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Besuch im Ungers-Archiv - Bürgerverein Köln-Müngersdorf ev

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ORTSGESCHICHTE<br />

In die Züge eingestellte 1.-Classe-Wagen<br />

mit üppigem Dekor, weichen rotsamtenen<br />

Polstern sind in den Augen des Adels kein<br />

Ersatz. Die „niedereren“ klassen fahren<br />

nämlich <strong>im</strong> gleichen Zug: das Bürgertum in<br />

der grau gepolsterten 2. Classe, das „gemeine<br />

Volk“ in 3.-Classe-Wagen. Letztere sind<br />

ursprünglich offen, haben keine Sitzplätze,<br />

und die darin stehend Beförderten sind<br />

Wind, Wetter, Rauch und Funkenflug ausgesetzt.<br />

Später wird die 3. Classe geschlossen<br />

und Holzbänke aufweisen – und auf<br />

manchen Bahnlinien um geschlossene<br />

„Stehwagen“, eine 4. Classe, ergänzt.<br />

Verlorene Exklusivität<br />

Exklusivität stiften können auch Wartesäle<br />

oder -räume der 1. Classe in den Empfangsgebäuden<br />

der Bahnhöfe nicht. Gleich<br />

„nebenan“ sind nämlich jene der 2. und<br />

3. Classe.<br />

friedrich<br />

Harkort sah die<br />

demokratisierung<br />

des reisens voraus.<br />

32 BlickPunkt MÜNGERSDORF 19 | 2011/12<br />

Auch Luxuszüge, rollenden Grandhotels<br />

gleich, sind kein Ersatz – in allen diesen, bis<br />

hin zum Non-plus-ultra, dem legendären<br />

Orient-Expreß, kann eben, unabhängig von<br />

seinem Stand, reisen, wer die teuere Passage<br />

bezahlen kann: neben Adeligen auch<br />

Großunternehmer, hohe Militärs, Spione<br />

und Hochstapler, Theater- und Opernstars,<br />

Film-, Sport- und Halbweltgrößen.<br />

Ersatz gibt es nur für gekrönte Häupter<br />

mit luxuriös überladenen, oftmals goldglänzenden<br />

Hofzügen, die dann auch<br />

manchmal von „kaiserbahnhöfen“ abfahren,<br />

wie später für Wilhelm Zwo von<br />

Potsdam-Wildpark. und in vielen Großstadtbahnhöfen<br />

sind Räumlichkeiten für<br />

„Höchste und Allerhöchste Herrschaften“<br />

eingerichtet.<br />

Ihrer Struktur nach war die Eisenbahn,<br />

ein streng spurgebundenes komplexes<br />

System, ganz und gar unfeudal. Sie war so<br />

etwas, erstmalig nämlich, wie „der allgemeinen<br />

Gleichheit rastloser Beförd’rer“.<br />

Aber: In den Anfangsjahren fühlt sich die<br />

zunehmend zu Wohlstand gelangte Spitze<br />

des Bürgertums, bislang an „Bildungsreisen“<br />

mit Personenpost und Schiff gewohnt,<br />

jetzt nicht mehr als Reisende. Man kommt<br />

sich in diesen kreisen, was die Romantiker<br />

bereits bemängelten, eingezwängt von Ankunfts-<br />

und Abfahrtszeiten, vorgegebenen<br />

Halten, bestenfalls „transportiert“ vor.<br />

Ebenfalls neu aber ist die Auslösung<br />

eines – zunächst bürgerlich geprägten –<br />

Massentourismus.<br />

Individualverkehr<br />

Der kölner Eisenbahnpionier Ludolf Camphausen,<br />

Promoter des „Eisernen Rheins“,<br />

weist übrigens früh auf die von der starren<br />

Fahrweggebundenheit der Eisenbahn ausgehenden<br />

Einschränkungen hin. Er sieht

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