OHNE HEIDI-KITSCH - hoteljournal.ch
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Alpiner Luxus<br />
ohne Heidi-Kits<strong>ch</strong><br />
Hotel-Test im Guarda Val<br />
sporz (Lenzerheide)<br />
88 11I2010
Hotel-Test Guarda Val Lenzerheide<br />
Das soll ein Vierstern-Superior-Hotel sein? Man überna<strong>ch</strong>tet<br />
in über 300 Jahre alten Kuhställen, Alphütten und Heus<strong>ch</strong>obern,<br />
auf 1600 Meter über Meer. Maiensässhotel nennt<br />
si<strong>ch</strong> das Guarda Val im kleinen Weiler Sporz bei Lenzerheide.<br />
Was da wohl geboten wird? Ein Bilderbu<strong>ch</strong>-Alpenhotel,<br />
«wo Luxus und Authentizität perfekt harmonieren», steht<br />
in der Hotelbros<strong>ch</strong>üre. Mal s<strong>ch</strong>auen, was uns<br />
da oben am Berg erwartet …<br />
11I2010<br />
Reservierung (Homepage)<br />
Ein altes Berghaus im Winter. Zwei Meter Neus<strong>ch</strong>nee, Sternenhimmel,<br />
goldgelbes Li<strong>ch</strong>t in der guten Stube, wo Leute am offenen<br />
Kamin sitzen und Glühwein trinken – oder ein Fondue geniessen.<br />
Es rie<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong> verbranntem Holz. Alpenromantik pur. Wer die<br />
Homepage des Guarda Val öffnet und das Bild der Berghütte sieht,<br />
denkt zwangsläufig an sol<strong>ch</strong>e Szenen. Der Internetauftritt ist klar,<br />
übersi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>. Und vor allem stimmungs- und erwartungsvoll.<br />
Wir bu<strong>ch</strong>en eine «gemütli<strong>ch</strong>e Maiensäss-Stube» für 450 Franken<br />
pro Zimmer mit Frühstück. «Wohnen Sie in Jahrhunderte altem<br />
Gemäuer, natürli<strong>ch</strong> mit erstklassigem Komfort», verspri<strong>ch</strong>t man<br />
uns in der Bu<strong>ch</strong>ungsbestätigung, die 30 Sekunden später per Mail<br />
eintrifft. Wir reservieren zudem einen Tis<strong>ch</strong> im Restaurant Guarda<br />
Val. Chefko<strong>ch</strong> Karl-Heinz S<strong>ch</strong>uhmair ko<strong>ch</strong>t hier offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> auf<br />
hohem Niveau, ni<strong>ch</strong>t nur was die Höhenlage (1600 Meter) angeht:<br />
16-Punkte und ein Mi<strong>ch</strong>elin-Stern. Wer spri<strong>ch</strong>t da von ur<strong>ch</strong>iger<br />
Bündner Hausmannskost, von Capuns und Pizokel an s<strong>ch</strong>werer<br />
Rahmsauce?<br />
Zwei Tage vor unserer Ankunft: Wir sitzen im Auto. Da errei<strong>ch</strong>t uns<br />
ein Anruf aus dem Guarda Val. Eine sehr freundli<strong>ch</strong>e Dame freut<br />
si<strong>ch</strong> bereits jetzt auf unsere Ankunft und bestätigt uns no<strong>ch</strong>mals die<br />
Reservationen (Zimmer und Restaurant). Sie fragt uns, ob wir denn<br />
no<strong>ch</strong> besondere Wüns<strong>ch</strong>e hätten … eine Zeitung zum Frühstück?<br />
Ja, viellei<strong>ch</strong>t die Süddeuts<strong>ch</strong>e, wenn das geht, kann aber au<strong>ch</strong> die<br />
NZZ sein. Nur keine Umstände!«Kein Problem, gerne organisieren<br />
wir Ihnen die Süddeuts<strong>ch</strong>e.» Wir sind etwas perplex. Da ruft do<strong>ch</strong><br />
tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> eine Hotelangestellte zwei Tage vor der Ankunft an und<br />
entlockt uns am Telefon irgendwel<strong>ch</strong>e Wüns<strong>ch</strong>e. Ungewöhnli<strong>ch</strong>.<br />
Check-in<br />
Wir fahren über die s<strong>ch</strong>male Bergstrasse na<strong>ch</strong> Sporz, drei Kilometer<br />
von Lenzerheide entfernt. Alles ist deutli<strong>ch</strong> markiert, die einzelnen<br />
Hotelgebäude (spri<strong>ch</strong> Ställe, Hütten und Heus<strong>ch</strong>ober), der<br />
Parkplatz, die Rezeption im alten Kuhstall. «Herzli<strong>ch</strong> willkommen<br />
im Guarda Val! Hatten Sie eine gute Fahrt?», tönt es plötzli<strong>ch</strong> aus<br />
dem Hintergrund, als wir den Wagen verlassen. «Mein Name ist<br />
Vitor. I<strong>ch</strong> kümmere mi<strong>ch</strong> sofort um Ihr Gepäck.» Der Portier begleitet<br />
uns zur Rezeption und erklärt uns bereits auf dem Weg, wo was<br />
im Guarda Val zu finden ist. «Da drüben ist unser Hauptrestaurant,<br />
wo Sie am Abend einen Tis<strong>ch</strong> reserviert haben.» Stopp! Woher weiss<br />
der junge Mann, der gebürtige Portugiese namens Vitor Da Silva,<br />
dass wir am Abend einen Tis<strong>ch</strong> …?<br />
Die Rezeption: alles aus altem Holz, die Wände, die Decken, die<br />
Tis<strong>ch</strong>e, re<strong>ch</strong>ts ein Cheminée, wo ein kleines Feuer brennt. Es ist<br />
ruhig, fast still. Man bietet uns einen bequemen Sessel und den Welcome-Drink<br />
an. «S<strong>ch</strong>ön, dass Sie bei uns sind», sagt die junge Dame<br />
und lä<strong>ch</strong>elt. Alles ist vorbereitet: der Meldezettel, die Reservationen<br />
und Hotelinformationen. Man erklärt uns, was das Guarda Val so<br />
alles bietet – vom Hot Pot auf der grünen Wiese über den Heustock<br />
im Spa, das Frühstück am Morgen und das Kammermusikkonzert<br />
am Abend. «Guarda Cultura» nennt si<strong>ch</strong> die Konzertreihe. Heute<br />
steht Musik von Franz S<strong>ch</strong>ubert auf dem Programm.<br />
Das Zimmer<br />
Es gibt hier Hirten- und Sennenzimmer, Bauern-<br />
und Giebelstuben. Wir haben eine Maiensäss-Stube<br />
gebu<strong>ch</strong>t. Die Dame von der Rezeption<br />
erklärt uns, dass alle Zimmer Unikate seien,<br />
keines glei<strong>ch</strong> wie das andere. Individualität wird<br />
hier offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> grossges<strong>ch</strong>rieben. Steht ja au<strong>ch</strong><br />
im Hotelprospekt: «Wir sind darum besorgt,<br />
jedem Gast persönli<strong>ch</strong>en Service auf hö<strong>ch</strong>stem<br />
Niveau zu bieten», betonen die Gastgeber Christine<br />
Abel und Matthias Wettstein. S<strong>ch</strong>öne Worte<br />
oder gelebte Realität?<br />
Vitor Da Silva, der Portier, ist hier mehr als Portier.<br />
Er erklärt uns souverän den hintersten Li<strong>ch</strong>ts<strong>ch</strong>alter<br />
im Zimmer, die Minibar (kostenlos), den<br />
TV-Apparat (Fla<strong>ch</strong>bilds<strong>ch</strong>irm), die Nespresso-<br />
Mas<strong>ch</strong>ine (bereits aufgefüllt und anges<strong>ch</strong>altet),<br />
den Internet-Zugang (Passwort und Benutzername<br />
liegen bereit), die iPod-Station, die Badewanne<br />
(Sprudelbad), das Na<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>t, die Heizung<br />
… «Mein Name ist Patricia. I<strong>ch</strong> bin Ihre<br />
Hausdame», tönt es auf einmal unter der Zimmertür.<br />
Und eine fröhli<strong>ch</strong>e, jüngere Frau streckt<br />
uns die Hand entgegen. «Falls Sie irgendeinen<br />
Wuns<strong>ch</strong> haben, sagen Sie es mir. Wir sind stets<br />
für Sie da. Rufen Sie einfa<strong>ch</strong> an!»<br />
Sind wir hier eigentli<strong>ch</strong> im Ritz in Paris, im Dor<strong>ch</strong>ester<br />
London oder im Four Seasons auf den<br />
Malediven, wo spezielle Gäste ihren persönli<strong>ch</strong>en<br />
Hotel-Butler haben? Zugegeben: Wir sind (einmal<br />
mehr) etwas perplex. Unglaubli<strong>ch</strong>, wie nett<br />
und aufmerksam die hier sind. In der Tat: persönli<strong>ch</strong>er<br />
Service auf hö<strong>ch</strong>stem Niveau!<br />
Das Zimmer: Ja, da mö<strong>ch</strong>te man si<strong>ch</strong> am liebsten<br />
eine Wo<strong>ch</strong>e hinlegen und ein gutes Bu<strong>ch</strong> lesen.<br />
Selten haben wir ein Ferienhotel angetroffen,<br />
beziehungsweise getestet, das so viel Romantik,<br />
Charme und Authentizität vermittelt. Keine Spur<br />
von Alpen-Kits<strong>ch</strong>! Ar<strong>ch</strong>itekten und Designerin ist<br />
der Spagat zwis<strong>ch</strong>en Ursprüngli<strong>ch</strong>keit, Tradition,<br />
alten Stilelementen und modernem Lifestyle hervorragend<br />
gelungen. Ein Meisterwerk! Das alte,<br />
dunkle Holz, warme, kus<strong>ch</strong>elige Farbtöne, Kissen<br />
und Sofas, andererseits modernes Design: ho<strong>ch</strong>wertige,<br />
s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>te Badezimmer, Dus<strong>ch</strong>en und<br />
Lavabos – alles vom Besten!<br />
Es sind die Details, die in den Zimmern dominieren:<br />
die persönli<strong>ch</strong>e, von Hand ges<strong>ch</strong>riebene<br />
Begrüssungskarte, die wei<strong>ch</strong>e, ans<strong>ch</strong>miegsame<br />
Bettwäs<strong>ch</strong>e, das Badezimmerkörb<strong>ch</strong>en mit<br />
den handgefertigten Massagebürsten, die na<strong>ch</strong><br />
Lavendel und Bergkräutern duftende Seife mit<br />
dem (handges<strong>ch</strong>riebenen) Hinweis «nur geniessen».<br />
Die S<strong>ch</strong>uhkörb<strong>ch</strong>en, die trockenen Nüsse<br />
und Rosinen auf dem Na<strong>ch</strong>ttis<strong>ch</strong>, liebevoll verpackt.<br />
Die Telefonliste mit dem Kugels<strong>ch</strong>reiber<br />
aus Holz, die blaue Wolldecke auf dem Sofa.<br />
Motto: einkus<strong>ch</strong>eln, Krimi lesen, Tee trinken,<br />
dazu eine Klaviersonate von Chopin. So s<strong>ch</strong>ön<br />
ruhig kann die Welt sein!<br />
Das Bad<br />
Ja, modernes Design lässt si<strong>ch</strong> mit alten Elementen<br />
hervorragend kombinieren. Einerseits das alte<br />
Holz, das an die ehemalige Hütte, an den Kuhstall<br />
vor fünfzig Jahren erinnert, andererseits<br />
modernste, aber zeitlose Lavabos und s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>te<br />
Design-Armaturen. Dass im Bad eine Regendus<strong>ch</strong>e<br />
für angenehme Dus<strong>ch</strong>erlebnisse – vor ›<br />
89
allem na<strong>ch</strong> einer 90-minütigen Joggingtour über<br />
Alpwiesen – sorgt, sei nur nebenbei erwähnt.<br />
Dass das Dus<strong>ch</strong>mittel, ein Produkt aus Kräutern<br />
und natürli<strong>ch</strong> biologis<strong>ch</strong>, den passenden Duft in<br />
die Hütte zaubert, sei ebenfalls nur als Detail am<br />
Rande notiert. Dass im Bad die WC-Bürste peinli<strong>ch</strong><br />
sauber, der Wasserdruck stark und ri<strong>ch</strong>tig<br />
dosiert ist und der Abfluss im Lavabo tadellos<br />
funktioniert, sollte an dieser Stelle einfa<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong><br />
erwähnt werden, weil das eben Testkriterien sind.<br />
Aber spätestens jetzt wei<strong>ch</strong>en wir vom «normalen»<br />
Hotel-Test ab – und bes<strong>ch</strong>reiben ein einzigartiges,<br />
exklusives, authentis<strong>ch</strong>es, ungewöhnli<strong>ch</strong>es<br />
Alpenhotel im Bündnerland, das die Erwartungen<br />
der «Hotelier»-Tester bei weitem übertrifft.<br />
Warum?<br />
Bauernzimmer.<br />
Bad (Bauernstube).<br />
Stailetta (Wellness).<br />
Die Bar/Lounge<br />
Es sind immer wieder die Kleinigkeiten, die persönli<strong>ch</strong>en<br />
Dinge, die Stimmungslage, die Aura<br />
des Hauses, die den Aufenthalt hier zum Erlebnis<br />
ma<strong>ch</strong>en. Und es sind – vor allem – die Mens<strong>ch</strong>en,<br />
die Mitarbeitenden, die das Hotel prägen.<br />
Kurz na<strong>ch</strong> 16 Uhr. Wir betreten die «Sporzer Bar»<br />
mit Lounge und Cheminée. Und werden sofort<br />
herzli<strong>ch</strong> begrüsst. Der junge Barmann Nicco bietet<br />
uns einen Platz am Kamin an. Wir bestellen<br />
einen Espresso. «Darf i<strong>ch</strong> Ihnen no<strong>ch</strong> ein Stück<br />
Ku<strong>ch</strong>en offerieren? Wir haben heute Zwets<strong>ch</strong>genund<br />
S<strong>ch</strong>okoladenko<strong>ch</strong>en. Was darf es denn sein?»<br />
Zwets<strong>ch</strong>genku<strong>ch</strong>en – aber nur ein kleines Stück,<br />
bitte. Wel<strong>ch</strong> ein Wunderku<strong>ch</strong>en! Fris<strong>ch</strong>, s<strong>ch</strong>mackhaft,<br />
einfa<strong>ch</strong> wunderbar! Im Hintergrund knistert<br />
das Feuer. Aus den Lautspre<strong>ch</strong>ern erklingt<br />
leise Klaviermusik. Keine Kinder, die s<strong>ch</strong>reien.<br />
Keine Handys, keine gestressten Businessleute,<br />
kein hektis<strong>ch</strong>er Service, der vor allem abkassieren<br />
will. Draussen auf der grünen Wiese weiden ein<br />
paar Kühe. In der kleinen Bibliothek bei der Bar<br />
stehen Dürrenmatt, Glauser, Fris<strong>ch</strong> und Hesse<br />
– und warten auf entspannte Gäste, die si<strong>ch</strong> um<br />
sie kümmern. Eine junge Servicedame erkundigt<br />
si<strong>ch</strong> spontan na<strong>ch</strong> unserem Wohlbefinden. «Kann<br />
i<strong>ch</strong> etwas für Sie tun?» Wir kommen ins Gesprä<strong>ch</strong><br />
und erwähnen, dass wir heute Abend im Guarda<br />
Val essen werden. Wir spre<strong>ch</strong>en über Weine. Die<br />
junge Servicefrau eilt davon – und kehrt mit der<br />
Weinkarte zurück. «Mö<strong>ch</strong>ten Sie s<strong>ch</strong>on mal einen<br />
Blick in die Karte werfen? Oder no<strong>ch</strong> besser:<br />
Mö<strong>ch</strong>ten Sie unseren Keller sehen?»<br />
Der Wein- und Käsekeller<br />
Glei<strong>ch</strong> neben dem Kamin führt eine Tür zum<br />
Weinkeller. Er besteht aus drei Teilen: Rotweinkeller,<br />
Weissweinkeller, Käsekeller. Ja, hier lagern<br />
sie alle, die edlen Blauburgunder oder Pinot Noir<br />
aus der Bündner Herrs<strong>ch</strong>aft, der Mattmann, die<br />
Grünenfelder, der von Salis und von Ts<strong>ch</strong>arner,<br />
der Donats<strong>ch</strong> und der Boner, der Davaz, Obre<strong>ch</strong>t<br />
und der Gantenbein. Ein kleiner, aber feiner Keller<br />
mit grossen Namen, darunter natürli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong><br />
Bordeaux, Piemont, Toskana, Spanien und ein<br />
paar Tessiner (Castello Luigi, 2004, 216 Franken).<br />
In Züri<strong>ch</strong> kostet der Tessiner Kultwein in<br />
der Zwis<strong>ch</strong>enzeit 450 Franken! Das Spezielle ist<br />
jedo<strong>ch</strong> der Käsekeller. Nein, im Guarda Val rollt<br />
kein Käsewagen dur<strong>ch</strong>s Lokal. Wir sitzen wieder<br />
am Kamin und lesen die Süddeuts<strong>ch</strong>e. Erinnern<br />
wir uns: Zwei Tage vor der Ankunft im Guarda<br />
90 11I2010
Hotel-Test Guarda Val Lenzerheide<br />
Val erkundigte si<strong>ch</strong> eine Rezeptionsdame telefonis<strong>ch</strong>, ob wir no<strong>ch</strong><br />
«irgendwel<strong>ch</strong>e Wüns<strong>ch</strong>e» hätten. Wir wüns<strong>ch</strong>ten die Süddeuts<strong>ch</strong>e<br />
Zeitung. Und siehe da: Die aktuelle Freitagsausgabe lag bei unserer<br />
Ankunft gerollt auf dem Sofa im Wohnzimmer – anges<strong>ch</strong>rieben<br />
mit dem Namen des Gastes!<br />
Der Aperitif<br />
Kurz na<strong>ch</strong> 19 Uhr. Aperitif an der Bar. Nicco, der Barmann, begrüsst<br />
uns mit Namen. «Wie wär 's mit einem Weisswein? Viellei<strong>ch</strong>t etwas<br />
aus der Herrs<strong>ch</strong>aft?» Gute Idee! Nicco serviert einen trockenen<br />
Malanser. «Und was kann i<strong>ch</strong> Ihnen dazu anbieten?» Ja, eine kleine<br />
Portion Bündnerfleis<strong>ch</strong>. Steht zwar nirgends auf der Karte … «Kein<br />
Problem, ma<strong>ch</strong>en wir», sagt der Barmann und eilt davon. Nicco, ein<br />
e<strong>ch</strong>ter Profi. Motiviert, informiert, aufmerksam, immer freundli<strong>ch</strong> –<br />
und spontan. Und das Bündner Trockenfleis<strong>ch</strong>: ein Traum!<br />
Das Restaurant<br />
Im Guarda Val haben die Gäste zwei Optionen: Sie können si<strong>ch</strong> im<br />
Guarda Val (16 Punkte, ein Mi<strong>ch</strong>elin-Stern) «verpflegen» oder in der<br />
Dorfbeiz «Crap Naros», wo eher ur<strong>ch</strong>ige (Bündner) Geri<strong>ch</strong>te und<br />
Käsespezialitäten serviert werden. Wir haben uns fürs Guarda Val<br />
ents<strong>ch</strong>ieden. Wir verlassen die Bar, lassen den Weisswein stehen (es<br />
hat no<strong>ch</strong> ein wenig im Glas) und steigen die Treppe ho<strong>ch</strong> ins Restaurant<br />
im ersten Stock. Da steht er s<strong>ch</strong>on, der Gastgeber und Restaurateur:<br />
Aldo Perolini, ein Gentleman, einer, der ni<strong>ch</strong>t erst seit<br />
vorgestern Gäste verwöhnt. Er begrüsst uns mit Namen und führt<br />
uns an den gewüns<strong>ch</strong>ten Tis<strong>ch</strong>. Sofort wird uns die Karte gerei<strong>ch</strong>t.<br />
Der Hinweis aufs aktuelle Degustationsmenü (175 Franken) folgt<br />
in wenigen Sekunden. Und plötzli<strong>ch</strong> tau<strong>ch</strong>t Barmann Nicco auf –<br />
mit bringt uns das halbleere Weissweinglas von der Bar.<br />
Die Karte: Ja, die Preis sind happig. Das Carpaccio von Kalbrücken<br />
im Olivenöl po<strong>ch</strong>iert mit Frühlingsröll<strong>ch</strong>en vom Kalbskopf<br />
an Dattel-Gemüsesalat kostet stolze 48 Franken – als Vorspeise.<br />
Das Tatar vom Bergsaibling auf Gurken-Radis<strong>ch</strong>ensalat mit Kaviar<br />
und gebratenen Langostino (Vorspeise) ist für 52 Franken zu haben.<br />
Wenn das Maronen-Fasanensüpp<strong>ch</strong>en mit geeister Gänseleber<br />
und Wan-Tan 34 Franken kostet – na ja. Natürli<strong>ch</strong> ist die Gänseleber<br />
kein Discountgeri<strong>ch</strong>t. Oder die Capuns von Sauerkraut und<br />
Räu<strong>ch</strong>eraal mit gebackenen Austern und Thymianrahm: als Zwis<strong>ch</strong>engang<br />
für 45 Franken erhältli<strong>ch</strong>. Eine tapfere Investition in ein<br />
Nebengeri<strong>ch</strong>t. Lassen wir die Preispolitik, kehren wir zurück in die<br />
«Hütte der kulinaris<strong>ch</strong>en Freuden». Wir ents<strong>ch</strong>eiden uns natürli<strong>ch</strong><br />
fürs Degustationsmenü.<br />
Essen und Weine<br />
Kaum am Tis<strong>ch</strong>, begrüsst uns Kellnerin Anina Hotz. Es ist die<br />
junge Dame, die uns am Na<strong>ch</strong>mittag dur<strong>ch</strong> den Wein- und<br />
Käsekeller geführt hat. Sie erinnert si<strong>ch</strong> sofort an unsere Affinität,<br />
was die Bündner Herrs<strong>ch</strong>aftsweine angeht. In der Zwis<strong>ch</strong>enzeit<br />
werden Kräuterbutter und Olivenöl gerei<strong>ch</strong>t. Wir fragen na<strong>ch</strong> offenen<br />
Weinen. Was für eine Frage! Anina Hotz (sie ist stv. Restaurantleiterin,<br />
wie wir später erfahren) eilt davon und kehrt mit einem e<strong>ch</strong>ten<br />
«Herrs<strong>ch</strong>äftler» zurück, einem Pinot Noir, Reserve, 2008, von<br />
Christian Hermann. «Einfa<strong>ch</strong> mal was zum Probieren», bemerkt<br />
sie und s<strong>ch</strong>enkt ein. Ein edler Tropfen! Als Einstiegswein ideal.<br />
Es folgt der legendäre «Gruss aus der Kü<strong>ch</strong>e»: ein Randensüpp<strong>ch</strong>en,<br />
eine Entenleberpraline sowie ein Flusskrebs auf Limettensalat –<br />
serviert und kommentiert von der jungen Kö<strong>ch</strong>in Lisa. Wir<br />
kosten das Brot mit Olivenöl. Wunderbar! Die Bröt<strong>ch</strong>en fris<strong>ch</strong> und<br />
knusprig, das Öl von bester Qualität. Und der «Gruss von Lisa» –<br />
hervorragend.<br />
Die Service-Crew ist stets präsent, ohne aufdringli<strong>ch</strong> zu sein. Der<br />
Kellner, verantwortli<strong>ch</strong> für Wasser und Brotversorgung, steht<br />
genau im ri<strong>ch</strong>tigen Moment am Tis<strong>ch</strong>. Jeder ma<strong>ch</strong>t seinen Job still,<br />
konzentriert und professionell. Es herrs<strong>ch</strong>t keine Hektik im Lokal,<br />
kein ständiges Herumlaufen zwis<strong>ch</strong>en den Tis<strong>ch</strong>en. Kein ständiges<br />
«Haben Sie no<strong>ch</strong> einen Wuns<strong>ch</strong>?» oder «Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit?».<br />
Was wir sagen würden: Ja, ja, alles ist hervorragend.<br />
Danke der Na<strong>ch</strong>frage!<br />
Die Vorspeise<br />
Wilder Steinbutt im Olivenöl auf eingelegten<br />
Eiers<strong>ch</strong>wämmli und Nüsslisalat. Guten Appetit!<br />
Der Fis<strong>ch</strong>, perfekt auf den Punkt gebraten, die<br />
Vinaigrette genau ri<strong>ch</strong>tig, ni<strong>ch</strong>t zu aggressiv und<br />
trotzdem intensiv. Der Start ist geglückt. Ein erstes<br />
Kompliment in die Kü<strong>ch</strong>e. Der Chef erkundigt<br />
si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> dem Wein mit der Bemerkung: «Wir<br />
können den Hermann natürli<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> steigern! Sie<br />
sagen uns einfa<strong>ch</strong>, wenn Sie no<strong>ch</strong> was probieren<br />
mö<strong>ch</strong>ten.» Wir blättern in einer Zeits<strong>ch</strong>rift – und<br />
sofort steht die Kellnerin am Tis<strong>ch</strong>: Mehr Li<strong>ch</strong>t<br />
zum Lesen? Das Weinglas ist leer. Und Anina<br />
Hotz steht s<strong>ch</strong>on mit dem nä<strong>ch</strong>sten «Herrs<strong>ch</strong>äftler»<br />
da. Eine Flas<strong>ch</strong>e extra öffnen – für ein Glas?<br />
«Selbstverständli<strong>ch</strong>», so Anina, «i<strong>ch</strong> öffne Ihnen<br />
au<strong>ch</strong> eine andere Flas<strong>ch</strong>e, wenn Ihnen der Wein<br />
ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>meckt». Der Wein: ein typis<strong>ch</strong>er Pinot<br />
Noir von Mattmann, 2007, Churer Rheintal, 84<br />
Franken (die Flas<strong>ch</strong>e). Wel<strong>ch</strong> ein Tropfen! Fru<strong>ch</strong>tig,<br />
erdig, Brombeeren, Himbeeren, altes Holz<br />
und Sattelleder – würden Weinprofis sagen. Wir<br />
finden den Wein ganz einfa<strong>ch</strong> nur hervorragend.<br />
Es folgt ein Petersilienwurzelsüpp<strong>ch</strong>en mit Satèspiess.<br />
Und siehe da: Beim Besteck fehlt der Suppenlöffel.<br />
Die Kellnerin entdeckt den Mangel<br />
sofort, eilt davon und steht fünf Sekunden später<br />
mit dem Löffel da. «Bitte s<strong>ch</strong>ön, und verzeihen<br />
Sie den Umstand.»<br />
Tis<strong>ch</strong>dekoration und Restaurateur<br />
Wie deckt man den Tis<strong>ch</strong> auf? Wel<strong>ch</strong>e Dekoration<br />
passt? Im Restaurant Guarda Val hat man<br />
si<strong>ch</strong> für die s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>te Variante ents<strong>ch</strong>ieden. Es ist<br />
Herbst – und auf dem Tis<strong>ch</strong> liegen zwei kleine<br />
Kürbisse und ein Ei<strong>ch</strong>enblatt. Eine weisse Kerze.<br />
Mehr ni<strong>ch</strong>t. Weniger s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>t präsentiert si<strong>ch</strong> der<br />
Restaurateur, Aldo Perolini. Der Mann hat Klasse!<br />
Wie er diskret aus der Ferne Regie führt, wie er so<br />
«nebenbei» die Tis<strong>ch</strong>e inspiziert und dabei jedes<br />
Detail zur Kenntnis nimmt, wie er mit «seinen»<br />
Gästen kommuniziert, ohne penetrant zu wirken.<br />
Aldo P. ist gema<strong>ch</strong>t für den «Job», eine Persönli<strong>ch</strong>keit,<br />
ein Gastgeber alter S<strong>ch</strong>ule, ein Regisseur<br />
und Vorbild. Kein Wunder, kommt der Mann<br />
aus der Giardino-S<strong>ch</strong>ule. Hans Leu lässt grüssen!<br />
Zwis<strong>ch</strong>en- und Hauptgang<br />
Eintopf von Pizokels mit Meeresfrü<strong>ch</strong>ten und feinem<br />
Gemüse. Der Zwis<strong>ch</strong>engang. Raffiniert, was<br />
si<strong>ch</strong> da Chefko<strong>ch</strong> Karl-Heinz S<strong>ch</strong>uhmair ausgeda<strong>ch</strong>t<br />
hat. Die eher währs<strong>ch</strong>aften Bündner Pizokel,<br />
kombiniert mit Mus<strong>ch</strong>eln, Scampis und anderen<br />
exotis<strong>ch</strong>en Meerestier<strong>ch</strong>en – gute Idee! Es<br />
s<strong>ch</strong>meckt vorzügli<strong>ch</strong>. Lei<strong>ch</strong>t und bekömmli<strong>ch</strong> ist<br />
das Essen. Man erwartet gerne den Hauptgang.<br />
Hinter uns ein Paar aus Holland. Stammgäste.<br />
Die Dame mö<strong>ch</strong>te die Vorspeise etwas anders,<br />
als auf der Karte steht. Kommentar der Kellnerin:<br />
«Keine Problem, ma<strong>ch</strong>en wir!» Später ergibt<br />
si<strong>ch</strong> ein lockeres Gesprä<strong>ch</strong> mit den Holländern.<br />
Und die sympathis<strong>ch</strong>e Frau kommt ins S<strong>ch</strong>wärmen:<br />
«Die Leute hier sind ja so freundli<strong>ch</strong>. Man<br />
fühlt si<strong>ch</strong> wie zu Hause! Deshalb kommen wir<br />
jetzt ni<strong>ch</strong>t nur im Winter für eine Wo<strong>ch</strong>e, sondern<br />
au<strong>ch</strong> im Sommer oder im Herbst. Wir fühlen<br />
uns hier so wohl! Und der Thomas (Kellner<br />
und Weinexperte, die Red.) bringt uns immer so<br />
s<strong>ch</strong>öne Weine, zum Teil sogar aus dem priva- ›<br />
11I2010<br />
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ten Weinkeller.» Zwis<strong>ch</strong>enfrage: Wie lautet das<br />
hö<strong>ch</strong>ste Ziel in der Hotellerie?<br />
Der Hauptgang: ein Berg-Lamm mit glacierter<br />
S<strong>ch</strong>ulter, Bohnengemüse und Kartoffelku<strong>ch</strong>en.<br />
Die Rotweinsauce: ein Traum! Die Portion: genau<br />
ri<strong>ch</strong>tig. Das Lamm: perfekt gebraten; vergessen<br />
wir Neuseeland und all die globalisierten Lämmer<br />
dieser Welt.<br />
Weine und andere Raritäten<br />
Die Holländer trinken eine Fla<strong>ch</strong>e «Malanser»<br />
von Adolf Boner, Jahrgang 1999, ein Weisswein<br />
– und eine Rarität. Thomas, der Kellner, besitzt<br />
no<strong>ch</strong> ein Flas<strong>ch</strong>e davon. Es gab nur 1900 Flas<strong>ch</strong>en<br />
von dem Jahrgang. Und auf einmal steht die Kellnerin<br />
mit einem Glas Boner am Tis<strong>ch</strong>: «Offeriert<br />
von Ihren Na<strong>ch</strong>barn», sagt sie. Wir sind perplex. In<br />
der Mitte des Lokals sitzt ein älteres Paar. Die Frau<br />
feiert heute Geburtstag. Es ist kurz na<strong>ch</strong> 20 Uhr.<br />
Um 20.30 Uhr beginnt das Konzert. Kein Problem<br />
für Restaurateur Also Perolini: «Geniessen Sie die<br />
Musik. Ans<strong>ch</strong>liessend servieren wir Ihnen dann<br />
die Geburtstagstorte in der Bar.»<br />
Zeit für den Käse aus dem Maiensässkeller. Anina<br />
Hotz führt uns in die «Höhle». Mindestens fünf<br />
vers<strong>ch</strong>iedene Bündner Bergkäse lagern hier, alle<br />
perfekt gereift. Dazu vers<strong>ch</strong>iedene Ziegen- und<br />
S<strong>ch</strong>afskäse. Eine Rarität: der Toggenburger Blau-<br />
Ziegenkäse. Dazu ein Glas Bündner Weisswein<br />
von Boner, Jahrgang 1999. Das Leben kann ja so<br />
genussvoll sein!<br />
Das Dessert<br />
Mille Feuille von S<strong>ch</strong>okoladenmousse und Rotweinfeigen<br />
mit Cassissorbet. S<strong>ch</strong>okolade? Nein,<br />
das mögen wir ni<strong>ch</strong>t. Hätten Sie viellei<strong>ch</strong>t ein<br />
Stück Apfelku<strong>ch</strong>en? Nur ein ganz kleines Stück?<br />
Anina Hotz: «I<strong>ch</strong> lasse mir was einfallen.» Wenig<br />
später kehrt sie mit einem Stück Himbeerku<strong>ch</strong>en<br />
an den Tis<strong>ch</strong> zurück. «Dazu ein paar fris<strong>ch</strong>e<br />
Himbeeren und ein Himbeersorbet. Den Ku<strong>ch</strong>en<br />
haben wir extra für Sie gema<strong>ch</strong>t.» Ah, ja. Wenn<br />
die junge Frau wüsste, dass der Tester auf Himbeeren<br />
steht, dass er diese roten, süssen Beeren<br />
über alles liebt! Und was bietet uns die Kellnerin<br />
dazu: Natürli<strong>ch</strong> einen Bündner Süsswein (Pinot<br />
gris) von Donats<strong>ch</strong>, Jahrgang 2004. Passend zu<br />
den Himbeeren.<br />
Fazit: Die junge Frau hat genau begriffen, was der<br />
Gast wüns<strong>ch</strong>t.<br />
Das Finale<br />
Der Chef erkundigt si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> unserem Wohlbefinden.<br />
Wir spre<strong>ch</strong>en über Wein und das Tessin.<br />
«Ja, der Meinrad Perler aus Arzo ist ein<br />
guter Freund. Der ma<strong>ch</strong>t ja wunderbare Weine,»<br />
s<strong>ch</strong>wärmt Aldo Perolini. Und wieder diskutieren<br />
wir übers Giardino, über Hans Leu, Conti Rossini<br />
und die geniale Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te, wie Leu den Angelo<br />
von Brissago ins Giardino lockte … «Angelo Conti<br />
Rossini war ja ein so fantastis<strong>ch</strong>er Mens<strong>ch</strong>, ein<br />
Patron, eine grosse Figur. I<strong>ch</strong> habe viel von ihm<br />
gelernt.»<br />
Kaffee und Friandises. Drei kleine Süssigkeiten:<br />
S<strong>ch</strong>okolade (Praline), Gelée und Gebäck<br />
(Vanille). Genau so muss es sein. Drei vers<strong>ch</strong>iedene<br />
Aromen. Und der Kaffee ist vorzügli<strong>ch</strong>, ni<strong>ch</strong>t<br />
zu heiss, sehr gute Qualität. Und wie wär 's mit<br />
einem Verdauungss<strong>ch</strong>naps? Nein, danke. Und<br />
trotzdem offeriert uns die Kellnerin ganz wenig von diesem Fru<strong>ch</strong>tbrand<br />
(Pflaumen) von Urs He<strong>ch</strong>t aus Luzern. Ein Gedi<strong>ch</strong>t.<br />
Kurz und gut: Punkte und Sterne sind im Guarda Val ni<strong>ch</strong>t relevant.<br />
Karl-Heinz S<strong>ch</strong>uhmair hat zwar 16 Punkte (na<strong>ch</strong> Gault/Millau).<br />
Für uns hat er 17. Und wenn er so weiterfährt, liegt au<strong>ch</strong> der zweite<br />
Stern in Rei<strong>ch</strong>weite. Aber darum geht es ni<strong>ch</strong>t. Was hier geboten<br />
wird, ist eine absolut zeitgemässe, fris<strong>ch</strong>e, regional geprägte, fantasievolle,<br />
innovative Kü<strong>ch</strong>e, wo nur die besten Produkte und Zutaten<br />
Verwendung finden. Zwar spielen internationale Produkte eine<br />
Rolle, aber sie werden klug mit Regionalem kombiniert (Pizolkel<br />
mit Meeresfrü<strong>ch</strong>ten). Was den Service betrifft, erübrigt si<strong>ch</strong> jeder<br />
Kommentar: Restaurantleiter Aldo Perolini und sein Team ma<strong>ch</strong>en<br />
alles ri<strong>ch</strong>tig. Ein Top-Team. Sie verstehen das Handwerk und die<br />
Kunst, den Gast diskret zu verführen,<br />
ohne dabei aufdringli<strong>ch</strong><br />
oder gekünstelt zu wirken.<br />
Es herrs<strong>ch</strong>t eine familiäre At -<br />
mosphäre, wobei die geforderte<br />
Individualität in jedem Fall<br />
garantiert bleibt.<br />
Wir sitzen immer no<strong>ch</strong> in der<br />
Smokers Lounge. Es ist na<strong>ch</strong><br />
23 Uhr. Und die Re<strong>ch</strong>nung?<br />
Au<strong>ch</strong> da: Kein gestresster Kellner,<br />
der jetzt endli<strong>ch</strong> Feierabend<br />
ma<strong>ch</strong>en und einkassieren will.<br />
Feierabend ma<strong>ch</strong>t jetzt der Chef,<br />
Aldo Perolini. Hö<strong>ch</strong>stpersönli<strong>ch</strong><br />
s<strong>ch</strong>aut er in der Lounge vorbei,<br />
um si<strong>ch</strong> zu verabs<strong>ch</strong>ieden:<br />
«S<strong>ch</strong>ön, dass Sie heute Abend<br />
unser Gast waren!» Zwis<strong>ch</strong>enfrage:<br />
Was ist die hohe Kunst der<br />
Gastfreunds<strong>ch</strong>aft?<br />
Frühstück<br />
Am Morgen die übli<strong>ch</strong>e Joggingtour<br />
über Wiesen und auf<br />
Hügel. Zehn Kilometer. Wir<br />
rennen los – und verpassen<br />
darum das Frühstück. «Kein<br />
Problem, bedienen Sie si<strong>ch</strong>»,<br />
erklärt man uns au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> 11<br />
bewertung<br />
Reservierung:<br />
Check-in:<br />
Zimmer:<br />
Bad:<br />
Mitteilungen:<br />
Si<strong>ch</strong>erheit:<br />
Aussenberei<strong>ch</strong>:<br />
Lobby&Bar:<br />
Restaurant:<br />
Frühstück:<br />
Check-out:<br />
Gesamteindruck:<br />
Hervorragend<br />
Uhr. Das Frühstück: es ist alles vorhanden, diverse Brote, Müesli,<br />
fris<strong>ch</strong>e Fru<strong>ch</strong>t- und biologis<strong>ch</strong>e Gemüsesäfte, Eierspeisen, Flocken,<br />
Süssigkeiten. Wir sind wuns<strong>ch</strong>los glückli<strong>ch</strong>, denn die Produkte<br />
sind ho<strong>ch</strong>wertig und in der Regel regional (lokale Produzenten).<br />
Und siehe da: Die Süddeuts<strong>ch</strong>e Zeitung liegt (gerollt) bereit – auf<br />
den Namen des Gastes.<br />
Check-out<br />
Was kann da no<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>iefgehen? In der Tat: Das Gepäck wird professionell<br />
verladen, die Kontroll-Re<strong>ch</strong>nung präsentiert, das Lä<strong>ch</strong>eln<br />
der Rezeptionsdame kommt, so fühlt man das wenigstens, von Herzen.<br />
Wir haben zwar nur eine Na<strong>ch</strong>t verbra<strong>ch</strong>t in dieser Alpenidylle.<br />
Do<strong>ch</strong> es könnten au<strong>ch</strong> vierzehn Tage gewesen sein. Man drückt uns<br />
einen Apfel und ein stilles Bergwasser in die Hand. «S<strong>ch</strong>ön, dass<br />
Sie bei uns waren!»<br />
Fazit «Hotelier»<br />
Ein in jeder Hinsi<strong>ch</strong>t einzigartiges, exklusives und unverglei<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>es<br />
Hotelangebot. Eines der s<strong>ch</strong>önsten und angenehmsten Ferienhotels,<br />
das wir in den letzten Jahren erleben durften. Ein Top-<br />
Team, motiviert, begeistert, aufmerksam, stets zuvorkommend. So<br />
sieht Ferienhotellerie aus! Und die Gastgeber? Christine Abel (der<br />
österrei<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Charme) und Matthias Wettsein sind das ideale<br />
Paar. S<strong>ch</strong>ön, dass es dieses Haus gibt – nur zwei Autostunden von<br />
Züri<strong>ch</strong> entfernt. Warum in den Flieger steigen und auf die Malediven<br />
fliegen, wenn das S<strong>ch</strong>öne so nahe liegt?<br />
H<br />
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✓<br />
✓<br />
Sehr gut<br />
Gut<br />
Befriedigend<br />
Mangelhaft<br />
Ungenügend<br />
92 11I2010
Wir freuen uns sehr über den Hotel-Test. Wir sind<br />
uns bewusst, dass die Hürde ho<strong>ch</strong> gelegt ist, dass<br />
unsere Gäste und wir hohe Erwartungen an das<br />
Produkt Guarda Val haben. Unsere Hauptaufgabe<br />
ist es, diesen Massstab mit unserem gesamten<br />
Team zu leben. Über Zauberkräfte verfügen<br />
au<strong>ch</strong> wir ni<strong>ch</strong>t. Mit dem Team diese Leistung konstant<br />
zu erbringen, ist unser tägli<strong>ch</strong>es Brot. Uns<br />
ist wi<strong>ch</strong>tig, dass die Mitarbeitenden «Gastgeber»<br />
sein wollen, dass sie Freude an der Unterhaltung<br />
mit den Gästen haben und dur<strong>ch</strong> die so gewonnenen<br />
Informationen in der Lage sind, die Gäste<br />
zu verblüffen. Zweimal jährli<strong>ch</strong> nehmen alle Mitarbeitenden<br />
an der «Gastgeber-S<strong>ch</strong>ulung» teil.<br />
Der Kernsatz: «Ma<strong>ch</strong>en Sie Ihre Gäste zu Ihren<br />
Fans!» Basierend auf dieser S<strong>ch</strong>ulung erfolgt eine<br />
tägli<strong>ch</strong>e Teamsitzung (max. 30 Minuten), an der<br />
aus jeder Abteilung ein Mitarbeiter anwesend ist.<br />
Hier wird der S<strong>ch</strong>werpunkt auf Gäste-Informationen<br />
gelegt – nebst dem Tagesges<strong>ch</strong>äft und den<br />
Zahlen. Diese Teamsitzung fördert au<strong>ch</strong> Transparenz<br />
und Vertrauen. Die Informationen aus<br />
Hotel-Test Guarda Val Lenzerheide<br />
Was sagt DER Hotelier ?<br />
der Teamsitzung gehen in Form einer «Servicebespre<strong>ch</strong>ung»<br />
an alle Abteilungen, sodass alle<br />
Team-Mitglieder auf dem glei<strong>ch</strong>en Wissensstand<br />
sind. Auf der Basis der operativen Erfahrungen<br />
der Abteilungen findet jede Wo<strong>ch</strong>e ein Thema den<br />
Weg in unser PIP (Permanentes Informationsprogramm).<br />
Die Anregung, wel<strong>ch</strong>er Punkt/Standard<br />
sieben Tage lang je zehn Minuten im Rollenspiel<br />
ges<strong>ch</strong>ult wird, erfolgt au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> die Mitarbeitenden.<br />
So arbeiten wir alle ständig an unseren Standards.<br />
Es ist wie im Spitzensport: tägli<strong>ch</strong> üben,<br />
üben, üben …<br />
Und no<strong>ch</strong> etwas zum Test: Wir sind uns bewusst,<br />
dass die Preise im Restaurant Guarda Val ho<strong>ch</strong><br />
sind – wir befinden uns ja au<strong>ch</strong> auf hohen 1600<br />
Metern über Meer – nein, Spass beiseite, diese<br />
besondere Hotelanlage mit bis zu 60 Mitarbeitenden<br />
darf au<strong>ch</strong> Geld verdienen!<br />
H<br />
Christine Abel & Matthias Wettstein<br />
Gastgeber Guarda Val, Lenzerheide<br />
Klassifizierung: 4 Sterne Superior<br />
Neueröffnung: Sommer 2009<br />
Inhaber: Alfred und Cornelia Gantner<br />
Gastgeber: Christine Abel und Matthias Wettstein<br />
Fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Berater und Verwaltungsrat:<br />
Adrian Stalder<br />
Investitionssumme: zirka 35 Mio. Franken<br />
Finanzierung: privat dur<strong>ch</strong> Familie Gantner<br />
Hotel: 11 bis zu 300 Jahre alte Hütten<br />
Zimmer: 50<br />
Zimmerkategorien: 5 Bauernstuben, 5 Giebelstuben,<br />
13 Maiensäss-Stuben, 8 Sennenzimmer, 18 Hirtenzimmer,<br />
1 Haus «Stailetta»<br />
Höhe: 1600 Meter über Meer<br />
Lage: 3 Kilometer von Lenzerheide entfernt<br />
Anzahl Mitarbeitende total: zirka 50 (Sommer),<br />
60 (Winter)<br />
Herkunft Mitarbeiter: Deuts<strong>ch</strong>land, Portugal,<br />
S<strong>ch</strong>weiz (zirka 20 Prozent)<br />
Restaurants: 2 (Guarda Val, 16 Punkte, 1 Mi<strong>ch</strong>elin-<br />
Stern), Crap Naros (Bauernstube, lokale Geri<strong>ch</strong>te,<br />
Käsespeisen)<br />
Bar: mit Lounge und Cheminée<br />
Terrassen: vor den Restaurants<br />
Dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>er Zimmerpreis (dz): 210 Franken<br />
Umsatz Gastronomie pro Gast<br />
(inkl. Bar, Frühstück usw.): 65 Franken<br />
Herkunft Gäste: S<strong>ch</strong>weiz und Deuts<strong>ch</strong>land (80 Prozent),<br />
Holland und diverse (20 Prozent)<br />
Bankett- und Seminarräume: 4 (max. 80 Personen),<br />
Kultur- und Begegnungsraum, diverse Gruppenräume für<br />
bis zu 16 Personen<br />
Internet: in allen Häusern (WLAN und High-Speed-<br />
Verbindung, für Gäste kostenlos)<br />
Wellness: 300 Quadratmeter (u. a. Sauna in separater<br />
Blockhütte, Hot Pot im Freien, Heuliegen, Fitness,<br />
Massagen)<br />
Parkplätze/Parkhaus: 30 aussen, 20 in Tiefgarage<br />
Zimmerauslastung: zirka 60 Prozent<br />
Anteil F&B am Gesamtumsatz: 50 Prozent<br />
Anteil Seminare/Business: 45 Prozent<br />
Adresse: Guarda Val, Voa Sporz 85,<br />
CH-7078 Lenzerheide,<br />
Tel. 081 385 85 85<br />
www.guardaval.<strong>ch</strong><br />
hotel@guardaval.<strong>ch</strong><br />
11I2010<br />
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