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Neue Szene Augsburg 2015-06

Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info und Veranstaltungskalender unter www.neue-szene.de

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31<br />

Wer heutzutage am Wochenende Richtung Heilig-<br />

Kreuz spaziert, ist umgeben von einem brodelnden<br />

Nachtleben, darunter die bereits verkauften Lamm-<br />

Gewächse »Alte Liebe« und »Schwarzes Schaf«, in<br />

der Passage riecht es nach Wasserpfeife aus der Shisha-Bar,<br />

es gibt einen Imbiss und im Sommer kann<br />

man sein Jever-Fun im vermutlich höchstgelegenen<br />

Biergarten der Stadt, dem »Sonnendeck«, im Liegestuhl<br />

trinken. Vergangenes Jahr wurde noch dazu der<br />

Innenhof des nahegelegenen Postgebäudes an der<br />

Grottenau befeiert und die Zusammenarbeit mit dem<br />

Theater läuft ebenfalls bestens.<br />

Das Lamm ist einer der seltenen Fälle, in denen, etwas<br />

martialisch ausgedrückt, die Gaststätte gegen<br />

die Nachbarn obsiegt hat. Eine Entwicklung, die sich<br />

wahrlich nicht abzeichnete, bereits wenige Wochen<br />

nach Eröffnung musste das Lamm wieder schließen,<br />

um für mehrere zehntausend Euro eine Lärmschutzdecke<br />

einzuziehen, die großen Fenster blieben auch<br />

im Sommer geschlossen. Mittlerweile gibt es kaum<br />

mehr Anwohnerbeschwerden, auch dank der regelmäßigen<br />

Treffen zwischen den ansässigen Gastronomen,<br />

dem Ordnungsamt und der Polizei. Bei der Zusammenkunft<br />

dieses Kreises im Mai war Karner zum<br />

ersten Mal dabei, mit Oliver Brunner vom Theater hat<br />

er ebenfalls schon Kontakt aufgenommen.<br />

Und dann ist da ja noch das Mutterschiff, die Kantine<br />

im Kulturpark West, an der Karner weiterhin mit<br />

Herz und Seele beteiligt ist: »Es ist überhaupt kein<br />

Kantine-Exit für mich, die habe ich mitaufgebaut, das<br />

ist einfach ein Unterschied.« Angesichts der aktuellen<br />

Diskussion um den Umzug ins Gaswerk wurden<br />

immer wieder Vermutungen laut, der Gastronom<br />

würde seinen Ausstieg vorbereiten. Karner schüttelt<br />

vehement den Kopf: »Ich werde alles dafür tun, dass<br />

die Kantine weitergeht.«<br />

Auf der Hut vor dem Hut<br />

»Rich hat uns in seiner<br />

Funktion als Popkulturbeauftragter<br />

immer wieder<br />

geholfen, was ich sehr<br />

korrekt fand, schließlich<br />

waren wir zu der Zeit noch<br />

Konkurrenten.«<br />

auch die <strong>Augsburg</strong>er Band über eine Festgage«, beschreibt<br />

er das Dilemma. Karner hofft, das Thema<br />

beim Diskussionspanel »We Are The Night – Braucht<br />

<strong>Augsburg</strong> eine Clubkommission?« auf dem Modular<br />

anbringen zu können.<br />

Für Freunde von Livemusik ist der Pächterwechsel auf<br />

jeden Fall eine gute Nachricht und selbstredend auch<br />

für die Gäste des Lamms. Sebastian Karner ist kein<br />

Haudrauf, der das perfekt geölte Rad partout neu<br />

bereifen will. »Das war mit ein Grund für mein Zögern,<br />

ich konnte mir nicht vorstellen, wer das Lamm<br />

in unserem Sinne weiterführen könnte«, erzählt der<br />

scheidende Chef. »Nachdem meine Abschiedspläne<br />

bekannt wurden, kamen sehr viele Anfragen«, Goerlich<br />

rollt die Augen, »ich bin über die jetzige Lösung<br />

wirklich extrem glücklich.«<br />

Die Kontinuität gilt für das Angebot übrigens ebenso<br />

wie die Belegschaft, aufgrund des Wechsels muss<br />

niemand gehen. Verbesserungen gibt es freilich auch:<br />

Eine neue Sound- und Lichtanlage soll die ohnehin<br />

schon guten Voraussetzungen in der Soho Stage weiter<br />

optimieren, die Konzerte werden mehr, aber auch<br />

andere Veranstaltungen wie der »Philosophy Slam«<br />

sollen weiterhin ihren Platz haben. »Die guten Dinge<br />

gehen weiter«, erklärt Karner, wobei er die nicht so<br />

guten Dinge gentlemanlike unerwähnt lässt.<br />

<strong>Augsburg</strong>er Geschichten<br />

Und gegen Ende bekommt die Geschichte noch einen<br />

schönen <strong>Augsburg</strong>er Dreh. Ganz neu im Ludwigstraßenteam<br />

ist der Musiker Markus Mehr, der vor<br />

Kurzem seinen Booker-Job im Ostwerk aufgegeben<br />

hat und nun hauptsächlich für die Soho Stage mitverantwortlich<br />

ist. Denn auch Mehr war als damaliger<br />

Mitbetreiber des Clubs »Pavian« bei Eröffnung des<br />

Lamms kein großer Freund des tierischen Konkurrenten,<br />

ganz im Gegenteil.<br />

Eines weiß Karner aus eigener Erfahrung nur zu genau:<br />

Livemusik in <strong>Augsburg</strong> ist ein sehr ambivalentes<br />

Unterfangen, für welches das Wort Leidenschaft erfunden<br />

worden zu sein scheint. Nicht nur, dass sich<br />

hier selbst bekannte und hochwertige Acts schwertun,<br />

auch die zunehmende Kultur des Gratiskonzerts<br />

mit anschließender Spendensammlung sehen beide<br />

mit großer Skepsis. Die Musikinfrastruktur mit allen<br />

verbundenen »Gewerken«, wie Veranstalter, Promoagenturen,<br />

Plattenfirmen, Labels, Verlage, GEMA etc.,<br />

kostet schlicht und einfach Geld und ein Geschäft<br />

aufzubauen auf den kaum kalkulierbaren Erträgen,<br />

die am Ende des Abends in einer Kopfbedeckung liegen,<br />

ist schlichtweg unmöglich.<br />

»Wenn eine <strong>Augsburg</strong>er Hobbyband auf Hut spielt,<br />

ist das kein Problem, aber wir nehmen uns schon<br />

raus, eine gewisse Qualität und Bandbreite anzubieten«,<br />

sagt Karner, wobei man ihm anmerkt, wie<br />

sehr ihn die Sache umtreibt. »Das gilt auch für heimische<br />

Künstler: Wenn eine Band im einen Laden<br />

auf Spendenbasis spielt und einen Monat später im<br />

nächsten zehn Euro Eintritt kostet, wundert sich der<br />

Gast erst mal. Auf der anderen Seite freut sich aber<br />

»Ich sehe das positiv,<br />

Wettbewerb hält wach<br />

und kreativ.«<br />

»Ich kann das mittlerweile sehr gut verstehen«, kommentiert<br />

Goerlich die einstige Rivalität. »Wir kennen<br />

das ja auch: Natürlich will zum Beispiel der City Club<br />

keine Konkurrenz sein, aber natürlich ist er es. Ich<br />

sehe das positiv, Wettbewerb hält wach und kreativ.«<br />

Der Abschied vom Lamm, oder »das Auslaufen«, wie<br />

der Schalke-Fan es nennt, hat für Richard Goerlich<br />

längst begonnen. In der Nacht zum 01. Mai hat er<br />

mit seinem langjährigen Freund und Musikerkollegen<br />

Michael Dannhauer ein letztes DJ-Set hingelegt<br />

und es wird mindestens eine interne Abschiedsfeier<br />

geben. Im Juni übernimmt Sebastian Karner mit den<br />

beiden Läden auch die Büroräume über der Alten<br />

Liebe und feiert seinen Einstand am Vorfeiertag, dem<br />

03. Juni.<br />

Nach einer guten Stunde mit dem alten und dem<br />

neuen Chef des Lamms wurde erstaunlich wenig<br />

über die Vergangenheit geredet und viel über die<br />

Zukunft sowie die aktuelle Situation in <strong>Augsburg</strong>.<br />

Ein gutes Zeichen, wie wir finden. Ganz so, wie es<br />

Sebastian Karner bereits in der ersten Viertelstunde<br />

unseres Treffens formuliert hat: »Die guten Dinge<br />

gehen weiter!« (flo)

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