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ing achten. In bürokratischen Organisationen, aber auch in der managerialen<br />
Neubürokratie (einer Organisationskultur mit der Vorliebe<br />
für Kennzahlen, umfassende Controlling-Systeme und dem<br />
naiven Rationalitätsglauben an die universale Einsatzfähigkeit betriebswirt-<br />
schaftlicher Methoden), wird das professionelle Erfahrungswissen<br />
notorisch gering geachtet, gewissermaßen als schwer<br />
belehrbares, potentiell abweichendes Verhalten. Entsprechend dann<br />
die Reaktanz auf der Seite der Praktikergemeinschaften: Das Erfahrungswissen<br />
zieht sich zurück in die regionalen Enklaven, wird nicht<br />
mehr (mit-)geteilt, sondern gebunkert – zum Schaden der communities<br />
of practice selbst und für die Organisation insgesamt. Eingekeilt<br />
zwischen bürokratischer Kontrolle und hegemonialer<br />
Managementsprache, bleibt vom Praktikerwissen nur mehr ein mythenbildender<br />
Bodensatz, eine Beschwörung der „Praxis“, die sich<br />
aufgrund mangelnder Anerkennung durch die Organisation zum Eigentlichen<br />
überhöht. Unter den Bedingungen mangelnder organisationaler<br />
Anerkennung verkümmert das Praktikerwissen zur<br />
defensiven Mythenbeschwörung, und das bedeutet: Das aufgabengebundene<br />
Erfahrungswissen wird nicht mehr in der Gruppe thematisiert<br />
und geteilt. Die Beschwörung der „Praxis“ geht einher<br />
mit einer schleichenden Deprofessionalisierung. Praktisch kann das<br />
bedeuten: Ein schwieriger Einsatz wird vornehmlich als Heldentat<br />
präsentiert, die Erzählung kapselt sich ein in Cop-Culture-Stereotype<br />
und immunisiert sich gegen Nachfragen, detaillierte Rekonstruktion<br />
und Reflexion. Das was in HROs und Hochle<strong>ist</strong>ungsteams<br />
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40 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />
typischerweise möglich <strong>ist</strong>, nämlich eine konsequente Nachbereitung<br />
des Einsatzes, verkümmert zur Lernaversion und Kritik abwehrendem<br />
Story telling. Gruppenkohäsion verklumpt dann zum<br />
Groupthink: Kritik und Nachdenken werden unterdrückt, die gruppeneigene<br />
Moral wird zur Kampfansage gegenüber kritischen Mitgliedern<br />
und Externen, Informationen werden in der<br />
Binnenkommunikation, aber auch nach außen stark gefiltert. Für<br />
die alltäglichen Anlässe gibt es schließlich kaum noch ein Besprechungsforum,<br />
denn sie taugen nicht zur Mythenbeschwörung;<br />
damit wird die Zirkulation brauchbaren Wissens abgebrochen. Bei<br />
aller Inszenierung der gruppeneigenen Moral und des beschworenen<br />
Adels der „Praxis“, verkümmert die gruppeninterne und –übergreifende<br />
Kommunikation, die Beamten werden zu Einzelkämpfern<br />
mit ganz eigenen Arbeitsvorstellungen, privaten Zielen und Interessen.<br />
<strong>Der</strong> Organisation muss also daran gelegen sein, das professionelle<br />
Erfahrungswissen zu kultivieren und zu pflegen. Diese vorsichtige<br />
Formulierung soll deutlich machen, dass Wissensmanagement als<br />
direktiver Zugriff und Kolonisierung nicht funktionieren kann – Wissen<br />
lässt sich nicht managen, denn es <strong>ist</strong> zu aller erst im Besitz der<br />
Praktiker. Das Wissen wird nur förderlichen organisationskulturellen<br />
Bedingungen geteilt. Das bedeutet: Management und Organisation<br />
sind dazu verdammt, eine Paradoxie zu bearbeiten: Wie lässt sich<br />
nicht – Organisierbares organisieren, wie können Praktikergemeinschaften<br />
gefördert und zugleich durch die Organisation genutzt<br />
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