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9 Untersuchungsmethoden des Kehlkopfes

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9 <strong>Untersuchungsmethoden</strong> <strong>des</strong> <strong>Kehlkopfes</strong><br />

9.1 Palpation <strong>des</strong> <strong>Kehlkopfes</strong><br />

Einlegen der Kuppe <strong>des</strong> Zeigefingers in<br />

den oberen Einschnitt <strong>des</strong> Schildknorpels<br />

(Incisura thyroidea) sowie Abtasten der<br />

beiden Schildknorpelplatten. Es muss dabei<br />

auf die Bewegungen <strong>des</strong> <strong>Kehlkopfes</strong> in<br />

vertikaler und sagittaler Richtung, auf<br />

Kehlkopfasymmetrien und Frakturen geachtet<br />

werden.<br />

9.2 Indirekte Laryngoskopie<br />

Methodik. Arzt und Patient sitzen einander<br />

in gleicher Höhe gegenüber. Die Lampe<br />

befindet sich neben dem rechten Ohr<br />

<strong>des</strong> Patienten. Der Arzt trägt einen Stirnreflektor<br />

mit in der Mitte perforiertem<br />

Hohlspiegel vor dem linken Auge. Die herausgestreckte<br />

Zunge <strong>des</strong> Patienten wird<br />

mit der linken Hand mittels eines Mullläppchens<br />

festgehalten. Mit einem auf der<br />

Glasseite erwärmten Kehlkopfspiegel, der<br />

in der rechten Hand gehalten wird, wird<br />

das Zäpfchen nach hinten oben geschoben.<br />

Sagt der Patient „hi“, richtet sich der<br />

Kehldeckel auf; die Stimmlippen gehen<br />

dabei von der Respirationsstellung (Lateralstellung,<br />

s. Abb. 9.1) in die Phonationsstellung<br />

(Medianstellung, s. Abb. 9.2) über<br />

(Prüfung der respiratorischen Beweglich-<br />

Kapitel 9<br />

keit). Bei ruhiger Atmung nehmen die<br />

Stimmlippen nur die Prälateralstellung<br />

ein; die Stimmritze bildet die Form eines<br />

Dreiecks. Bei tiefer Atmung gehen die<br />

Stimmlippen in Lateralstellung (Wirkung<br />

<strong>des</strong> M. posticus); die Stimmritze bildet die<br />

Form eines Fünfecks. Im Kehlkopfspiegel<br />

werden die Seiten richtig wiedergegeben;<br />

vorn ist im Spiegel jedoch oben, hinten<br />

ist im Spiegelbild unten.<br />

Besichtigung der Kommissuren:<br />

D Besichtigung der hinteren Kommissur:<br />

Arzt sitzt, Patient steht.<br />

D Besichtigung der vorderen Kommissur:<br />

Arzt steht, Patient sitzt mit zurückgebeugtem<br />

Kopf.<br />

Zwei Bewegungsarten der Stimmlippen<br />

werden unterschieden:<br />

D Respiratorische Bewegung beim Wechsel<br />

von Phonation und Respiration.<br />

Bei Einatmung gehen die Stimmlippen<br />

weiter in Lateralstellung als bei<br />

Exspiration. Die Glottis ist daher bei<br />

Inspiration weiter als bei Exspiration.<br />

D Phonatorische Bewegung bei der Phonation.<br />

Die Stimmlippen rücken zusammen<br />

und zeigen bei normalem,<br />

kontinuierlichem Licht (Gleichlicht)<br />

einen unscharfen Rand, der durch die<br />

Stimmlippen- und Epithelbewegung<br />

entsteht. Der Schwingungsablauf <strong>des</strong><br />

139


140 9 <strong>Untersuchungsmethoden</strong> <strong>des</strong> <strong>Kehlkopfes</strong><br />

Epithels und <strong>des</strong> Stimmlippenmuskels<br />

muss durch besondere Methoden<br />

sichtbar gemacht werden (s. Stroboskopie,Hochgeschwindigkeitsglottographie,<br />

Kymographie, Kap. 9.4.,<br />

9.5.1, 9.5.2).<br />

9.3 Videolaryngoskopie<br />

Die verbreitetste Form der Laryngoskopie<br />

in phoniatrischen Abteilungen ist die Untersuchung<br />

mit einem starren Endoskop,<br />

dem Lupenlaryngoskop. Die optische<br />

Achse am Ende <strong>des</strong> Endoskops ist um 90°<br />

oder 70° abgewinkelt, sodass der Blick<br />

nach unten gerichtet wird. Damit sind die<br />

Ausleuchtung, die Detailauflösung und<br />

die Vergrößerung <strong>des</strong> Larynx am besten<br />

möglich. Die Untersuchung erfordert in<br />

Speiseröhreneingang<br />

Luftröhre<br />

Zungengrund<br />

Hintere Kommissur<br />

Kehldeckel<br />

Vallecula epiglottica<br />

Tuberculum<br />

corniculatum<br />

Tuberculum<br />

cuneiforme<br />

Recessus<br />

piriformis<br />

Aryepiglottische<br />

Falte<br />

Taschenfalte<br />

Stimmlippe<br />

Abb. 9.1: Darstellung <strong>des</strong> <strong>Kehlkopfes</strong> in Respirationsstellung<br />

der Regel keine Lokalanästhesie. Nachteil<br />

ist, dass die Zunge herausgestreckt und der<br />

Kehlkopf dadurch in eine Spannung gebracht<br />

wird, die er bei der Stimmgebung<br />

sonst nicht hat. Für die Feststellung organischer<br />

Veränderungen der Stimmlippen<br />

und der Kehlkopfumgebung sowie für die<br />

Stroboskopie (s. unten) ist diese Methode<br />

gegenwärtig die beste. Die Lupe wird an<br />

eine Kamera angeschlossen, die das Bild<br />

auf einen Monitor überträgt. Die Videoaufzeichnung<br />

erfolgt heute meist digital.<br />

Bei der transnasalen fiberoptischen<br />

Laryngoskopie wird ein dünnes Naso-<br />

Pharyngo-Laryngoskop durch die Nase<br />

geschoben. Der Hypopharynx und Larynx<br />

unterhalb <strong>des</strong> Zungengrun<strong>des</strong> können<br />

damit während der Stimmgebung,<br />

<strong>des</strong> Sprechens und <strong>des</strong> Schluckens beobachtet<br />

werden. Auch von diesem Endoskop<br />

kann über eine Kamera das Bild auf<br />

einen Monitor übertragen und aufgezeichnet<br />

werden.<br />

Neuere Geräte tragen den Mikrochip<br />

für die Bildaufzeichnung an der Spitze.<br />

Damit wird das Bild heller und klarer, weil<br />

Übertragungsverluste durch das optische<br />

System minimiert werden. Stroboskopie<br />

und Beurteilung von organischen Verän-<br />

Abb. 9.2: Darstellung <strong>des</strong> <strong>Kehlkopfes</strong> in Phonationsstellung


9.5 Stroboskopie Kapitel 9<br />

derungen werden sich zunehmend dieser<br />

Methode bedienen.<br />

9.4 Direkte Mikrolaryngoskopie<br />

In Rückenlage <strong>des</strong> Patienten wird in Intubationsnarkose<br />

oder Jet-Ventilation ein<br />

selbsthalten<strong>des</strong> beleuchtetes Laryngoskop<br />

bis zum Kehlkopfeingang vorgeschoben.<br />

Betrachtung der Stimmlippen unter dem<br />

Mikroskop.<br />

Auf diese Weise sind die Erkennung<br />

feiner Stimmlippenveränderungen (z.B.<br />

Zysten, höckerige Oberfläche, Leukoplakien<br />

usw.), die Abtastung <strong>des</strong> Gewebes<br />

und die Prüfung der passiven Beweglichkeit<br />

der Aryknorpel sowie eine beidhändige<br />

mikrochirurgische Abtragung von pathologischen<br />

Befunden (Polypen, Stimmlippenknötchen<br />

usw.) möglich. Blutungen<br />

können sicher beherrscht werden.<br />

9.5 Stroboskopie<br />

9.5.1 Grundlagen der Stroboskopie<br />

Die Frequenz der Stimmlippenschwingungen<br />

liegt, abgesehen von extremen<br />

Stimmleistungen, bei Männern zwischen<br />

65 und 500 Hz, bei Frauen zwischen 130<br />

und 1000 Hz. Diese Bewegung kann mit<br />

dem bloßen Auge nicht aufgelöst werden.<br />

Die Stroboskopie ist das Verfahren zur<br />

Darstellung der Stimmlippenschwingungen.<br />

Der Begriff leitet sich von στροβος<br />

(Wirbel) ab und bezieht sich auf die Bewegung<br />

einer rotierenden Scheibe vor einer<br />

Lichtquelle, die Oertel 1896 vorgestellt<br />

hat. In dieser Scheibe waren Schlitze, die<br />

bei Rotation ein intermittieren<strong>des</strong> Licht<br />

auf den Stirnspiegel <strong>des</strong> Untersuchers freigaben,<br />

das dann über den Kehlkopfspiegel<br />

zur Beobachtung auf die Stimmlippen<br />

gelenkt wurde. Die systematische Untersuchung<br />

der Stroboskopie und die Auflösung<br />

der Schwingungsphasen der Stimmlippen<br />

ist sehr genau von Schönhärl vorgenommen<br />

worden. Seine Beschreibung<br />

ist auch heute noch gültig.<br />

Eine Grundannahme für die Stroboskopie<br />

ist, dass während der Phonation ein Ton<br />

im Kehlkopf produziert wird, der sich aus<br />

periodischen Schwingungen zusammensetzt.<br />

Dabei wird vorausgesetzt, dass sich<br />

die Perioden gleichen. Dann ist es von untergeordneter<br />

Bedeutung, aus welcher Periode<br />

eine bestimmte Phase der Schwingung<br />

erfasst und abgebildet wird, da sich bei gleichen<br />

Perioden auch die einzelnen Phasen<br />

aus verschiedenen Perioden gleichen. Gemäß<br />

dem Talbot-Gesetz verschmelzen die<br />

einzelnen Bilder miteinander.<br />

Ist die Blitzfrequenz gleich der Frequenz<br />

der Stimmlippenschwingung, sieht<br />

man die Stimmlippen immer in einer bestimmten<br />

Schwingungsphase scheinbar<br />

stillstehend. Das stehende Bild ist bei Videoaufzeichnung<br />

nicht mehr erforderlich,<br />

da die Aufnahmen Bild für Bild betrachtet<br />

werden können. Ist die Blitzfrequenz<br />

niedriger als die Frequenz der<br />

Stimmlippenschwingung, sieht man<br />

scheinbar verlangsamte Stimmlippenschwingungen<br />

(bewegtes Bild, Abb. 9.3).<br />

Die Zeitlupenfrequenz entspricht der Differenz<br />

zwischen der Stimmlippenschwingung<br />

und der Blitzfrequenz. Beim Strobo-<br />

141


142 9 <strong>Untersuchungsmethoden</strong> <strong>des</strong> <strong>Kehlkopfes</strong><br />

Abb. 9.3: Entstehung <strong>des</strong> „bewegten Bil<strong>des</strong>“ bei der Stroboskopie durch Belichtung unterschiedlicher<br />

Phasen einer Schwingung infolge der Differenz zwischen Schwingungsfrequenz und<br />

Blitz- bzw. Shutterfrequenz<br />

skopieren sollte die Stroboskopiefrequenz<br />

1–1,25 Hz betragen. Die Stimmlippen<br />

durchlaufen demnach einen vollen Zyklus<br />

während 1–0,8 Sekunden.<br />

Aus praktischen Gründen sollte man<br />

die Phasen der Stroboskopie danach einteilen,<br />

wie sie im Bild unterscheidbar sind<br />

(s. Kap. 2.2.2, Abb. 2.14 und Abb. 9.4).<br />

Dann ergeben sich 8 Schwingungsphasen:<br />

1. Schlussphase, der untere Teil der Glottis<br />

beginnt sich zu öffnen.<br />

2. Schlussphase, der obere Teil der Glottis<br />

öffnet sich.<br />

3. Öffnungsphase, der untere und obere<br />

Teil der Glottis öffnen sich.<br />

4. Offenphase, der untere Glottisteil ist<br />

maximal geöffnet, der obere Teil der<br />

Glottis öffnet sich weiter.<br />

5. Schließungsphase, der untere Teil der<br />

Glottis schließt sich und wird sichtbar.<br />

6. Schließungsphase, der untere und der<br />

obere Teil der Glottis schließen sich.<br />

Die Schleimhautwelle (Randkantenverschiebung)<br />

läuft nach lateral auf<br />

der Stimmlippenoberfläche.<br />

7. Schließungsphase, der untere Teil der<br />

Glottis ist geschlossen.<br />

8. Schlussphase, der obere Teil der Glottis<br />

ist geschlossen.<br />

9.5.2 Methodik der Stroboskopie<br />

Das Prinzip der grundfrequenzabhängigen<br />

Belichtung der Stimmlippen beruht<br />

darauf, dass die Stimmlippenschwingungen<br />

in aufeinander folgenden Phasen<br />

durch einen Lichtblitz kurz belichtet werden<br />

und die übrige Zeit dunkel bleiben.<br />

Über ein am Hals in Höhe <strong>des</strong> <strong>Kehlkopfes</strong><br />

befestigtes Körperschallmikrophon<br />

oder ein Luftschallmikrophon wird<br />

die Stimme <strong>des</strong> Patienten während der<br />

Untersuchung aufgenommen. Daraus<br />

wird der Grundton herausgefiltert und zu<br />

einer der Grundtonfrequenz entsprechenden<br />

Impulsfolge umgeformt, die dann<br />

eine Blitzlampe zündet. Die Zahl der<br />

Lichtblitze wird mit der Zahl der Stimmlippenschwingungen<br />

synchronisiert.<br />

Die Schwingungsphase der Stimmlippen<br />

wird in der jetzt am meisten genutzten<br />

Stroboskopietechnik durch ein Xenon-Blitzlicht<br />

in einer Zeit von 50–200<br />

Mikrosekunden belichtet und damit „fotografiert“.<br />

Jedem einzelnen Bild folgt<br />

nach 40 Millisekunden ein neues Bild, das<br />

die nächste Schwingungsphase der<br />

Stimmlippen darstellt.<br />

Die Frequenz, bei der intermittierende<br />

Lichtreize keinen Flimmereindruck mehr


9.5 Stroboskopie Kapitel 9<br />

1 2<br />

3 4<br />

5 6<br />

7 8<br />

Abb. 9.4: Schwingungsphasen der Stroboskopie. 1) Untere Kante der Glottis beginnt sich zu öffnen.<br />

2) Obere Kante der Glottis öffnet sich. 3) Obere und untere Kante der Stimmlippe offen. 4)<br />

Untere Kante der Stimmlippe maximal offen, obere Kante öffnet sich weiter. 5) Untere Kante<br />

der Stimmlippe schließt sich und wird sichtbar, obere Kante ist maximal offen. 6) Untere und<br />

obere Kante der Stimmlippen schließen sich, Schleimhautwelle rollt zur Seite ab. 7) Untere Kante<br />

der Glottis ist geschlossen. 8) Obere Kante der Glottis ist geschlossen.<br />

143


144 9 <strong>Untersuchungsmethoden</strong> <strong>des</strong> <strong>Kehlkopfes</strong><br />

hervorrufen, bezeichnet man als Flimmerfusionsfrequenz.<br />

Sie liegt bei 20–25<br />

Lichtreizen pro Sekunde oder darüber.<br />

Dann wird ein kontinuierlich bewegtes<br />

Bild wahrgenommen. Dazwischen können<br />

zeitliche Abschnitte völlig schwarz<br />

sein. Das Nachbild auf der Netzhaut<br />

bleibt in dieser Zeit erhalten (dieses Phänomen<br />

wird auch als Talbot-Gesetz bezeichnet).<br />

Neuere Stroboskope arbeiten mit dem<br />

Verschlussmechanismus (shutter) der Videokamera.<br />

Statt der Blitze wird elektronisch<br />

das Bild freigegeben. Anschließend<br />

wird es wieder verdeckt. Wenn die Kameraöffnung<br />

synchron zur Grundfrequenz<br />

oder mit einer geringen Differenz über ein<br />

Mikrophon gesteuert wird, entsteht ebenfalls<br />

der Stroboskopie-Effekt. Diese Shutter-Videostroboskopie<br />

hat den Vorteil,<br />

dass nur eine Lichtquelle nötig ist und bei<br />

Aufnahmen keine Farbveränderung eintritt.<br />

Außerdem ist sie geräuschlos. Sie ist<br />

an eine funktionierende Videokamera gebunden.<br />

Stroboskopie über das Endoskop<br />

mit dem bloßen Auge ist damit nicht<br />

möglich.<br />

Bei der stroboskopischen Untersuchung<br />

empfiehlt es sich manchmal, statt<br />

„hi“ „he“ sagen zu lassen, da bei der versuchten<br />

Phonation <strong>des</strong> Vokales /i/ die<br />

höchste Spannung im Bereich <strong>des</strong> weichen<br />

Gaumens und der Stimmlippen aufgebaut<br />

wird. Die Patienten sind manchmal dadurch<br />

irritiert, dass ihnen der Laut /i/<br />

nicht gelingt. Man muss ihnen dann erklären,<br />

dass das an der festgehaltenen Zunge<br />

liegt. Ohne die Zunge im vorderen Mundbereich<br />

zu wölben, kann der Resonanzraum<br />

für den zweiten Formanten <strong>des</strong> /i/<br />

nicht gebildet werden. Die Anstrengung,<br />

ein /i/ zu bilden, führt aber zum Anheben<br />

der Epiglottis und zu einem besseren Einblick<br />

in den Larynx. Geeigneter ist für<br />

manche Patienten der Neutralvokal /e/.<br />

Die Stimmlautstärke bei der Untersuchung<br />

hat Einfluss auf die Schwingungsamplituden<br />

und den Stimmlippenschluss.<br />

Bei Störungen der Sprechstimme<br />

Untersuchung in Höhe der mittleren<br />

Sprechstimmlage. Bei Störungen der Gesangsstimme<br />

in tiefer, mittlerer und hoher<br />

Lage.<br />

Die Schwingungsmuster der Stimmlippen<br />

variieren schon bei normalen,<br />

stimmgesunden Patienten in so hohem<br />

Umfang, dass eine sichere Abgrenzung<br />

von funktionellen Stimmstörungen nicht<br />

möglich ist. Für eine Unterscheidung von<br />

Hyper- und Hypofunktionen bei bekannter<br />

funktioneller Störung ist die Stroboskopie<br />

jedoch geeignet.<br />

9.5.3 Videostroboskopie<br />

Verwendung eines Lupenlaryngoskops,<br />

das an ein Stroboskop angeschlossen ist.<br />

Dem Laryngoskop wird eine Videokamera<br />

aufgesetzt, die das analoge stroboskopische<br />

Bild in natürlicher Farbe am Monitor<br />

darstellt. Durch gleichzeitige Messung<br />

von Tonhöhe und Schallintensität <strong>des</strong><br />

untersuchten Tones sowie Einblenden der<br />

Messwerte auf dem Bildschirm ist eine Diagnostik<br />

<strong>des</strong> stroboskopischen Befun<strong>des</strong><br />

in Relation zu den ihn bestimmenden Parametern<br />

möglich.<br />

Die Aufzeichnung der Videountersuchung<br />

kann entweder auf herkömmli-


9.5 Stroboskopie Kapitel 9<br />

chen S-VHS-Videorecordern, digitalen Videorecordern<br />

oder digital auf der Festplatte<br />

eines Computers gespeichert werden.<br />

Pro Sekunde werden 25 Bilder gespeichert.<br />

Videoaufzeichnung und Stroboskop<br />

müssen so synchronisiert sein, dass<br />

pro Videobild ein Lichtblitz gegeben wird.<br />

Die Anfertigung mehrerer Einzelbilder<br />

eines Schwingungszyklus dient dazu,<br />

die stroboskopischen Phasen zu identifizieren.<br />

Die serielle Darstellung vermittelt<br />

einen Eindruck über die Amplitudenweite,<br />

den maximal erreichbaren Glottisschluss<br />

und die Schwingungsform. Der<br />

Schwingungsablauf kann nach der Untersuchung<br />

unabhängig von der Mitarbeit<br />

<strong>des</strong> Patienten zur Stellung oder Sicherung<br />

der Diagnose betrachtet werden.<br />

Eine quantitative Einschätzung der<br />

Stroboskopie und Zuordnung zu Ausprägungen<br />

der funktionellen Dysphonie ist<br />

bisher nicht gelungen. Von den Stroboskopiephasen<br />

sind für die Stimme die<br />

Schließungsphase, die Beobachtung der<br />

Randkantenverschiebung und die Schlussphase<br />

von Bedeutung. Zu beachten ist,<br />

dass die Randkantenverschiebung am<br />

deutlichsten im Brustregister ausgebildet<br />

ist.<br />

In stroboskopischen Ablauf bei Männern<br />

ist im Gegensatz zu dem bei Frauen<br />

die Schlussphase dichter und länger und<br />

die Offenphase entsprechend kürzer. Diese<br />

Phänomene beobachtet man vor allem<br />

bei tieferen Tönen in größerer Lautstärke<br />

bei trainierten Stimmen. Die größere Geschwindigkeit<br />

der Schließungsphase trägt<br />

wesentlich zum größeren Obertonreichtum<br />

der Stimme bei (vgl. Kap. 2.2.2 und<br />

Abb. 2.18).<br />

9.5.4 Beurteilung der<br />

stroboskopischen Befunde<br />

Kriterien<br />

D Regelmäßige oder unregelmäßige Frequenz<br />

der Stimmlippenschwingungen<br />

D Gleichzeitige oder nicht gleichzeitige<br />

Schwingungen<br />

D Schwingungsdifferenzen zwischen<br />

rechts und links<br />

D Vergrößerte, normale oder verkürzte<br />

Schwingungsamplituden<br />

D Vollständiger oder unvollständiger<br />

Stimmlippenschluss (falls unvollständig:<br />

Prüfung, ob bei geringer, mittlerer<br />

oder großer Lautstärke)<br />

D Aufgehobene Schwingungsfähigkeit<br />

einer Stimmlippe (phonatorischer<br />

Stillstand)<br />

D Phonatorischer Stillstand, d.h. Nichtschwingen<br />

einer Stimmlippe im ganzen<br />

Stimmumfang oder nur bei einer<br />

bestimmten Tonhöhe<br />

D Schneller- oder Langsamerwerden der<br />

Schwingungen während <strong>des</strong> Haltens<br />

eines Tones<br />

D Veränderungen der Schwingungsart<br />

(während die eine Stimmlippe entgegenschlagende<br />

Schwingungen ausführt,<br />

bewegt sich die andere von<br />

oben nach unten)<br />

D Prognose bei Stimmlippenlähmungen<br />

(fehlende oder vorhandene Randkantenverschiebung,<br />

s. Kap. 15.2.2)<br />

D Bei Aphonie ist eine stroboskopische<br />

Untersuchung nicht möglich<br />

D Das stroboskopische Schwingungsbild<br />

ist abhängig von Lautstärke, Tonhöhe,<br />

Sehwinkel usw. Als Beurteilungs-<br />

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