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Eine Themenwoche gegen den Krebs - ARD

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Programmwochen und Schwerpunktprogramme<br />

gehören zu <strong>den</strong> besonderen Leistungen, die Hörern und<br />

Zuschauern von <strong>den</strong> <strong>ARD</strong>-Sendern geboten wer<strong>den</strong>.<br />

Diese Tradition reicht im Hörfunk weit zurück. Die West-<br />

deutsche Rundfunk AG, Vorgängerin des WDR, etwa ver-<br />

anstaltete bereits 1931 eine »Woche der sozialen Hilfe«<br />

in ihrem Programm. Über Jahrzehnte bewährt haben<br />

sich Angebote wie die »Internationalen Musikfest-<br />

spiele«, eine Kooperation mehrerer <strong>ARD</strong>-Kulturwellen.<br />

Neuland betrat die <strong>ARD</strong> 2006 mit ihrer ersten gemein-<br />

samen Projektwoche, die nicht nur die Hörfunk-, son-<br />

dern auch die Fernsehprogramme und Online-Angebote<br />

aller <strong>ARD</strong>-Anstalten mit einbezog. Ihr Thema war die<br />

Volkskrankheit <strong>Krebs</strong>.<br />

Über die Vorbereitung und <strong>den</strong> großen Erfolg der Aktion<br />

berichten der stellvertretende <strong>ARD</strong>-Vorsitzende, NDR-<br />

Intendant Jobst Plog, und Björn Staschen, einer der<br />

Gesamtkoordinatoren des Projekts.<br />

<strong>Eine</strong> <strong>Themenwoche</strong> <strong>gegen</strong> <strong>den</strong> <strong>Krebs</strong><br />

Die <strong>ARD</strong> leistet einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft<br />

Von Jobst Plog und Björn Staschen<br />

I<br />

m Dezember 2005 waren die Chefredakteure<br />

von sechs Programmzeitschriften<br />

zu einem Hintergrundgespräch in<br />

<strong>den</strong> NDR eingela<strong>den</strong>. In der Einladung<br />

hatten sie gelesen, es gehe um ein »großes Programmprojekt«,<br />

eine »<strong>Themenwoche</strong>«. Näheres<br />

wurde nicht verraten. Bevor das Gespräch<br />

begann, rätselten die versammelten Chefredakteure<br />

im Foyer des NDR-Funkhauses am<br />

Rothenbaum über das Thema einer solchen<br />

Woche. Schon der zweite Ratende lag richtig:<br />

»Man müsste die Volkskrankheit <strong>Krebs</strong> zum<br />

Thema machen.« So geschah es. Vom 3. bis<br />

9. 4. 2006 fand die größte Programmaktion in<br />

der Geschichte der <strong>ARD</strong> statt: die <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong><br />

<strong>Krebs</strong>. <strong>Eine</strong> derart umfangreiche<br />

Zusammenarbeit von Hörfunk- und Fernsehsendern<br />

hatte es noch nicht gegeben, weder in<br />

Deutschland noch anderswo. <strong>Eine</strong> Premiere<br />

– und ein Experiment.<br />

Die Geschichte der <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong><br />

beginnt etwa ein Jahr zuvor in der <strong>ARD</strong>-Strategiegruppe<br />

unter Leitung des NDR-Intendanten<br />

Jobst Plog. Die kleine, hochkarätig mit<br />

Intendanten und Direktoren aus verschie<strong>den</strong>en<br />

<strong>ARD</strong>-Sendern und der Programmdirektion<br />

Das Erste besetzte Gruppe war im Jahr 2004,<br />

während der <strong>ARD</strong>-Geschäftsführung durch<br />

<strong>den</strong> NDR, gegründet wor<strong>den</strong>. Ihr Auftrag: Sie<br />

sollte die langfristigen Herausforderungen der<br />

<strong>ARD</strong> i<strong>den</strong>tifi zieren und Strategien entwickeln,<br />

um ihnen zu begegnen. Neben Fragen der Digitalisierung<br />

oder der <strong>ARD</strong>-Struktur – aus der<br />

Strategiegruppe stammt der Vorschlag, einen<br />

<strong>ARD</strong>-Generalsekretär zu berufen – beschäftigte<br />

<strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong> A R D - J A H R B U C H 0 6 77


78<br />

sich die Strategiegruppe u. a. mit der Schwierigkeit,<br />

<strong>den</strong> Gebührenzahlern die Legitimation<br />

der <strong>ARD</strong> deutlich zu machen. Warum ist es<br />

wichtig, dass es einen öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunk gibt? Was haben die Menschen davon?<br />

Was bekommen sie für ihr Geld, für ihre<br />

Rundfunkgebühren?<br />

_ Public Value: mehr als eine Frage des Images<br />

Das Wortungetüm »öffentlich-rechtlicher Rundfunk«<br />

ist für viele Menschen bedeutungslos –<br />

oder gar bela<strong>den</strong> mit negativen Assoziationen.<br />

Infolge der wiederkehren<strong>den</strong> Berichterstattung<br />

über die Anpassung der Rundfunkgebühren<br />

oder die Fälle verbotener Schleichwerbung<br />

hatte das Image des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />

gelitten – ein Image, das ohnehin kaum<br />

emotional oder positiv besetzt ist: »Öffentlichrechtlicher<br />

Rundfunk« beschreibt nicht mehr<br />

als ein Organisationsprinzip. Über Sinn und<br />

Zweck dieser Organisation sagt die Bezeichnung<br />

nichts. Die Bürger verbin<strong>den</strong> damit wenig, und<br />

der <strong>ARD</strong> gelang es bisher nicht ausreichend,<br />

ihren Nutzen für die Gesellschaft zu erklären.<br />

Als der öffentlich-rechtliche Rundfunk in<br />

Deutschland gegründet wurde, war die British<br />

Broadcasting Corporation (BBC) ein wichtiges<br />

Vorbild. Die Unabhängigkeit von Staat und Interessengruppen,<br />

die Orientierung am Gemeinwohl<br />

– diese Grundwerte des britischen Rundfunksystems<br />

wur<strong>den</strong> auf die deutschen Sender<br />

übertragen (vgl. Wolfgang Hoffmann-Riem: Rundfunk<br />

als Public Service). In vielen Bereichen lassen<br />

sich beide Systeme vergleichen – und in vielem<br />

können sie voneinander lernen.<br />

Sandra Maischberger war Patin der<br />

<strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong> und warb auf<br />

Plakaten für die Programmaktion.<br />

Artikel A R D - J A H R B U C H 0 6<br />

Auch die BBC hat sich auf die Suche nach<br />

der Antwort auf die Frage gemacht, wie sie<br />

ihren Nutzen für die Gesellschaft deutlicher<br />

herausstellen kann. Sie hat schließlich <strong>den</strong> Begriff<br />

des »Public Value« (wörtlich: öffentlicher<br />

Wert) geprägt (vgl. <strong>ARD</strong> Jahrbuch 05, S. 15). Sie<br />

hat ihr Publikum befragt: »Was sind euch, <strong>den</strong><br />

Zuschauern und Hörern, einzelne Sendungen<br />

wert, die wir produzieren?«<br />

Diesem »Public Value« steht der »Shareholder<br />

Value« <strong>gegen</strong>über, eine Vokabel, die für Unternehmensstrategien<br />

zur rein ökonomischen<br />

Wertsteigerung eines Unternehmens steht. Aktiengesellschaften<br />

– ob sie Turnschuhe, Butter<br />

oder Fernsehprogramme herstellen – folgen<br />

dem Ziel, <strong>den</strong> Shareholder Value zu maximieren.<br />

Die öffentlich-rechtlichen Sender da<strong>gegen</strong><br />

wollen Public Value schaffen – Mehrwert für<br />

alle. Sie wollen gesellschaftlich Relevantes anbieten,<br />

das nicht <strong>den</strong> Gesetzen des Marktes<br />

gehorcht, sondern <strong>den</strong> Bedürfnissen einer transparenten<br />

demokratischen Gesellschaft.<br />

_ Die <strong>ARD</strong>-Strategiegruppe als Wegbereiter<br />

Auf dieser Basis hat die <strong>ARD</strong>-Strategiegruppe<br />

Modelle entwickelt, mit <strong>den</strong>en die <strong>ARD</strong> <strong>den</strong><br />

Wert ihrer Aktivitäten für die Gesellschaft herausstellen<br />

kann. Neben einer langfristig angelegten<br />

Veränderung der Kommunikationsstrategie<br />

wurde dabei u. a. die Idee geboren, auch<br />

neue inhaltliche Akzente zu setzen: Unter Einbeziehung<br />

aller Programme in Hörfunk und<br />

Fernsehen soll ein Thema breit und umfassend<br />

über einen begrenzten Zeitraum behandelt wer<strong>den</strong>.<br />

Ziel ist, <strong>den</strong> Mehrwert der <strong>ARD</strong> exemplarisch<br />

an einzelnen Themen zu belegen: Die<br />

<strong>ARD</strong> ist wertvoll für alle. Nur sie kann umfassend<br />

und ausführlich berichten, abwägen und<br />

mit aller Professionalität auch komplexe Themen<br />

darstellen. »Bei uns sind Sie gut aufgehoben«<br />

– dieses Gefühl wollen die Sender der<br />

<strong>ARD</strong> beim Zuschauer und Hörer erzeugen, um<br />

ihre Legitimation zu stärken.<br />

Die <strong>ARD</strong>-Strategiegruppe empfahl, die erste<br />

<strong>Themenwoche</strong> dem Kampf <strong>gegen</strong> die Volkskrankheit<br />

<strong>Krebs</strong> zu widmen. Denn kaum ein<br />

anderes Thema betrifft so viele Menschen:<br />

420 000 Deutsche erkranken in jedem Jahr an<br />

<strong>Krebs</strong>, also: Fast jeder kennt Betroffene oder<br />

ist selbst betroffen, doch niemand spricht gern<br />

über <strong>Krebs</strong>. Viele Patienten und deren Angehörige<br />

fühlen sich an <strong>den</strong> Rand der Gesellschaft<br />

gedrängt. Die <strong>ARD</strong> setzte sich zum Ziel, das<br />

Bewusstsein für <strong>Krebs</strong> zu schärfen und zu ver-


mitteln, dass viele Menschen mit <strong>Krebs</strong> leben<br />

können. <strong>Krebs</strong> ist ein zentrales Thema dieser<br />

Gesellschaft, und so wollte es die <strong>ARD</strong> darstellen.<br />

Erwogen wurde die Frage, ob das Thema<br />

<strong>Krebs</strong> nicht viele Zuschauer abschrecken würde<br />

– ein vermeintlich »negatives Thema« als Abschaltimpuls?<br />

Niemand konnte vorhersagen,<br />

wie das Publikum eine <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong><br />

<strong>Krebs</strong> annehmen würde. Dennoch beschlossen<br />

die Intendanten im September 2005 die Programmaktion.<br />

Sie entschie<strong>den</strong> sich für einen<br />

Kontrapunkt zur umfangreichen Sportberichterstattung<br />

im Jahr der Fußballweltmeisterschaft.<br />

Und sie nahmen in Kauf, dass die Akzeptanz<br />

der <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> bei Zuschauern und<br />

Zuhörern möglicherweise geringer ausfallen<br />

könnte als die des Regelprogramms der <strong>ARD</strong>.<br />

Es ging eben nicht allein um die Quote, um die<br />

Akzeptanz der Sendungen, sondern auch um<br />

die gesellschaftliche Relevanz des Programms.<br />

Unter Hochdruck begannen die Vorbereitungen<br />

– <strong>den</strong>n die <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong><br />

war nicht zuletzt ein Experiment. Die <strong>ARD</strong><br />

startete das größte Programmprojekt ihrer Geschichte,<br />

ohne dass dafür eine Infrastruktur<br />

bestan<strong>den</strong> hätte. Wie könnte es gelingen, die<br />

Idee der <strong>Themenwoche</strong> in die Landesrundfunkanstalten<br />

zu tragen, die unabhängig und<br />

selbständig agieren? Würde in <strong>den</strong> Redaktionen<br />

die nötige Begeisterung geweckt wer<strong>den</strong>?<br />

Wer sollte <strong>den</strong> großen Koordinationsaufwand<br />

übernehmen? Welche Sendungen sollten die<br />

<strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> aufgreifen? Nur die Gesundheitssendungen<br />

oder auch Magazine wie<br />

»Monitor«? Oder Spielfilme, Serien und andere<br />

Unterhaltungsformate?<br />

Fest stand zu Beginn nur, was nicht geschehen<br />

durfte: Keiner durfte sich ausklinken, jeder<br />

Sender, jedes Programm musste mitziehen.<br />

Die <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> sollte publizistischen<br />

Druck entfalten und möglichst viele Menschen<br />

erreichen, alte wie junge, Betroffene wie nicht<br />

Betroffene, Männer wie Frauen. Das Thema<br />

<strong>Krebs</strong> sollte inhaltlich umfassend, seriös und<br />

zuverlässig abgehandelt wer<strong>den</strong>. Über allem<br />

stand das Kernziel: Die <strong>ARD</strong> wollte <strong>Krebs</strong> aus<br />

der Tabuzone holen und deutlich machen, dass<br />

die Diagnose <strong>Krebs</strong> vor allem eines bedeutet:<br />

»Leben – was sonst?«<br />

»Leben – was sonst?« – dieses Motto wählte<br />

die <strong>ARD</strong> für ihre erste <strong>Themenwoche</strong>. Ein optimistischer<br />

Titel, der die Richtung des Projekts<br />

Für die Reportage »Diagnose <strong>Krebs</strong>: Leben,<br />

was sonst?« sprach Frank Plasberg mit einer<br />

Brustkrebspatientin in der Chemoambu-<br />

lanz der Uniklinik Heidelberg.<br />

»Diagnose <strong>Krebs</strong> – Vincent will leben«: Im<br />

MDR FERNSEHEN war die Geschichte von<br />

Vincent zu sehen, der kurz nach seinem elften<br />

Geburtstag an Leukämie erkrankte.<br />

»Was hat man, wenn man <strong>Krebs</strong> hat?«<br />

erklärte Willi Weitzel (2. v. r.) in »Willi<br />

wills wissen« (BR) im KI.KA, hier mit <strong>den</strong><br />

Klinikclowns.<br />

<strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong> A R D - J A H R B U C H 0 6 79


80<br />

»Leben – was sonst?«<br />

Vom 3. bis 9. 4. 2006 widmeten sich die <strong>ARD</strong>-<br />

Hör funk- und -Fernsehprogramme sowie die<br />

Online-Angebote ausführlich dem Thema<br />

<strong>Krebs</strong>. Sieben Thementage strukturierten die<br />

Schwerpunktwoche:<br />

Montag: »Prävention«<br />

Dienstag: »Diagnose <strong>Krebs</strong>«<br />

Mittwoch: »Leben mit <strong>Krebs</strong>«<br />

Donnerstag: »<strong>Krebs</strong> und Gesellschaft«<br />

Freitag: »Therapie«<br />

Samstag: »Komplementär-Medizin«<br />

Sonntag: »Zukunft: Chancen <strong>gegen</strong> <strong>Krebs</strong>«<br />

Zu diesen Themenkomplexen kam eine Fülle<br />

von Spielfi lmen, Informationssendun gen,<br />

Hörspie len, Features, Magazinbeiträgen, Gesprächs<br />

run<strong>den</strong> und Serviceangeboten für ein<br />

breites Publikum in die Programme, aus der an<br />

dieser Stelle nur ein kleiner Ausschnitt vorgestellt<br />

wer<strong>den</strong> kann.<br />

Das Erste griff das Thema beispielsweise<br />

in Gesprächsrun<strong>den</strong> wie »Beckmann« und in<br />

Magazinen wie »Monitor« auf, zudem in <strong>den</strong><br />

»Tagesthemen« und »<strong>ARD</strong>-exclusiv«. Frank<br />

Plasberg begleitete in der Reportage »Diagnose<br />

<strong>Krebs</strong>: Leben, was sonst?« zwei Patientinnen auf<br />

ihrer Suche nach der bestmöglichen Therapie.<br />

Dazu kamen herausragende Dokumentationen<br />

wie »Zeit, die mir noch bleibt«, in der Heidi und<br />

Bert Umbreit <strong>den</strong> Kampf des 41-jährigen Markus<br />

H. <strong>gegen</strong> <strong>den</strong> Lungenkrebs nachzeichnen,<br />

und »Mein zweites Leben«, das eine Brustkrebspatientin<br />

nach erfolgreicher Therapie startete.<br />

Spielfi lme wie das preisgekrönte Drama »Marias<br />

letzte Reise«, in dem die 71-jährige Protagonistin,<br />

gespielt von Monica Bleibtreu, für einen<br />

würdevollen und selbstbestimmten Tod eintritt,<br />

rundeten das Angebot ab.<br />

PHOENIX übertrug die feierliche Eröff nung<br />

am 2. 4. in Berlin, moderiert von Sandra Maisch -<br />

berger, der Patin des Projekts. Im An schluss<br />

diskutierten führende Vertreter von Gesundheits<br />

wesen und Industrie mit Bundes ge sundheits<br />

ministerin Ulla Schmidt zum Thema<br />

»<strong>Krebs</strong> heilen – eine Frage des Geldes?«. Dokumentationen<br />

wie »Der Fall Dominik« nahmen<br />

während der Woche z. B. das Geschäft mit der<br />

<strong>Krebs</strong>angst unter die Lupe.<br />

Kinder und Jugendliche über die Krankheit<br />

aufzuklären, war das Ziel zahlreicher Beiträge<br />

in KI.KA. <strong>Eine</strong> Sondersendung versuchte die<br />

Artikel A R D - J A H R B U C H 0 6<br />

Frage zu beantworten »Was hat man, wenn<br />

man <strong>Krebs</strong> hat?«. Der »Kummerkasten« informierte<br />

beispielsweise zum Thema »<strong>Krebs</strong><br />

durch Rauchen« und »ReläXX«, das Freizeitmagazin,<br />

beschrieb die Heilung von krebskranken<br />

Kindern.<br />

Das Wissenschaftsmagazin »nano« brachte<br />

in 3sat täglich Beiträge zu <strong>den</strong> neuesten<br />

Erkenntnissen in der <strong>Krebs</strong>forschung. Die<br />

Dokumentation »Jana will leben« erzählte<br />

die Geschichte eines sechsjährigen leukämiekranken<br />

Mädchens und seines Aufenthalts in<br />

der Kinderklinik der Universität Tübingen. In<br />

dem Beitrag »Letzte Tage leben« beobachtete<br />

Redakteurin Barbara Stupp die leitende Ärztin<br />

einer Palliativ-Station und ihre Patienten.<br />

ARTE beteiligte sich u. a. mit dem in Litauen<br />

entstan<strong>den</strong>en Film »Vor dem Flug zur<br />

Erde«, der ein unsentimentales Porträt todkranker<br />

Kinder zeichnete.<br />

»Chancen <strong>gegen</strong> <strong>den</strong> <strong>Krebs</strong>« war das Motto<br />

des knapp vierstündigen Sonntagabends im<br />

Digital-Angebot EinsPlus. In der Live-Sendung<br />

aus dem SWR-Studio 1 in Ba<strong>den</strong>-Ba<strong>den</strong> erläuterten<br />

Experten aus Medi zin und Wissenschaft<br />

<strong>den</strong> aktuellen Stand der For schung und diskutierten<br />

in drei Gesprächs run<strong>den</strong> neueste Formen<br />

der <strong>Krebs</strong>therapie und -vorsorge.<br />

Der BR -Hörfunk präsentierte u. a. im<br />

»Notizbuch« auf Bayern2Radio Studio gäste<br />

aus dem Bereich Schulmedizin und Naturheilkunde,<br />

fragte im »Tagesgespräch« <strong>den</strong><br />

Arzt und Autor Dietrich Grönemeyer: »kann<br />

man sich schützen?« und erläuterte in seinen<br />

Wissensmagazinen »IQ« und »radioWissen«<br />

Entstehungsformen von <strong>Krebs</strong>. Bayern 3 porträtierte<br />

prominente an Brustkrebs erkrankte<br />

Sängerinnen wie Anastacia und deren Umgang<br />

mit der Krankheit. Das Bayerische Fernsehen<br />

befasste sich z. B. in seinen Nachmittagsmagazinen<br />

und in der »Abendschau« mit dem<br />

Thema und rundete das Angebot mit Spielfi lmen<br />

wie »Altweibersommer« ab, in dem zwei<br />

Frauen versuchen, auf nicht immer ganz legale<br />

Weise Geld für eine Brustrekonstruktion ihrer<br />

Freundin aufzubringen.<br />

Mit zahlreichen Beiträgen und Aktivitä ten<br />

waren die HR -Programme dabei. Zu einer<br />

Typisierungsaktion in Marburg riefen hr-fernsehen<br />

und hr1 gemeinsam auf. In hr1 befasste<br />

sich das »Profi -Team« zwischen 10.00 und<br />

11.00 Uhr mit dem Thema. hr2 führte in Sendungen<br />

wie »Doppel-Kopf« und »Der Tag«


Die <strong>ARD</strong> stellte in Hamburg die »<strong>Themenwoche</strong><br />

<strong>Krebs</strong>« vor: (v. l.) Günter Struve,<br />

Sabine Christiansen, Jobst Plog, Sandra<br />

Maischberger, Frank Plasberg, Stephanie<br />

Müller-Spirra und Reinhold Beckmann.<br />

intensive Gespräche mit Experten. YOU FM<br />

stellte krebskranke Jugendliche sowie ihre Helfer<br />

vor, und hr-info beleuchtete in einer sechsteiligen<br />

Reihe Forschung und Finanzierung.<br />

Das hr-fernsehen informierte täglich u. a. in<br />

der »Hessenschau«, in »Maintower« und »Hessen<br />

aktuell«.<br />

36 Sendungen im MDR FERNSEHEN und<br />

knapp 50 Einzel-Beiträge auf sieben Radiowel-<br />

len präsentierte der MDR in der <strong>Themenwoche</strong>.<br />

Beiträge in MDR INFO befassten sich u. a.<br />

mit der Stammzellentherapie und Selbsthilfevereinen.<br />

MDR FIGARO berichtete über einen<br />

Impfstoff, der an der Universität Halle-Wittenberg<br />

erprobt wird, und MDR 1 RADIO SACHSEN<br />

besuchte eine onkologische Schwerpunktpraxis<br />

in Zittau. Das MDR FERNSEHEN griff in<br />

»MDR um zwölf«, dem Ländermagazin, täglich<br />

Fragen der Zuschauer auf und porträtierte u. a.<br />

in dem Film »Mein Feind, der <strong>Krebs</strong> . . .« <strong>den</strong> Jenaer<br />

Kinderarzt Felix Zintl.<br />

Die NDR -Radioprogramme boten aktuelle<br />

Berichterstattung, Reportagen und Gesprächssendungen.<br />

Zum Auftakt übertrug NDR 90,3<br />

ein »Gesundheitsforum« mit <strong>Krebs</strong>-Experten<br />

live aus dem Rolf-Liebermann-Studio. NDR Info<br />

thematisierte in »Das Forum« und »Redezeit«<br />

das Leben mit <strong>Krebs</strong>. NDR Kultur widmete seine<br />

Reihe »Am Morgen vorgelesen« der literarischen<br />

Auseinandersetzung mit <strong>Krebs</strong>erkrankungen.<br />

Das NDR Fernsehen besuchte u. a. Kinder auf<br />

der <strong>Krebs</strong>station der Uniklinik in Göttingen<br />

und dokumentierte in »Die Reise zu <strong>den</strong> Walen«,<br />

wie der größte Wunsch des erkrankten 15jährigen<br />

Andreas in Erfüllung ging.<br />

Radio Bremen befasste sich z. B. auf Bremen<br />

Eins und im Nordwestradio mit dem<br />

Mamma-Screening-Projekt in Bremen und ließ<br />

die Kritiker daran zu Wort kommen. Moderator<br />

Arnd Zeigler schilderte in Bremen Vier täglich<br />

seine Raucher-Entwöhnung im Selbstversuch.<br />

Das Institut für chinesische Medizin in Bremen<br />

stellte beispielsweise das Fernseh-Regionalmagazin<br />

»buten un binnen« vor.<br />

Das RBB-Radio nahm sich in vielfältiger<br />

Form des Themas an: Antenne Bran<strong>den</strong>burg<br />

vom RBB gestaltete u. a. am Mittwoch einen<br />

kompletten Thementag, und Fritz strahlte eine<br />

Porträtserie über eine junge <strong>Krebs</strong>patientin<br />

in Potsdam aus. Das rbb Fernsehen beleuchtete<br />

vor allem in aktuellen Sendungen wie<br />

»zibb – zuhause in berlin & bran<strong>den</strong>burg« und<br />

»Abendschau« die unterschiedlichen Aspekte<br />

des Themas.<br />

Allein 55 Hörfunkbeiträge ganz unterschiedlicher<br />

Art strahlten die SR -Wellen aus.<br />

Den SR-internen Auftakt machte 103.7 UnserDing<br />

bereits am Sonntag mit Umfragen,<br />

Reportagen und Gesprächen. <strong>Eine</strong>n halbstündigen<br />

inhaltlichen Schwerpunkt setzte täglich<br />

das »Thema« in SR 2 Kultur-Radio, und SR 3<br />

Saarlandwelle stellte Fallbeispiele und Behandlungsmöglichkeiten<br />

vor.<br />

Beispiele für die vielfältigen Beiträge des<br />

SWR -Hörfunks sind »Der Abend« am Montag<br />

in SWR1 zur Arbeit mit krebskranken Kindern<br />

in Heidelberg, ein SWR2-»Forum« zur finanziellen<br />

Seite der Krankheit und der »SWR4<br />

Landesabend« (Ba<strong>den</strong>-Württemberg), in dem<br />

Wolfgang Walker mit Betroffenen sprach. Das<br />

SÜDWEST Fernsehen informierte z. B. im »Planet<br />

Wissen« über »Leukämie – der Feind im Blut«<br />

oder beschäftigte sich in »Quergefragt« mit<br />

dem »Gesundheitssystem vor dem Kollaps«.<br />

Die Radioprogramme des WDR beleuchteten<br />

ihrem jeweiligen Profil entsprechend das<br />

Thema aus unterschiedlichen Perspektiven. In<br />

»Mein Tag« berichtete ein junger <strong>Krebs</strong>patient<br />

während der Woche auf Eins Live, wie er mit<br />

seiner Krankheit lebt. WDR 5 lieferte u. a. in<br />

der Serie »Unter dem Mikroskop: Phänomen<br />

<strong>Krebs</strong>« in »Leonardo« detaillierte medizinische<br />

Informationen. Im WDR Fernsehen widmeten<br />

sich z. B. die Magazine »Q21« und »Servicezeit:<br />

Gesundheit« dem Thema <strong>Krebs</strong>.<br />

Programmbegleitende Informationen und<br />

Hintergründe boten auch die Videotext- und<br />

Online -Angebote der Landesrundfunkanstalten<br />

und der <strong>ARD</strong>. Unter der Web-Adresse leben.<br />

<strong>ARD</strong>.de stan<strong>den</strong> <strong>den</strong> Nutzern wissenschaftlich<br />

fundierte Informationen zur Verfügung. Dazu<br />

bot <strong>ARD</strong>.de kompetente Antworten auf mehr<br />

als 55 Fragen zum Thema – multimedial aufbereitet<br />

und mit vielen Links.<br />

Gudrun Augustin<br />

<strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong> A R D - J A H R B U C H 0 6 81


82<br />

Griseldis Wenner (o. l.) und Peter Escher (u. r.)<br />

vom MDR übergeben einen Preis der »Peter-<br />

Escher-Stiftung für krebskranke Kinder« an die<br />

Familie der kleinen Patientin Clara.<br />

vorgab: Die einzelnen Sendungen und Beiträge<br />

sollten Mut machen und realistisch abbil<strong>den</strong>,<br />

dass <strong>Krebs</strong> in vielen Fällen heilbar oder zumindest<br />

ein langes Leben mit der Krankheit möglich<br />

ist.<br />

_ Ein Workshop setzt Maßstäbe<br />

»Leben – was sonst?« – dieses Motto stammt<br />

aus einem Seminar, das die Zentrale Fortbildung<br />

für Programm-Mitarbeiter von <strong>ARD</strong> und<br />

ZDF (ZFP) im September 2005 für Redakteure<br />

aus allen Landesrundfunkanstalten veranstaltete,<br />

die die <strong>Themenwoche</strong> in ihren Häusern<br />

koordinieren sollten.<br />

Nach der Anreise zum Seminar in der Thorax-Klinik<br />

in Heidelberg, in der unter anderem<br />

Lungenkrebs-Patienten behandelt wer<strong>den</strong>,<br />

herrschte zunächst Skepsis unter <strong>den</strong> Redakteuren:<br />

War <strong>Krebs</strong> das richtige Thema für die<br />

erste <strong>Themenwoche</strong>? Wie sollte die Umsetzung<br />

im großen <strong>ARD</strong>-Verbund überhaupt funktionieren?<br />

Im Laufe des zweitägigen Workshops<br />

schlug diese Stimmung um: Viele Vorträge<br />

machten deutlich, welche Fortschritte die<br />

<strong>Krebs</strong>forschung in <strong>den</strong> vergangenen Jahren<br />

gemacht hatte. Der Bericht einer Psychologin<br />

warf zudem ein Licht darauf, wie Patienten<br />

mit der Erkrankung umgehen, wie groß die<br />

Belastung für sie selbst, aber auch für Freunde<br />

und Familie ist. Es wurde deutlich, wie nötig<br />

eine umfassende Berichterstattung zum Thema<br />

<strong>Krebs</strong> ist. Aus diesem Vortrag stammt auch der<br />

Ausspruch »Leben – was sonst?« – die Antwort<br />

einer <strong>Krebs</strong>patientin auf die Frage, worum es<br />

ihr in ihrer Therapie vor allem gehe.<br />

Artikel A R D - J A H R B U C H 0 6<br />

Der Workshop in Heidelberg wurde zu einer<br />

Keimzelle der Begeisterung. Von hier trugen die<br />

Redakteure ihre Ideen in die einzelnen Häuser.<br />

Hier entstan<strong>den</strong> die Kontakte für späteren Austausch,<br />

für die Zusammenarbeit zwischen <strong>den</strong><br />

Landesrundfunkanstalten. Hier merkten viele<br />

Redakteure, wie produktiv und unkompliziert<br />

das Miteinander in der <strong>ARD</strong> funktionieren<br />

kann – bei allen Reibungsflächen, die ein derartiges<br />

Experiment auch mit sich bringt.<br />

Vorangetrieben wurde die <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong><br />

<strong>Krebs</strong> von <strong>den</strong> Ideen der Koordinatoren,<br />

die in Heidelberg dabei waren: Die Gesamtkoordination<br />

hatten Andreas Weiß aus der Programmdirektion<br />

Das Erste und Björn Staschen<br />

vom NDR übernommen. Für Fernsehen, Hörfunk,<br />

Online, die Pressearbeit, die Medienforschung<br />

oder eine telefonische Infoline hatten<br />

sich weitere engagierte Mitstreiter gefun<strong>den</strong>.<br />

Jede Landesrundfunkanstalt hatte zudem Koordinatoren<br />

für die Umsetzung der <strong>Themenwoche</strong><br />

in <strong>den</strong> eigenen Programmen benannt. Sie<br />

alle füllten das Konzept mit Leben.<br />

Die Gremien der <strong>ARD</strong> wie die Hörfunkkommission<br />

oder die Fernsehprogrammkonferenz<br />

stellten sich bei grundlegen<strong>den</strong> Entscheidungen<br />

jeweils hinter die Pläne der Koordinatoren und<br />

gaben grünes Licht für die weitere Umsetzung:<br />

eine schnelle, unkomplizierte Zusammenarbeit,<br />

oftmals »auf dem kleinen Dienstweg«. Anders<br />

hätte die <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong> in der<br />

Kürze der Zeit nicht verwirklicht wer<strong>den</strong> können.<br />

Diese Zusammenarbeit war eine motivierende<br />

Erfahrung für viele Beteiligte: Die <strong>ARD</strong><br />

Die Eröffnungsveranstaltung der <strong>ARD</strong><br />

<strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong> fand am 2.4.2006 im<br />

<strong>ARD</strong> Hauptstadtstudio Berlin statt, im<br />

Bild (v. l.) Jobst Plog, Sandra Maischberger,<br />

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt<br />

und José Carreras.


Der RBB lud am 4.4. zu einer Publikumsveranstaltung<br />

»<strong>Krebs</strong> verhindern – Chancen und<br />

Grenzen« in <strong>den</strong> Hörsaal der Berliner <strong>Krebs</strong>gesellschaft<br />

ein. Vor Ort begrüßte »QUIVIVE«-<br />

Moderatorin Tanja Schink das Publikum.<br />

kann gemeinsam, in kurzer Zeit und effektiv<br />

ein Mammutprojekt auf die Beine stellen – und<br />

es macht Spaß, daran mitzuarbeiten.<br />

_ Programmoutput und Resonanz überaus positiv<br />

Das Ergebnis ist eindrucksvoll: Zwischen dem<br />

3. und 9. 4. 2006 sendete die <strong>ARD</strong> über 1600<br />

Beiträge zum Thema <strong>Krebs</strong>, rund 305 Stun<strong>den</strong><br />

Programm, 142 Stun<strong>den</strong> davon im Hörfunk<br />

– von Bayern 3 bis MDR INFO – , fast 163<br />

Stun<strong>den</strong> im Fernsehen – vom NDR Fernsehen<br />

bis zu PHOENIX, vom Kinderkanal bis zum<br />

SÜDWEST Fernsehen (vgl. Kasten). Die prominente<br />

Moderatorin Sandra Maischberger war als<br />

Patin der <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> das Bindeglied<br />

zwischen <strong>den</strong> vielfältigen Angeboten und warb<br />

auch auf Plakaten für die Programmaktion.<br />

Große Aufmerksamkeit erhielt die Eröffnungsveranstaltung<br />

im <strong>ARD</strong>-Hauptstadtstudio<br />

in Berlin mit rund 300 Gästen, die PHOENIX<br />

übertrug. Startenor José Carreras forderte in seiner<br />

Eröffnungsrede mehr Aufmerksamkeit für<br />

die Menschen, die sich im Kampf <strong>gegen</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Krebs</strong> engagieren. »Wir müssen diesen Menschen<br />

eine Hauptrolle in unserer Gesellschaft<br />

geben, auch in <strong>den</strong> Medien.« Die <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong><br />

<strong>Krebs</strong> nannte Carreras eine »bemerkenswerte<br />

Initiative, die höchste Anerkennung<br />

verdient. Patienten und Angehörige wer<strong>den</strong><br />

dank der <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> spüren, dass sie<br />

nicht allein sind: Viele andere teilen ihr Leid<br />

und ihre Hoffnung«.<br />

Umfassend war zudem die Berichterstattung<br />

in Zeitungen und Magazinen – eine Begleitung,<br />

die für <strong>den</strong> Erfolg der <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong><br />

<strong>Krebs</strong> besonders wichtig war. Vor allem die<br />

Programmzeitschriften gaben der <strong>Themenwoche</strong><br />

breiten Raum, von der »Hörzu« bis zu<br />

»TV Digital«. »Hörzu«-Chefredakteur Thomas<br />

Garms schreibt in seinem Editorial, das ehrgeizige<br />

Projekt der <strong>ARD</strong> verdiene Respekt. Der<br />

stellvertretende Chefredakteur von »Gong«,<br />

Mike Böhme, formuliert gar: »Ich habe meine<br />

Rundfunkgebühren diesmal ausgesprochen<br />

gern bezahlt und finde sie gut angelegt. Und<br />

Sie?« Auch viele Regionalzeitungen haben – oft<br />

in Kooperation mit regionalen <strong>ARD</strong>-Sendern<br />

– berichtet, ebenso alle großen Tageszeitungen.<br />

Die Bewertungen waren zum weit überwiegen<strong>den</strong><br />

Teil positiv. Nur die »BILD«-Zeitung<br />

berichtete trotz intensiver Bemühungen seitens<br />

der <strong>ARD</strong> kaum. Die <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong><br />

konnte damit auch deutlich machen: Hohe<br />

Aufmerksamkeit lässt sich in der Bundesrepublik<br />

auch ohne »BILD« erreichen.<br />

Denn eine hohe Aufmerksamkeit hat die<br />

<strong>Themenwoche</strong> erreicht: Nach Auswertungen<br />

der <strong>ARD</strong>-Medienforschung sahen rund 51 Millionen<br />

Menschen in Deutschland mindestens<br />

eine Sendung im Fernsehen, also gut zwei<br />

Drittel der Bevölkerung (70,7 Prozent). <strong>Eine</strong><br />

Reichweite von 63,5 Prozent bei <strong>den</strong> 14- bis<br />

49-Jährigen belegt, dass sich auch viele jüngere<br />

Zuschauer für die Angebote interessierten.<br />

Ent<strong>gegen</strong> mancher Befürchtung haben<br />

die Zuschauer und Hörer während der <strong>ARD</strong><br />

Unter der Web-Adresse »leben.<strong>ARD</strong>.de«<br />

fin<strong>den</strong> User auch nach dem Ende der <strong>Themenwoche</strong><br />

Informationen, Tipps und Adressen.<br />

<strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong> A R D - J A H R B U C H 0 6 83


84<br />

WDR 5-»Westblick« berichtete in drei Folgen<br />

über <strong>den</strong> Stand der <strong>Krebs</strong>vorsorge in NRW,<br />

hier das »Mammamobil« zur Reihenuntersuchung<br />

der Brust im Einsatz.<br />

<strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong> also nicht weggeschaltet,<br />

im Gegenteil: Sie haben die Programme der<br />

<strong>ARD</strong> in dieser Woche intensiv genutzt. Einzelne<br />

Sendungen erreichten Spitzenwerte: Den<br />

Spielfilm »Ein langer Abschied« sahen 4,46<br />

Millionen Zuschauer (13,2 Prozent Marktanteil),<br />

»<strong>Eine</strong> Chance für die Liebe« am Donnerstag<br />

verfolgten 5,90 Millionen Menschen (18,2 Prozent<br />

Marktanteil). Die Talkshow von Sandra<br />

Maischberger sahen am Dienstag 1,7 Millionen<br />

Zuschauer (11,8 Prozent Marktanteil ) – bis dahin<br />

eine der meistgesehenen Ausgaben im Jahr<br />

2006. Insgesamt trugen die Informationssendungen<br />

am meisten zur Akzeptanz der <strong>ARD</strong><br />

<strong>Themenwoche</strong> bei. 70 Prozent des Fernseh-<br />

Konsums während der <strong>Themenwoche</strong> entfielen<br />

auf diese Formate.<br />

Bei einer anschließen<strong>den</strong> Befragung im Auftrag<br />

der <strong>ARD</strong>-Medienforschung konnten sich<br />

61 Prozent der Interviewten zudem daran erinnern,<br />

Berichte zur <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong><br />

gesehen, gehört oder gelesen zu haben – ein<br />

überragender Wert. 79 Prozent – Menschen, die<br />

die <strong>Themenwoche</strong> genutzt haben, aber auch<br />

andere – loben die Programmaktion: Sie fan<strong>den</strong><br />

es gut, dass die <strong>ARD</strong> sich ausführlich mit dem<br />

Thema <strong>Krebs</strong> beschäftigt hat. Das gilt für Menschen<br />

mit öffentlich-rechtlicher Senderbindung<br />

(79 Prozent) wie für Menschen, die vorwiegend<br />

Artikel A R D - J A H R B U C H 0 6<br />

kommerzielle Angebote nutzen (80 Prozent),<br />

für Betroffene (82 Prozent) wie nicht Betroffene<br />

(76 Prozent), für junge Zuschauer (82 Prozent<br />

der 14- bis 29-Jährigen) wie ältere (79 Prozent<br />

der 50- bis 64-Jährigen).<br />

Besonders jüngere Zuschauer nutzten das<br />

spezielle Internet-Angebot: 10 Prozent der Befragten<br />

14- bis 19-Jährigen erklärten, sie hätten<br />

unter leben.<strong>ARD</strong>.de von der <strong>Themenwoche</strong> erfahren.<br />

Dort waren die häufigsten Fragen samt<br />

Antworten zu <strong>Krebs</strong>diagnose und -behandlung,<br />

zu Forschung oder alternativen Heilmetho<strong>den</strong><br />

zusammengestellt. Die mit mehr als einer Million<br />

Abrufen herausragende Resonanz auf das<br />

Online-Angebot zeigt die wachsende Bedeutung<br />

des Mediums für die <strong>ARD</strong>, wenn sie auch<br />

jüngere Zuschauer erreichen möchte.<br />

_ Kompetente Berater garantieren Qualität<br />

Doch Quantität allein hätte nicht sichergestellt,<br />

dass die Ziele der <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> erreicht<br />

wer<strong>den</strong>. Besonders wichtig war die Qualität<br />

der Inhalte. Denn zum einen ist <strong>Krebs</strong> ein<br />

besonders komplexes Thema. Der Stand der<br />

Forschung ist kompliziert abzubil<strong>den</strong>, Berichterstatter<br />

sind im Visier vielfacher Lobbyinteressen.<br />

Gleichzeitig sind viele Menschen betroffen,<br />

von <strong>den</strong>en manche große Hoffnungen an<br />

Informationen knüpfen, die sie in der <strong>ARD</strong><br />

<strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong> aufgenommen haben. Die<br />

Zuverlässigkeit ist vor diesem Hintergrund entschei<strong>den</strong>d.<br />

Die <strong>ARD</strong> hat sich daher kompetente Berater<br />

zur Seite gestellt – jedoch keine Medienpartner,<br />

Die Präsi<strong>den</strong>tin der Deutschen <strong>Krebs</strong>hilfe,<br />

Dagmar Schipanski (l.), und der Vorstandsvorsitzende<br />

des Deutschen <strong>Krebs</strong>forschungs-<br />

zentrums (DKFZ), Otmar Wiestler, unterstützten<br />

die <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong>.


<strong>den</strong>n Absender der <strong>Themenwoche</strong> sollten ausschließlich<br />

die Sender der <strong>ARD</strong> sein. Die Deutsche<br />

<strong>Krebs</strong>gesellschaft als Zusammenschluss der<br />

<strong>Krebs</strong>ärzte und -forscher war besonders hilfreich,<br />

weil sie wie die <strong>ARD</strong> regionale Strukturen<br />

aufweist. Dadurch konnten auch in einzelnen<br />

Regionen Gesprächspartner vermittelt und Diskussionsveranstaltungen<br />

organisiert wer<strong>den</strong>.<br />

Allein in Berlin besuchten mehr als 1 000 Menschen<br />

<strong>den</strong> Informationstag »Risiko Darmkrebs<br />

– Hauptsache gut beraten«, <strong>den</strong> der RBB zusammen<br />

mit der Berliner und der Bran<strong>den</strong>burger<br />

<strong>Krebs</strong>gesellschaft veranstaltet hatte.<br />

Zudem hat das Deutsche <strong>Krebs</strong>forschungszentrum<br />

(DKFZ) in Heidelberg die <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong><br />

<strong>Krebs</strong> mit kompetentem Rat unterstützt.<br />

Vor allem der <strong>Krebs</strong>informationsdienst<br />

des DKFZ gab eine Vielzahl von Einschätzungen<br />

und Ratschlägen. Als Dritte im Bunde<br />

leistete die Deutsche <strong>Krebs</strong>hilfe einen wichtigen<br />

Beitrag. Sie stellte – wie auch die bei<strong>den</strong> zuerst<br />

genannten Organisationen – Experten für die<br />

telefonische Infoline zur Verfügung, die NDR<br />

Media und WDR Mediagroup eingerichtet<br />

hatten. Zudem erhielten viele Redaktionen Rat<br />

bei <strong>den</strong> Ansprechpartnern von der Deutschen<br />

<strong>Krebs</strong>hilfe.<br />

Dank dieser fachlichen Beratung und der intensiven<br />

Vorbereitung der Redakteure in mehreren<br />

Seminaren gelang es, seriös und umfassend<br />

über <strong>Krebs</strong> zu berichten. 94 Prozent der Interviewten<br />

loben, es sei gut, dass das Thema aus<br />

verschie<strong>den</strong>en Blickwinkeln betrachtet wor<strong>den</strong><br />

sei. 92 Prozent sagen, die <strong>Themenwoche</strong> habe<br />

dazu beigetragen, dass Betroffene besser verstan<strong>den</strong><br />

wür<strong>den</strong>. 88 Prozent meinen, die <strong>ARD</strong><br />

sei einfühlsam und verantwortungsvoll mit<br />

dem Thema umgegangen, 87 Prozent heben die<br />

»kompetente und professionelle Information«<br />

hervor.<br />

_ Ein Projekt mit Langzeitwirkung<br />

Doch nicht nur die reine Bewertung der Sendungen<br />

ist herausragend. Die Umfragewerte<br />

deuten zumindest an, dass die <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong><br />

<strong>Krebs</strong> auch die Einstellung mancher<br />

Menschen zur Krankheit verändert hat: 83 Prozent<br />

der Befragten hat die <strong>Themenwoche</strong> zum<br />

Nach<strong>den</strong>ken angeregt, 74 Prozent sagen, sie<br />

halten eine <strong>Krebs</strong>früherkennung jetzt für noch<br />

wichtiger als vorher. Wür<strong>den</strong> in Folge der <strong>Themenwoche</strong><br />

mehr Menschen zu Vorsorgeuntersuchungen<br />

gehen, wäre dies ein ermutigendes<br />

Ergebnis.<br />

»Ein langer Abschied«, Fernsehfilm im Ersten:<br />

Ellen (Sophie von Kessel) hilft ihrer Tochter<br />

Rebecca (Maxi-Mari Duck), die schmerzhaften<br />

Untersuchungen über sich ergehen zu lassen..<br />

Sandra Maischberger, die sich als Patin der<br />

<strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong> engagiert hatte,<br />

freute sich über dieses Ergebnis: »Meine Patenschaft<br />

gab mir die Gelegenheit, viel über<br />

<strong>Krebs</strong> zu lesen und mit Fachleuten zu sprechen.<br />

Meine Angst vor <strong>Krebs</strong> ist zwar nicht ganz<br />

verschwun<strong>den</strong> – aber sie ist deutlich kleiner gewor<strong>den</strong>.«<br />

Auch die beraten<strong>den</strong> Organisationen<br />

heben die positive Resonanz auf die <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong><br />

<strong>Krebs</strong> hervor. Die Präsi<strong>den</strong>tin der<br />

Deutschen <strong>Krebs</strong>hilfe, Dagmar Schipanski, erklärte<br />

nach dem Abschluss der <strong>Themenwoche</strong>:<br />

»Die Menschen wur<strong>den</strong> sowohl emotional als<br />

auch sachlich angesprochen. Dies hat zu einer<br />

weiteren Enttabuisierung des Themas beigetragen.«<br />

Der Präsi<strong>den</strong>t der Deutschen <strong>Krebs</strong>gesellschaft,<br />

Michael Bamberg, lobte: »Die <strong>ARD</strong><br />

hat eindrucksvoll gezeigt, dass <strong>Krebs</strong> kein Tabu<br />

sein muss und zu <strong>den</strong> zentralen Themen in<br />

unserer Gesellschaft gehört.« Otmar Wiestler,<br />

Vorstandsvorsitzender des Deutschen <strong>Krebs</strong>forschungszentrums,<br />

erklärte: »Das DKFZ begrüßt<br />

die große Aufmerksamkeit sehr, die durch die<br />

<strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> auch auf das Gebiet der<br />

<strong>Krebs</strong>forschung gelenkt wurde. Wir beglückwünschen<br />

die <strong>ARD</strong> zu dieser beispielhaften<br />

Aktion.«<br />

Die <strong>ARD</strong> hat mit der <strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong><br />

also Experten und Publikum überzeugt und<br />

für sich begeistert. 92 Prozent der Befragten<br />

erklären, sie fin<strong>den</strong> es wichtig, dass die <strong>ARD</strong><br />

auch schwierige Themen so intensiv behandelt.<br />

<strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong> A R D - J A H R B U C H 0 6 85


86<br />

Die <strong>ARD</strong> leiste einen wichtigen Beitrag für die<br />

Gesellschaft (86 Prozent). Zudem erklärten 75<br />

Prozent, bei der <strong>ARD</strong> könne man sicher sein,<br />

dass »solche Themen frei von kommerziellen<br />

Interessen behandelt wer<strong>den</strong>«.<br />

_ Programme für die Zukunft<br />

Auch das Instrument der <strong>Themenwoche</strong> selbst<br />

hat die Menschen überzeugt. 80 Prozent der<br />

Befragten fi n<strong>den</strong> es losgelöst vom Thema <strong>Krebs</strong><br />

generell gut, dass die <strong>ARD</strong> sich eine Woche<br />

lang intensiv mit einem gesellschaftlichen<br />

Thema beschäftige. Für weitere <strong>Themenwoche</strong>n<br />

schlagen 88 Prozent der Befragten »Kinder und<br />

Zukunft« als ein wichtiges Thema vor, 80 Prozent<br />

sprechen sich für »Familie« aus. <strong>Eine</strong> Kombination<br />

aus bei<strong>den</strong> Themen hatte die <strong>ARD</strong>-<br />

Strategiegruppe bereits parallel zum Thema<br />

<strong>Krebs</strong> diskutiert. Vor diesem Hintergrund plant<br />

die <strong>ARD</strong> bereits für das Frühjahr 2007 unter Federführung<br />

des SWR eine nächste Aktionswoche<br />

unter dem Motto »Kinder sind Zukunft«.<br />

Von <strong>den</strong> Erfahrungen der ersten <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong><br />

können die Macher dabei profi -<br />

tieren: Entschei<strong>den</strong>d ist aus heutiger Sicht die<br />

Vielfalt der Formen, die die <strong>Themenwoche</strong><br />

<strong>Krebs</strong> aufgegriffen hat. Kaum ein Genre wurde<br />

ausgespart. Nur auf diese Weise ließen sich so<br />

viele Menschen erreichen. Die Mischung aus<br />

emotionalen und sachorientierten Zugängen<br />

war zudem dem Thema besonders angemessen.<br />

<strong>Eine</strong> weitere wichtige Erkenntnis ist auch<br />

nach innen von großer Bedeutung: Wenn die<br />

<strong>ARD</strong> zusammensteht und sich gemeinsam einer<br />

Idee verschreibt, dann kann sie etwas bewirken.<br />

In einer Zeit, in der die Digitalisierung die<br />

Anzahl der Fernsehkanäle wachsen lässt, wird<br />

es immer schwerer, aufzufallen mit einzelnen<br />

Programmen. <strong>Eine</strong> Schwerpunktsetzung, wie<br />

sie die <strong>ARD</strong> in ihrer <strong>Themenwoche</strong> erfolgreich<br />

betrieben hat, erreicht <strong>den</strong>noch große Teile der<br />

Bevölkerung. Zugespitzt: Kollektive Fernseh-<br />

oder Medienereignisse, die viele Menschen<br />

erreichen, sind eben nicht Vergangenheit. Sie<br />

bedürfen heute nur anderer, neuer Formen der<br />

Vermittlung. Die <strong>ARD</strong> hat eine solche Form<br />

gefun<strong>den</strong>, ein Instrument, das auch nur sie einsetzen<br />

kann – auf Basis ihres Auftrages als Arbeitsgemeinschaft<br />

öffentlich-rechtlicher Sender,<br />

die auch regional verwurzelt sind.<br />

Artikel A R D - J A H R B U C H 0 6<br />

Die <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> hat exemplarisch<br />

bewiesen, worum es der <strong>ARD</strong> als Ganzes geht:<br />

Da zu sein für die Menschen, die sie fi nanzieren,<br />

ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.<br />

Zuverlässige Informationen, seriöse Unterhaltung,<br />

nachvollziehbare Einschätzungen und<br />

Meinungen – die <strong>ARD</strong> <strong>Themenwoche</strong> <strong>Krebs</strong><br />

war in besonderer Weise ein Serviceangebot für<br />

das Publikum. Auf diesem Weg wird die <strong>ARD</strong><br />

in <strong>den</strong> kommen<strong>den</strong> Jahren weiter vorangehen,<br />

eingebettet in eine überarbeitete, neue Kommunikationsstrategie,<br />

die wie die <strong>Themenwoche</strong><br />

<strong>Krebs</strong> für <strong>den</strong> gesamten Verbund deutlich<br />

macht: Es ist gut, dass es die <strong>ARD</strong> gibt.<br />

Björn Staschen<br />

NDR, einer der Gesamtkoordinatoren<br />

der <strong>ARD</strong><br />

<strong>Themenwoche</strong><br />

Jobst Plog<br />

Stellvertretender <strong>ARD</strong>-<br />

Vorsitzender und Intendant<br />

des NDR

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