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Reaktivierungschance ökologisch <strong>belasteter</strong><br />

Grundstücke erreicht wer<strong>de</strong>n. Die erreichte Transparenz hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> standortspezifischen umweltrelevanten<br />

Sachverhalte führt oft zur Relativierung <strong>de</strong>s „Altlastenmakels“.<br />

Summary<br />

In conjunction with the revitalization of fallow sites within intra-urban spaces the lack of transparency and the amount<br />

of costs for elimination of <strong>de</strong>bugging – and investment risks form an crucial obstacle. Within the scope of the project<br />

OPTIRISK this transparency will be raised and cost-optimized and low-risk reuses at an adjusted level of reclamation<br />

are <strong>de</strong>signed. This presumes the coaction between remediation experts and urban planners.<br />

Initially an algorithm for the <strong>de</strong>termination of <strong>de</strong>bugging risks was <strong>de</strong>veloped. This system bases upon a matching<br />

between the key risk factors “concernment” and “sensivity / vulnerability” and their classification.<br />

According to its position of the particular entity for revitalization within this schema the necessity of measures and<br />

their commensurability are <strong><strong>de</strong>r</strong>ivable. The monetary valuation of technical measures is done by a cost classification<br />

according to execution-orientated aspects on the basis of DIN 276.<br />

Profound skills in the remediation of brownfields and expert knowledge with regard to the status of contamination<br />

of the respective site permit to display both <strong>de</strong>bugging risk and investment risk as well in a spatial risk prognosis mo<strong>de</strong>l.<br />

Such a tridimensional view onto the site subground offers the possibility to locate the building project in such a<br />

manner that the costs for the treatment of environmental issues will be minimized. Thereby urbanistic & aesthetic<br />

claims of the project have to be consi<strong><strong>de</strong>r</strong>ed as well. At 4 archetype sites it was possible to reduce the cost <strong>de</strong>mand<br />

significantly. The highest effectiveness can be reached by a simultaneous remediation and site <strong>de</strong>velopment /<br />

investment.<br />

By means of integrated site <strong>de</strong>velopment concepts at an early stage of the urbanistic planning process an<br />

optimization of investment <strong>de</strong>mand and there a bettering of the chance for revitalization of ecologically bur<strong>de</strong>ned<br />

properties can be achieved. The reached transparency regarding the site specific environmentally relevant issues induces<br />

oftentimes a relativization of the blemish of historical bur<strong>de</strong>n.<br />

Literatur<br />

Burmeier H, Fuch O, Rüpke A (2000) Die Bo<strong>de</strong>n-Wert-Bilanz: ein neues ökonomisches Mo<strong>de</strong>ll für die Potenzialanalyse von Altstandorten und Naturflächen.<br />

Inf.z.Raumentw. 5/6: 311 -318<br />

OPTIRISK - Die städtebauliche Optimierung von <strong>Standortentwicklung</strong>skonzepten für belastete Grundstücke auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage <strong><strong>de</strong>r</strong> I<strong>de</strong>ntifizierung und<br />

Monetarisierung behebungspflichtiger und investitionshemmen<strong><strong>de</strong>r</strong> Risiken (2008) http://www.uni-weimar.<strong>de</strong>/refina<br />

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