jung & liberal - Junge Liberale Kreisverband Rhein-Sieg
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Thema<br />
Thema<br />
Plädoyer für eine neue Außenpolitik<br />
Derzeit dümpelt deutsche Außenpolitik zwischen Anspruch und Wirklichkeit dahin<br />
> von Alexander Rück<br />
08<br />
09<br />
Die deutsche Außenpolitik steht<br />
im 21. Jahrhundert vor neuen sicherheitspolitischen<br />
und wirtschaftspolitischen<br />
Herausforderungen. Besonders<br />
die Regierung Gerhard<br />
Schröder ist diesen Herausforderungen<br />
nur unzureichend gerecht geworden.<br />
So blieben pompös initiierte<br />
Vermittlungsversuche im Nahen Osten<br />
und auf dem Balkan ebenso ohne<br />
Erfolg wie der Versuch, bewährte<br />
Bündnisse wie die transatlantische<br />
Beziehung zu den USA durch neue<br />
„Seilschaften“ (Schröders besondere<br />
Beziehung zu Russland) zu ersetzen.<br />
Diese Tatsache hat vor allem zwei<br />
Ursachen: Erstens erfordern die neuen<br />
Umstände ein neues außenpolitisches<br />
Selbstverständnis. Gerade<br />
aber mit diesem Selbstverständnis tut<br />
sich Deutschland, besonders unter der<br />
Obhut der 68-er Generation, schwer.<br />
Zweitens nimmt gegenwärtig eine<br />
neue Kultur von Bedenkenträgern<br />
immer größeren Einfluss auf außenpolitische<br />
Entscheidungen. Diese Politik<br />
räumt – vor allem aus innenpolitischen<br />
Erwägungen – in der<br />
öffentlichen Diskussion möglichen<br />
Gefahren oft einen größeren Spielraum<br />
ein als den Chancen.. Dies führt<br />
zu „Symbolpolitik“ statt pragmatischer<br />
Realpolitik. Eine solche Politik,<br />
die sich in Symbolen erschöpft<br />
und in der Sache nichts bewegt,<br />
konnte aktuell auch am „Menschenrechtsgefasel“<br />
der Bundeskanzlerin<br />
in China beobachtet werden. Dieser<br />
Symbolpolitik statt<br />
Realpolitik<br />
Wankelmut schadet<br />
dem Ansehen deutscher<br />
Außenpolitik<br />
und schmälert zugleich<br />
Deutschlands<br />
Einfluss. Nachdem<br />
sich die deutsche<br />
Außenpolitik in<br />
2005 kleinlaut von<br />
ihren „Wirrungen“<br />
verabschiedet hat,<br />
dümpelt sie derzeit<br />
im Niemandsland<br />
zwischen Anspruch<br />
und Wirklichkeit. Auch<br />
die deutsche EU-Ratspräsidentschaft<br />
– obgleich im<br />
internationalen Umfeld mit<br />
Aufmerksamkeit bedacht – endete<br />
ohne nachhaltig Spuren zu<br />
hinterlassen. Diesen Eindruck<br />
konnte auch die erfolgreiche Ausrichtung<br />
des G8-Gipfels mangels<br />
Substanz in der Sache nicht korrigieren.<br />
Die neuen sicherheitspolitischen<br />
Herausforderungen bedingen<br />
ein neues, von Verantwortung<br />
gegenüber der Zukunft, nicht nur gegenüber<br />
der Vergangenheit getragenes,<br />
Selbstbewusstsein der deutschen<br />
Außenpolitik. Zukünftig ist vor<br />
einer klaren Ausrichtung mit der Definition<br />
prioritärer Ziele eine klare<br />
Deutschland im Fokus von<br />
Terroristen<br />
Standortbestimmung notwendig.<br />
Verlässlichkeit und Berechenbarkeit<br />
müssen dabei wieder zu Markenzeichen<br />
deutscher Außenpolitik werden.<br />
Nur auf dieser Basis lassen sich<br />
auch unangenehme, aber erforderliche<br />
Entscheidungen innenpolitisch<br />
durchsetzen.<br />
Außenpolitik darf nicht nur Kür zur<br />
Pflicht der Innenpolitik sein. Dies<br />
muss auch in den Köpfen eines Großteils<br />
der Bevölkerung verankert werden.<br />
Ein Land wie Deutschland, das<br />
einen Großteil seines Wohlstandes<br />
dem internationalen Handel verdankt<br />
und die eigene Kultur als internationales<br />
Aushängeschild gebraucht,<br />
muss aus ureigenem<br />
Interesse heraus außenpolitische Zukunftssicherung<br />
betreiben.<br />
Konkret bedeutet dies u.a., dass zukünftig<br />
deutschen Unternehmern<br />
für Investitionen und Aktionen im<br />
Ausland der Rücken weitaus mehr<br />
gestärkt werden muss. Auf der Ebene<br />
der Sicherheitspolitik muss sich<br />
die Erkenntnis durchsetzen, dass<br />
Deutschland genauso im Focus gewalttätiger<br />
Terroristen steht wie seine<br />
europäischen Nachbarn, unabhängig<br />
von allen transnationalen<br />
militärischen oder humanitären Aktivitäten.<br />
Diese Herausforderungen<br />
werden sich mittelbar auch dem Fiskus<br />
gegenüber bemerkbar machen:<br />
Bundeswehreinsätze im Ausland<br />
und nachhaltige humanitäre Unterstützung<br />
als Präventionsoptionen<br />
gegen internationalen Terrorismus<br />
werden nicht aus der Portokasse bezahlt<br />
werden können.<br />
Eine europäische Außenpolitik ist<br />
wünschenswert und notwendig. Ihre<br />
Realisierung wird jedoch noch einige<br />
Zeit in Anspruch nehmen. Die aktuelle<br />
Tendenz einiger Staaten, Außenpolitik<br />
auf der Basis nationaler Zielsetzung<br />
zu betreiben, ist unverkennbar<br />
(z.B. „Kuhhandel“ zwischen Frankreich<br />
und Libyen; bulgarische Krankenschwestern<br />
im Austausch gegen<br />
Kernenergie-Know-how). Im Zuge einer<br />
Neuausrichtung der deutschen<br />
Außenpolitik darf sich Deutschland<br />
dieser Versuchung nicht hingeben.<br />
Genauso wenig darf sie jedoch Gefahr<br />
laufen, anderen Protagonisten<br />
aus Angst vor der eigenen Courage<br />
das Feld zu überlassen und sich infolgedessen<br />
auf die Position „des guten<br />
Gewissens“ zurückzuziehen.<br />
Als starker Partner innerhalb Europas<br />
kann es Deutschland gelingen,<br />
die notwendigen Konzepte, die zur<br />
Bildung einer europäischen Außenpolitik<br />
notwendig sind, glaubwürdig<br />
zu vertreten. Dazu gehört das Streben<br />
nach der Anerkennung allgemeiner<br />
Rechtsnormen wie auch nach<br />
freiem Handel. Diese Ziele werden jedoch<br />
mit der aktuellen Außenpolitik<br />
nicht erreicht werden können.<br />
Alexander Rück (31) ist Angestellter<br />
im öffentlichen Dienst und war von<br />
1999 bis 2000 Landesvorsitzender<br />
der JuLis Bayern. Ihr erreicht ihn unter<br />
a.rueck@imail.de.<br />
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foto: istockphoto.