KIRCHEN ZEITUNG
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4 <strong>KIRCHEN</strong> <strong>ZEITUNG</strong><br />
7. Ausgabe | 25. November 2011<br />
Ein Kuchen für den<br />
Garten der Religionen.<br />
Foto: Stephan Langer<br />
Bis zum Schluss hatten sich die<br />
Veranstalter die Nachricht aufgehoben,<br />
als Bürgermeisterin Margret<br />
Mergen am 30. September in der<br />
Stadthalle die 15 Gewinner des Ideenwettbewerbs<br />
zum Stadtgeburtstag<br />
2015 der Öffentlichkeit bekannt gab:<br />
Der „Garten der Religionen für Karlsruhe“<br />
konnte im Online-Voting die<br />
mit Abstand meisten Stimmen auf sich<br />
vereinigen. Die auf die Bühne gerufenen<br />
Vertreter, Angehörige verschiedener<br />
Religionen, strahlten.<br />
Die Idee knüpft an die Gründungsgeschichte<br />
Karlsruhes an. „Alle, die<br />
einer der im Heiligen Römischen<br />
Reich verbreiteten Religionen angehören,<br />
sollen aufgenommen und in ihrem<br />
Handel und Wandel gefördert<br />
werden“, heißt es im Privilegienbrief<br />
Karlsruhes von 1715. Zahlreiche Kulturen<br />
und Glaubensrichtungen siedelten<br />
sich daraufhin in Karlsruhe an.<br />
Aber Toleranz will gelebt werden. Warum<br />
nicht in einem Garten? Ein Garten<br />
weckt positive Gefühle. Etwas<br />
„Feierabendliches“ haftet ihm an, eine<br />
Ahnung von Zeit füreinander und<br />
Freude aneinander. Der Garten ist Ort<br />
für Begegnung. Gespräche fallen auf<br />
fruchtbaren Boden, Verstehen soll<br />
wachsen. Man begegnet Vertrautem<br />
und hat vor Fremdem keine Angst.<br />
Der Garten als<br />
religiöses Symbol<br />
„Er ist für uns<br />
In vielen Religionen ist der Garten<br />
ein religiöses Symbol. Judentum,<br />
Christentum und Islam verbindet die<br />
Idee des Paradiesgartens. Im Zen-<br />
Buddhismus dient der Garten der Meditation,<br />
in Japan und China bilden<br />
kunstvolle Gartenanlagen den Kosmos<br />
ab. Der für Karlsruhe geplante<br />
Garten der Religionen trägt mit Absicht<br />
eine runde Form. In einem Außenkreis<br />
von circa 35 bis 40 Meter<br />
Durchmesser liegen Innenkreise, die<br />
jeweils eine der fünf Weltreligionen repräsentieren.<br />
Dort soll man sitzen und<br />
alle ein Gewinn“<br />
Die jüdische Gemeinde in Karlsruhe<br />
hat wieder einen Rabbiner<br />
Juden und Christen glauben gemeinsam<br />
an den Gott der Bibel. Als „ältere<br />
Geschwister im Glauben“ werden<br />
die Juden von den Kirchen oft bezeichnet.<br />
Diese Nähe hat zur Folge, dass man<br />
sich in besonderer Weise füreinander<br />
interessiert – und sich auch miteinander<br />
freut. Grund zur Freude gibt es<br />
nämlich in Karlsruhe. Seit einem Jahr<br />
hat die jüdische Gemeinde wieder einen<br />
Rabbiner. Zeev-Wolf Rubins heißt<br />
er und ist verantwortlich für die religiöse<br />
Betreuung der etwa 1 000 jüdischen<br />
Gläubigen in Karlsruhe.<br />
Zeev-Wolf Rubins ist ein freundlicher,<br />
zurückhaltender Mann. Diese<br />
Bescheidenheit hätte fast sein Engagement<br />
in Karlsruhe verhindert. Zwar<br />
interessierte ihn die Stelle sofort. Insbesondere<br />
faszinierte ihn der Gedanke,<br />
einer der Nachfolger des berühmten<br />
Nathanael Weill (1687 bis 1769)<br />
zu werden. „Es hat mich sofort begeistert,<br />
gewissermaßen in seine Fußstapfen<br />
treten zu können“, sagt Zeev-Wolf<br />
Rubins.<br />
Aber dann stolperte er über die in<br />
der Anzeige geforderten „perfekten<br />
Deutschkenntnisse“. Gut, er war<br />
schon jahrelang in Deutschland tätig.<br />
Aber perfekte Sprachkenntnisse? Wer<br />
kann das schon von sich sagen? Zum<br />
Glück drängten ihn Freunde, sich<br />
trotz dieser Zweifel zu bewerben …<br />
Sein Leitprinzip<br />
ist Integration<br />
Zeev-Wolf Rubins scheint wirklich<br />
die Idealbesetzung für die Karlsruher<br />
Rabbinerstelle zu sein. Das fängt damit<br />
an, dass er aus der ehemaligen Sowjetunion<br />
stammt und in Israel aufgewachsen<br />
ist. Er hat also zwei Muttersprachen<br />
– Russisch und Hebräisch.<br />
Dies hilft ihm in Karlsruhe deshalb,<br />
weil die allermeisten Gemeindemitglieder<br />
ebenfalls aus früheren Sowjetrepubliken<br />
zugewandert sind. Und<br />
das Deutsche? Das beherrscht der<br />
Mann mit der leisen Stimme ebenfalls:<br />
Hat er doch zuletzt vier Jahre als<br />
„Wanderrabbiner“ für Rheinland-Pfalz<br />
gewirkt.<br />
„Integration“ nennt Zeev-Wolf Rubins<br />
als Leitprinzip für seine Arbeit.<br />
Ein Garten<br />
der Religionen<br />
für Karlsruhe<br />
Publikumspreis für den<br />
interreligiösen Dialog<br />
reden, unterrichten, feiern und beten<br />
können. Durch Wege sind die Kreise<br />
miteinander verbunden. Eine eindeutige<br />
Aussage: Jede Religion ist eine<br />
stimmige Einheit für sich. Aber nur im<br />
Miteinander werden die verschiedenen<br />
Menschen und Religionen der<br />
Stadt ein Ganzes.<br />
Ein sechster, etwas größerer Innenkreis<br />
ist als Spielplatz gedacht. Begegnung<br />
zu fördern dient der Zukunft der<br />
Kinder dieser Stadt. Kinder in ihrem<br />
spielerischen Umgang miteinander<br />
sind ein Vorbild für die Welt der Erwachsenen.<br />
Als Spielgerät können<br />
sich die Initiatoren eine Arche vorstellen.<br />
In der Arche ist man gemeinsam<br />
zu Hause und unterwegs. Die Arche<br />
weist auf die Schöpfungsverantwortung<br />
hin, die wir nur gemeinsam tragen<br />
können.<br />
Und wer sich keiner Religion zugehörig<br />
fühlt? Auch er soll im Garten<br />
der Religionen willkommen sein! In<br />
der Außenmauer sollen menschheitsverbindende<br />
Texte zu lesen sein, die<br />
Die Mitglieder seiner Gemeinde müssten<br />
dies gleich mehrfach leisten: einmal<br />
in die westliche Gesellschaft,<br />
dann in das speziell deutsche Umfeld.<br />
Und schließlich müssten sie auch innerhalb<br />
der Ausrichtungen im Judentum<br />
ihren Platz fi nden. „Und das alles<br />
gleichzeitig“, betont Zeev-Wolf Rubins:<br />
„Das ist schwierig“. Der 39-jährige<br />
Rabbiner will seine Gemeindemitglieder<br />
dabei unterstützen.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt ist für<br />
ihn die religiöse Erziehung der Kinder<br />
und Jugendlichen. Ganz konkret<br />
schwebt ihm die Einrichtung eines jüdischen<br />
Kindergartens vor. Dazu hofft<br />
Zeev-Wolf Rubins auf die Unterstützung<br />
durch das Know-How der Kirchen<br />
in Karlsruhe, zu deren Verantwortlichen<br />
er bereits gute Kontakte<br />
geknüpft hat.<br />
Auch privat fühlt sich der Rabbiner<br />
mit seiner Familie sehr wohl im Badi-<br />
den Willen zum friedlichen Miteinander<br />
bekräftigen. Die Wege aus der Betrachterposition<br />
nach innen und wieder<br />
zurück sind offen.<br />
Noch ist der Garten reine Planung.<br />
Ausgehend vom Stadtmarketing werden<br />
nun erste Gespräche der Arbeitsgemeinschaft<br />
mit Gartenbau- und<br />
Kulturamt stattfi nden. Es muss geklärt<br />
werden, ob und wie der Garten der<br />
Religionen an dem Ort realisiert werden<br />
kann, den sich die Initiatoren als<br />
den bestmöglichen denken: Den Ostauepark<br />
zwischen Gottesauer Schloss<br />
und Schlachthofgelände. Parallel dazu<br />
werden die Gespräche unter den Vertretern<br />
der einzelnen Religionen weitergehen.<br />
Hier wird der nächste<br />
Schwerpunkt auf der Frage nach der<br />
künstlerischen Ausgestaltung der Innenkreise<br />
liegen.<br />
Ulrike Krumm, Pfarrerin an der Lutherkirche,<br />
Christliche Vorsitzende der Christlich-Islamischen<br />
Gesellschaft, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft<br />
Garten der Religionen für Karlsruhe<br />
Rabbiner Zeev-Wolf<br />
Rubins freut sich auf<br />
die Begegnungen mit<br />
christlichen Gläubigen<br />
und der Karlsruher<br />
Bevölkerung.<br />
Foto: Stephan Langer<br />
schen. Die Stadt sei nicht zu groß und<br />
nicht zu klein, in der Freizeit unternehme<br />
die Familie gerne Ausfl üge in<br />
die Umgebung.<br />
Es kann also losgehen ... Zeev-Wolf<br />
Rubins freut sich auf die Begegnungen<br />
mit christlichen Gläubigen und der<br />
Karlsruher Bevölkerung. Wie sagte<br />
der badische Landesrabbiner Benjamin<br />
David Soussan zur Einführung<br />
von Zeev-Wolf Rubins: „Er ist ein Gewinn<br />
für uns alle“. Und damit meinte<br />
er sicher nicht nur die jüdische Gemeinde.<br />
sl