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Karls Anwesen

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... und noch etwas höher.<br />

Ich muss mich auf die Zehenspitzen stellen, die Fesseln glänzen silbern auf meiner hellen Haut.<br />

Ich klammere meine Hände um die Kette und atme bewusst ruhig ein und aus.<br />

Gleich weiß ich, was er diesmal mit mir vorhat.<br />

Er geht an mir vorbei und streichelt mir kurz über den nackten Rücken.<br />

Mit einem leisen Plob öffnet er die Kunststoffbox, ich drehe mich um die Kette und versuche<br />

etwas zu erkennen.<br />

Er zieht etwas Schwarzes aus der Box ...<br />

"Halt still."<br />

Was soll ich auch sonst tun?<br />

Er entfaltet das schwarze Ding ...<br />

... es richt nach neuem Leder ...<br />

... und sieht fast aus wie eine Kapuze ...<br />

Was ...?<br />

Er stellt sich hinter mich und stülpt sie mir über den Kopf.<br />

"Igggsssss..."<br />

Er zieht das Ding an meinem Hinterkopf stramm.<br />

Wattige Pads pressen sich gegen meine Augen und Ohren und die Geräusche um mich herum<br />

driften davon.<br />

Ich kann nichts mehr sehen ...<br />

... und ...<br />

... ich kann auch nichts mehr hören!<br />

Für quälend endlose Sekunden schlägt Panik über mir zusammen wie eine reißende Woge ...<br />

... und ich schreie ...<br />

... würge ...<br />

... zerre verzweifelt an der Kette ...<br />

... die Kanten der Fesseln beißen schmerzhaft in mein Fleisch.<br />

Ich stemme mich gegen ...<br />

... er nimmt mich in den Arm und hält mich fest.<br />

Ich versuche, mich auf mein Seitenlinienorgan zu konzentrieren.<br />

Ich bin kein Mensch.<br />

Ich brauche keine Augen, um zu sehen ...<br />

... es ist wie damals in der Höhle mit Ma´tischa.<br />

Langsam beruhige ich mich.<br />

Einatmen, ausatmen ...<br />

... langsam beruhige ich mich wieder.<br />

Karl hält mich, streichelt über mein Seitenlinienorgan.<br />

Ich kann ihn fühlen, seine Wärme in meinem Rücken, seine Hände, die beruhigend meinen<br />

Schultern massieren, den Tisch, die Stühle, die Bank ...<br />

Vor meinem geistigen Augen flammen hellen Linien auf, formen Umrisse vor einer schwarzen<br />

Leinwand ...<br />

... bis ich ein Bild meiner Umgebung habe.<br />

Ich atme tief ein ...<br />

... erleichtert ...<br />

... und höre auf zu zittern.<br />

Ich habe zulange auf dem Land gelebt und mich auf Augen und Ohren verlassen.<br />

Es ist fast schön, die Welt wieder so wahrzunehmen ...<br />

... ich kann den Wind fühlen, der durch die Rhododendronbüsche schmeichelt und die Möwe<br />

über dem Haus trägt ...<br />

... den Schlag ihrer Flügel ...<br />

... ihre Federn, die sich im Luftstrom biegen ...<br />

... und den Fremden, der gerade an Terrasse vorbeigeht.<br />

Er ist hier!

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