Was wir wissen, Was wir nicht wissen und Wie wir ... - EUR-Oceans
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<strong>Was</strong> <strong>wir</strong> <strong>wissen</strong>, <strong>Was</strong> <strong>wir</strong> <strong>nicht</strong> <strong>wissen</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Wie</strong> <strong>wir</strong> vorgehen, um den globalen Wandel besser zu verstehen<br />
verantwortlich sind) hat nur eine sehr kleine Minderheit ihre<br />
Lebens- <strong>und</strong> Arbeitsgewohnheiten ernsthaft umgestellt, um<br />
ihre Emissionen zu verringern.<br />
Angespornt durch die Medien <strong>und</strong> Umweltbewegungen, hat<br />
das Bewusstsein in der Öffentlichkeit ohne Zweifel stark<br />
zugenommen, aber egal ob auf individueller oder kollektiver<br />
Ebene: die Realität zeigt, dass den Worten noch kaum Taten<br />
gefolgt sind.<br />
Es gilt vor allem folgende Hürden zu überwinden:<br />
1) Man kann den Klimawandel weder sehen noch riechen, <strong>und</strong><br />
er hat auf kurze Sicht keine wahrnehmbaren Aus<strong>wir</strong>kungen<br />
im Umkreis der unmittelbaren Verursacher. Außerdem<br />
meinen viele Leute angesichts des globalen Ausmaßes<br />
der Veränderungen, dass sie selbst als Individuen viel zu<br />
unbedeutend sind, um irgendetwas zu bewegen.<br />
2) Das Ausmaß der Risiken ist ungewiss. <strong>Wie</strong> können <strong>wir</strong><br />
heute etwas unternehmen, um uns vor den Problemen<br />
von morgen zu schützen, wenn <strong>wir</strong> noch <strong>nicht</strong> einmal<br />
vollständig <strong>wissen</strong>, wie diese Probleme aussehen werden?<br />
Zu diesem Thema haben sich, wie zu vielen anderen Themen<br />
(Gentechnik, Tierfutter, Atomenergie usw.), zwei entgegen<br />
gesetzte Meinungen herausgebildet:<br />
• Einige denken, dass <strong>wir</strong> mit dem Experiment fortfahren<br />
können, solange <strong>wir</strong> noch keine eindeutigen Beweise für<br />
Risiken haben.<br />
• Andere denken, dass <strong>wir</strong> angesichts des Ernstes der auf<br />
uns zukommenden, <strong>nicht</strong> rückgängig zu machenden<br />
Risiken bald aufhören müssen, da <strong>wir</strong> keinen Beweis dafür<br />
haben, dass es kein Risiko gibt: das sind die Anhänger des<br />
Vorsorgeprinzips, das einen der Gr<strong>und</strong>pfeiler des Kyoto<br />
Protokolls bildet.<br />
3) In unserer Gesellschaft herrschen große Trägheit <strong>und</strong><br />
Widerstandskräfte gegenüber Veränderung (durch die<br />
Industrielobby <strong>und</strong> die Bevölkerung gleichermaßen), die<br />
die ständige Spannung zwischen den eigenen <strong>und</strong> den<br />
Interessen aller zum Ausdruck bringen. Schließlich führt<br />
uns der Klimawandel zu der Frage der Armut <strong>und</strong> dem<br />
großen Ungleichgewicht zwischen Nord <strong>und</strong> Süd.<br />
• Der globale Wandel <strong>wir</strong>d nur von einem Teil der Menschheit<br />
(den Industriestaaten) verursacht, aber alle haben unter<br />
den Aus<strong>wir</strong>kungen zu leiden. Einige sehen darin einen Akt<br />
der Aggression gegen die Umwelt, den die entwickelten<br />
Länder gegen dem Rest des Planeten richten.<br />
• Die Armen <strong>und</strong> Benachteiligten werden von den<br />
schädlichen Aus<strong>wir</strong>kungen des Klimawandels am stärksten<br />
betroffen sein, da sie die geringste Anpassungsfähigkeit<br />
besitzen.<br />
Selbst wenn die Wissenschaft uns neue Antworten auf<br />
wichtige Fragen liefert, bleibt dies alles in allem eine<br />
Frage des Ausgleichs entgegengesetzter Bedürfnisse der<br />
Gesellschaft (z.B. der Bedarf an Energie <strong>und</strong> Mobilität<br />
gegenüber der Schonung von Ressourcen) sowie entgegengesetzter<br />
Interessen (die der heutigen Wirtschaft, die der<br />
Ökosysteme <strong>und</strong> der biologischen Vielfalt, die Interessen<br />
zukünftiger Generationen, der industrialisierten <strong>und</strong> der<br />
Entwicklungsländer, von Arm <strong>und</strong> Reich usw.). Diese<br />
Bedürfnisse <strong>und</strong> Interessen sind innerhalb der momentan<br />
vorherrschenden <strong>und</strong> <strong>nicht</strong> nachhaltigen Auffassung von<br />
Wachstum <strong>und</strong> Entwicklung alles andere als im Gleichgewicht.<br />
Über <strong>wissen</strong>schaftliche Belege hinaus erfordert diese<br />
schwierige Herausforderung ethische Maßstäbe, die<br />
unabhängig von Fakten<strong>wissen</strong> sind.<br />
Die Herausforderung des globalen Klimawandels zwingt<br />
uns, unsere gesamte Beziehung zur Natur, zur Erhaltung<br />
von Gleichgewichten, zur Verteilung von Ressourcen<br />
<strong>und</strong> Wohlstand <strong>und</strong> zum Begriff von Wachstum, in Frage<br />
zu stellen. Mehr denn je sollte unter Entwicklung der<br />
Aufbau neuer weltweiter Bündnisse verstanden werden,<br />
anstatt an den Interessen bestimmter Gruppen, Länder<br />
oder Gruppen von Ländern festzuhalten. Werden <strong>wir</strong><br />
als eine Menschheit auf einem Planeten gemeinsam<br />
in der Lage sein, Lösungen zu ver<strong>wir</strong>klichen, die uns<br />
eine Anpassung an die Veränderungen ermöglichen, die<br />
<strong>wir</strong> bereits herbeigeführt haben <strong>und</strong> die uns erlauben,<br />
unsere Entwicklung fortzusetzen, ohne dabei das<br />
Gleichgewicht des Systems noch weiter zu gefährden?<br />
Eisbärspuren – transarktische Expedition mit dem Schwedischen<br />
Eisbrecher Oden<br />
© Toste Tanhua, Leibniz-Institut für Meeres<strong>wissen</strong>schaften an der<br />
Universität Kiel, Deutschland<br />
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