Wenn - Kultiwirte

Geh, iss
dein Brot
in Freude
Dr. Gerold Lehner ist Superintendent der Evangelischen Kirche
in Oberösterreich, vergleichbar mit dem Diözesanbischof in der
Katholischen Kirche. Daheim in Pasching war Essen immer schon
wichtig – bei den Eltern im LAWOG-Bau oder bei den Großeltern
im Bauernhaus.
Es gibt ein paar so Bilder –
wie der Wohnzimmertisch
abgeräumt worden ist und
mit einem Plastiktuch abgedeckt
und wie dann die Mama den
Strudelteig ausgezogen hat und
mit Zwetschken bestreut.
Oder wie die Oma den Leberschädl
gekocht hat – faschiertes
Schweinernes und faschierte
Leber in ein Schweinsnetz gefüllt
und im Rohr knusprig gebraten.
Und dann gibts da noch ein
ganz anderes Bild: „Die Eltern
sind mit uns Kindern nach
Spanien gefahren und da gabs in
einem Gasthaus acht, neun Gänge
zu essen – man hat geredet, gespielt
– vier, fünf Stunden lang.
Das war eine ganz faszinierende
Erfahrung.“
Pasching – da waren für Gerold
die Dorfplätze wichtig – zum Fußballspielen.
Und dann war Thening
wichtig – der kleine Ort,
eineinhalb Kilometer weiter auf
einem Hügel gelegen. Die evangelische
Kirche war dort und – der
Jugendkreis.
„Ich war ein relativ schlechter
Schüler, in Latein und Mathematik
ziemlich schwach und bin
zweimal durchgefallen. Mein
Selbstbewusstsein war recht vermindert.
Aber dort im Jugendkreis,
da hat dich keiner gefragt,
ob du was bringst oder was leistest“.
Und so, wie der Jugendwart
seinen Kreis geleitet hat, so wollte
Gerold auch werden.
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d’Gäst über die Wirt’n
Jugendwart ist er nicht geworden,
aber Pfarrer. Mit Jugendlichen
und jungen Erwachsenen
hat er auch da viel zu tun gehabt –
in der Jugendarbeit, im Religions­
unterricht und zuletzt als Leiter
des Prediger­Seminars der evangelischen
Kirche in Wien. Und
gekocht hat er auch immer wieder
– „und dass es mir schmeckt – das
merkt man“.
„Es gibt eine Tradition im Christentum,
die ist relativ leibfeindlich,
von Askese geprägt. Und
man hat das Gefühl, es wäre die
vorherrschende. In der Bibel findet
sich aber auch eine andere
Tradition – schon im alten Testament
heißt es im Buch Prediger:
„Iss dein Brot mit Freuden, trink
deinen Wein mit gutem Mut.
Genieße das Leben mit deiner
Frau, die du lieb hast“.
Das zieht sich durch bis zu Jesus
selbst, wenn er sagt – es ist Hochzeits­Zeit,
da kann man nicht fasten.
Jesus hält Tischgemeinschaft
mit Zöllnern und Prostiuierten,
mit den am meisten Verachteten.
Er lädt alle ein zum Hochzeitsbankett
– das ist keine vergeistigtspirituelle
Angelegenheit, sondern
etwas, das den ganzen Menschen
anspricht.
Das bewusste, gemeinsame
Essen ist auch für uns als Familie
wichtig – wenigstens ein, zwei
Mahlzeiten am Tag. Wir fangen
mit einem Tischgebet an und
sagen „Danke“ für die Leute, die
das gekocht haben.
Unsere Tochter hat beschlossen,
dass sie Vegetarierin ist. Das hat
auch bei den anderen in der
Familie was verändert – es gibt
kein Fleisch mehr, bei dem wir
nicht wissen, woher es stammt, es
gibt nur mehr Eier aus Freilandhaltung.
Service
Der Evangelische Weihnachtsgottesdienst
wird heuer aus der
Martin­Luther­Kirche in Linz
übertragen: am Montag, 25. Dezember
ab 9.30 Uhr auf Ö1.
Mehr über die Evangelische
Kirche in Oberösterreich finden
Sie auf www.evang.at/ooe und
im Evangelischen Museum
Oberösterreich in Rutzenmoos –
wieder geöffnet ab 15. März 2007:
www.evang.at/museum­ooe
Die Kirche vom Konditor
Die Linzer Martin­Luther­
Kirche steht in der Johann­Konrad­Vogel­Straße.
Mit gutem
Grund: Der Zuckerbäcker Johann
Konrad Vogel setzte sich schon
1826 für den Bau eines Bethauses
in Linz ein. Und er war der erste,
der die Linzer Torte in größeren
Mengen buk und verschickte. Als
Erfinder der Linzer Torte hat er
sich nicht verstanden: Die ältesten
Rezepte dafür sind dreihundertfünzig
Jahre alt.
Dezember 2006