Netzwerk Südbaden - MAI 2015
Ausgabe Mai 2015
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Märkte<br />
INTERVIEW MIT MARCEL THIMM<br />
Nicht dramatisch, aber herausfordernd<br />
Die Kunden bestimmen, wie sich die Sparkasse weiter entwickelt<br />
Die Misere der Deutschen Bank hat im<br />
Mai Schlagzeilen gemacht. Fakt ist freilich,<br />
dass die Geschäftsmodelle der Sparkassen<br />
und Volksbanken durch die Praktiken<br />
einiger Banker beschädigt wurden, die Geldinstitute<br />
mit Kasinos verwechselt haben.<br />
Marcel Thimm, Chef der Sparkasse Freiburg-<br />
Nördlicher Breisgau mahnt jedoch, die Lage<br />
nicht zu dramatisieren.<br />
Wie lange halten die Sparkassen noch die Niedrigzinsphase<br />
aus? Um wieviel Millionen wird<br />
die Zinsmarge sinken, wenn die Zinspolitik der<br />
EZB noch Jahre weitergeht? Kürzlich hat der<br />
Vorstand einer kleinen Genossenschaftsbank in<br />
der Nachbarschaft festgestellt, dass die „fetten<br />
Jahre“ für die Banken vorbei seien. Trifft das in<br />
dieser Pauschalität zu?<br />
Marcel Thimm: Da ist was dran. Für alle die<br />
Institute, die das Kreditgeschäft mit Kundeneinlagen<br />
refinanzieren, gilt das. Im Prinzip<br />
sind da alle Sparkassen und Genossenschaftsbanken<br />
betroffen. Wir wissen, was auf uns<br />
zukommt.<br />
Stehen Ihnen da nicht die Haare zu Berge?<br />
Marcel Thimm: So dramatisch ist es sicher<br />
nicht, aber es ist eine große Herausforderung.<br />
Ceteris paribus, also unter gleich bleibenden<br />
Bedingungen, sinkt unsere Zinsmarge jährlich<br />
um 6-8 Millionen Euro, mit gleichbleibender<br />
Tendenz. Wenn wir nicht gegensteuern<br />
würden, könnten wir in sieben Jahren<br />
keine positiven Ergebnisse mehr ausweisen.<br />
Dann würden wir gerade plus minus null herauskommen.<br />
Aber wir hätten ja keineswegs<br />
das Ende der Fahnenstange erreicht.<br />
Wie kann man gegensteuern?<br />
Marcel Thimm: Das Hauptinstrument<br />
ist mehr Geschäft, neues Geschäft. Unser<br />
Hauptergebnisbringer ist das Kreditgeschäft.<br />
Wir leben in einer Region, die Zuzugsregion<br />
ist. Deshalb spielt der Immobilienmarkt eine<br />
große Rolle bei uns. Das ist unser wichtigstes<br />
Geschäftsfeld. Wir haben gute Chancen,<br />
hier weiteres Wachstum zu generieren. Wir<br />
wachsen derzeit so stark wie seit der Jahrtausendwende<br />
nicht mehr. Das gehört noch zu<br />
den klassischen Geschäftsfeldern. Neue Geschäftsfelder<br />
sind immer ein Thema, nicht<br />
nur in Zeiten niedriger Zinsen. Von den 416<br />
Sparkassen in Deutschland sind wir von den<br />
Geschäftsfeldern her sicher mit am breitesten<br />
aufgestellt – das können wir ohne Übertreibung<br />
sagen. Wir haben in den vergangenen<br />
20 Jahren das Angebot für unsere Kunden<br />
ständig ausgeweitet. Beispielsweise durch<br />
Investitionen in eigene Maklertätigkeiten<br />
im wohnwirtschaftlichen und gewerblichen<br />
Immobilienbereich, Gründung einer Beteiligungsgesellschaft<br />
und einer eigenen Versicherungsagentur,<br />
Einführung unseres Mehrwertkontos<br />
„contomaxx“ und unser jüngstes<br />
Geschäftsfeld die Baulanderschließung in der<br />
badenovaKONZEPT, unserer gemeinsamen<br />
Tochtergesellschaft mit badenova. Und dann<br />
haben wir ja mit der Kajo 192 auch erstmals<br />
in eine reine Kapitalanlageimmobilie investiert.<br />
Kurzfristig steht kein weiteres neues<br />
Geschäftsfeld vor der Tür. Die genannten<br />
Bereiche haben aber alle noch weiteres Entwicklungspotenzial<br />
und werden so auch<br />
dazu beitragen, die Ausfälle im Zinssektor<br />
zu kompensieren. Übrigens ist die badenova-<br />
KONZEPT im Moment unser Bereich mit<br />
der größten Dynamik, was natürlich auch<br />
mit dem hohen Bedarf an Baulanderschließungen<br />
zusammen hängt.<br />
Gibt es ein Krisenszenario, das speziell auf die<br />
Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau zugeschnitten<br />
ist?<br />
Marcel Thimm: Nein, es gibt kein Krisenszenario,<br />
weil es auch keine Krise gibt. Es gibt<br />
aber große Herausforderungen, auf die wir<br />
uns in den vergangenen Jahren schon vorbereitet<br />
haben und die in den nächsten Jahren<br />
weitere Weichenstellungen von uns verlangen.<br />
Noch gibt es ein großes Filialnetz. Ist das zu halten,<br />
zumal Online-Banking immer mehr zum<br />
Normalfall wird?<br />
Marcel Thimm: Unsere mit Abstand größte<br />
Filiale, auch die mit den höchsten Wachstumsraten,<br />
ist die Internetfiliale. Unabhängig<br />
davon sind wir nach wie vor mit 70 mit<br />
Personal besetzten Geschäftsstellen in unseren<br />
35 Trägergemeinden flächendeckend<br />
präsent. Es waren auch schon einmal 94<br />
Geschäftsstellen. Wir haben uns hier schon<br />
in der Vergangenheit dem veränderten Kundenverhalten<br />
angepasst und werden das auch<br />
in Zukunft tun. Die Geschwindigkeit bestimmen<br />
unsere Kunden. Bisher war es eher<br />
Evolution als Revolution. Tatsächlich ist es ja<br />
so, dass viele Kunden für alle Kontakte mit<br />
der Bank online gehen, weil das Angebot immer<br />
attraktiver wird. Das hat langfristig sicher<br />
auch Auswirkungen auf die Struktur unseres<br />
Geschäftsstellennetzes. Wir sind da auch im<br />
Wettbewerb mit den reinen Internetbanken<br />
gut aufgestellt, die ja in der Regel nur ein eingeschränktes<br />
Angebot präsentieren. Weil die<br />
Internetbanken nur Privatkunden bedienen,<br />
werden sie sicher mittelfristig stärker unter<br />
Druck geraten, wenn die Zinssituation so<br />
bleibt. Das ist die erste große Bewährungsprobe<br />
für die Internetbanken. Für uns natürlich<br />
auch, aber wir haben einfach den Vorteil<br />
eines viel breiteren Geschäftsfelds.<br />
Entspricht die Zahl von 1.300 Mitarbeitern<br />
noch den Realitäten des Marktes? Wird zumin-<br />
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