jung & liberal - Junge Liberale Kreisverband Rhein-Sieg
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Liberal<br />
Liberal<br />
Die bolivianische Revolution<br />
Wie Präsident Hugo Chávez die venezolanische Demokratie untergräbt<br />
JuLis bei Seminaren im<br />
Südkaukasus<br />
> von Steffen Büttgenbach<br />
> von Konstantin Kuhle<br />
Der venezolanische Präsident<br />
Hugo Chávez verweigerte eine<br />
Verlängerung der Rundfunklizenz<br />
für RCTV, einen Privat-Fernsehsender<br />
der sich 2002 auf die Seite eines gegen<br />
ihn gerichteten Putschversuchs<br />
stellte. Er nutzte nun den Ablauf der<br />
Zuteilung der Sendefrequenz, um sich<br />
politisch zu revanchieren: Genau diese<br />
Zuteilung ließ er nicht verlängern.<br />
Dies stellt einen massiven Angriff<br />
auf die Pressefreiheit und die Demokratie<br />
in Venezuela dar. Umso trauriger,<br />
dass es nicht der erste Angriff<br />
auf demokratische Institutionen war.<br />
Hugo Chávez hat eine sehr bewegte<br />
Geschichte hinter sich: Er<br />
nahm an einem Putschversuch teil,<br />
wurde daraufhin festgenommen<br />
und anschließend wieder begnadigt.<br />
Nach seiner Wahl zum Präsidenten<br />
berief er eine verfassungsgebende<br />
Versammlung ein, schuf sich die<br />
Möglichkeit in sämtliche staatliche<br />
Organe einzugreifen, entmachtete<br />
die Gewerkschaften und brachte<br />
seine Verbündeten an die Spitze des<br />
nationalen Erdölkonzerns und des<br />
Gerichtshofes. Er rüstete die Armee<br />
massiv auf und kann nun nahezu<br />
ungehindert Dekrete erlassen. So<br />
macht sich ein Wegfall der demokratischen<br />
Institutionen schleichend,<br />
aber unaufhaltsam bemerkbar.<br />
Chávez propagiert weiterhin seine<br />
„bolivianische Revolution“, einen<br />
Sozialismus des 21. Jahrhunderts,<br />
sowie das Ende des „Neo<strong>liberal</strong>ismus“.<br />
Momentan werden Konzerne<br />
reihenweise verstaatlicht und die<br />
USA werden auf beleidigende Art<br />
und Weise kritisiert.<br />
Doch seine sozialistische Politik<br />
brachte keinen Wohlstand. In seine<br />
Präsidentschaftszeit fällt die größte<br />
Kapitalflucht der Geschichte des<br />
Landes. Zwischen 1999 und 2004<br />
stieg die Armut in Venezuela von 43<br />
auf 53 Prozent. Der Anteil der Menschen,<br />
die mit weniger als einem<br />
Dollar pro Tag auskommen müssen,<br />
stieg im gleichen Zeitraum von 17<br />
auf 25 Prozent. Er selbst bestätigt diese<br />
Zahlen, führt jedoch an, dass diese<br />
die Realität nicht widerspiegeln,<br />
weil sie so täten, als sei Venezuela<br />
ein „neo<strong>liberal</strong>es“ Land.<br />
Kapitalflucht und Armut<br />
Wir sollten nicht mit ansehen, wie<br />
die Demokratie in Venezuela untergraben<br />
wird. Dennoch müssen<br />
wir Verständnis für einen Linksruck<br />
in Lateinamerika haben. Wenn die<br />
Bevölkerung lateinamerikanischer<br />
Staaten in freien und demokratischen<br />
Wahlen einen Kandidaten<br />
wählt, der links von der Mitte steht,<br />
so gilt es, dies zu akzeptieren, solange<br />
die gewählten Kandidaten die<br />
demokratische Grundordnung ihres<br />
Staates akzeptieren.<br />
Wirtschafts<strong>liberal</strong>ismus funktioniert<br />
nur in Verbindung mit einem<br />
Kartell- und Wettbewerbsrecht. Der<br />
Staat muss einen Rahmen setzen,<br />
in dem sich die Wirtschaft frei entfalten<br />
kann und dafür sorgen, dass<br />
sie sich innerhalb dieses zulässigen<br />
Rahmens bewegt. Wird eine Grenze<br />
überschritten, so muss der Staat eingreifen<br />
und Einhalt gebieten.<br />
In Lateinamerika jedoch herrschte oft<br />
zügelloser Liberalismus, der in Korruption,<br />
Kartellen, Vetternwirtschaft und<br />
Ausbeutung endete. Zudem schaffte<br />
man es nicht, das Wirtschaftswachstum<br />
gerecht auch auf die unteren Bevölkerungsschichten<br />
zu verteilen und<br />
eine Sozialversicherung zu etablieren.<br />
Somit kamen nur die wohlhabenden<br />
Schichten in den Genuss des Wirtschaftswachstums<br />
und die Armen der<br />
Bevölkerung blieben auf der Strecke.<br />
Angesichts dessen ist es verständlich,<br />
dass es in Lateinamerika einen<br />
Linksruck gibt, da auch ärmere Bevölkerungsschichten<br />
vom Wohlstand<br />
ihres Landes profitieren wollen.<br />
Für den Wohlstand ist jedoch<br />
vor allem maßgeblich, dass es, egal<br />
wer eine Wahl gewinnt, keinen<br />
Umsturz aller bestehenden Institutionen<br />
gibt und die grundlegende<br />
Wirtschaftsordnung erhalten bleibt.<br />
Bringt jede erneute Wahl hingegen<br />
das Risiko einer Revolution mit sich,<br />
so schreckt dies Investoren ab, die<br />
außerordentlich wichtig für die weitere<br />
Entwicklung sind.<br />
Politische Stabilität in Verbindung<br />
mit einer ausgewogenen Sozialpolitik,<br />
die Armut verhindert und dennoch<br />
ausreichende Anreize schafft,<br />
garantiert in aller Regel den Wohlstand<br />
eines Landes. Der einzige<br />
„Musterknabe“ in Lateinamerika ist<br />
momentan Chile, obwohl es von der<br />
sozialistischen Partei regiert wird,<br />
die aber viele <strong>liberal</strong>e Ansätze zeigt.<br />
Bleibt nur zu hoffen, dass sich andere<br />
Länder ein Beispiel an Chile nehmen<br />
und nicht wie Chávez oder auch<br />
Lafontaine dem fehlgeschlagenen<br />
Sozialismus des 19. Jahrhunderts<br />
verfallen.<br />
Steffen Büttgenbach (21) ist stv.<br />
Vorsitzender für Programmatik<br />
und Pressearbeit der JuLis <strong>Rhein</strong>-<br />
Kreis Neuss. Ihr erreicht ihn unter<br />
s.buettgenbach@<strong>liberal</strong>-power.de.<br />
ie Friedrich-Naumann-Stiftung<br />
D (FNSt) für die Freiheit veranstaltete<br />
vom 27. August bis zum 6.<br />
September 2007 verschiedene Seminare<br />
in den südkaukasischen Ländern<br />
Aserbaidschan, Georgien und<br />
Armenien. Daran nahmen auch eine<br />
fünfköpfige Delegation der JuLis aus<br />
Deutschland sowie Vertreter des europäischen<br />
Dachverbandes LYMEC<br />
teil. Unter Leitung des IFLRY-Vice-<br />
President, Frederik Ferié, referierten<br />
die JuLi-Vertreter Lasse Becker, Milton<br />
Fischel, Konstantin Kuhle und<br />
Sebastian Michels bei unterschiedlichen<br />
Veranstaltungen mit politischen<br />
Jugendorganisationen, Parteien,<br />
NGOs und Journalisten über<br />
politische Themen, eigene politische<br />
Erfahrungen sowie über Möglichkeiten<br />
zur Verbesserung der Organisationsstrukturen<br />
<strong>liberal</strong>er Gruppen<br />
im Südkaukasus.<br />
Die Reise begann mit einem dreitägigen<br />
Aufenthalt in Aserbaidschan,<br />
der auch die Gelegenheit bot, mit<br />
dem Vorsitzenden der oppositionellen<br />
Partei „Musavat“ sowie mit<br />
Vertretern der Jugendorganisation<br />
der Partei zusammenzutreffen. Gerade<br />
in Aserbaidschan sehen sich<br />
<strong>Liberale</strong> leider oftmals Repressalien<br />
und staatlichen Sanktionen ausgesetzt.<br />
Die JuLi-Vertreter zeigten sich<br />
über die eklatanten Demokratiedefizite<br />
enttäuscht und sprachen diese<br />
bei einem Treffen mit der Jugendorganisation<br />
der regierenden Partei<br />
offen an. So herrschen in Aserbaidschan,<br />
aber auch in den anderen Ländern<br />
des Südkaukasus, insbesondere<br />
Mängel im Bereich des Ablaufs von<br />
Wahlen. Hier werden immer wieder<br />
Fälschungen festgestellt und von internationaler<br />
Seite bemängelt.<br />
Nach einem zweitägigen Seminar<br />
am Kaspischen Meer reiste die Delegation<br />
weiter nach Tiflis/<br />
Georgien um dort ebenfalls<br />
an einem mehrtägigen Seminar<br />
mit Repräsentanten<br />
unterschiedlicher Gruppen<br />
teilzunehmen. Seit der<br />
Ablösung von Präsident<br />
Eduard Schewardnadse<br />
im Zuge der friedlichen<br />
„Rosenrevolution“ 2003<br />
setzen viele Georgier große<br />
Hoffnungen in eine proamerikanische<br />
und proeuropäische<br />
Orientierung ihres<br />
Landes. Diese Tendenz kollidiert<br />
vor allem im Bezug auf<br />
die Unabhängigkeits- und<br />
Autonomiebestrebungen einiger<br />
georgischer Regionen<br />
mit russischen Interessen,<br />
was zu einem angespannten<br />
Verhältnis zwischen Georgien<br />
und Russland führt.<br />
Schließlich verbrachte man<br />
die letzten Tage in Jermuk/<br />
Armenien, wo die FNSt einen<br />
intensiven Workshop mit Vertretern<br />
georgischer und armenischer<br />
Organisationen organisiert<br />
hatte. Außerdem nahmen Repräsentanten<br />
aus der Region Abchasien<br />
teil. Die hier geführten inhaltlichen<br />
Diskussionen und der organisatorische<br />
Austausch waren für die<br />
Teilnehmer aus dem Südkaukasus<br />
ebenso beeindruckend wie für die<br />
deutsche Delegation. Diskussionsthema<br />
waren neben der Rolle Russlands<br />
und der NATO auch die regionalen<br />
Spannungen zwischen den<br />
südkaukasischen Ländern und den<br />
dort lebenden ethnischen Gruppen.<br />
Dabei spielte insbesondere der anhaltende<br />
Territorialkonflikt zwischen<br />
Armenien und Aserbaidschan eine<br />
wichtige Rolle. Zudem tauschten<br />
sich die Teilnehmer intensiv über<br />
die ökonomischen Voraussetzungen<br />
von möglichen Konfliktlösungen im<br />
Südkaukasus aus.<br />
Die Gastfreundschaft der Menschen<br />
in allen drei Ländern sowie der Mut<br />
vieler <strong>Liberale</strong>r sich politisch zu engagieren,<br />
obwohl ihnen Sanktionen<br />
drohen, werden den Teilnehmern<br />
in lebhafter Erinnerung bleiben. Es<br />
bleibt zu hoffen, dass sich die politischen<br />
Kontakte in den Südkaukasus,<br />
etwa durch einen Gegenbesuch<br />
der befreundeten <strong>liberal</strong>en Organisationen,<br />
weiter intensivieren.<br />
Konstantin Kuhle (18) ist stv. Landesvorsitzender<br />
für Programmatik<br />
der JuLis Niedersachsen. Ihr erreicht<br />
ihn unter konstantin.kuhle<br />
@julis.de.<br />
20<br />
21<br />
<strong>jung</strong> & <strong>liberal</strong> Ausgabe 3|2007