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14_HR DuBois HO 8_2009:HO - Schweizer Hoteljournal

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Reportage<br />

Bed & Breakfast «Maison <strong>DuBois</strong>», Le Locle


One Woman<br />

Showin ehemaliger Uhrmacherwerkstätte<br />

Das «Maison <strong>DuBois</strong>» hat sich ganz dem Thema<br />

Uhren verschrieben. In dieser 250 Jahre alten Uhr -<br />

macherwerkstätte veranstaltet die charmante<br />

Céline Jeanneret eine One Woman Show und zieht<br />

Leute von nah und fern in ihren Bann.<br />

Text: Marianne Kürsteiner<br />

Bilder: Tanya Hasler<br />

La Chaux-de-Fonds und Le Locle sind einzigartige<br />

Zeu gen einer ganzen Industrieepoche. Durch ihre<br />

Kom paktheit, Originalität und Authentizität widerspiegeln<br />

sie die Höhen und Tiefen der Uhrenindustrie<br />

seit Ende des 18. Jahrhunderts bis heute. Vor diesem<br />

Hintergrund wird verständlich, weshalb Le Locle und<br />

La Chaux-de-Fonds seit diesem Sommer als Weltkulturerbe<br />

auf der Unesco-Liste figurieren, obwohl der<br />

erste Eindruck von Le Locle etwas ernüchternd wirkt.<br />

Wie ausgestorben reihen sich etwas schmucklose<br />

Häuser aneinander.<br />

Zeitzeugen der Uhrenindustrie<br />

Obschon das urbane Erbe der beiden Städte nicht sofort<br />

ins Auge fällt, ist ihr historischer Wert aussergewöhnlich.<br />

Strassen, Gebäude und Fabriken wurden<br />

Fortsetzung auf Seite 21<br />

8/<strong>2009</strong><br />

15


Reportage<br />

Bed & Breakfast «Maison <strong>DuBois</strong>», Le Locle<br />

Um zur Rezeption zu<br />

gelangen, folgt der Gast<br />

dem Pfeil und findet<br />

Céline Jeanneret nicht<br />

selten in der Küche. Wo<br />

früher das Uhren atelier<br />

war, sitzen heute Gäste<br />

und Passanten gemütlich<br />

beisammen. Mittags gibt<br />

es ein ein ziges Menü zu<br />

<strong>14</strong> Fran ken, nachmittags<br />

trifft man sich zu Tee und<br />

Kuchen.<br />

16 8/<strong>2009</strong>


Das «Chambre Esprit Zen» ist ganz in Weiss gehalten und vermittelt ein meditatives,<br />

ruhiges Ambiente. Céline Jeanneret trug die Dekorationselemente für die Zimmer alle<br />

selbst zusammen.<br />

In der «Chambre Safari» wähnt sich der Gast in Afrika. Die fünf Zimmer haben<br />

zwar nichts mit Uhren zu tun – vielleicht ein kleiner Schönheitsfehler im Konzept.<br />

Céline Jeanneret hat jedes Zimmer mit einem Eigenleben ausgestattet.<br />

8/<strong>2009</strong><br />

17


Reportage<br />

Bed & Breakfast «Maison <strong>DuBois</strong>», Le Locle<br />

Zwar hat Céline Jean -<br />

neret heute eine Mitar -<br />

beiterin, die die Zimmer<br />

reinigt. Trotzdem kann<br />

sie es nicht lassen,<br />

überall noch persönlich<br />

vorbeizugehen – da eine<br />

Decke zu strecken, dort<br />

ein Kissen zurecht zu<br />

legen. Céline hat ihre<br />

genauen Vor stellungen;<br />

schliess lich hat sie die<br />

Einrichtung selbst<br />

zusammengestellt.<br />

18 8/<strong>2009</strong>


Reportage<br />

Bed & Breakfast «Maison <strong>DuBois</strong>», Le Locle<br />

Der Aufenthaltsraum – ein Salon mit vielen barocken Einrichtungsgegenständen und<br />

Möbeln von anno dazumal – befindet sich auf der zweiten Etage. Hier sind die Gäste des<br />

Bed & Breakfast unter sich. Angrenzend befindet sich der Sitzungsraum, in dem der<br />

Unesco-Vertrag unterschrieben wurde.<br />

20 8/<strong>2009</strong>


Fortsetzung von Seite 15<br />

gebaut, um den Bedürfnissen der aufkommenden<br />

Uhr enindustrie entgegenzukommen. Zum Beispiel<br />

die Architektur, die dem Lichteinfall Priorität einräumt,<br />

und die Strassenführung, die den Verkehr erleichtert.<br />

Als es ab 1973 zur Krise in der Uhrenindustrie<br />

kam, versetzte dies den beiden Städten einen<br />

schweren Schlag. Tausende von Arbeitsplätzen gingen<br />

damals entlang des gesamten Jura-Bogens verloren.<br />

Dank dem öffentlichen Sektor konnte dieser<br />

Rückgang aufgehalten werden. Die beiden Städte<br />

entwickelten sich zu Kompetenzzentren für innovative<br />

Technologien.<br />

Unterschrieben wurde der Unesco-Vertrag im Sitzungssaal<br />

des «Maison <strong>DuBois</strong>», das selbst ein Zeitzeuge<br />

der Uhrenindustrie ist. Die Uhrmacherfamilie<br />

<strong>DuBois</strong> besitzt eine der renommiertesten Firmen in Le<br />

Locle. Moise <strong>DuBois</strong> betrieb schon seit 1743 einen<br />

Uhrenhandel. Als sein Sohn Philippe <strong>DuBois</strong> die Firma<br />

1764 übernahm, begann er auch mit der Herstellung<br />

von Taschenuhren und Pendulen. Als Tuchhändler<br />

hatte er bereits weitreichende Geschäftsbeziehungen<br />

nach Europa und Amerika aufgebaut. Dies ermöglichte<br />

dem Uhrengeschäft einen hervorragenden<br />

Start. Im 19. Jahrhundert wurde der Aufbau eigener<br />

Kontore in Ländern wie Deutschland, Holland, Spanien<br />

und Amerika vorangetrieben. Besonderes Gewicht<br />

erhielt dabei die Frankfurter Filiale durch ihre<br />

Nähe zu den Messen.<br />

Heimstätte exklusiver Uhren<br />

1785 nahm Philippe <strong>DuBois</strong> seine drei Söhne in die<br />

Firma auf. Dieser Zeitpunkt gilt offiziell als Eröffnung<br />

des Hauses, das sich nun «Philippe <strong>DuBois</strong> & Fils»<br />

nennt. Heute fertigt <strong>DuBois</strong> – übrigens immer noch<br />

im Gründungshaus in Le Locle ansässig, die Herstellung<br />

wurde jedoch verlegt – überwiegend exklusive,<br />

arbeitsintensive Armbanduhren.<br />

Die Ausstattung der Uhrenwerkstätte gilt als<br />

Schmuck stück des Barock und ist ein bedeutendes<br />

Denkmal früherer Handwerks- und Handelskultur.<br />

Die wertvollen Dokumente des Archivs, das sich auf<br />

der ersten Etage des Hauses befindet, legen Zeugnis<br />

von der Tradition des Hauses <strong>DuBois</strong> und der <strong>Schweizer</strong><br />

Uhrenfertigung ab. Ein wahrer Fundus für Historiker.<br />

Da viele Gäste aus dem In- und Ausland die<br />

Heimstätte der exklusiven Uhrenmarke <strong>DuBois</strong> besichtigen<br />

wollten, hatte Madame Helga Kaussler-Du-<br />

Bois, eine <strong>DuBois</strong> der siebten Generation und Besitzerin<br />

des Hauses, die Idee, in diesem geschichtsträchtigen<br />

Haus ein Bed & Breakfast einzurichten. Um<br />

dies zu realisieren, wandte sie sich vor drei Jahren an<br />

Céline Jeanneret, die in Le Locle in ihrem eigenen Einfamilienhaus<br />

bereits das erste Bed & Breakfast der<br />

Stadt ins Leben gerufen hatte. Hier vermietete sie nebenberuflich<br />

mit grossem Erfolg zwei Cocooning-<br />

Zimmer an Geschäftsleute und Touristen.<br />

Frühstück auf der Werkbank<br />

Céline Jeanneret war von dem Projekt von Anfang an<br />

begeistert und sagte spontan zu. Gäste zu beherbergen<br />

liegt der 33-jährigen, lebhaften «Maîtresse de<br />

maison» im Blut. Eigentlich wollte sie früher die Hotelfachschule<br />

besuchen, doch die Mittel reichten<br />

dafür nicht aus, sodass sie eine Handelsschule absolvierte<br />

und einige Jahre im Versicherungswesen arbeitete.<br />

Mit dem «Maison <strong>DuBois</strong>» hat sie nun die Gelegenheit<br />

erhalten, ihre Ideen vollamtlich umzusetzen.<br />

Als Frau eines Uhrmachers hat sie zum Thema Uhren<br />

sowieso eine besondere Beziehung. «Hier in Le Locle<br />

ist allerdings jede Familie mehr oder weniger mit der<br />

Uhrenindustrie liiert», schmunzelt sie.<br />

Céline Jeanneret setzte das Konzept für das Bed &<br />

Breakfast auf originelle Weise um. Ein altes Schild mit<br />

der Aufschrift «Atelier» hängt über der Tür zur ehemaligen<br />

Werkstätte, wo noch bis Ende des letzten<br />

Jahrhunderts die Uhrmacher ihrer Arbeit nachgingen.<br />

Heute ist hier die Gaststube untergebracht. Der massive<br />

Tisch steht immer noch am gleichen Ort, nur<br />

wird darauf jetzt ausgiebig gefrühstückt und geluncht.<br />

In diesem Raum werden die Gäste – sowohl Passanten<br />

wie auch Übernachtungsgäste – von Céline, wie<br />

sie sich vorstellt, herzlich willkommen geheissen. Die<br />

Gaststube ist nicht zu vergleichen mit einem üblichen<br />

Hotel. «Wir sind hier wie eine Familie», beteuert Céline.<br />

Die Menschen, die zu ihr kommen, fühlen sich<br />

sofort wie zu Hause.<br />

Gastgeberin aus Leidenschaft<br />

Die fünf Doppelzimmer und der Salon, die sich auf<br />

drei Etagen des «Maison <strong>DuBois</strong>» verteilen, bestechen<br />

durch ihre Originalität. Céline ist nicht nur eine<br />

begabte Köchin, Gastgeberin und Handelsfachfrau,<br />

sie hat auch ein Flair für Inneneinrichtung. So entstammen<br />

alle Zimmer ihrer Feder. Im ersten, «Chambre<br />

Baroque» genannt, mit behäbigen Stoffen in<br />

dunklen, blau-grünen Farben gehalten, fühlt man<br />

sich – umgeben von Engelwesen in Form von Nippesfiguren<br />

und Wandmalereien – in die Welt des Barocks<br />

versetzt. Auf dieser Etage sind auch das Archivzimmer<br />

sowie das Office der Uhrmacherwerkstätte<br />

untergebracht. Im Korridor zeugen Schaukästen mit<br />

antiken Taschenuhren sowie eine antike Pendule von<br />

der Geschichte des Hauses. Die Substanz, wie etwa<br />

der blau-weiss geflieste Boden, wurde belassen.<br />

Eine Etage höher liegt das «Chambre Esprit Zen».<br />

Ganz in Weiss gehalten, strömt es eine beruhigende<br />

Atmosphäre aus. Weisse Tülltücher über dem Bett<br />

8/<strong>2009</strong><br />

<br />

21


Reportage<br />

Bed & Breakfast «Maison <strong>DuBois</strong>», Le Locle<br />

Porträt Céline Jeanneret<br />

Céline Jeanneret hat sich schon in ihrer Jugend für die Hotellerie begeistert.<br />

Während ihren Schulferien half sie in einem Hotel als Küchenhilfe, Zimmermädchen<br />

sowie an der Rezeption aus. Ihr Wunsch, die Hotelfachschule zu absolvieren,<br />

konnten ihr die Eltern aus finanziellen Gründen nicht erfüllen, sodass<br />

sie eine Handelsschule absolvierte. Danach arbeitete Céline Jeanneret<br />

einige Jahre als Versicherungsfachfrau, bis sie die Idee des Bed & Breakfast in<br />

Le Locle umsetzte.<br />

Zahlen und Fakten «Maison <strong>DuBois</strong>», Le Locle<br />

Ausrichtung: 60 % Freizeit, 40 % Business,<br />

Lage: Grande Rue 22 in Le Locle<br />

Eigentümerin: Helga Kaussler-Du Bois<br />

Gastgeberin: Céline Jeanneret<br />

Innenarchitektur: Céline Jeanneret<br />

Zimmer: 5 Doppelzimmer; «Chambre Zen»,<br />

«Chambre Baroque», «Chambre Bohème»,<br />

«Chambre Safari» und «Chambre d’Antan»,<br />

Salon und Sitzungszimmer<br />

Zimmerausstattung:<br />

Fernsehen, Wireless-Internet<br />

Preise pro Zimmer/Nacht inkl. Frühstück:<br />

110 CHF bis <strong>14</strong>0 CHF<br />

Restauration: Mittags gibt es jeweils ein<br />

Menü zu <strong>14</strong> Franken<br />

Mitarbeitende: Zwei<br />

und Bachsteine als dekorative Elemente unterstreichen<br />

den meditativen Charakter dieses Zimmers.<br />

Auf der gleichen Etage befindet sich der Aufenthaltsraum<br />

– ein Salon mit Möbeln von anno dazumal.<br />

Wandmalereien und schwere Vorhänge verleihen<br />

diesem Raum seinen typisch barocken Charakter. Daneben<br />

können sich die Gäste in einer Küche auch mal<br />

selbst etwas Kleines kochen.<br />

Zu den drei Zimmern «Chambre Safari», «Chambre la<br />

Bohème» und «Chambre d’Antan» gelangt man über<br />

eine steile Stiege. Jedes der Zimmer besitzt seinen eigenen<br />

Charakter. So wurde zum Beispiel das «Chambre<br />

d’Antan» mit Möbeln ausgestattet, die Céline im<br />

Estrich gefunden hatte.<br />

Die Zimmer könnten heimeliger und gemütlicher<br />

nicht sein, und es verwundert nicht, dass das Livre<br />

d’Or, das Gästebuch des Hauses, voll von Lob ist.<br />

Auch mit Einträgen von japanischen Geschäftsleuten,<br />

die während ihren Geschäftsreisen gerne hier übernachten.<br />

Céline Jeanneret ist zu über 80 Prozent ausgebucht,<br />

ohne je Werbung gemacht zu haben. Die<br />

Gäste setzen sich aus Touristen, Geschäftsleuten und<br />

Künstlern zusammen.<br />

Exklusivität statt Einheitsbrei<br />

Céline zufolge gibt es in Le Locle noch viel Potenzial<br />

für Bed & Breakfast-Häuser. Sie selbst ist jedoch an<br />

ihrer Kapazitätsgrenze angelangt. Ihr Tagesablauf beginnt<br />

früh morgens um 6.30 Uhr und dauert bis<br />

abends um 18 Uhr, mit eineinhalb Stunden Pause, in<br />

denen sie ihren Hund spazieren führt. Ohne Wirtepatent<br />

und Hotelfachschule hat sie gemäss Vorschrift<br />

des Kantons nur die Möglichkeit, maximal zehn Betten<br />

anzubieten und zehn Gedecke zu servieren. Doch<br />

gerade dies macht den persönlichen Charakter des<br />

Hauses aus. Darüber hinaus unterstützt sie die Bed &<br />

Breakfast-Idee in Le Locle und steht Anwärtern mit<br />

Rat und Tat zur Verfügung. «Es gibt in der Schweiz zu<br />

viele Hotels, die sich gleichen und keinen eigenen<br />

Charakter aufweisen.» Dies kann man vom «Maison<br />

<strong>DuBois</strong>» nicht behaupten. Es ist ein typisches Themenhaus,<br />

wie es origineller nicht sein könnte. Denn,<br />

meint Céline, «Allerwelthotels sucht niemand». ■<br />

22 8/<strong>2009</strong>

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