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Karls Anwesen

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"Ich bin mir nicht sicher ..."<br />

Ich gehe mit einem übertrieben freundlichen Lächeln auf ihn zu.<br />

"Es ist ein wenig seltsam ... wenn ich ehrlich sein soll ..."<br />

Das ist, gelinde gesagt, untertrieben.<br />

Er legt den Kopf in den Nacken und lacht, es klingt unangenehm laut im Flur.<br />

"... dass sie meine Haushälterin auf einem Fahrrad verfolgen? Ja, das ist ein wenig seltsam, aber<br />

lassen sie uns das bei einem Tee besprechen."<br />

Ich habe mir noch keine Gedanken über die Verbindung zwischen den beiden gemacht, aber<br />

irgendwie bin ich unterbewusst davon ausgegangen, dass sie seine Tochter wäre, oder Enkelin.<br />

Aber, dass jemand der sich statt Gartenzwerge Bodyguards in den Vorgarten stellt, auch<br />

Hauspersonal beschäftigt hätte ich mir denken können.<br />

Wir gehen in einen asymmetrischen Raum, in der Mitte steht eine Staffelei, auf dem Schreibtisch<br />

unter den kleinen Sprossenfenstern türmen sich Berge von Papieren und an den Wänden reihen<br />

sich Regale entlang.<br />

"Mein bescheidenes Atelier. Setzten sie sich doch bitte."<br />

Er deutet auf einen von zwei Ohrenbackensesseln in einer Ecke, zwischen denen ein runder<br />

Messingteetisch mit geschnitzten Holzbeinen steht.<br />

Ich lasse mich in die Tannengrünen Samtpolster sinken.<br />

"Und ... als Künstler verdient man genug Geld für so ein <strong>Anwesen</strong>?"<br />

Das war zwar unhöflich direkt, aber ...<br />

... dann mach ich was falsch.<br />

Er lacht wieder.<br />

"Nein, wohl kaum. Sie kennen doch den Spruch, dass gute Künstler erst nach ihrem Tod wertvoll<br />

werden."<br />

"Ja ..."<br />

Tolle Aussichten, aber vielleicht versteigert in hundert Jahren mal jemand eines meiner ersten<br />

Heftchen als frühen Rhygifarch Ross bei Sotheby´s.<br />

Das Opium des erfolglosen Kunstschaffenden ...<br />

Irgendwie gefällt mir der Gedanke überhaupt nicht.<br />

"Nennen sie meine Hobbywerkstatt."<br />

Schick.<br />

Meine rote Seele tobt irgendwas von "... der Reichtum der Welt ist ungerecht verteilt ...", aber<br />

die Erkenntnis ist nicht neu und ich sollte sie wohl besser nicht mit meinem Gegenüber<br />

diskutieren.<br />

Zumindest nicht, wenn ich ein paar Antworten haben möchte.<br />

"Aber ich vergesse meine Manieren, wir bekommen nicht allzu oft Besuch wissen sie. Karl<br />

Dargus."<br />

Er streckt mir seine Hand entgegen.<br />

"Rhygifarch Ross."<br />

"Ein interessanter Name."<br />

"Meine Mutter..."<br />

"Sagen sie nichts ... Waliserin?"<br />

"Ja. Woher wussten sie das?"<br />

"Eine Holding von mir betreibt ein Callcenter in der Nähe von Cardiff. Zungenbrechernamen<br />

sind da nicht selten. Die Ehrung zum Mitarbeiter des Jahres ist da immer die Hölle, ich bin froh,<br />

dass ich das mittlerweile an meinen Geschäftsführer losgeworden bin. Das Alter hat auch seine<br />

Annehmlichkeiten."<br />

Jetzt muss ich lachen.<br />

"Das sind dann wohl die Probleme der Reichen und Schönen."<br />

"Naja, ob schön bei mir noch zutrifft ... aber, ist die Figur erst mal ruiniert lebt es sich völlig<br />

ungeniert."<br />

"Ja wahrscheinlich."<br />

"Ah, eine kleine Kostprobe meines jüngsten literarischen Schaffens, warten sie."

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