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IHK Aus aktuell den Hochschulen<br />
Wirtschaft im Revier 05 | 2015<br />
Noch (viel) zu teuer<br />
Elektroautos gewinnen Fans: Von den über<br />
500 Testfahrern, die für die Wissenschaft<br />
je zwei Wochen lang E-Mobil gefahren<br />
sind, denkt jeder dritte da<strong>nach</strong> über den<br />
Kauf eines Elektroautos <strong>nach</strong>, fünf Prozent<br />
besitzen inzwischen eines und weitere<br />
25 Prozent würden den Kauf in Betracht<br />
ziehen, wenn die Autos billiger würden.<br />
Das ist eines der Resultate des nun abgeschlossenen<br />
dreijährigen Forschungsprojektes<br />
zur Langstreckentauglichkeit von<br />
Elektroautos unter Leitung des Instituts<br />
für Energiesystemtechnik und Leistungsmechatronik<br />
der Ruhr-Universität Bochum<br />
(RUB).<br />
Die Forscher unter Leitung von<br />
Prof. Dr.-Ing. Constantinos Sourkounis<br />
werteten die Fahrten von über 500 Personen<br />
verschiedener Berufsgruppen aus,<br />
wobei ein Hauptaugenmerk auf der Gruppe<br />
der Langstreckenpendler lag – jene<br />
Autofahrer, die mit Abstand die meisten<br />
Kilometer zurücklegen und dabei auch für<br />
den größten CO2-Ausstoß sorgen. Fragen<br />
unter anderen: Sind Elektroautos für<br />
Pendler überhaupt geeignet? Genügt die<br />
Reichweite des Akkus? Machen sich Autos<br />
mit Range-Extender – ein zusätzlicher<br />
Verbrennungsmotor, der die Reichweite<br />
erhöht – vielleicht besser oder reicht sogar<br />
eine Schnellladefunktion?<br />
Die Ergebnisse: Der typische Fahrbedarf<br />
der Langstreckenfahrer für Einzelstrecken<br />
liegt bei rund 50 Kilometern, die durchschnittlich<br />
pro Tag gefahrene Strecke<br />
bei 130 Kilometern. Die Fahrer luden<br />
ein- bis zweimal pro Tag ihr Fahrzeug auf.<br />
Neben der allnächtlichen Ladung bietet<br />
die Schnellladung eine Möglichkeit für<br />
Nutzer, die nicht am Arbeitsplatz aufladen<br />
können, die einfache Reichweite im Tagesverlauf<br />
zu vervielfachen. „An einer normalen<br />
Steckdose dauert eine Vollladung<br />
für die meisten Fahrzeuge fünf bis sieben<br />
Stunden, wenn der Akku leer ist“, so<br />
© RUB, Foto: Schirdewahn<br />
Flott unterwegs – und schont die Umwelt: ein Testfahrzeug der RUB-Forscher.<br />
Dipl.-Ing. Philip Dost vom Forscherteam,<br />
„ein schnellladefähiges Fahrzeug braucht<br />
dazu an einer entsprechenden Säule nur<br />
etwa 20 Minuten.“<br />
Schwierigkeiten machten den Fahrern bei<br />
der Ladung noch die Inkompatibilität von<br />
Steckern sowie die umständliche Anmeldung<br />
bei verschiedenen Stromanbietern.<br />
Defekte, belegte oder zugeparkte Ladesäulen<br />
stellten gelegentlich auch ein Problem<br />
dar.<br />
Die Forscher untersuchten außerdem<br />
verschiedene Einflüsse auf die Reichweite<br />
der getesteten Fahrzeuge. Dabei<br />
kam heraus, dass das Fahrprofil und die<br />
Fahrweise entscheidend den Energieverbrauch<br />
mitbestimmen. „Wer Strecken mit<br />
vielen Höhenänderungen fährt, oft stark<br />
beschleunigt und abbremst, verbraucht<br />
mehr Energie als jemand, der ebene Strecken<br />
auf der Autobahn mit gemäßigter,<br />
gleichmäßiger Geschwindigkeit fährt“,<br />
erläutert Dipl.-Ing. Philipp Spichartz. Daneben<br />
spielt das Wetter eine große Rolle:<br />
Bei 15 bis 26 Grad fahren die Autos am<br />
günstigsten. Liegt die Temperatur darunter<br />
oder darüber, werden Heizung oder Klimaanlage<br />
eingeschaltet und fressen Strom.<br />
Diese Faktoren spielen bei Fahrzeugen mit<br />
Range Extender eine größere Rolle als bei<br />
reinen Elektrofahrzeugen. „Wir erklären<br />
uns das so, dass die Fahrer reiner Elektrofahrzeuge<br />
beim Komfort von <strong>vorn</strong>herein<br />
bereit sind, Abstriche zu machen, um die<br />
Reichweite nicht einzuschränken“, so Dost.<br />
Fahrer von Autos mit Range Extender bekommen<br />
die leere Batterie nicht direkt zu<br />
spüren, weil sie benzingetrieben weiterfahren<br />
können, wenn der Akku leer ist.<br />
Für künftige Elektrofahrzeuge raten die<br />
Forscher dazu, mehr individuelle Auswahlmöglichkeiten<br />
in Bezug auf den Akku zu<br />
bieten. Er ist es, der die E-Autos in der<br />
Anschaffung verhältnismäßig teuer macht.<br />
„Die Mehrkosten des Akkus gegenüber konventionellen<br />
Fahrzeugen amortisieren sich<br />
maßgeblich über die komplette Ausnutzung.<br />
Ein Vielfahrer kann die Mehrkosten<br />
innerhalb kurzer Zeit durch die günstigeren<br />
Betriebs- und Energiekosten einsparen“, so<br />
Prof. Constantinos Sourkounis. Zum einen<br />
kostet der gefahrene Kilometer nur etwa<br />
ein Drittel, zum anderen entfällt ein großer<br />
Teil von Reparatur- und Wartungskosten,<br />
die bei Elektromotoren in wesentlich<br />
geringerem Maße anfallen als bei Verbrennungsmotoren.<br />
Das Bochumer Demonstrationsprojekt war<br />
Teil der Elektromobilitäts-Modellregion<br />
Rhein-Ruhr und wurde durch das Bundesministerium<br />
für Verkehr und digitale<br />
Infrastruktur (BMVI) gefördert. Im Einsatz<br />
waren Elektroautos verschiedener Hersteller.<br />
Untersucht wurden unterschiedliche<br />
Ladetechnologien und Antriebe sowie die<br />
Energieeffizienz und Nutzerakzeptanz.<br />
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