Ordensnachrichten 5/2012 - Jochen Ressel
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ORDENSNACHRICHTEN Seite 8<br />
Nachhaltiges Wirtschaften bedarf<br />
nachhaltiger Geisteshaltungen<br />
von Schirmherr Hans Harrer<br />
Die Gesellschaft von heute befindet sich im<br />
größten Wertewandel seit Jahrhunderten.<br />
Dabei bleibt kein Stein auf dem anderen.<br />
Wie wir uns selbst im Rahmen der aktuellen<br />
Veränderungen sehen und zu welchen<br />
Handlungen wir uns aufgrund dessen entschließen,<br />
beeinflusst unsere Wirtschaft,<br />
unser Zusammenleben als Gesellschaft<br />
und entscheidet über den Fortbestand<br />
oder über den Untergang von Strukturen<br />
und Systemen. Einige Überlegungen zu<br />
den Funktionsweisen tragen zu einer nachhaltigkeitsorientierten<br />
Geisteshaltung bei.<br />
Wenn wir über Wertewandel nachdenken, dann ist ein Faktum wahrscheinlich schon bekannt,<br />
unabhängig davon, ob wir uns dies bereits eingestanden haben oder nicht: Jeder von uns wird<br />
sich selbst reduzieren müssen, um in Hinkunft die begrenzt zur Verfügung stehenden Resourcen<br />
richtig verarbeiten zu können. Das wird nur dann gelingen, wenn wir der Wirtschaft wieder<br />
eine Seele geben und verstehen lernen, dass hinter jeder Zahl, die unser wirtschaftliches Tun<br />
abbildet, Menschen stehen, die diese Zahl bewirkt haben. So einfach diese Erkenntnis zu sein<br />
scheint, so bedeutet sie doch einen Paradigmenwechsel in unserem Wirtschaftsverständnis.<br />
Seit dem Ende des 2. Weltkrieges haben wir in Europa vieles von dem, was aus den USA kam,<br />
ohne es zu hinterfragen, etabliert und in unser Wirtschaften integriert. Eine der verwerflichsten<br />
Praktiken, die aus dem Land der angeblich unbegrenzten Freiheit übernommen wurde, ist<br />
die Mentalität des unbegrenzten Zockens und leider ist diese Mentalität mittlerweile zu einem<br />
systemischen Faktor der Wirtschaft geworden und rächt sich nun in einer weltumspannenden<br />
Wirtschaftssituation. Die aktuellen Krisen und Unsicherheiten betreffen nämlich keineswegs<br />
nur Europa oder unsere Gemeinschaftswährung, den Euro – sie betreffen durch die internationalen<br />
Verflechtungen jede wirtschaftstreibende Institution weltweit.<br />
Um der Mentalität des Zockens eine Größenordnung zu verleihen sei erwähnt, das das 10-fache<br />
des weltweit generierten BIPs in Form von Derivaten um die Welt geistert. Kein Wunder,<br />
dass man die Geister, die man zur Befriedigung der eigenen Gier rief, nun nicht zu beherrschen<br />
in der Lage zu sein scheint. Die goldene Formel zur Bewältigung dieser Herausforderung ist<br />
allerdings nicht leicht zu finden, denn die Ursachen liegen sowohl in der Gesellschaft, wie auch<br />
in der Politik. Die Idee einer Gemeinwohldemokratie, die letztlich auch zum erreichten Wohlstand<br />
wesentlich beigetragen hat, ist einer Klientel- und Parteiwohldemokratie gewichen und<br />
ihre ehemaligen Unterstützer verlassen sie in Scharen. Zum Ausdruck kommt dies in einer Verweigerung<br />
des politischen Dialogs und der politischen Mitbestimmung (Stichwort „Wahlbeteiligung“).<br />
Kein Politiker ist gewählt worden, um für das Wohl seiner selbst und der ihm nächsten<br />
Partei zu wirken, sondern er wurde gewählt, um für das Gemeinwohl zu wirken. Daher haben<br />
Politiker künftig nur mehr eine Chance, wenn sie ein Vorbild-Bewusstsein entwickeln. Macht<br />
bedingt auch die Verantwortung für die Verwendung der übertragenen Befugnisse und darauf<br />
werden Bürger, vor allem die Jugend, angesichts der erlebten Enttäuschungen mehr denn je zuvor<br />
achten, stehen doch dafür eine Vielzahl von modernen Informationsquellen zu Verfügung.<br />
ORDENSNACHRICHTEN<br />
Ausgabe 5/<strong>2012</strong>