Kollagenase-Injektion · ELGA, KABEG und drohende Reformen
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ges<strong>und</strong>heitsreform<br />
Reform, die einiges befürchten lässt<br />
Mit großer Skepsis sieht der Kärntner Ärztekammerpräsident,<br />
Dr. Josef Huber, die geplante Ges<strong>und</strong>heitsreform.<br />
Fern von der Praxis <strong>und</strong> ohne Einbindung der Ärzteschaft streben<br />
Landespolitiker <strong>und</strong> Vertreter des Hauptverbandes einen massiven<br />
Umbau des Systems an. „Das, was bisher bekannt wurde, deutet<br />
darauf hin, dass eine Zentralisierung <strong>und</strong> Verstaatlichung des<br />
Ges<strong>und</strong>heitssystems droht. Ich sehe die Gefahr, dass man die Ärzte<br />
zu Befehlsempfängern degradieren will.“<br />
Mitte Juni 2012 schlossen Vertreter von B<strong>und</strong>, Ländern <strong>und</strong> Hauptverband<br />
Kassen eine sogenannte Gr<strong>und</strong>vereinbarung. Sie sieht<br />
vor, dass Spitäler <strong>und</strong> der niedergelassene Bereich künftig aus einem<br />
gemeinsamen „virtuellen Budget“, in dem die Gelder aus<br />
B<strong>und</strong>, Ländern <strong>und</strong> Kassen zusammenfließen, gesteuert werden.<br />
Bis Oktober 2012 soll ein rechtsverbindlicher Vertrag zwischen<br />
dem B<strong>und</strong> <strong>und</strong> den Ländern, eine sogenannte „15a-Vereinbarung“<br />
dazu ausgehandelt werden. Eine solche ist notwendig, wenn die<br />
Länder ihre bisherige alleinige Kom-<br />
petenz für eine Materie, in diesem Fall<br />
für den Betrieb ihrer Spitäler, aufgeben.<br />
Hierfür müssten zahlreiche Gesetze<br />
geändert werden, u.a. sollte auch die<br />
bisherige Vertragshoheit der Ärztekammern<br />
<strong>und</strong> Krankenkassen über ärztliche Planstellen, die im<br />
ASVG festgelegt ist, beseitigt werden. In Zukunft sollen auch die<br />
Länder über diese Angebote mitentscheiden.<br />
Offen ist noch, wie das konkret funktionieren soll. Länder <strong>und</strong><br />
Hauptverband sind gerade dabei, diese Spielregeln intern auszuverhandeln.<br />
Für Präs. Dr. Huber ist das ein einzigartiger Vorgang:<br />
„Das hat es bisher noch nicht gegeben, dass bei so einem bedeutenden<br />
Vorhaben, wesentliche Partner, wie die Ärzteschaft, ausgesperrt<br />
werden.“ Hierbei zeigt sich seiner Meinung nach auch eine<br />
jahrelang verfehlte Strategie der Österreichischen Ärztekammer.<br />
„Die Spitzenfunktionäre haben es in den letzten Jahren nicht geschafft,<br />
von Politik <strong>und</strong> Hauptverband als gleichberechtigte Partner<br />
akzeptiert zu werden. Die Glaubwürdigkeit der Ärztekammer<br />
hat gelitten, weil sie immer nur das Bestehende bewahren wollten,<br />
statt Neues gemeinsam zu erarbeiten.“<br />
Länder <strong>und</strong> Sozialversicherungen streiten nun darüber, wie die<br />
Stimmrechte verteilt <strong>und</strong> welche wechselseitigen Vetorechte eingeführt<br />
werden.<br />
Politische Begehrlichkeiten könnten fatale Folgen für die Versorgung<br />
durch niedergelassene Ärzte haben. Derzeit werden deren<br />
Honorare aus einem Topf der Kassen bezahlt, auf den die Landespolitiker<br />
keinen Zugriff haben. Doch wenn diese jetzt mitreden<br />
dürfen, besteht nach den bisherigen Erfahrungen die Gefahr, dass<br />
Gelder aus diesem Topf z.B. für Spitalsambulanzen abgezweigt<br />
werden.<br />
„Die bisher angekündigten Änderungen können vor allem für die<br />
ländlichen Regionen gefährliche Nebenwirkungen in Bezug auf<br />
die Versorgungssicherheit <strong>und</strong> -dichte haben“, warnt Dr. Huber.<br />
„Da sollten die Landespolitiker sehr wachsam sein, damit nicht<br />
wertvolle Strukturen zerstört werden.“<br />
Wenn der B<strong>und</strong>, wie geplant, vorgeben dürfe, welche Angebote<br />
sowohl im Spitalsbereich als auch bei den niedergelassenen Ärz-<br />
„Bedeutet dies, dass am ende des<br />
Jahres, wenn das Geld aufgebraucht<br />
ist, keine Kranken mehr behandelt<br />
werden dürfen?“<br />
ten einzurichten seien, gelte es, negative Folgen eines solchen<br />
Zentralismus zu verhindern. „Es ist kaum anzunehmen, dass ein<br />
Beamter im Ges<strong>und</strong>heitsministerium in Wien beurteilen kann, welche<br />
Strukturen man im Mölltal benötigt“, meint Präs. Dr. Huber.<br />
Daher müsse man sicherstellen, dass die Bedürfnisse in ländlichen<br />
Gebieten genauso berücksichtigt werden wie jene in den Städten.<br />
in den randreGionen MüSSe Man die tätiGKeit von<br />
landärzten beSonderS anerKennen<br />
Er fordert Garantien, dass der niedergelassene Bereich ausgebaut<br />
<strong>und</strong> nicht reduziert wird. „Wir dürfen uns nicht in Richtung Staatsmedizin<br />
bewegen, mit überfüllten Spitalsambulanzen <strong>und</strong> zu wenig<br />
niedergelassenen Allgemeinmedizinern <strong>und</strong> Fachärzten!“<br />
Das heimische Ges<strong>und</strong>heitswesen brauche zwei Dinge: Bessere Bedingungen<br />
für Landärzte <strong>und</strong> ausge-<br />
weitete Angebote der niedergelassenen<br />
Haus- <strong>und</strong> Fachärzte. Das sollten<br />
Kernpunkte der Reform sein <strong>und</strong> ihre<br />
Realisierung würde auch die Spitäler<br />
entlasten.<br />
Mit Unbehagen betrachtet Huber auch<br />
die Ankündigung von Kostendeckelungen für die Ges<strong>und</strong>heitsversorgung.<br />
Trotz der wachsenden Zahl von älteren Menschen will man<br />
den Aufwand auf die jeweiligen Steigerungsraten des Bruttoinlandsprodukts<br />
begrenzen. „Bedeutet dies, dass am Ende des Jahres,<br />
wenn das Geld aufgebraucht ist, keine Kranken behandelt werden?“,<br />
fragt Präs. Dr. Huber.<br />
Mit reduzierten anGeboten Sollen Spitäler Sparen<br />
Federführend bei der Reform sind die Mitarbeiter der Gesellschaft<br />
„Ges<strong>und</strong>heit Österreich“.<br />
Ihr zufolge sollten b<strong>und</strong>esweit folgende Summen eingespart werden,<br />
damit die Gesamtausgaben (22 Mrd. Euro) nicht, wie bisher<br />
im Jahressschnitt um über 5 %, sondern nur um 3,6 % jährlich<br />
wachsen:<br />
| 2012: 150 Mio. | 2013: 360 Mio. | 2014: 640 Mio.<br />
| 2015: 980 Mio. | 2016: 1,3 Mrd.<br />
Die Einsparungen sollten die Länder als Spitalserhalter zu 60 % <strong>und</strong><br />
die Sozialversicherungen zu 40 % erbringen. Offen ist noch, wie<br />
viel die einzelnen Länder beisteuern müssen.<br />
Der Anteil Kärntens sollte zwischen 6,6 % <strong>und</strong> 8,2 % liegen.<br />
6,6 % würde bedeuten, dass Kärnten seine Ausgaben in den Spitälern<br />
um folgende Summen senken müsste:<br />
| 2012: 6,5 Mio. | 2013: 9,1 Mio. | 2014: 12,1 Mio.<br />
| 2015: 14,7 Mio. | 2016: 16,8 Mio.<br />
2011 haben das Land Kärnten <strong>und</strong> Gemeinden für die Landes- <strong>und</strong><br />
Ordensspitäler r<strong>und</strong> 302 Mio. Euro aufgewendet. 280 Mio. Euro zur<br />
Deckung der Abgänge der Landes- <strong>und</strong> der Ordensspitäler <strong>und</strong><br />
etwa 20 Mio. für Investitionen.<br />
„Ges<strong>und</strong>heit Österreich“ glaubt, dass die Einsparungen auch bei Beibehaltung<br />
aller Spitalsstandorte <strong>und</strong> bei Erhalt des jetzigen freien<br />
Zugangs zu allen Angeboten erzielbar sind. Eine Gebühr für die Inanspruchnahme<br />
von Spitalsambulanzen, die teilweise als Lenkungs-<br />
ÖÄK / ges<strong>und</strong>heitsreform<br />
instrument in Diskussion ist, ist nicht vorgesehen. Die Entwicklung<br />
der Ausgaben für die stationäre Betreuung in Kärnten wird ab 2007<br />
positiv gesehen (unter dem B<strong>und</strong>esdurchschnitt), während die Kosten<br />
der Spitalsambulanzen abnorm hoch gestiegen seien.<br />
abteilunGen zu taGeSKliniKen reduzieren?<br />
Mögliche Sparmaßnahme, die die Experten aus Wien empfehlen,<br />
sind eine Reduzierung von Angeboten, die Umwandlung von Abteilungen<br />
zu Wochen- bzw. Tageskliniken, die nur an Wochentagen<br />
bzw. nur tagsüber zur Verfügung stehen.<br />
Derzeit würden laut „Ges<strong>und</strong>heit Österreich“ tagesklinische Leistungen<br />
in Kärnten zu teuer erbracht. Vermutet wird, dass man zwar<br />
die Zahl der Patienten gesteigert habe, ohne aber die Strukturen<br />
(R<strong>und</strong>-um-die-Uhr-Betrieb) verändert zu haben.<br />
Wenn zusätzlich 20.000 Patienten tagesklinisch bei veränderten<br />
Strukturen versorgt werden könnten, gäbe es laut „Ges<strong>und</strong>heit<br />
Österreich“ ein Einsparungspotenzial von r<strong>und</strong> 6 Mio. Euro.<br />
zuSaMMenfaSSunG:<br />
Die geplante Reform kann Auswirkungen auf alle niedergelassenen<br />
Mediziner haben – sowohl auf Kassen- als auch auf Wahlärzte<br />
Seitens der ÖÄK befürchtet man vor allem neue Reglementierungen<br />
<strong>und</strong> Einschränkungen bei den Fachärzten.<br />
Es gibt Hinweise, dass man sie durch neue medizinische Zentren im<br />
Spitalsbereich zurückdrängen könnte.<br />
Fest steht, dass der Bedarf nach neuen ärztlichen Kooperationsformen<br />
zunehmen wird. Die derzeit komplizierte Gründung von<br />
Gruppenpraxen wird zweifellos ungeeignet sein, um diese Herausforderung<br />
bestehen zu können.<br />
◆<br />
ÖÄK-Richtungswechsel ja, aber<br />
mit amtierenden Organen<br />
Beim Ärztekammertag am 22. Juni 2012, bei dem der Tiroler Dr. Artur Wechselberger<br />
zum neuen Präsidenten der ÖÄK gewählt wurde, erhielten auch fünf Altpräsidenten<br />
neue ÖÄK-Posten, obwohl sie in ihren B<strong>und</strong>esländern abgewählt worden sind.<br />
Dieser Umstand veranlasste den Präsidenten der Kärntner Ärztekammer,<br />
Dr. Josef Huber, zu folgender Presseaussendung: „Die<br />
Kärntner Ärztekammerwahl brachte deutlich den Wunsch der Ärzteschaft<br />
nach einem Richtungswechsel zum Ausdruck. Dieses beeindruckende<br />
Votum führte zur Abwahl des Altpräsidenten <strong>und</strong><br />
zur Etablierung einer neuen Ärztekammerführung in Kärnten. Leider<br />
sorgt das Wahlrecht der Österreichischen Ärztekammer jedoch<br />
dafür, dass dieser Richtungswechsel nur unzureichend auf B<strong>und</strong>esebene<br />
abgebildet wird“, so der Präsident der Kärntner Ärztekammer,<br />
Dr. Josef Huber.<br />
Die Funktionen innerhalb der ÖÄK werden kraft eines komplizierten<br />
Wahlrechts durch Funktionäre der Landesärztekammern besetzt.<br />
Daher ist es üblich, dass Spitzenfunktionäre der Länder die<br />
entsprechenden Funktionen auch auf ÖÄK-Ebene erfüllen.<br />
Durch einen politischen Kuhhandel vor der Vollversammlung der<br />
ÖÄK wurden aber diesmal fünf bereits abgewählte Präsidenten<br />
von Landesärztekammern, von denen einige nicht einmal mehr als<br />
einfache Kammerräte in ihre Ärztekammern gewählt wurden,<br />
plötzlich in wichtige Positionen gehievt – während andererseits<br />
amtierende Präsidenten keine Berücksichtigung fanden. „Das mag<br />
ja alles formal rechtlich in Ordnung sein, entspricht aber nicht meinen<br />
Vorstellungen von Demokratie!“, so Präsident Dr. Huber.<br />
Aus seiner Sicht hemmt diese Vorgangsweise nicht nur die dringend<br />
notwendige Arbeit in der ÖÄK, sondern macht sie auch als<br />
Standesvertretung unglaubwürdig. „Wie sollen abgewählte, sich<br />
teilweise schon in Pension befindliche Altfunktionäre eine moderne<br />
<strong>und</strong> glaubwürdige Ärztekammerpolitik betreiben? Ich fordere<br />
die ÖÄK-Spitze auf, den begonnenen Kurs der Erneuerung fortzusetzen<br />
<strong>und</strong> die demokratisch gewählten Repräsentanten der B<strong>und</strong>esländer<br />
auch auf ÖÄK-Ebene einzubinden!“ ◆<br />
4 Juli-August 2012 <strong>·</strong> www.aekktn.at Juli-August 2012 <strong>·</strong> www.aekktn.at 5