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| grünerkreisEinrichtungen<br />
Therapiealltag am<br />
Meierhof<br />
Aus der Sicht zweier Bewohner<br />
TEXT: FERDINAND M., 11 MONATE MEIERHOF, JOHANNES W., 9 MONATE MEIERHOF<br />
FOTOS: BERITH SCHISTEK, TEAM MEIERHOF<br />
Der Entschluss, die Hilfe einer Langzeittherapieeinrichtung<br />
in Anspruch zu nehmen, fi el<br />
uns beiden äußerst schwer. Nach längerer Zeit<br />
der Überwindung und erfolglos absolvierter<br />
Kurzzeittherapie trafen wir die Entscheidung,<br />
jetzt endlich etwas gegen das unsägliche Leid,<br />
das jeden Suchtkranken begleitet, zu unternehmen.<br />
Wir hatten das große Glück, auf<br />
dem Meierhof, wo wir herzlich aufgenommen<br />
wurden, zu landen. Inmitten fast unberührter<br />
Natur im Wechselgebiet liegend, strahlt der<br />
Hof eine Atmosphäre der Ruhe und der Kraft<br />
aus. Die ersten Tage, ja Wochen, waren für uns<br />
natürlich schwer. Wir waren beide an keine<br />
Struktur mehr gewöhnt. Ein geregeltes Leben<br />
ist einem Drogensüchtigen nun wirklich fremd.<br />
Das Klima hier am Hof ist naturgemäß von der<br />
Anzahl, der Herkunft und dem Alter der Patienten<br />
abhängig. Wir waren uns bewusst, dass<br />
wir gewillt sein müssen, uns auf die Th erapie<br />
einzulassen und nehmen sie als Vorbereitung<br />
für ein abstinentes Leben sehr ernst. Es herrscht<br />
Bereitschaft von uns, Hilfe von den Th erapeutInnen,<br />
den Hausassistenten oder von anderen<br />
Mitpatienten anzunehmen. Da wir bereits die<br />
Betreuerphase erreicht haben, versuchen wir<br />
auch neuen Patienten zur Seite zu stehen und<br />
fühlen uns für den Hof mitverantwortlich.<br />
Ein wichtiger Baustein neben den Psychotherapie-<br />
und den Selbsthilfegruppen, wo wir uns<br />
des Öft eren überwinden müssen, vor bis zu<br />
20 Menschen frei zu sprechen, sind zweifelsohne<br />
die Einzeltherapiestunden. Wir fi nden<br />
hier eine Person unseren Vertrauens, der wir<br />
alle Probleme, die wir haben beziehungsweise<br />
schon lange mit uns herumschleppen, off enbaren<br />
können und sollen. In unserem Fall<br />
10 frühjahr 2007<br />
Tiere als Therapie<br />
ist es Dr. Anita Födinger, der wir viel zu verdanken<br />
haben. Ihr gelingt es, auf geschickte<br />
Art und Weise alles aus uns herauszulocken.<br />
Wir werden von ihr auch kritisiert und dann<br />
angehalten, mit dieser Kritik konstruktiv<br />
umzugehen, sie sinnvoll zu nutzen und daraus<br />
zu lernen. Im Laufe der Zeit mussten wir<br />
erkennen, wie wichtig es ist, sich die eigenen<br />
Versäumnisse und Schwächen aufzeigen zu<br />
lassen und einzugestehen. Auf anschauliche<br />
Weise wurde uns vermittelt, dass die Suchterkrankung<br />
sehr komplex ist und der alleinige<br />
Verzicht auf die Droge noch lange nicht ausreicht,<br />
um auf Dauer ein abstinentes Leben<br />
führen zu können. Wesentlich ist, und das<br />
betont Anita immer wieder, unsere Persönlichkeit<br />
kritisch zu betrachten und uns Gedanken<br />
zu machen, welche Verhaltensweisen<br />
den Drogenmissbrauch verursachten beziehungsweise<br />
förderten. Wir werden nunmehr<br />
angehalten, Strategien zu entwickeln, diese<br />
Muster aufzulösen oder zu korrigieren.<br />
Auch was unsere physische Konstitution betrifft<br />
, müssen wir zugeben, dass der jahrelange<br />
exzessive Alkohol- und Drogenkonsum<br />
Raubbau am Körper betrieben hat. Dr. Ursula<br />
Leitner, Ärztin im „Grünen <strong>Kreis</strong>“, die sich viel<br />
Zeit für jeden einzelnen nimmt, stellt uns, kombiniert<br />
mit alternativen Methoden, vor allem<br />
der chinesischen Medizin, wieder auf die Beine.<br />
Auch Erich, unser Masseur, besucht uns am Hof<br />
und unterstützt uns beim Gesundwerden.<br />
Große Bedeutung hier am Hof wird der Arbeitstherapie<br />
beigemessen. Das heißt, sämtliche<br />
Tätigkeiten in Bezug auf Landwirtschaft<br />
und Haushaltsführung, wie z.B. Kochen,<br />
Abwaschen, Putzen, Wäsche Waschen,<br />
Bügeln, Brennholz Schneiden,<br />
Heizen, Stallarbeit, Tierpfl ege,<br />
Mähen, Heu Machen, Gärtnern (wir<br />
versorgen uns teilweise selbst mit<br />
Gemüse), werden von uns Patienten<br />
selbst durchgeführt. Es gibt hier auf<br />
dem Meierhof auch eine Schlosserei<br />
sowie eine Bau- und Holzwerkstatt.<br />
Alle anfallenden Reparaturarbeiten sowie externe<br />
Auft räge werden von uns durchgeführt.<br />
So endet für manchen von uns ein Arbeitstag<br />
oft erst spät am Abend. Sinn steckt dahin<br />
gehend dahinter, nach der Th erapie, die im<br />
Regelfall 12 bis 18 Monate dauert, wieder ein<br />
selbstverantwortliches und eigenständiges<br />
Leben führen und in den Arbeitsmarkt eingegliedert<br />
werden zu können.<br />
Sport nimmt ebenfalls einen hohen Stellenwert<br />
im Rahmen des Behandlungskonzeptes ein.<br />
Der tägliche Morgenlauf, die oft abendlichen<br />
Beachvolleyballspiele im Sommer, die vielen<br />
verbrachten Stunden in der Kraft kammer,<br />
Tischtennis, Billard sowie der wöchentliche<br />
Sportnachmittag mit dem 7 Kilometer Lauf<br />
und dem anschließenden Zirkeltraining tragen<br />
unweigerlich dazu bei, uns selbst besser<br />
kennen und einschätzen zu lernen und nach<br />
relativ kurzer Zeit eine gehörige körperliche<br />
Kondition zu erlangen.<br />
Reich gestaltete Gemeinschaft saktionen, wie<br />
Schifahren und Eislaufen im Winter, Kinobesuche,<br />
Wanderungen, Museumsbesichtigungen<br />
und vieles mehr, die den Zusammenhalt<br />
unserer Gruppe sehr fördern, runden<br />
das nicht immer reibungslos verlaufende<br />
Zusammenleben in unserer therapeutischen<br />
Gemeinschaft ab. Wir sind wirklich froh,<br />
die Möglichkeit erhalten zu haben, hier am<br />
Meierhof Th erapie zu machen und sehen mit<br />
Zuversicht und einigen Erwartungen unserer<br />
Zukunft entgegen.<br />
MEIERHOF<br />
Sozialhilfeeinrichtung<br />
A-2870 Aspang, Unternberg 38<br />
Tel./Fax: (2641) 25 66<br />
meierhof@gruenerkreis.at<br />
Arbeitsmöglichkeiten: Landwirtschaft<br />
(12 ha), Forstwirtschaft (Holzarbeit), Gärtnerei<br />
(Glashäuser), Landschaft sgärtnerei<br />
Gartenbau „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“, Schlosserei,<br />
Viehzucht (Schweine, Pferde), Kreativwerkstätte,<br />
Berufsausbildung.<br />
Infrastruktur: Volleyballplatz, Streetballplatz,<br />
Tischtennis, Fitnessraum, Reiten,<br />
Sauna, Tischfußball, indianisches<br />
Schwitzzelt.