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Neben der Lyme-Borreliose und - BORRELIOSE und FSME BUND ...

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16 Ges<strong>und</strong>heitspolitik<br />

Aktuelle klinische <strong>und</strong> berufskrankheitenrechtliche<br />

Aspekte <strong>der</strong> <strong>Borreliose</strong><br />

Von Michael Haufs, Rolf Merget, Thomas Brüning<br />

Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Institut <strong>der</strong> Ruhr-Universität Bochum<br />

(Mit fre<strong>und</strong>licher Genehmigung <strong>der</strong> Autoren)<br />

Zurzeit erkranken in Deutschland<br />

ca. 30 000 bis 80 000 Menschen<br />

jährlich an einer <strong>Borreliose</strong>. Die Zahlen<br />

beruhen auf Schätzungen, weil<br />

die <strong>Borreliose</strong> nicht zu den meldepfl<br />

ichtigen Erkrankungen gehört. Da<br />

die Inzidenz zunimmt, hat die <strong>Borreliose</strong><br />

in zunehmendem Maße auch eine<br />

berufskrankheitenrechtliche Relevanz.<br />

Laut BK-DOK wurden bereits in den<br />

Jahren 1999 – 2001 26 <strong>Borreliose</strong>erkrankungen<br />

als Berufskrankheit BK3102 anerkannt.<br />

Ziel <strong>der</strong> Untersuchung ist es,<br />

die aktuellen medizinischen <strong>und</strong> versicherungsrechtlichen<br />

Voraussetzungen<br />

für eine mögliche Anerkennung als BK<br />

darzustellen. Anhand 10 ausgewählter<br />

Fälle (7 Erst- <strong>und</strong> 3 Nachbegutachtungen)<br />

wird ein Überblick über aktuelle<br />

Aspekte <strong>der</strong> Erkrankung wie Epidemiologie,<br />

Klinik, (Differential-) Diagnostik,<br />

Therapie, Prävention sowie <strong>der</strong>en versicherungsrechtliche<br />

Wertung gegeben.<br />

Versicherte, die eine Tätigkeit im Freien<br />

ausüben, sind in höherem Maße als die<br />

Durchschnittsbevölkerung infektionsgefährdet.<br />

Der Nachweis einer Borrelieninfektion<br />

während <strong>der</strong> berufl ichen Tätigkeit<br />

ist schwierig zu führen, da diese<br />

auch bei Freizeitaktivitäten erfolgt sein<br />

kann. Sämtliche Versicherte zeigten im<br />

Vorfeld einen positiven Antiborrelien-<br />

IgG-Antikörperbef<strong>und</strong>. Manifeste borrelienassozierte<br />

chronische Erkrankungen,<br />

die einen Versicherungsfall begründen<br />

können, traten bei zwei nachzubegutachtenden<br />

Patienten auf.<br />

Die Berufsbedingtheit <strong>der</strong> <strong>Borreliose</strong><br />

ist an bestimmte Voraussetzungen geb<strong>und</strong>en,<br />

<strong>der</strong>en medizinische <strong>und</strong> versicherungsrechtliche<br />

Wertung z. T. problematisch<br />

ist (z. B. Unterscheidung zwischen<br />

reiner Serokonversion <strong>und</strong> manifester<br />

Erkrankung).<br />

Sämtliche Erstbegutachtungen wurden<br />

durch uns ablehnend beurteilt. Die<br />

Gründe hierfür (z. B. Abheilung borrelieninduzierter<br />

Erkrankungen nach frühzeitiger<br />

Gabe antibakterieller Antibiotika)<br />

werden erörtert.<br />

Daher sind die berufskrankheitenrechtlichen<br />

Rahmenvoraussetzungen,<br />

die zur Anerkennung bzw. Ablehnung<br />

einer <strong>Borreliose</strong> als BK führen, zu defi<br />

nieren. Unsere Erfahrungen zeigen,<br />

dass die Anerkennung einer <strong>Borreliose</strong><br />

als Berufserkrankung im Vergleich<br />

zu den gemeldeten Verdachtsfällen<br />

sehr selten ist.<br />

� Kommentar von Dietmar Seifert,<br />

SHG Ulm<br />

Der Vortrag zeigt, dass die Anerkennung<br />

einer <strong>Borreliose</strong> als Berufskrankheit äußerst<br />

schwierig ist <strong>und</strong> in erster Instanz<br />

praktisch fast immer verweigert wird.<br />

Eine Anerkennung dürfte nur in seltenen<br />

Einzelfällen durch einen mühsamen<br />

Rechtsweg durch alle Sozialgerichtsinstanzen<br />

möglich sein.<br />

Dies gestaltet sich deshalb so schwierig,<br />

da zwei schlüssige Nachweise geführt<br />

werden müssen.<br />

1. Dass <strong>der</strong> Unfall „Zeckenstich“ während<br />

<strong>der</strong> Berufstätigkeit erfolgte. Da fast<br />

automatisch <strong>der</strong> Verdacht unterstellt<br />

wird, dass die Infektion auch durch einen<br />

möglicherweise unbemerkten Zeckenstich<br />

in <strong>der</strong> Freizeit erfolgt sein<br />

könnte, muss ein eindeutiger Beweis<br />

z.B. sofortiger Eintrag des Zeckenstiches<br />

in das Verbandsbuch <strong>und</strong> anschließen<strong>der</strong><br />

Bestätigung einer <strong>Borreliose</strong>infektion<br />

eines Arztes vorliegen. Wurde<br />

<strong>der</strong> Zeckenstich, wie häufi g, nicht dokumentiert<br />

o<strong>der</strong> bemerkt bzw. trat das<br />

typische Erythema migrans nicht auf,<br />

hat man schon sehr schlechte Karten.<br />

2. Dass die dauerhaften Beschwerden<br />

tatsächlich durch <strong>Borreliose</strong> bedingt<br />

sind. Durch das bekannte diagnostische<br />

Dilemma, dass es keinen praktikablen<br />

Test gibt, welcher eine chronische <strong>Borreliose</strong><br />

„eindeutig“ nachweisen kann,<br />

die Beschwerden einer chronischen<br />

<strong>Borreliose</strong> meistens unspezifi sch sind,<br />

sowie keine allgemein gültigen Diagnoserichtlinen<br />

existieren, wird von den<br />

Gutachtern selbst bei einer handfest<br />

nachgewiesenen Infektion ein schlüssiger<br />

Zusammenhang meistens verneint,<br />

zumal die gängige Lehrmeinung immer<br />

noch eine <strong>Borreliose</strong> in jedem Stadium<br />

durch eine Standard-Antibiotikatherapie<br />

als einfach heilbar darstellt.<br />

Zusätzlich wird ein Nachweis durch<br />

die gängige Praxis erschwert, dass nicht<br />

selten selbst namhafte Ärzte fälschlicherweise<br />

eine chronische <strong>Borreliose</strong><br />

mit dem reinen Son<strong>der</strong>fall einer Neuroborreliose<br />

gleichsetzen. Da sich diese<br />

jedoch nur in den wenigsten Fällen<br />

im Liquor nachweisen lässt, wird bei<br />

einem negativen Liquorergebnis in <strong>der</strong><br />

Regel eine <strong>Borreliose</strong> unsinnigerweise<br />

völlig ausgeschlossen.<br />

Möglichst lückenlose Beweiskette<br />

zusammentragen<br />

Wer ein Anerkennungsverfahren als Berufskrankheit<br />

anstrebt, solle deshalb eindeutige<br />

Beweise für die Infektion während<br />

<strong>der</strong> Berufstätigkeit sowie eine unzweifelhafte<br />

Diagnose einer <strong>Borreliose</strong><br />

vorlegen können. Positive Borrelientiter<br />

im Blut sind nicht ausreichend. Ansonsten<br />

dürften kaum Chancen auf Erfolg<br />

bestehen.<br />

Selbst wenn alle Beweise scheinbar<br />

völlig eindeutig sind, muss man sich<br />

auf ein mögliches Jahre langes Verfahren<br />

durch die Sozialgerichtsinstanzen<br />

einstellen, welches für die durch <strong>Borreliose</strong><br />

zumeist angeschlagenen Nerven<br />

eine zusätzliche Belastung darstellt. Außerdem<br />

ist eine rechtliche Unterstützung<br />

durch einen Fachanwalt, VDK etc.<br />

dringend zu empfehlen. Eine Absicherung<br />

<strong>der</strong> Prozesskosten durch eine private<br />

Rechtsschutzversicherung o<strong>der</strong> den<br />

Sozialrechtschutz <strong>der</strong> Gewerkschaften<br />

wäre dabei von großem Vorteil.<br />

Dietmar Seifert<br />

leitet die <strong>Borreliose</strong>-<br />

Selbsthilfegruppe<br />

Ulm/Neu-Ulm<br />

<strong>Borreliose</strong> Magazin Nr. 14<br />

Foto: Fischer

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